Urheberrechtsverletzungen durch Teilnahme an Filesharing-Systemen

03. Februar 2009
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Seit Anfang September gewährt das Urheberrechtsgesetz (UrhG) auf Grund seiner Reform durch das „Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ dem Urheber nunmehr unmittelbar einen Auskunftsanspruch gegen den Provider. So bietet § 101 Abs. 2 UrhG dem Rechteinhaber die Möglichkeit den Provider selbst auf Erteilung der Auskunft, welcher Person die recherchierte IP-Adresse zugeordnet werden kann, in Anspruch zu nehmen.

Urheberrechtsverletzungen durch Teilnahme an Filesharing-Systemen

Seit jeher kursieren Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch die (bewusste, aber auch unbewusste) Teilnahme an Tauschnetzwerken im Internet. Vorgeworfen wird dem Abgemahnten regelmäßig, dass er durch die Teilnahme an sog. Peer-to-Peer-Netzwerken urheberrechtlich geschützte Werke anderen Nutzern durch deren Freigabe auf der eigenen Festplatte zum Upload angeboten habe. Wer anderen Teilnehmern solcher Tauschplattformen den Abruf der auf dem eigenen PC bereitgehaltenen Dateien gestattet, begeht insofern eine Urheberrechtsverletzung. Unerheblich ist es grundsätzlich, ob der Nutzer die Freigabe bewusst aktiviert hat oder dies unbemerkt und unbewusst geschieht. Es wird allein darauf abgestellt, inwieweit objektiv eine Verletzungshandlung stattgefunden hat.

Auf Grundlage der Verletzungshandlung werden Unterlassungs- und Kostenerstattungsansprüche im Hinblick auf die durch den abmahnenden Anwalt dem Verletzer entstandenen Kosten geltend gemacht. Ferner wird Auskunftserteilung über den genauen Umfang der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung sowie Schadensersatz gefordert.

Anspruchsteller sind in der Regel die größten internationalen Plattenfirmen, wie bspw. Sony BMG, Universal Music, Warner Music oder EMI Muisc, Vertreter der Filmindustrie sowie der Softwareindustrie. Gängige Vorgehensweise der Rechteinhaber ist es in Zusammenarbeit mit ihren Rechtsanwälten eine auf die Recherche von Urheberrechtsverletzungen spezialisierte Firma einzuschalten, die Internettauschbörsen, die mit Filesharing-Programmen wie „Bearshare“, Limewire“, „Morpheus“ oder „Shareaza“ arbeiten, nach relevanten rechtswidrigen Handlungsweisen durchsuchen. Zu nennen sei etwa die Firmen proMedia Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH. Als anwaltliche Vertreter der Rechteinhaber seien exemplarisch die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte, U+C (ehemals kuw) oder Schutt, Waetke Rechtsanwälte zu nennen, die sich bereits durch eine Vielzahl von Abmahnungen und gerichtlichen Verfahren einen Namen gemacht haben.

Sodann wird die sog. IP-Adresse des Internetanschlusses protokolliert, über welchen die Urheberrechtsverletzung stattgefunden haben soll. Bislang blieb nun den Rechteinhabern bzw. ihren Rechtsanwälten nichts weiter übrig, als unter Benennung der protokollierten IP-Adresse eine Anzeige bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden gegen Unbekannt zu stellen. Die Strafverfolgungsbehörden hatten dann auf Grundlage der übermittelten IP-Adresse bei den jeweiligen Internetdiensteanbietern (Access-Provider wie T-Online oder Arcor), die Erteilung der Auskunft gefordert, wer sich nun hinter der IP-Adresse tatsächlich als Internetanschlussinhaber verbirgt. Die Anwälte der Rechteinhaber nahmen anschließend bei den Strafverfolgungsbehörden Einsicht in die Strafakten, um so an die Identität des Anschlussinhabers zu gelangen.

Seit Anfang September gewährt das Urheberrechtsgesetz (UrhG) auf Grund seiner Reform durch das „Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ dem Urheber nunmehr unmittelbar einen Auskunftsanspruch gegen den Provider. So bietet § 101 Abs. 2 UrhG dem Rechteinhaber die Möglichkeit den Provider selbst auf Erteilung der Auskunft, welcher Person die recherchierte IP-Adresse zugeordnet werden kann, in Anspruch zu nehmen. Der Weg über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren muss  hiernach nicht unbedingt beschritten werden.

§ 101 Abs. 2 UrhG gewährt ausdrücklich einen Auskunftsanspruch in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat.

Auch wenn der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich eine solche Grundlage für die Auskunftserteilung geschaffen hat, sind die Daten, die hinter der IP-Adresse stecken als besonders schutzwürdig einzustufen. Daher ist nach § 101 Abs. 9 UrhG in Verbindung mit § 3 Nr. 30 Telekommunikationsgesetz (TKG) wiederum vorgesehen, dass der Rechteinhaber zunächst einen richterlichen Beschluss braucht, nach welchem der Erteilung der Auskunft zugestimmt wird.

Zwischenzeitig liegen erste Gerichtsentscheidungen vor, die sich mit der Frage auseinander zu setzen hatten, unter welchen Voraussetzungen nunmehr tatsächlich eine Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 2 UrhG zu erfolgen hat.

Im Fokus erster Entscheidungen stand insbesondere die genauere Bestimmung „des gewerblichen Ausmaßes“ der Rechtsverletzung, dessen Vorliegen überhaupt Voraussetzung für einen solchen Auskunftsanspruch ist. Das LG Köln sah bereits das Merkmal des „gewerblichen Ausmaßes“ bei dem Tausch eines einzigen Musikalbums unmittelbar nach dessen Veröffentlichung als gegeben an (LG Köln, Beschluss vom 02.09.2008, Az. 28 AR 4/08). Dies wurde auch so vom OLG Köln in der Beschwerdeentscheidung hinsichtlich des vorgenannten Beschlusses des LG Köln zwischenzeitig bestätigt (OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008, Az. 6 Wx 2/08). Auch in einer neueren Entscheidung hat das LG Köln nunmehr  diese Auffassung nochmals bestätigt und hierbei die Kriterien, die an das gewerbliche Ausmaß zu stellen sind, näher konkretisiert. Im Einzelfall seien neben der Anzahl der zuzuordnenden Rechtsverletzungen auch die Auswirkungen einer Verletzungshandlung zu berücksichtigen. Hierbei sei nicht zwangsläufig die zeitliche Verknüpfung zum Veröffentlichungsdatum des geschützten Werkes, sondern vielmehr der noch andauernde kommerzielle Erfolg des Werkes maßgeblich.

Auch das LG Düsseldorf (LG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2008, Az. 12 O 425/08) war bereits in einem älteren, ähnlich gelagerten Fall dem Auskunftsverlangen der Rechteinhaber ohne Weiteres gefolgt.

Nach Auffassung des LG Frankenthal hingegen seien an dem Kriterium des „gewerblichen Ausmaßes“ hohe Anforderungen zu stellen. Hiernach sei das gewerbliche Ausmaß der Rechtsverletzung erst bei dem Angebot von etwa 3000 Musikdateien oder etwa 200 Filmen in Tauschbörsen erreicht (LG Frankenthal, Beschluss vom 15.09.2008, Az. 6 O 325/08).

Man darf insoweit gespannt sein, wie die Gerichte diesbezüglich künftig weiter entscheiden.

Das OLG Düsseldorf hatte sich in einer anderen aktuellen Entscheidung weniger mit dem Kriterium des „gewerblichen Ausmaßes“ zu beschäftigen, sondern vielmehr mit der Frage, welches Gericht überhaupt für die Anordnung der Auskunftserteilung örtlich zuständig ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.01.2009, Az. I-20 W 130/08). Hiernach sei dasjenige Landgericht zuständig, in dessen Bezirk der zur Auskunft verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Niederlassung hat. Es bestehe diesbezüglich aber kein Wahlrecht. Maßgeblich sei vielmehr die innerbetriebliche Organisation des Verpflichteten. Danach ist das Landgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verpflichtete seine Geschäfte erledigt, bezüglich derer von ihm Auskunft verlangt wird.

Aktuell hatte sich letztlich auch das OLG Karlsruhe mit dem Auskunftsersuchen nach § 101 Abs. 2 UrhG zu beschäftigen. Im Fokus dieser Entscheidung stand allerdings in erster Linie die Frage der Kostenverteilung, soweit in einem Auskunftsersuchen mehrere Anträge zusammengefasst sind, denen unterschiedliche Lebenssachverhalte zu Grunde liegen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.01.2009, Az. 6 W 4/09).

Ganz gleich, ob nunmehr über § 101 Abs. 2 UrhG unmittelbar vom Provider oder über ein entsprechendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren die Identität des vermeintlichen Verletzers in Erfahrung gebracht werden konnte, so wird dieser in jedem Fall anschließend im Wege einer kostenpflichtigen Abmahnung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert. In der Regel ist der Abmahnung bereits ein Entwurf einer entsprechenden Unterlassungserklärung beigefügt. Ferner wird, wie bereits vorstehend genannt, die Erstattung der Rechtsanwaltskosten, die Erteilung von Auskunft sowie die Erstattung eines Schadensersatzes gefordert. Häufig wird dem Anschlussinhaber aber auch direkt im Wege einer außergerichtlichen einvernehmlichen Einigung die Zahlung eines gewissen Pauschalbetrages (etwa zwischen € 250,00 und über € 10.000,00) angeboten, mit welchem die Abmahnkosten sowie die Schadensersatzansprüche vollständig als abgegolten gelten sollen. Soweit der in Anspruch Genommene hierauf nicht eingehen sollte, so wird diesem angedroht, dass sodann weitaus höhere Kosten geltend gemacht werden können.

Mit der „blinden“ Annahme des Vergleichsvorschlags und ungeprüften Abgabe der dem Abmahnschreiben beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung ist jedoch höchste Vorsicht geboten. Hier verpflichtet sich der vermeintliche Verletzer nicht selten zu sehr viel mehr als eigentlich an sich erforderlich wäre.

Oftmals wird andererseits die Abmahnung von vornherein nicht Ernst genommen. So neigt  der in Anspruch genommenen Anschlussinhaber nicht selten dazu, die massenhafte Abmahntätigkeit der eingeschalteten Anwälte als bloße ungerechtfertigte Geldmacherei einzustufen ist, so dass keinerlei weitere Reaktionen auf die Abmahnung folgt. Die Abmahnung sollte jedoch generell Ernst genommen werden. Hier wird sich ansonsten der Rechteinhaber weiterer gerichtlicher Hilfe bedienen, um seine geltend gemachten Ansprüche letztlich durchzusetzen. Die Folge sind häufig tatsächlich sehr hohe weitere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, mit denen der in Anspruch Genommene konfrontiert wird.

Eine genaue anwaltliche Prüfung der Abmahnung und der geltend gemachten Ansprüche ist in jedem Fall anzuraten. Hier wird man unter Berücksichtigung aktuellster Tendenzen in der Rechtsprechung klären müssen, inwieweit die Inanspruchnahme tatsächlich gerechtfertigt ist und welche Reaktionen – in der Regel unter Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung – geboten erscheinen.

Zu den geltend gemachten Ansprüchen insgesamt ist grundsätzlich anzumerken, dass bereits umstritten ist, inwieweit von Eltern als Internetanschlussinhaber überhaupt die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert werden kann, wenn deren Kinder die Rechtsverletzung  vorgenommen haben. Zum Teil geht man davon aus, dass Eltern auch bei solchen Rechtsverletzungen ihrer minderjährigen Kinder kostenpflichtig auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, da sie generell eine Aufsichtspflicht dahingehend haben, dass über den Internetanschluss keine Rechtsverletzungen stattfinden (LG Hamburg, Beschluss vom 09.03.2006, Az. 308 O 139/06). Das LG Mannheim hingegen urteilte, dass Eltern nicht für Rechtsverletzungen ihrer volljährigen Kinder in Anspruch genommen werden können (LG Mannheim, Urteil vom 29.09.2006, Az. 7 O 76/06). Bei Minderjährigen komme es unter Berücksichtigung der Erziehung in Abhängigkeit von dem Alter der Kinder darauf an, ob eine Einweisung in den Umgang mit dem Internetzugang nötig ist und ob das vorangegangene Handeln der Kinder bereits Anlass für eine nähere Überwachung gegeben hat. Auch nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main ist der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne Weiteres dazu verpflichtet, bei der Internetnutzung durch nahe Familienangehörige Überwachungsmaßnahmen zu ergreifen. Eine Überwachungspflicht bestehe nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch zur Rechtsverletzung vorliegen würden. (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 01.07.2008, Az. 11 U 52/07)

Eine Haftung des Anschlussinhabers kommt nach überwiegender Ansicht auch dann in Betracht, wenn über dessen ungesichertes WLAN-Netzwerk durch fremde Dritte eine Rechtsverletzung begangen wurde (LG Hamburg, Urteil vom 26.07.2006; LG Hamburg, Urteil vom 15.07.2008, Az. 310 0 144/08; LG Mannheim, Beschluss vom 25.01.2007, Az. 7 O 65/06). Dem gegenüber sieht das OLG Frankfurt am Main auch in einem solchen Fall jedoch nicht grundsätzlich eine solche Haftung als gegeben an. (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 01.07.2008, Az. 11 U 52/07).

Eine differenzierte Betrachtungsweise des Einzelfalls ist nach alledem immer geboten. Die Zuhilfenahme anwaltlichen Beistandes ist nach dem Erhalt einer entsprechenden Abmahnung in jedem Fall anzuraten, um rechtssicher und ohne großes finanzielles Risiko den Streit letztlich beenden zu können. Gerne können Sie sich an uns wenden, soweit Sie selbst mit der Geltendmachung von Urheberrechtsverletzungen Ihnen gegenüber konfrontiert werden. Wir stehen Ihnen diesbezüglich jederzeit mit unserem juristischen Rat  zur Seite.

Aber auch wenn Sie selbst Ihre Rechte als Urheber verletzt sehen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung und nehmen ihre Interessen kompetent auf Grundlage unserer vielschichtigen Erfahrungen im Bereich des Urheberrechts wahr.

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