Sattelzug verdeckt Verkehrsschild – keine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung

13. Juni 2002
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Sattelzug verdeckt Verkehrsschild

Einem Betroffenen kann nicht der Vorwurf einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung gemacht werden, wenn das Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung durch einen Sattelzug verstellt war.

Oberlandesgericht Oldenburg

Beschluss vom 13.06.2002

Az.: Ss 147/02-3

25 Js 3112/02 StA Osnabrück

w e g e n Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Oldenburg

am 13.06.2002

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Otterbein, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwarz und die Richterin am Oberlandesgericht Seewald
b e s c h l o s s e n:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Nordhorn vom 11.03.2002 aufgehoben.

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO eine Geldbuße von 80 EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Die dagegen gerichtete zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist begründet. Die getroffenen Feststellungen tragen einen Verstoß im obigen Sinne nicht.

Das Amtsgericht hat die Einlassung des Betroffenen, ihm sei nach dem Einbiegen auf die Landesstraße 67 durch einen auf der rechten Straßenseite abgestellten Sattelzug die Sicht auf das die Geschwindigkeitsbeschränkung anordnende Verkehrszeichen verstellt gewesen, als zutreffend unterstellt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann dem Betroffenen unter diesen Umständen nicht der Vorwurf eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung gemacht werden.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit ausgeführt:

„Der Vorwurf der Fahrlässigkeit kann demzufolge nicht darauf gestützt werden, dass der Angeklagte das Schild trotz freier Sicht übersehen hat. Auch einen sonstigen Verstoß des Betroffenen gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten tragen die Feststellung nicht. Insbesondere gibt es keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Fahrzeugführer beim Einbiegen auf eine bevorrechtigte Landstraße mit einer Herabsetzung der grundsätzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 a StVO) rechnen muss. Die Verwaltungsvorschriften zu den Vorschriftzeichen braucht der Verkehrsteilnehmer nicht zu kennen, weil ihnen ausschließlich Innenwirkung zukommt.

Auch der Hinweis des Amtsgerichts auf ein nur wenige Meter hinter der Messstelle befindliches und aus größerer Entfernung sichtbares weiteres Verkehrszeichen 274 führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Der Kraftfahrer ist nicht verpflichtet, auf Verkehrsschilder zu achten, die noch soweit entfernt sind; er hat sie vielmehr bei der Vorbeifahrt zu beachten (Oberlandesgericht Hamm JMBI, NRW 1963, 184).“

Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

Eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts erscheint ausgeschlossen.

Der Senat hat deshalb von der Möglichkeit des § 79 Abs. 6 OWiG Gebrauch gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs.1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG.

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