Reform des Urhebervertragsrechts: vernünftiger Kompromiss oder Mogelpackung?
Anspruch auf angemessene Vergütung
Das Urhebervertragsrecht ermöglicht dem Urheber seine Werke zu verwerten, indem es die Vertragsverhältnisse zwischen Urhebern einerseits und Verwertern, insbesondere also Verlagen oder Sendeunternehmen, andererseits regelt. Zu seinen Hauptaufgaben gehört es dabei, eine gerechte Bezahlung des Urhebers zu garantieren. Dafür enthält es seit 2002 einen gesetzlichen Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung für die Nutzung seiner Werke. Dieser wurde seither durch Gerichtsentscheidungen konkretisiert und mit gemeinsamen Vergütungsregeln ergänzt.
Durchsetzung des Anspruchs in der Praxis
Dennoch gelingt es den Urhebern in der Praxis häufig nicht, diesen Anspruch umfassend durchzusetzen. Gegenüber marktmächtigen Verwertungsunternehmen haben insbesondere freiberuflich tätige Künstler oft eine nachteilige Verhandlungsposition und damit keine Möglichkeit, auf die Vertragsbedingungen Einfluss zu nehmen. Dies resultiert meist in einer unangemessen niedrigen Vergütung. Der Urheber muss oft auch zu sogenannten „Total Buy-Outs“, bei denen er für die gesamte Schutzdauer alle Rechte gegen eine nur geringe Einmalzahlung abgibt, zustimmen. Denn tut er dies nicht, muss er befürchten, von den Verwertern faktisch boykottiert zu werden und keine weiteren Aufträge zu erhalten.
Stärkung der Vertragsparität
Diesem Problem soll der beschlossene Gesetzesentwurf nun entgegenwirken. „Wir stärken die Position der Kreativen, ohne die Geschäftsmodelle der Verwerter zu gefährden“, sagt Heiko Maas selbst zu der geplanten Reform. Dies soll anhand bestimmter individualvertraglicher und kollektivrechtlicher Mechanismen erreicht werden.
Die Kernelemente des Regierungsentwurfs
Der Anspruch auf angemessene Vergütung wird insoweit ergänzt, als künftig auch die Häufigkeit der Nutzung als Kriterium in die Bestimmung einer gerechten Bezahlung einfließen soll.
Ferner steht Kreativen das Recht zu, ein Werk, an dem ein Exklusivrecht gegen pauschale Vergütung eingeräumt wurde, nach Ablauf einer Frist von zehn Jahren auch anderweitig zu vermarken. Das Verwertungsrecht des ursprünglichen Vertragspartners wird dadurch nicht berührt.
Des Weiteren erhält der Urheber einen Anspruch auf Auskunft über erfolgte Nutzungen, um bei einem etwaigen Missverhältnis der Einkünfte zur ursprünglichen Vergütung eine Nachzahlung verlangen zu können.
Außerdem kann von den rechtlich verankerten Regelungen zum Nachteil des Künstlers nur in Form von gemeinsamen Vergütungsregeln oder Tarifverträgen abgewichen werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass abweichende Vereinbarung gerecht und auf Augenhöhe ausgehandelt worden sind.
Schließlich wird eine Verbandsklage in Gesetz integriert und das Verfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln gestrafft, damit kollektive Absprachen schneller getroffen werden können.
Kritik der Urheberverbände
Der beschlossene Regierungsentwurf stößt bei den Urheberverbänden, insbesondere bei der „Initiative Urheberrecht“ auf Kritik. Der Sprecher des Verbandes sagte: „Dieser Entwurf gibt den Urhebern Steine statt Brot. Die Regierung hat ihre Versprechungen großenteils nicht erfüllt, wenn dieser Entwurf Gesetz werden soll.“ Pfennig spielt damit auf die Abschwächung des ursprünglichen Referentenentwurfs an. Der jetzt beschlossene Entwurf würde den Bedürfnissen der Kreativen nicht ausreichend gerecht. So gelte der Anspruch auf Auskunft beispielsweise für Journalisten, Regisseure und Drehbuchautoren nicht, außerdem sei zu erwarten, dass sich die Reform praktisch kaum auswirken wird. Damit stelle sich die Reform als Mogelpackung dar, einige Regelungen seien zum Nachteil der Urheber sogar in ihr Gegenteil verkehrt worden.
Im Anschluss an den Kabinettbeschluss werden nun sich in naher Zukunft auch der Bundesrat und der Bundestag mit der Reform des Urhebervertragsrechts befassen.