Landesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt für Internetvertrieb staatlicher Lottogesellschaften vorläufig bestätigt

08. Mai 2007
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Eigener Leitsatz:

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das vom Bundeskartellamt gegenüber den Lottogesellschaften der Bundesländer ausgesprochene Verbot, bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebs Erlaubnisvorbehalte zu beachten, die in anderen Bundesländern bestehen, nicht für sofort vollziehbar erklärt werden darf. Das bedeutet, dass dieses Verbot bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen die Verfügung eingelegte Beschwerde nicht durchgesetzt werden darf.

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 08.05.2007

Az.: KVR 31/ 06

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Mai 2007 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm sowie die Richter Dr. Raum, Dr. Strohn und Dr. Kirchhoff

b e s c h l o s s e n:

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen zu 2 bis 18 wird der Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2006 zu II. f. des Tenors teilweise aufgehoben.

2. Auf Antrag der Betroffenen zu 2 bis 18 wird die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 angeordnet, soweit ihnen unter B.2. des Beschlusstenors untersagt worden ist, bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebs in andere Bundesländer dort etwa bestehende ordnungsrechtliche Erlaubnisvorbehalte zu beachten.

3. Im Übrigen wird der Antrag der Betroffenen zu 2 bis 18 zu B.2. des Beschlusstenors mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich im Rahmen des Sofortvollzugs aus dieser Untersagungsverfügung für sie keine Verpflichtung ergibt, ausserhalb des eigenen Bundeslandes tätig zu werden.

4. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben;aussergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

5. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2 Mio. € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Betroffenen zu 2 bis 17 sind Lottogesellschaften, die maßgeblich von den einzelnen Bundesländern kontrolliert werden (im Folgenden: Lottogesellschaften). Die Bundesländer bedienen sich dieser Gesellschaften zur Durchführung und teilweise auch zur Veranstaltung von Lotterien und Sportwetten.

Die Betroffenen zu 2 bis 17 haben den Deutschen Lotto- und Totoblock (im Folgenden: DLTB, Betroffener zu 1) gegründet. Die Zusammenarbeit der Lottogesellschaften im DLTB ist im sogenannten Blockvertrag geregelt. § 2 des Blockvertrags lautet:

„Hoheitsbedingte Grenzen der Tätigkeit der einzelnen Blockpartner (I.) Da die Lotteriehoheit jedes Landes auf das Hoheitsgebiet beschränkt ist, kann jeder Blockpartner aufgrund der Erlaubnis des Landes Lotterien und Sportwetten nur innerhalb des jeweiligen Landesgebiets veranstalten und durchführen. Auch bei den in § 1 Abs. 1 genannten Veranstaltungen ist daher die Tätigkeit eines jeden Blockpartners auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt.

(II.) Damit die nach dem jeweiligen Landesrecht für die einzelnen Lotto- und Totounternehmen festgelegten Aufgaben nicht beeinträchtigt werden, kann jeder Blockpartner Spielscheine auf dem Postweg aus anderen Ländern nur annehmen, wenn zwischen den jeweils betroffenen Blockpartnern eine die Gegenseitigkeit verbürgende Regelung besteht.

(III.) Die Veranstaltung von Lotterien und Sportwetten, die Gegenstand dieses Vertrags sind, ist aufgrund einer Konzession in einem Land außerhalb der Bundesrepublik nur mit Zustimmung des Blocks zulässig.“

§ 1 Abs. 1 des Blockvertrags nennt die Veranstaltungen Lotto am Samstag und Lotto am Mittwoch sowie die Ergebnis- und Auswahlwette im Fußballtoto.

Am 1. Juli 2004 trat der „Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland“ (im Folgenden: Lotteriestaatsvertrag) in Kraft. Er wurde durch Landesgesetze ratifiziert und ist damit geltendes Landesrecht. Der Staatsvertrag bestimmt unter anderem:

„§ 1. Ziel des Staatsvertrages Ziel des Staatsvertrages ist es,

1. den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,

2. übermäßige Spielanreize zu verhindern,

3. eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen,

4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchgeführt werden und

5. sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verwendet wird.

§ 5. Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebotes. (1) Die Länder haben im Rahmen der Zielsetzungen des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen.

(2) Auf gesetzlicher Grundlage können die Länder diese Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen.

(3) Den in Absatz 2 Genannten ist ein Tätigwerden als Veranstalter oder Durchführer … nur in dem Land gestattet, in dem sie ihre Aufgaben nach Absatz 2 wahrnehmen. Sie dürfen Glücksspiele nur in diesem Land vertreiben oder vertreiben lassen. In einem anderen Land dürfen sie Glücksspiele nur mit Zustimmung dieses Landes veranstalten oder durchführen. Auf die Erteilung der Zustimmung besteht kein Rechtsanspruch.“

Mit Beschluss vom 23. August 2006 hat das Bundeskartellamt festgestellt, dass die Lottogesellschaften durch verschiedene Verhaltensweisen gegen das deutsche und europäische Kartellrecht verstoßen (WuW DE-V 1251). Die für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren relevanten Teile der Verfügung haben folgenden Wortlaut:

„B. § 2 des Blockvertrages der Deutschen Lotto- und Totounternehmen verstößt gegen Art. 81 EG soweit sich die Gesellschafter des DLTB darin geeinigt haben, Lotterien und Sportwetten, wie Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6, Fußballtoto, ODDSET und Glückspirale, jeweils nur in dem Bundesland zu vertreiben, in dem sie eine Genehmigung haben. § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag und die Landesgesetze zum Glücksspielwesen verstoßen gegen Art. 10 EG i. V. m. Art. 81 EG, soweit sie die Tätigkeit der Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks auf das Gebiet des Bundeslandes beschränken, in dem sie über eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele verfügen.

1. Den Verfahrensbeteiligten zu 2. bis 18. wird daher nach § 32 GWB untersagt, ihr jeweiliges Vertriebsgebiet für Lotterien und Sportwetten unter Beachtung von § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag und den Landesgesetzen zum Glücksspielwesen auf das Gebiet des Bundeslandes zu beschränken, in dem sie über eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele verfügen.

2. Insbesondere wird den Verfahrensbeteiligten zu 2. bis 18. untersagt, ihren Internetvertrieb aus diesem Grund auf Spielteilnehmer des Bundeslandes zu beschränken, die ihren Wohnsitz im Land der Lottogesellschaft haben.“

Gegen den Beschluss haben die Betroffenen Beschwerde eingelegt. Sie haben unter anderem beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die nach § 32 GWB i. V. mit Art. 10, 81 EG zu Abschn. B ergangenen Untersagungsverfügungen des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 anzuordnen.

Das Beschwerdegericht hat die Anträge hinsichtlich der Untersagungsverfügungen zu B. 1. und 2. zurückgewiesen, den Antrag hinsichtlich B. 1. allerdings mit der Klarstellung, dass sich die Untersagung der Beschränkung des Vertriebsgebietes auf das Gebiet des Bundeslandes, in dem die Beschwerdeführer über eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele verfügen, nur auf eine Beschränkung mit Rücksicht auf § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag beziehe; eine Verpflichtung, außerhalb des eigenen Bundeslandes tätig zu werden, ergebe sich aus dieser Untersagungsverfügung nicht (OLG Düsseldorf WuW/ E DE-R 1869).

Mit der – vom Beschwerdegericht zugelassenen – Rechtsbeschwerde begehren die Betroffenen zu 2 bis 18 (nachfolgend: Betroffene), die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die zu Abschn. B. 2. ergangene Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 anzuordnen.

II.
Das Beschwerdegericht hat den Antrag der Betroffenen zu B. 2. der Untersagungsverfügung zurückgewiesen, weil insoweit weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung bestünden noch deren Vollziehung für die Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

§ 2 Blockvertrag enthalte eine kartellrechtlich unzulässige Gebietsaufteilung, die auch durch § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag keine Rechtswirksamkeit erlange.

Zum einen sehe § 5 Abs. 3 Satz 3 Lotteriestaatsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen durchaus die Möglichkeit vor, in einem anderen Land Glücksspiele zu veranstalten oder durchzuführen. Zum anderen könne Landesrecht nicht das europäische Kartellrecht teilweise außer Kraft setzen. Soweit der Lotteriestaatsvertrag bezwecke, Unternehmenswettbewerb in einem Bereich zu verhindern, der über die Wahrnehmung der ordnungsrechtlichen Aufgabe, im eigenen Land ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, hinausgehe, liege ein Verstoß gegen EU-Recht vor, der gemäß Art. 10 EG dazu zwinge, das Landesrecht insoweit nicht anzuwenden. Allerdings begegne die Verfügung unter 1. des Abschn. B ernstlichen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit, wenn sie die Lottogesellschaften verpflichten wolle, über das Gebiet ihres Bundeslandes hinaus gewerblich tätig zu werden. Die Unbeachtlichkeit einer Kartellabrede über eine Marktaufteilung lasse die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen unberührt, davon abzusehen, ihre unternehmerische Tätigkeit auf weitere Gebiete auszudehnen. Die Auslegung des Verbotsausspruchs zu B. 1. ergebe jedoch, dass den Betroffenen lediglich verboten werde, ihr Vertriebsgebiet „in Befolgung von § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag“ auf das jeweilige Bundesland zu beschränken.

Soweit das Bundeskartellamt den Betroffenen unter B. 2. untersagt habe, ihren Internetvertrieb auf Spielteilnehmer zu beschränken, die ihren Wohnsitz im Land der Lottogesellschaft haben, bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung. Die Sperrung des von den Betroffenen einmal eingerichteten Vertriebswegs über das Internet für Nutzer aus anderen Bundesländern könne nur den Sinn haben, die Durchbrechung der kartellrechtswidrigen Gebietsaufteilung über den zwangsläufig länderübergreifenden Internetzugang zu verhindern.

Soweit das Beschwerdegericht keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung habe, hätte ihre Vollziehung für die Betroffenen auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Die Verpflichtung, den Internetvertrieb für Spielteilnehmer aus anderen Bundesländern zu öffnen, führe unmittelbar nur zu höheren Einnahmen und mittelbar dazu, dass die Austarierung der Lottoeinnahmen zwischen den Ländern in geringem Umfang beeinträchtigt werde.

III.
Der Senat entscheidet über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung. Die in § 76 Abs. 5 GWB vorgesehene entsprechende Anwendung des § 69 GWB begründet für das Rechtsbeschwerdeverfahren kein weitergehendes Mündlichkeitsgebot als für das Beschwerdeverfahren. Soweit das Beschwerdegericht nach § 69 GWB ohne mündliche Verhandlung entscheiden darf, gilt das auch für das nachfolgende Rechtsbeschwerdeverfahren.

Nach § 69 Abs. 1 GWB entscheidet das Beschwerdegericht „über die Beschwerde“ aufgrund mündlicher Verhandlung. Nicht erfasst sind damit Zwischenentscheidungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, zu denen auch die Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zählt (vgl. Kollmorgen in Langen/ Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 69 GWB Rdn. 2).

Dafür spricht auch, dass § 65 GWB in Anlehnung an § 80 VwGO in das Gesetz eingefügt wurde (vgl. Regierungsbegr. zu dem Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des GWB, BT-Drucks. VI/ 2520, S. 36). Die Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO erfordert gemäß § 146 Abs. 4, § 150 VwGO keine mündliche Verhandlung. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, für Entscheidungen im summarischen Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB weitergehende Anforderungen an die Mündlichkeit zu stellen.

IV.
Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Zurückweisung des Antrags zu B. 2. der Untersagungsverfügung begegnet im Ergebnis keinen Bedenken.

Die Betroffenen begehren mit der Rechtsbeschwerde, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die Untersagung hinsichtlich ihres Internetvertriebs angeordnet werde. Dabei handelt es sich allerdings um einen Unterfall der unter B. 1. der Verfügung ausgesprochenen Untersagung, die sich allgemein auf territoriale Beschränkungen der Tätigkeit der Lottogesellschaften auf die jeweiligen Länder und damit auch auf den Internetvertrieb bezieht. Es begegnet jedoch keinem Zweifel, dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich B. 2. der Verfügung notwendig auch eine solche hinsichtlich B. 1. umfasst, soweit B. 1. den in B. 2. geregelten Sachverhalt ebenfalls regelt. Die von der Rechtsbeschwerde gewählte Antragsfassung beruht erkennbar darauf, dass die Verfügung des Bundeskartellamts hinsichtlich des Internetvertriebs in B. 2. einen eigenen Untersagungsausspruch enthält. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Betroffenen darauf in ihrem Antrag Bezug nehmen. Auch das Beschwerdegericht hat den Antrag zu B. 2. zutreffend als zulässig behandelt.

Die Regelung zum Internetvertrieb ist ein abtrennbarer Teil des Streitgegenstands, auf den deshalb die Rechtsbeschwerde beschränkt werden kann.

V.
Die Rechtsbeschwerde erweist sich als teilweise begründet. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zu B. 2. bestehen insoweit, als den Betroffenen untersagt worden ist, bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebs in andere Bundesländer dort etwa bestehende ordnungsrechtliche Erlaubnisvorbehalte zu beachten. In diesem Umfang ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde der Betroffenen anzuordnen.

1. Entscheidungen des Beschwerdegerichts nach § 65 Abs. 3 GWB können im Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt überprüft werden. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB ist ein Eilverfahren, in dem anders als im Beschwerdeverfahren nach § 63 GWB keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der angefochtenen Verfügung der Kartellbehörde erfolgt. Nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist Prüfungsmaßstab für die vom Beschwerdegericht vorzunehmende Rechtsmäßigkeitskontrolle, ob „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung“ bestehen. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft das dabei vom Beschwerdegericht gefundene Ergebnis nur auf rechtliche Plausibilität. Die Beschwerdeentscheidung hat im Rechtsbeschwerdeverfahren daher insoweit Bestand, als sie sich als vertretbar erweist. Eine weitergehende Kontrolle der Entscheidung des Beschwerdegerichts im vorläufigen Rechtsschutz würde auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufen, die mit dem Verfahrenscharakter als Eilverfahren unvereinbar wäre. Das Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache, für das die §§ 69, 76 Abs. 5 GWB zwingend mündliche Verhandlung vorschreiben, würde dann seines Sinnes beraubt und überflüssig. Eine größere Kontrolldichte im Eilverfahren würde auch zwangsläufig eine aufwendigere Bearbeitung erfordern und damit zu Verzögerungen führen, die im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit vorläufiger Regelung nicht hinnehmbar wären.

2. Die angefochtene Verfügung ist nicht deswegen rechtswidrig, weil sie sich an die falschen Adressaten richtet.

Die Rechtsbeschwerde macht geltend, in sechs Bundesländern seien nicht die Lottogesellschaften, sondern die Bundesländer selbst Veranstalter der staatlichen Lotterien und Sportwetten. In diesen Bundesländern seien die Lottogesellschaften als Adressaten der Anordnung zu B. 2. nicht in der Lage, sie zu befolgen.

Die Rechtsbeschwerde bestreitet jedoch nicht, dass auch in den fraglichen sechs Bundesländern die Lottogesellschaften die staatlichen Lotterien und Sportwetten durchführen. Das bringt auch § 1 Abs. 1 des Blockvertrags eindeutig zum Ausdruck, wonach die Blockpartner Lotto am Samstag und Lotto am Mittwoch sowie die Ergebnis- und Auswahlwette im Fußballtoto einheitlich durchführen. § 2 Abs. 1 Blockvertrag beschränkt die Tätigkeit eines jeden Blockpartners auf das Gebiet des jeweiligen Landes. Einer solchen Regelung bedurfte es nicht, wenn die Blockpartner nicht grundsätzlich ihr Tätigkeitsgebiet bestimmen könnten. Das gilt auch für die Betroffene zu 17., deren aus dem Handelsregister B ersichtlicher Unternehmensgegenstand nach der von der Rechtsbeschwerde nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellung des Bundeskartellamts in der angefochtenen Verfügung die Mitwirkung bei der verwaltungsmäßigen Durchführung von Lotterien unter der Bezeichnung Nord-West Lotto und Toto Hamburg – Staatliche Lotterie der Freien und Hansestadt Hamburg – und die Vornahme aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte ist.

3. Das Beschwerdegericht hat nach vorläufiger Bewertung in § 2 Blockvertrag eine gemäß Art. 81 Abs. 1 EG unzulässige Gebietsaufteilung gesehen und insoweit ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zu B. 2. verneint. Das ist rechtlich plausibel und lässt keinen im Rechtsbeschwerdeverfahren erheblichen Rechtsfehler erkennen.

a) Keine Bedenken bestehen gegen die Ansicht des Beschwerdegerichts, bei § 2 des Blockvertrags handele es sich um eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung gemäß Art. 81 EG.

aa) Der Blockvertrag ist eine Absprache von Unternehmen. Die Betroffenen sind Unternehmen im Sinne des deutschen und europäischen Kartellrechts (BGH, Beschl. v. 9. 3. 1999 – KVR 20/ 97, WuW/ E DE-R 289, 291 – Lottospielgemeinschaft).

bb) § 2 Blockvertrag bezweckt und bewirkt auch eine Wettbewerbsbeschränkung unter den Lottogesellschaften.

§ 2 Blockvertrag beschränkt sich nicht auf eine lediglich deklaratorische Wiedergabe zuvor bestehender verfassungs- oder landesrechtlicher Schranken für die Tätigkeit der Betroffenen. Eine bloße Umsetzung des Lotteriestaatsvertrages vom 1. Juli 2004 kann der Blockvertrag schon deshalb nicht sein, weil seine jetzt gültige Fassung am 22. Mai 2000 abgeschlossen wurde, der eine – soweit hier maßgeblich – inhaltlich identische Regelung in § 2 des Blockvertrags vom 21. April 1960 vorausging. Ältere landesrechtliche Regelungen, die eine § 2 Blockvertrag entsprechende Bestimmung enthielten, sind weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Aus dem Umstand allein, dass es schon mindestens seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg Landesrecht und Genehmigungserfordernisse für Glücksspiele gab, ergibt sich dafür nichts.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hält § 2 Blockvertrag die Lottogesellschaften davon ab, außerhalb ihres eigenen Bundeslandes bei einer anderen Aufsichtsbehörde eine Konzession für deren Gebiet zu beantragen. Zwar könnte § 2 Abs. 1 Blockvertrag bei isolierter Betrachtung dahingehend verstanden werden, dass eine Lottogesellschaft aufgrund der Erlaubnis eines bestimmten Bundeslandes als Folge der Lotteriehoheit der Länder nur in diesem Bundesland tätig werden könne, was weitere Erlaubnisse durch andere Bundesländer nicht ausschlösse. Wie das Bundeskartellamt zu Recht einwendet, steht einer solchen Auslegung jedoch der systematische Zusammenhang von § 2 Abs. 1 Blockvertrag mit dessen Präambel sowie den Absätzen 2 und 3 des § 2 entgegen. Nach Absatz 1 Satz 3 der Präambel ist der Tätigkeitsbereich der einzelnen Lottogesellschaften auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt, ohne dass die Möglichkeit einer Erlaubnis zum Tätigwerden in dem Gebiet eines anderen Landes in Betracht gezogen wird. Dementsprechend hat offenbar auch keine der Betroffenen jemals eine solche Erlaubnis beantragt. Nach § 2 Abs. 3 Blockvertrag kann eine Lottogesellschaft außerhalb der Bundesrepublik selbst nach Erteilung einer Konzession des ausländischen Staates nur mit Zustimmung des Blocks tätig werden.

Auch das belegt, dass den Blockpartnern gerade nicht freigestellt ist, sich außerhalb ihres Bundeslandes um Konzessionen zu bemühen. Schließlich wird nach § 2 Abs. 2 Blockvertrag die Annahme von Spielscheinen aus anderen Ländern auf dem Postweg davon abhängig gemacht, dass zwischen den jeweils betroffenen Lottogesellschaften eine die Gegenseitigkeit verbürgende Regelung besteht. Dieser systematische Zusammenhang des § 2 Abs. 1 Satz 2 Blockvertrag schließt eine Auslegung aus, nach der der Vertrag individuelle Bemühungen der Lottogesellschaften um Erlaubnisse zum Tätigwerden außerhalb ihrer jeweiligen Bundesländer zulässt.

Eine Wettbewerbsbeschränkung durch § 2 Blockvertrag scheidet auch nicht deshalb aus, weil ein Wettbewerb zwischen den Lottogesellschaften erst nach Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zu einem Tätigwerden einer in einem anderen Bundesland ansässigen Lottogesellschaft möglich ist. In seinem Beschluss „Lottospielgemeinschaft“ hat der Senat bereits ausgeführt, dass die Lotteriehoheit der Länder und insbesondere das zum Tätigwerden von Lotteriegesellschaften erforderliche Genehmigungserfordernis weder rechtlich noch logisch einen Wettbewerb unter den Lottogesellschaften ausschließen (BGH WuW/ E DE-R 289, 293 – Lottospielgemeinschaft). Wie der Senat dort weiter ausgeführt hat, erscheint die Erteilung der Genehmigung insbesondere für Gesellschaften des deutschen Lotto- und Totoblocks, die unter staatlicher Kontrolle stehen oder Teil der staatlichen Verwaltung sind, nicht schlechthin ausgeschlossen.

cc) Die in der angefochtenen Verfügung vom Bundeskartellamt getroffenen Annahmen zur Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung sowie zum Vorliegen einer spürbaren Handelsbeeinträchtigung werden von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen. Rechtsfehler des Beschwerdegerichts in diesem Zusammenhang sind nicht ersichtlich. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Legalausnahme des Art. 81 Abs. 3 EG Anwendung finden könnte.

b) Die in § 2 Blockvertrag enthaltene territoriale Beschränkung der Tätigkeit der Lottogesellschaften ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht gemäß Art. 86 Abs. 2 EG von der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ausgenommen.

Auch das begegnet im Rahmen der im Rechtsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Plausibilitätskontrolle keinen Bedenken.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob die Bereitstellung staatlich kontrollierter Lotterien und Sportwetten zur Kanalisierung und Kontrolle von Spiellust und Spieltrieb eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 86 Abs. 2 EG ist und ob gegebenenfalls alle Lottogesellschaften mit dieser Dienstleistung im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EG „betraut“ sind (vgl. EuGH, Urt. v. 23. 10. 1997 – C-159/ 94, Slg. 1997, I-5815 Tz. 65 f. – Kommission gegen Frankreich). Denn die Untersagungsverfügung zu B. 2. dürfte jedenfalls nicht die Erfüllung der den Lottogesellschaften im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse übertragenen Aufgaben verhindern. Nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften kommt es insoweit darauf an, ob die Erfüllung der Aufgabe unter wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen gefährdet wird (EuGH, Urt. v. 10. 2. 2000 – C-147/ 97, Slg. 2000 I-825 Tz. 49 – Deutsche Post AG; Urt. v. 25. 10. 2001 – C-475/ 99, Slg. 2001, I-8089 Tz. 57 – Ambulanz Glöckner).

aa) Die Betroffenen machen nicht geltend, dass nach einer Beseitigung der zwingenden Beschränkung ihres Internetvertriebs auf ihr jeweiliges Bundesland ihre wirtschaftlichen Grundlagen gefährdet würden. Das Bundeskartellamt erwartet in diesem Zusammenhang allenfalls einen gewissen Druck auf die verlangten Spielprovisionen, auf die jedoch – je nach Bundesland – nur zwischen 2, 7 und 4, 6 % der Spielumsätze entfielen. Die mit Abstand meisten Umsätze der Lottogesellschaften werden mit bundeseinheitlichen Spielangeboten erzielt. Es ist nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass bei Hinzutreten bislang nur in anderen Bundesländern verfügbarer, länderspezifischer Spielangebote die wirtschaftlichen Grundlagen der Lottogesellschaften bestimmter Bundesländer gefährdet werden könnten.

bb) Auch im Übrigen kann nicht von einer Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Lottogesellschaften ausgegangen werden. Eine solche Gefährdung liegt fern, wenn bundeseinheitlich angebotene Spiele innerhalb eines Bundeslandes künftig im Einklang mit dem dort anwendbaren Landesrecht, also insbesondere auf der Grundlage einer Konzession dieses Landes, durch staatlich kontrollierte und beherrschte Lottogesellschaften mehrerer Bundesländer angeboten würden.

Für alle diese Lottogesellschaften gelten die Werbebeschränkungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) ausgesprochen hat. Ihre Tätigkeit unterliegt zudem dem Ordnungsrecht der Länder, das innerhalb des Landesgebiets zur Durchsetzung der öffentlichen Aufgaben eingesetzt werden kann, die den Lottogesellschaften der jeweiligen Länder übertragen worden sind. Der Einsatz des ordnungsrechtlichen Instrumentariums ist gegenüber einem Gebietskartell der Lottogesellschaften jedenfalls das mildere Mittel, so dass letzteres nicht durch Art. 86 Abs. 2 EG von der Anwendung der Wettbewerbsregeln freigestellt sein kann (vgl. EuGH, Urt. v. 17. 5. 2001 – C-340/ 99, Slg. 2001, I-4109 Tz. 52 – TNT Traco).

Hinsichtlich der nur in einzelnen Bundesländern zugelassenen Spiele ist die Vereinbarung eines allgemeinen Tätigkeitsverbots in anderen Bundesländern jedenfalls nicht erforderlich, so dass die Ausnahmevorschrift des Art. 86 Abs. 2 EG ebenfalls nicht eingreifen kann. Denn soweit die Ausweitung eines derartigen Spielangebots auf ein anderes Bundesland mit dessen öffentlichen Interessen unvereinbar sein sollte, stünde es diesem Bundesland frei, die ordnungsrechtlich erforderliche Genehmigung für dieses Spielangebot zu versagen. Die landesrechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen ist räumlich auf das Gebiet dieses Bundeslandes beschränkt; Erlaubnisse von Glücksspielen können von Land zu Land unterschiedlich erteilt werden (BVerwGE 126, 149, 158 f.).

4. Das Beschwerdegericht hat ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung auch insoweit verneint, als das Bundeskartellamt den Betroffenen untersagt hat, ihr jeweiliges Vertriebsgebiet unter Beachtung von § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag und der Landesgesetze zum Glücksspielwesen auf das Bundesland zu beschränken, in dem sie über eine Genehmigung verfügen. Diese Beurteilung hat bei der gebotenen summarischen Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren zu § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag Bestand. Hinsichtlich der Landesgesetze hat das Berufungsgericht hingegen rechtsfehlerhaft ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung verneint, soweit sie die Lottogesellschaften daran hindert, landesrechtliche Erlaubnisvorbehalte im Glücksspielwesen zu beachten.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften verbietet Art. 10 EG i. V. mit Art. 81 EG den Mitgliedstaaten und damit auch ihren föderalen Gliedstaaten, Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten (EuGH, Urt. v. 9. 9. 2003 – C-198/ 01, Slg. 2003, I-8079 Tz. 45 – CIF, m. w. N.). Das Bundeskartellamt hält § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag für eine derartige Maßnahme, soweit diese Bestimmung den in einem Bundesland zugelassenen Lottogesellschaften vorschreibe, die in diesem Land genehmigten Glücksspiele in einem anderen Bundesland nur mit dessen vorheriger Zustimmung zu vertreiben, und eine Versagung dieser Zustimmung aus anderen als ordnungsrechtlichen Gründen ermögliche. Denn hierdurch bewirke der Lotteriestaatsvertrag eine Verstärkung der im Blockvertrag vereinbarten Marktaufteilung unter den Lottogesellschaften. Soweit das Beschwerdegericht auf der Grundlage dieser Auslegung keine ernsthaften Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit der unter B der Verfügung zu § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag getroffenen Feststellung des Bundeskartellamts hat, ist das im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu beanstanden.

b) Allerdings ist in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften anerkannt, dass die Mitgliedstaaten aus Gründen des Allgemeininteresses die Zulassung von Lotterien und Glücksspielen beschränken oder ausschließen können und dabei über erhebliches Ermessen verfügen (EuGH, Urt. v. 24. 3. 1994 – C-275/ 92, Slg. 1994, I-1039 Tz. 57 f., 61 – Schindler; Urt. v. 21. 9. 1999 – C-124/ 97, Slg. 1999, I-6067 Tz. 32 f., 35 – Läärä; Urt. v. 21. 10. 1999 – C-67/ 98, Slg. 1999, I-7289 Tz. 14 ff. – Zenatti; Urt. v. 6. 11. 2003 – C-243/ 01, Slg. 2003, I-13031 Tz. 63 – Gambelli; Urt. v. 6. 3. 2007 – C-338/ 04, C-359/ 04 und C-360/ 04, WRP 2007, 525 Tz. 47 – Placanica). Der Gerichtshof stellt dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an Lotterien und andere Glücksspiele (EuGH Slg. 1994, I-1039 Tz. 60 – Schindler; Slg. 1999, I-6067, Tz. 15 – Läärä; Slg. 1999, I-7289, Tz. 16 – Zenatti). Der Senat sieht entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts und der Beigeladenen zu 1 derzeit ebenfalls keinen Anlass, bei der kartellrechtlichen Beurteilung zwischen Sportwetten und Lotterien zu differenzieren. Die Bewertung des Gefährdungspotentials dieser Spiele und die Festlegung einer Schwelle, ab welcher Gefährdung eine staatliche Regulierung des Wettbewerbs erfolgen soll, obliegt der auch gemeinschaftsrechtlich anerkannten Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers (so auch VGH München Beschl. v. 10. 7. 2006 – 22 BV 05. 457, Umdruck S. 13 f.). Die zur Erreichung des von den Mitgliedstaaten angestrebten Schutzniveaus im Glücksspielsektor gewählten Maßnahmen müssen den Anforderungen genügen, die das Gemeinschaftsrecht an ihre Verhältnismäßigkeit stellt. Sie müssen zur Verwirklichung des von dem fraglichen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziels geeignet und erforderlich sein und dürfen nicht diskriminierend angewendet werden (EuGH, Urt. v. 6. 3. 2007 – C-338/ 04, C-359/ 04 und C-360/ 04, WRP 2007, 525 Tz. 48 f. – Placanica).

Die von den Mitgliedstaaten im Glücksspielsektor verfolgten Ziele sind nicht Gegenstand dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung, sondern ihr Ausgangspunkt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat bestätigt, dass den Mitgliedstaaten die Beurteilung obliegt, ob es im Rahmen der von ihnen verfolgten Ziele notwendig ist, Glücksspiele vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen; für die gemeinschaftsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung sei deshalb ohne Belang, dass ein Mitgliedstaat weniger einschränkende Regelungen als ein anderer getroffen habe (EuGH, Urt. v. 11. 9. 2003 – C-6/ 01, Slg. 2003, I-8621 Tz. 79 ff. – Anomar).

c) Mit dem Lotteriestaatsvertrag werden ausweislich seines § 1 legitime Allgemeininteressen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften verfolgt wie insbesondere die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen sowie die Verhinderung übermäßiger Spielanreize. Soweit mitgliedstaatliche Maßnahmen zur Kontrolle von Glücksspielen und Lotterien nach der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zulässig sind, scheidet auch ein Verstoß gegen Art. 10 EG i. V. mit Art. 81 EG aus.

§ 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag schließt einen Rechtsanspruch auf Zustimmung zu länderübergreifendem Tätigwerden der Lottogesellschaften ausdrücklich aus und nennt keine Kriterien für die Erteilung der Zustimmung. Das Bundeskartellamt hat angenommen, damit lasse diese Bestimmung eine Versagung der Zustimmung insbesondere auch allein zur Verhinderung von Wettbewerb zu. Das Beschwerdegericht hat keine Zweifel daran gehabt, dass die Betroffenen nicht unter Berufung auf ein in diesem Sinne verstandenes Landesrecht davon absehen dürfen, ihre Tätigkeit über die Grenzen ihres Bundeslandes hinaus auszudehnen.

Dies begegnet bei summarischer Prüfung keinen Bedenken. Für die Instrumentalisierung des § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag jedenfalls auch zur Wettbewerbsbeschränkung sprechen die Erläuterungen zu dieser Regelung, wonach mit ihr „auch eine unerwünschte Wettbewerbssituation bei Glücksspielen mit besonderem Gefährdungspotential“ vermieden werden soll. Soweit die Zustimmung aus fiskalischen Motiven allein deshalb versagt werden sollte, um Einnahmen für den Landeshaushalt oder die Finanzierung sozialer oder gemeinnütziger Zwecke zu sichern, fehlte es gleichfalls an einer gemeinschaftsrechtlich anerkannten Zielsetzung (vgl. EuGH, Urt. v. 6. 11. 2003 – C-243/ 01, Slg. 2003, I-13031 Tz. 61 f. – Gambelli).

d) Nicht mehr vertretbar erscheint es aber, dass das Beschwerdegericht ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung zu B auch verneint, soweit sie den Bundesländern eine Begrenzung der Tätigkeit der Lottogesellschaften anderer Bundesländer aus ordnungsrechtlichen Gründen nur noch nachträglich erlaubt. Dass die Verfügung in diesem Sinn auszulegen ist, wird durch ihren Wortlaut zumindest nahegelegt und ergibt sich jedenfalls deutlich aus ihren Gründen.

Es wurde vom Bundeskartellamt in diesem Verfahren auch bestätigt.

aa) Ein landesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt auch für die Tätigkeit von Lottogesellschaften anderer Bundesländer erscheint bei vorläufiger Beurteilung gemeinschaftsrechtlich unbedenklich. Der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften hat erst jüngst die Möglichkeit der Mitgliedstaaten ausdrücklich anerkannt, Tätigkeiten im Glücksspielsektor einem Erlaubnisvorbehalt zu unterstellen (EuGH, Urt. v. 6. 3. 2007 – C-338/ 04, C-359/ 04 und C-360/ 04, WRP 2007, 525, Tz. 45 ff. – Placanica).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Legalisierungswirkung einer landesbehördlichen Erlaubnis auf ihren verwaltungsrechtlichen Geltungsbereich, d. h. auf das jeweilige Bundesland, beschränkt (BVerwGE 126, 149, 158). Dieses Verständnis steht nach der vorläufigen Beurteilung des Senats nicht in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht. Der Schutzbereich der von den Art. 46 EG und 49 EG gewährleisteten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dürfte jedenfalls hier nicht berührt sein, da diese Grundfreiheiten nur zwischen den Mitgliedstaaten gelten, jedoch nicht im Verhältnis zwischen Behörden und Lottogesellschaften eines Mitgliedstaates. Art. 10 EG i. V. mit Art. 81 EG verbieten staatliche Maßnahmen, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben können. Die Möglichkeit der Bundesländer, einen Erlaubnisvorbehalt für Glücksspiele vorzusehen, ist aber Ausdruck ihrer ordnungsrechtlichen Lotteriehoheit. Da die Bundesländer entsprechend der föderalen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sind, eine eigenständige Politik im Glücksspielwesen zu verfolgen, dürften sie auch gemeinschaftsrechtlich nicht verpflichtet sein, die von anderen Bundesländern erteilten Erlaubnisse ungeprüft anzuerkennen. Dafür spricht auch, dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für die Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Vorschriften im Glücksspielsektor mit dem Gemeinschaftsrecht unerheblich ist, wenn in anderen Mitgliedstaaten weniger einschränkende Regelungen gelten (EuGH, Urt. v. 11. 9. 2003 – C-6/ 01, Slg. 2003, I-8621 Tz. 81 – Anomar, ebenso BGH, Urt. v. 14. 3. 2002 – I ZR 279/ 99, GRUR 2002, 636, 637 – Sportwetten). Es ist nicht ersichtlich, warum gemeinschaftsrechtlich die Gliedstaaten eines Bundesstaates Glücksspielerlaubnisse gegenseitig anerkennen müssten, wenn ein solcher Zwang zwischen Mitgliedstaaten nicht besteht.

Eine Versagung der Erlaubnis ist nicht von vornherein nur aus wettbewerblichen, sondern auch aus ordnungsrechtlichen Gründen möglich. Der Erlaubnisvorbehalt beeinträchtigt deshalb bei summarischer Prüfung nicht per se die praktische Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln. Soweit er im Einzelfall in unzulässiger Weise zu wettbewerblichen Zwecken ausgeübt werden sollte, würde diese Anwendung eine nach den Art. 10, 81 EG unzulässige staatliche Maßnahme sein. Die grundsätzliche gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des Erlaubnisvorbehalts wird jedoch durch die Möglichkeit seines Missbrauchs im Einzelfall nicht beseitigt.

bb) Berechtigte ordnungsrechtliche Gründe der Bundesländer, auch konkret die Tätigkeit von Lottogesellschaften anderer Länder über das Internet von vornherein nicht zuzulassen oder einzuschränken, können entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts bei pauschaler Prüfung nicht ausgeschlossen werden.

(1) So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276, 319) zum Bayerischen Staatslotteriegesetz für die Übergangszeit bis zu einer verfassungskonformen Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltung untersagt. Die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts sind auf die Rechtslage in den anderen Bundesländern übertragbar (so bereits ausdrücklich für landesrechtliche Regelungen über Sportwetten und Lotterien in Baden-Württemberg BVerfG, Beschl. v. 4. 7. 2006 – 1 BvR 138/ 05, WM 2006, 1644 Tz. 10 f.; in Hessen VGH Kassel NVwZ 2006, 1435, 1436; in Nordrhein-Westfalen OVG Münster EuZW 2006, 603). Es liegt nicht fern, als unzulässige Erweiterung staatlicher Wettveranstaltung im Sinne des Bundesverfassungsgerichts nicht nur neue Glücksspiele, sondern auch die Bereitstellung neuer oder zusätzlicher Vertriebsmöglichkeiten für bereits verfügbare Spielangebote durch weitere staatliche Lottogesellschaften anzusehen. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem den Internetvertrieb durch die Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Bekämpfung von Wettleidenschaft als bedenklich bezeichnet (BVerfGE 115, 276, 315).

(2) Ferner sind schon gegenwärtig bestimmte Spielangebote nur in einzelnen Bundesländern zulässig. Bundesländer, in denen aus ordnungsrechtlichen Gründen gewisse Angebote nicht erlaubt sind, haben dann ein legitimes Interesse, diese Angebote auch nicht über den Internetvertrieb einer anderen staatlichen Lottogesellschaft zuzulassen.

(3) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften schließt die Dienstleistungsfreiheit ein Staatsmonopol für Glücksspiele und Lotterien nicht aus (EuGH, Urt. v. 21. 9. 1999 – C-124/ 97, Slg. 1999, I-6067 Tz. 42 – Läärä). Auch verfassungsrechtlich bestehen dagegen keine Bedenken (BVerfGE 115, 276, 318). Da die gemeinschaftsrechtlich den Mitgliedstaaten zustehenden Befugnisse in Deutschland entsprechend der föderalen Ordnung wahrgenommen werden, dürften sich die einzelnen Bundesländer im Rahmen ihrer Lotteriehoheit für oder gegen die Schaffung eines solchen Monopols entscheiden können. In Ländern, in denen es im Rahmen der bis zum 31. Dezember 2007 erforderlichen Neuregelung zur Einrichtung von Monopolen kommen sollte, käme ein Tätigwerden der Lottogesellschaften anderer Bundesländer von vornherein nicht in Betracht. Es erscheint dann ebenfalls nicht geboten, den Ordnungsbehörden in Ländern mit Monopol lediglich ein nachträgliches Eingreifen zu erlauben.

Während der Übergangszeit sind die Länder nicht verpflichtet, bestehende Monopole im Glücksspielwesen aufzuheben.

(4) Auf Antrag der Betroffenen ist daher die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde insoweit anzuordnen, als ihnen unter B. 2. des Beschlusstenors untersagt worden ist, bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebes in andere Bundesländer dort etwa bestehende ordnungsrechtliche Erlaubnisvorbehalte zu beachten.

Die Anordnung eines solchen teilweisen Vollstreckungsschutzes ist im Rechtsbeschwerdeverfahren möglich. § 76 Abs. 5 GWB erklärt § 71 Abs. 2 GWB für entsprechend anwendbar. Für die dort geregelte Beschwerdeentscheidung ist die Befugnis des Beschwerdegerichts zu einer Teilaufhebung anerkannt (BGHZ 67, 104, 109 – Vitamin B 12; Kollmorgen in Langen/ Bunte, § 71 GWB Rdn. 23; Werner in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 54 Rdn. 132; Mees in Loewenheim/ Meessen/ Riesenkampff, § 71 Rdn. 13). Im vorläufigen Rechtsschutz entspricht dieser Befugnis zur Teilaufhebung eine solche zur teilweisen Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Von dem nach vorläufiger Prüfung unbedenklichen ordnungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalt der Länder für die Tätigkeit in ihrem Territorium ist die bisherige Konzessionierungspraxis für den Internetvertrieb zu unterscheiden, wonach von den Lottogesellschaften nur Teilnehmer aus dem eigenen Bundesland zum Spiel zugelassen werden dürfen. Eine solche Beschränkung ist ordnungsrechtlich nicht gerechtfertigt, da der Schutz von Spielern in anderen Bundesländern den dortigen Behörden obliegt. Sie ist daher eine die Vereinbarung der Lottogesellschaften über die Gebietsaufteilung verstärkende, nach Art. 10 EG i. V. mit Art. 81 EG unzulässige staatliche Maßnahme. Die Lottogesellschaften sind sofort vollziehbar dazu verpflichtet, diese Konzessionsbeschränkung unberücksichtigt zu lassen.

e) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat sich das Bundeskartellamt mit dem Verfügungstenor zu B im Rahmen seiner Befugnisse gehalten.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften kann das Bundeskartellamt als nationale Wettbewerbsbehörde feststellen, dass eine staatliche Maßnahme – hier § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag – gegen Art. 10 EG i. V. mit Art. 81 EG verstößt, und diese unangewendet lassen (EuGH, Urt. v. 9. 9. 2003 – C-198/ 01, Slg. 2003, I-8079 Tz. 50 – CIF). Das schließt die Befugnis ein, eine staatsvertragliche Regelung in europarechtskonformer Auslegung nur eingeschränkt anzuwenden.

f) Ernsthafte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung wegen fehlender Einräumung einer Übergangsfrist scheiden aus, soweit ihre sofortige Vollziehbarkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren bestätigt wird. Da alle berechtigten ordnungsrechtlichen Gesichtspunkte weiterhin durch Erlaubnisvorbehalte berücksichtigt werden können, könnte mit einer Übergangsfrist allenfalls die vorläufige weitere Hinnahme einer Instrumentalisierung des Lotteriestaatsvertrags zu Zwecken der Wettbewerbsbeschränkung erstrebt werden. Das kommt nicht in Betracht.

5. Das Beschwerdegericht hat es als zweckmäßig angesehen, im Tenor seines Beschlusses hinsichtlich des Verbots zu B. 1. der Verfügung ausdrücklich klarzustellen, dass sich daraus eine Verpflichtung, außerhalb des eigenen Bundeslandes tätig zu werden, nicht ergebe. Zu B. 2. der Verfügung hat es eine entsprechende Klarstellung nicht vorgenommen. Denn die Sperrung des eröffneten Vertriebswegs über das Internet könne nur den Sinn haben, die Durchbrechung der kartellrechtswidrigen Gebietsaufteilung über den zwangsläufig länderübergreifenden Internetzugang zu verhindern. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.

Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls inwieweit der Vertriebsweg über das Internet vor Erlass der angefochtenen Verfügung für Spieler aus anderen Bundesländern geöffnet war, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Es erscheint technisch durchaus möglich, dass der Internetvertrieb von vornherein mit der Beschränkung auf Spieler im eigenen Bundesland aufgenommen wurde. Ferner ist wegen der auf das jeweilige Bundesland begrenzten Erlaubnis der Lottogesellschaften vor einem Tätigwerden in einem anderen Bundesland stets eine unternehmerische Entscheidung dafür sowie die Erteilung einer Erlaubnis des anderen Landes erforderlich. Die zu B. 1. vorgenommene Klarstellung wäre daher nicht weniger auch bei B. 2. zweckmäßig gewesen.

Allerdings ist das Verbot zu B. 2. mit den vom Beschwerdegericht im Zusammenhang mit dem Verbot zu B. 1. angeführten Argumenten auch ohne eine solche Klarstellung dahingehend auszulegen, dass es eine Verpflichtung der Lottogesellschaften zur Erweiterung ihres Internetvertriebs auf andere Bundesländer nicht begründet. Denn auch insoweit lässt die Unbeachtlichkeit einer Kartellabrede über eine Marktaufteilung die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen unberührt, von einer Ausdehnung ihrer Tätigkeit auf andere Gebiete abzusehen.

Im Ergebnis verpflichtet der nach der Rechtsbeschwerdeentscheidung sofort vollziehbare Teil von B. 2. der Verfügung die Lottogesellschaften dazu, eine von § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag unabhängige autonome Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihren Internetvertrieb auf andere Bundesländer ausdehnen und die dafür erforderliche Genehmigung dieser Bundesländer einholen wollen. Die Genehmigung darf nur aus tatsächlich gegebenen ordnungsrechtlichen und nicht aus wettbewerblichen Gründen versagt werden. Weitergehende Handlungspflichten für die Lottogesellschaften bestehen nicht.

6. Mit dem bestätigten Inhalt hätte die Vollziehung der Verfügung zu B. 2. für die Betroffenen auch keine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge.

a) Der von der Rechtsbeschwerde befürchtete Konflikt zwischen Kartellrecht einerseits und Ordnungsrecht oder Strafrecht andererseits besteht nicht. Die Lottogesellschaften können und müssen nach einer autonomen Entscheidung über eine Ausdehnung ihrer Tätigkeit in andere Bundesländer deren Erlaubnis einholen. Diese darf ihnen nur aus ordnungsrechtlichen und nicht aus wettbewerblichen Gründen versagt werden. Das Bundeskartellamt ist befugt, die Gründe einer Ablehnung zu überprüfen. In diesem ihrer Tätigkeit gesetzten Rahmen liegt für die Lottogesellschaften keine unbillige Härte.

b) Ein Zwang, das Internetangebot vollständig zu schließen, besteht für die Lottogesellschaften aufgrund der Verfügung nicht. Sie können sich autonom entweder für eine Ausdehnung ihres Internetangebots und die Beantragung von Erlaubnissen anderer Bundesländer oder weiterhin für die Beschränkung ihrer Tätigkeit auf ihr Bundesland entscheiden. Eine Besetzung des Mediums Internet allein durch private Anbieter ist daher nicht zu befürchten.

c) Der Umstand, dass die im Blockvertrag vereinbarte Gebietsaufteilung seit 45 Jahren praktiziert wird und nun sofort aufgegeben werden soll, begründet ebenfalls keine unbillige Härte für die Betroffenen. Verfügungen nach § 32 GWB zur Abstellung von Kartellen nach Art. 81 EG oder § 1 GWB sind im öffentlichen Interesse stets sofort vollziehbar. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Beseitigung ist dabei durch den Gesetzgeber vorausgesetzt und bedarf anders als bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Kartellbehörde nach § 65 Abs. 1 GWB keiner Begründung im Einzelfall. Die Dauer des Kartellverstoßes als solche kann zudem für sich allein schon deshalb keine unbillige Härte sein, weil sonst eine besonders hartnäckige Missachtung des Kartellrechts belohnt würde.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht im Hinblick auf das Schreiben des Bundeskartellamts vom 27. Juli 1961. Ausweislich dieses Schreibens hatte die Prüfung des Blockvertrags vom 21. April 1960 keinen Anlass zu kartellrechtlichen Beanstandungen gegeben, wobei in dem Schreiben insbesondere auch die territoriale Tätigkeitsbeschränkung der Lottogesellschaften auf ihr jeweiliges Land behandelt wurde. Grundsätzlich ist ein solches Schreiben geeignet, für seine Adressaten Vertrauensschutz zu begründen, aufgrund dessen sie unter Umständen nach einer Änderung der Rechtsauffassung der Behörde eine angemessene Auslauffrist für die Beendigung ihrer Vereinbarung beanspruchen können. Voraussetzung eines solchen Vertrauensschutzes ist aber eine Vertrauensbetätigung. Die Betroffenen müssten in gerechtfertigtem Vertrauen auf das Schreiben des Bundeskartellamts in die Zukunft wirkende Maßnahmen getroffen haben, die sich nach der Untersagungsverfügung als nutzlos erweisen; dieser Nachteil müsste ihnen ferner unzumutbar sein (vgl. BGH, Beschl. v. 12. 3. 1991 – KVR 1/ 90, WuW/ E 2697, 2705 f. – Golden Toast). Zu einer solchen Vertrauensbetätigung hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen. Von den Betroffenen ist auch nicht gerügt worden, dass entsprechender Vortrag übergangen worden wäre.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

Der Senat hat den Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf 2 Mio. € festgesetzt. Er ist dabei von dem Internetumsatz der Lottogesellschaften im Jahr 2004 ausgegangen, der nach unbestrittenem Vortrag des Bundeskartellamts insgesamt 131, 4 Mio. € betrug. Nach dem Vorbringen der Beteiligten im Verfahren „Lottospielgemeinschaft“ lag bei Annahmestellen im Grenzgebiet der Bundesländer der Anteil der Geschäfte mit Spielteilnehmern aus anderen Bundesländern bei 10 % und mehr (BGH, Beschl. v. 2. 3. 1999 – KVR 20/ 97, WRP 1999, 665, 669 insoweit nicht in WuW/ E DE-R 289). Es erscheint plausibel, bei einer bundesweiten Internettätigkeit aller Lottogesellschaften, die durch die Verfügung zu B. 2. ermöglicht werden soll, einen insgesamt mindestens so hohen Anteil von Umsätzen mit Teilnehmern aus jeweils anderen Bundesländern anzunehmen. Im Hinblick auf die im vorläufigen Rechtsschutz übliche Reduzierung des Streitwerts gegenüber der Hauptsache sowie den Umstand, dass die Lottogesellschaften einen erheblichen Teil ihrer Umsätze als Gewinne ausschütten, hält der Senat unter diesen Umständen einen Streitwert von 2 Mio. € für angemessen.

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