Neue EU-Richtlinie: Stärkere Bekämpfung von Propaganda im Internet
I. Problemstellung
Die universellen Werte der Menschenwürde, der Freiheit, der Gleichheit und Solidarität sowie der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie werden zunehmend durch terroristische Gefahren bedroht. In den letzten Jahren haben vermehrt ausländische terroristische Kämpfer versucht, durch verübte und geplante Anschläge die Grundwerte der freiheitlich und weltoffen organisierten Europäischen Union zu gefährden. Diese Taten sind nicht folgenlos geblieben, wie sich nicht nur in der Verschiebung von politischen Machtverhältnissen in einigen Mitgliedstaaten zeigt, sondern auch in der Abschottung mancher Länder durch Grenzzäune samt militärischer Grenzkontrollen. Dadurch sollen zwar einerseits Personen aufgehalten werden, die mit terroristischen Absichten einen Mitgliedstaat bereisen. Andererseits wird aber die vorgesehene und gewünschte Freizügigkeit stark eingeschränkt.
II. Die Gefahren
Um Botschaften zu verbreiten, zu Terror aufzurufen und um neue Anhänger abzuwerben, bedienen sich entsprechende Organisationen häufig auch dem Internet. Mit extremistischer Propaganda und Einschüchterung versuchen Terroristen, die sich mitunter auf vermeintlich religiöse Motive stützen, die Grundstrukturen der Europäischen Union zu destabilisieren. Insbesondere die Verherrlichung und Rechtfertigung des Terrorismus sowie die öffentlichen Aufforderungen zur Begehung einer terroristischen Straftat, die über das Internet verbreitet werden, führen zu einer erheblichen Diskordanz mit den Grundwerten der Europäischen Union, die auf Verständigung, Frieden und Freiheit lauten. Folge der extremistischen Propaganda ist nicht nur die Einreise von etwaigen Gefährdern, sondern auch die Ausreise von bisweilen friedlichen EU-Bürgern, um eine Ausbildung unter Anleitung von Terroristen zu absolvieren mit dem Zweck anschließend in Europa einen Anschlag zu verüben oder zu einem solchen Hilfestellung zu leisten.
III. Die Gegenmittel der Richtlinie
Mit einer mehr als 2/3 – Mehrheit beschloss das EU-Parlament die neue Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung. Dort wird mehrfach und ausdrücklich insbesondere auf die Bekämpfung von Terrororganisationen im Internet Bezug genommen. Exemplarisch sei Erwägungsgrund 11 angeführt, der auch das Herunterladen eines Leitfadens zur Herstellung von Sprengstoffen für die Begehung einer Straftat als „Ausbildung für terroristische Zwecke“ einstuft. Art des Materials und Häufigkeit der Einsichtnahme sollen als Indikatoren für die Vorsatzfeststellung dienen. Ausdrücklich ausgenommen sind gleichwohl die Sammlung des Materials für bspw. wissenschaftliche Zwecke. Die Mitgliedstaaten müssen unter anderem sicherstellen, dass etwa folgende Handlungen als Straftatbestände umgesetzt werden:
1. öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat (insbesondere im Internet)
2. Anwerbung für terroristische Zwecke
3. Durchführung und Ausbildung für terroristische Zwecke
4. Absolvieren einer Ausbildung für terroristische Zwecke
5. Reisen für terroristische Zwecke sowie dessen Organisation
(…)
Um den Mitgliedstaaten ein effektives Ermittlungsinstrumentarium an die Hand zu geben, werden sie insbesondere dazu befähigt, entsprechende Inhalte im Internet unverzüglich, auch ohne gerichtliche Anordnung, zu entfernen. Dadurch soll effektiv und ohne Verzögerung gehandelt werden können. Weiter ist den Erläuterungen zu entnehmen, dass die Sicherheitsbehörden zu Lauschangriffen befugt sind und auch mithilfe von Staatstrojanern eine elektronische Überwachung von sog. Gefährdern durchführen können. Neben der Entfernung von Inhalten soll auch die Sperrung der Seite („Websperre“) für Internetnutzer möglich sein. Dabei müssen jedoch „transparente Verfahren und (…) ausreichende Schutzvorkehrungen“ sichergestellt werden. Die Maßnahmen sind auf das Notwendige zu beschränken und verhältnismäßig auszuführen. Ebenso muss die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung eröffnet sein.
IV. Kritik
Die Opposition kritisiert indessen den weiten Terrorismus-Begriff und befürchtet Gesinnungsstrafrecht. Ebenso könnten unter Instrumentalisierung der Befugnisse „unliebsame Kritiker und politische Widersacher“ kriminalisiert und zum Schweigen gebracht werden. Insgesamt sei das Parlament „über das Ziel hinausgeschossen“ so der Grüne Jan Philipp Albrecht