Lizenzvereinbarungen bei Open Source Software – Ist das überhaupt möglich?

31. März 2009
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Open Source wird heutzutage zunehmend Bestandteil des ganz normalen Geschäftslebens. Dadurch stellt sich für immer mehr Firmen und Behörden die Frage, auf welche lizenzrechtlichen Besonderheiten sie achten müssen. Viele fragen sich: Warum Lizenzrecht? Open Source ist doch kostenlos und rechtsfrei, darf man damit nicht machen was man will? Welche Lizenzen gilt es chon zu beachten?

Einführung

Open Source wird heutzutage zunehmend Bestandteil des ganz normalen Geschäftslebens. Dadurch stellt sich für immer mehr Firmen und Behörden die Frage, auf welche lizenzrechtlichen Besonderheiten sie achten müssen. Viele fragen sich: Warum Lizenzrecht? Open Source ist doch kostenlos und rechtsfrei, darf man denn damit nicht machen was man will? Welche Lizenzen gilt es denn schon zu beachten?

Ein paar Missverständnisse

Zunächst muss mit einem grundlegenden Missverständnis aufgeräumt werden: Open Source ist mitnichten frei von jeglichen Rechten. Zum einen ist das aus den USA bekannte Konzept der Gemeinfreiheit („public domain“) im deutschen Urheberrecht so gar nicht vorgesehen. Zum anderen wäre ein völliger Rechtsverzicht für die Autoren von freier Software sogar schädlich, denn gerade durch die urheberrechtlichen Schutzrechte kann die gewünschte freie Lizenz erst durchgesetzt werden.

Grundsätzlich gilt: Freie Software genießt denselben urheberrechtlichen Schutz wie alle anderen Programme. Ist eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht, so haben automatisch der oder die Urheber bzw. Bearbeiter gemeinschaftlich ein Schutzrecht daran inne, ohne dies gesondert kennzeichnen oder beantragen zu müssen. Vor allem für denjenigen, der den Quelltext weiterbearbeiten oder in eigene Programme überführen möchte, bedeutet dies: Von Gesetzes wegen ist ohne Annahme der entsprechenden Lizenz weder die Nutzung noch die Verwertung des Programms erlaubt.

Das Urheberrecht nützt

Und genau hier nützt das Urheberrecht den Autoren von freier Software. Wer sein Werk beispielsweise unter die GNU General Public License stellt, kurz GPL, der tut dies nicht nur, um möglichst vielen Leuten die kostenfreie Benutzung des Programms zu ermöglichen. Vielmehr möchte er dadurch auch Dritte dazu motivieren, den Quelltext des Programms weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dies alles nur unter einer Bedingung: Die auf dem ursprünglichen Programmcode basierenden Weiterentwicklungen (urheberrechtlich gesehen handelt es sich meist um Bearbeitungen) müssen im Quelltext ebenfalls wieder unter eine freie Lizenz gestellt werden, damit möglichst viele davon profitieren können.

Ausschließlich die jeweilige Lizenz räumt Rechte und Pflichten ein. Der Lizenzvertrag eines Open-Source-Programms ist daher genauso verbindlich wie jede andere Lizenz auch und Zuwiderhandlungen dagegen können zivil- und strafrechtlich verfolgt werden. Aus diesem Grund kann über das Ventil des Urheberrechts der Grundgedanke von freier Software überhaupt erst durchgesetzt werden, denn wäre Open Source völlig rechtsfrei, so wäre die Weitergabe des modifizierten Quelltextes rein freiwillig.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Abwägung zwischen Freiheit und Pflichten ist die GPL eine der bekanntesten und beliebtesten Lizenzen für freie Software. (Es soll indes nicht verschwiegen werden, dass es noch zahlreiche weitere, sich teilweise stark voneinander unterscheidende Open-Source-Lizenzen gibt, von denen einige auch keine Code-Weitergabe erfordern.)
Die Praxis

Wer jetzt denkt, das sei alles bloße Theorie, der irrt. Die Rechtskonformität der GPL wurde mittlerweile von mehreren auch deutschen Gerichten bestätigt. Juristisch relevant ist dabei weniger die bloße Programmnutzung, sondern vielmehr die Weiterverwertung des Quelltextes, beispielsweise durch Einbindung in eigene Programme. Da in diesem Bereich die Lizenzverletzungen in den letzten Jahren stark zugenommen haben, sind viele Open-Source-Entwickler mittlerweile organisiert und konnten bereits zahlreiche juristische Erfolge gegen Firmen erringen, die freie Software zwar in ihren kommerziellen Produkten eingesetzt und verkauft, ihre Modifikationen jedoch nicht frei zur Verfügung gestellt haben.

Für Firmen, die in ihren Programmen den Quelltext von freier Software verwenden, bedeutet es die jeweiligen Lizenzbedingungen genau zu beachten. Für die Endanwender hingegen ist es in der Praxis wesentlich einfacher, denn fast alle Open-Source-Lizenzen erlauben den bloßen Einsatz der Programme ohne größere weitere Verpflichtungen.

Das Modell der dualen Lizenzierung

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch das Modell der dualen Lizenzierung, auf das wir unter https://www.kanzlei.biz/nc/artikel/das-duale-lizenzmodell-bei-freier-software.html schon näher eingegangen sind. Gerade dann, wenn das Produkt originär von einer Firma stammt, die daran sämtliche Verwertungsrechte hält, ergibt sich eine interessante Vermarktungschance. Da ein Urheber sein Werk grundsätzlich auch unter verschiedene Lizenzen zur gleichen Zeit stellen kann, werden freie Produkte oftmals in zwei ansonsten funktionsidentischen Versionen angeboten: Die freie Version die der GPL unterliegt, kann auch kommerziell in eigenen Programmen verwendet werden, verpflichtet aber zur Weitergabe des geänderten Quelltextes. Die kommerzielle Variante, die gegen entsprechendes Entgelt angeboten wird, ist funktionsidentisch, wird jedoch unter einer proprietären Lizenz veröffentlicht, die gerade keine Weitergabe fordert – für Firmen, deren Programme als Geschäftsgeheimnis gelten, eine ideale Möglichkeit, dennoch auf den Quelltext von freier Software zurückzugreifen.

Welche Programminhalte sind überhaupt frei?

Diffizil zu beantworten ist indes die Frage, welche Programminhalte überhaupt der GPL unterliegen. Eine Open-Source-Anwendung besteht aus vielen Komponenten: dem Quelltext, dem Programm in ausführbarer Form, der dazu passenden Dokumentation, Logos und Grafiken zur Illustration sowie Vorlagen und Beispieldokumente oder auch Videos und Musikstücke. Bislang war nur die Rede vom Programmcode, jedoch hängen all diese Elemente oft untrennbar miteinander zusammen. Ein Programm ohne Symbole in der Symbolleiste ist genauso schwer vorzustellen wie ein fehlender Schriftzug im Programmfenster. Und einen Namen braucht das Programm auch.

Je nach Fall sind alle diese Elemente unabhängig voneinander zu bewerten. Dokumentationen stehen beispielsweise selten unter der GPL, da es hierfür eigene Lizenzen wie Creative Commons, GNU Public Documentation License oder die Free Documentation License gibt. Am schwierigsten zu beurteilen sind die Rechtsverhältnisse beim Programmnamen und dessen Schriftzug. Gerade dann, wenn eine Firma maßgeblich an dem Produkt beteiligt ist, lasten oftmals auch Markenrechte darauf. Die bekannten Open-Source-Projekte erlauben meist jedem die Nutzung und Verwertung des Programmcodes, der Grafiken und Dokumentationen unter der GPL oder einer vergleichbaren Lizenz, verlangen für die Nutzung der geschützten Programmbezeichnung hingegen eine separate Vereinbarung. Dies geschieht aus zweierlei Gründen: Zum einen müssen Markenrechtsinhaber zum Schutz vor der so genannten „Verwässerung“ ihrer Marke einen Missbrauch durch Dritte verhindern, zum anderen möchten sie sich auf diesem Weg vor Trittbrettfahrern schützen, die den guten Ruf und Namen der Firma ausnutzen (man denke nur an die zahlreichen „Download-Abo-Fallen“ der letzten Wochen).

Wir unterstützen Sie!

Freie Software steht, wie Sie gesehen haben, nicht völlig rechtslos da. Das Urheberrecht ermöglicht erst, die Intention hinter Open Source überhaupt durchzusetzen. Juristisch ist das Thema bereits seit langem erfasst und die gängigen Lizenzen von deutschen Gerichten gewürdigt.
Falls Sie selbst den Programmcode einer Open-Source-Applikation für kommerzielle Zwecke einsetzen wollen, schreiben Sie uns. Wir können auf viele Jahre Erfahrung mit den juristischen Fragen zu freier Software zurückblicken. Sie erreichen uns:
• telefonisch unter 0821/4207950
• per E-Mail unter [email protected] (Bitte beachten Sie, dass eine vertrauliche Übermittlung von Daten über das Medium E-Mail nicht gewährleistet werden kann.)
• im Internet unter https://www.kanzlei.biz/online-rechtsberatung-anwalt.html

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