Die Speicherung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens ist zulässig
Verwaltungsgericht Stade
Urteil vom 30.05.2016
Az. 1 A 1754/14
Tatbestand
Die Klägerin möchte den Beklagten dazu verpflichten, die Speicherung ihrer persönlichen Daten im Rahmen eines Klageverfahrens, welches sie bei dem Beklagten führt, zu unterlassen.
Die Klägerin führt vor dem erkennenden Verwaltungsgericht ein wasserrechtliches Klageverfahren unter dem Aktenzeichen D.. Den dazugehörigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter dem Aktenzeichen E. hat das erkennende Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Dezember 2014 abgelehnt. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 7. August 2014 widersprach die Klägerin im Verfahren D. der Speicherung ihrer persönlichen Daten im Rahmen des Verfahrens, insbesondere des Schriftverkehrs und der Terminplanung.
Mit Schreiben vom 13. August 2014 bestätigte der Beklagte den Eingang des Widerspruchs, wies auf die Regelungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes hin und gab der Klägerin die Gelegenheit, schutzwürdige persönliche Gründe für ihren Widerspruch bis zum 5. September 2014 darzulegen.
Mit Schreiben vom 5. September 2014 nahm die Klägerin Stellung: Das Landesgesetz, welches die Speicherung und Nutzung persönlicher Daten erlaube, sei verfassungswidrig. Zahlreiche Fälle von Datenmissbrauch bewiesen, dass ein Schutz der persönlichen Daten bei Speicherung nicht möglich sei. Die Negativfolgen seien nicht absehbar und überwögen den praktischen Nutzen für das Gericht. Die Behörde habe zudem einige für sie, die Klägerin, schädliche und nicht beweisbare Vorwürfe in den Raum gestellt. Wegen der mangelhaften Berücksichtigung sensibler persönlicher Daten durch die Behörde wünsche sie keine weiteren Experimente auf ihre Kosten. Dem Schreiben lagen zehn Adresskarten der Klägerin mit Aktenzeichen bei.
Mit Bescheid vom 18. September 2014 lehnte der Beklagte den Widerspruch der Klägerin auf Unterlassung der Speicherung ihrer persönlichen Daten ab. Die von der Klägerin geltend gemachten schutzwürdigen Interessen überwögen nicht die Interessen des Beklagten an der Speicherung ihrer Daten. Die Speicherung diene der ordnungsgemäßen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, etwa der Ladung der Klägerin zur mündlichen Verhandlung oder der Abwicklung des Schriftverkehres. Das öffentliche Interesse an einer sachgerechten Aufgabenbewältigung solle nur im Einzelfall hinter die Interessen der von der Datenspeicherung Betroffenen zurücktreten, etwa bei Gefahren für Leib, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen. Solche Interessen seien bei der Klägerin nicht erkennbar. Die von ihr genannten Negativfolgen seien nicht zu befürchten. Die personenbezogenen Daten würden ausschließlich zur Abwicklung des Gerichtsverfahrens in einem hochgradig gesicherten, nach außen abgeschlossenen System gespeichert; der Datenzugriff sei nur für die für das jeweilige Gerichtsverfahren zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglich.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 20. Oktober 2014 Klage erhoben. Diese Klage begründet sie umfangreich in mehreren Schriftsätzen mit Datum vom 16. Oktober 2014, vom 11. Dezember 2014, vom 2. Januar 2015, vom 29. Januar 2015 und vom 24. April 2015. Sie bemängelt die Versendung von Schreiben durch das Gericht per einfachen Brief und wendet sich dagegen, dass Gerichtskosten erhoben werden. Es gebe keine Systeme, die nach außen hochgradig abgesichert werden könnten. Datensicherheit sei in ihrer Firma von höchster Bedeutung. Aus eigener Erfahrung sei ihr bekannt, dass Gerichte Daten missbräuchlich verwendeten. So habe sie einseitige Zeugenbefragungen und missbräuchliche Gesetzesinterpretation erfahren. Dem offensichtlichen Missbrauch folge eine verdeckter durch Überwachung und Kontrolle, da die Daten jederzeit im Zuge von Amtsanfragen durch andere Behörden und staatsnahe Institutionen eingesehen werden könnten. Die willkürliche Verbreitung und fehlerhafte Nutzung der Daten sei so möglich; Betroffene seien weitgehend schutzlos dagegen, sie könnten die Rechtmäßigkeit der Anfragen und Weitergabe nicht überprüfen. Wegen der nationalsozialistischen Vergangenheit und angesichts der heute bestehenden digitalen Möglichkeiten dürfe eine Speicherung ihrer Daten gegen ihren erklärten Willen nur bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfolgen. Diese sei nicht gegeben. Die Sachlage stelle eine ständige Bedrohung an Leib und Seele dar. Die Datenspeicherung habe negative Auswirkungen auf ihre Forschungsarbeit und stelle eine Rufschädigung dar. Die Speicherung verletze ihre Persönlichkeitsrechte und stelle eine Enteignung dar. Dass sie sich nur mit einer kostenpflichtigen Klage wehren könne, sei Diebstahl und Rechtsverhinderung; die Speicherung sei Rechtsbeugung. Die totalitäre Art der Durchführung verstoße gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Es existiere eine Papierakte, die zusätzliche Speicherung sei nicht notwendig und dürfe nicht aus Bequemlichkeit erfolgen. Es sei auch nicht zulässig, die datenschutzrechtlichen Fragen vom Gesamtfall auszugliedern. Sie, die Klägerin, werde in ein weiteres Gerichtsverfahren gezwungen und müsse weitere Kosten tragen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die automatisierte Speicherung ihrer persönlichen Daten im Gerichtsverfahren D. zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid. Nach Aufforderung durch das erkennende Gericht hat er die getroffenen Sicherungsvorkehrungen zum Schutz gespeicherter Daten näher erläutert. Er weist weiter auf Ausführungsbestimmungen des Justizministeriums zur Aufbewahrung und Archivierung von Verfahren hin. Die automatisierte Löschung von Adressen sowie von Dokumenten weggelegter Verfahren erfolge über das Datenverarbeitungsprogramm EUREKA-Fach. Bei allen Kammern sei gerade die Datenrumpfung erfolgt. Diese beinhalte, dass Name und Vorname in der Adressdatenbank erhalten blieben einschließlich des Aktenzeichens zu dem von dieser Person geführten gerichtlichen Verfahren. Die Aufbewahrung dieser Daten sei als Teil der gerichtlichen Vorgangsverwaltung notwendig, um einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb zu gewährleisten. Die Aufgaben der Gerichte ergäben sich aus dem Niedersächsischen Justizgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung; nähere Regelungen zur Registrierung der Neueingänge in elektronischer Form enthalte § 18 Abs. 1 der Aktenordnung für die Geschäftsstellen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Schutzwürdige Interessen der Klägerin daran, dass ihre persönlichen Daten nicht elektronisch gespeichert werden dürfen, seien nicht erkennbar. Sie mache ihre personenbezogenen Daten im Internet auf einer von ihr betriebenen Webseite für jedermann sichtbar.
Am 30. Mai 2016 hat die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stattgefunden. Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Es ist ein Schriftsatz einer weiteren Person vom 30. Mai 2016 zu diesem und anderen Verfahren, welche die Klägerin vor dem erkennenden Verwaltungsgericht führt, am Tag der mündlichen Verhandlung eingegangen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 30. Mai 2016, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch trotz Abwesenheit der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden werden konnte, ist unbegründet.
Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 7. Aufl. 2011, § 20 Rn. 106; Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 20 Rn. 40). Das Begehren der Klägerin ist entsprechend zu formulieren. Sie wendet sich ausschließlich dagegen, dass der Beklagte ihre Daten elektronisch in seinem Datenverarbeitungssystem speichert. Es geht ihr allein um die automatisierte Datenverarbeitung i.S. des § 3 Abs. 5 Niedersächsisches Datenschutzgesetz (in der Fassung vom 29.1.2002, Nds. GVBl. S. 22, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.12.2012, Nds. GVBl. S. 589 – NDSG). Einverstanden ist sie dagegen damit, dass eine Papierakte über sie geführt wird.
Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass der Beklagte die automatisierte Speicherung ihrer persönlichen Daten in Gestalt von Namen und Anschrift im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren, das sie bei dem Verwaltungsgericht Stade führt, unterlässt. Sie wird durch den insoweit ablehnenden Verwaltungsakt des Beklagten vom 18. September 2014 nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 17a NDSG. Diese Vorschrift setzt das Widerspruchsrecht gemäß Art. 14 Satz 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz der natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Abl. Nr. L 281/31 vom 23.11.1995) in nationales Recht um (vgl. Mallmann, a.a.O., § 20 Rn. 80, 110; Wahlbrink, Das Niedersächsische Datenschutzgesetz, November 2014, zu § 17a).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NDSG gilt dieses Gesetz für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Landes. Bei dem Beklagten handelt es sich um eine sonstige öffentliche Stelle des Landes Niedersachsen, weil auch Gerichte die materiell-rechtlichen Anforderungen des Datenschutzrechts, insbesondere zur Datensicherung, zu erfüllen haben (Wahlbrink, Das Niedersächsische Datenschutzgesetz, November 2014, zu § 2 Abs. 1 und 2, Ziffer 3.2).
§ 17a Satz 1 NDSG sieht vor, dass Betroffene gegenüber der Daten verarbeitenden Stelle das Recht haben, der Verarbeitung der sie betreffenden Daten aus schutzwürdigen Gründen zu widersprechen. Nach § 17a Satz 2 NDSG ist die Verarbeitung der Daten unzulässig, soweit diese Gründe überwiegen. § 17a Satz 3 NDSG sieht vor, dass Satz 1 nicht gilt, wenn eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung verpflichtet.
Die Klägerin hat ein Widerspruchsrecht nach § 17a Satz 1 NDSG. Denn eine zur (automatisierten) Datenverarbeitung verpflichtende Vorschrift besteht für die Niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht. § 18 Abs. 1 Satz 1 Aktenordnung für die Geschäftsstellen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit (vom 23.12.2015, Nds. Rpfl. S. 42 – AktO-VG) bestimmt zwar, dass die Registrierung der Neueingänge in elektronischer Form erfolgt, ist aber lediglich eine verwaltungsinterne Anweisung und keine zur Datenverarbeitung verpflichtende Rechtsvorschrift i.S. des § 17a Satz 1 NDSG. Die Klägerin hat von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht. Ihr Widerspruch ist indes nicht erfolgreich. Überwiegende schutzwürdige Gründe dafür, dass die automatisierte Speicherung zu unterbleiben hat, liegen nicht vor.
Bei der Prüfung, ob überwiegende schutzwürdige Gründe für eine Datenspeicherung vorliegen, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die konkreten Umstände des Einzelfalls, einschließlich der Art der Daten und der Konsequenzen einer Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung, für den Betroffenen sind zu berücksichtigen und dem öffentlichen Interesse an der Datenverarbeitung gegenüberzustellen. Voraussetzung dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse überhaupt angenommen werden kann ist, dass die Datenverarbeitung und Nutzung rechtmäßig erfolgt (vgl. Mallmann, a.a.O., § 20 Rn. 88).
Eine rechtmäßige Speicherung von Namen und Adresse der Klägerin durch den Beklagten ist gegeben. Eine Verarbeitung personenbezogener Daten, zu denen das Speichern von Name und Adresse der Klägerin nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 NDSG gehört, ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 NDSG zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies vorsieht. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 NDSG ist das Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten zulässig, wenn es zur Erfüllung der Aufgabe der öffentlichen Stelle erforderlich ist und die Daten für diese Zwecke erhoben worden sind. Satz 2 bestimmt, dass die öffentliche Stelle, wenn sie Kenntnis von personenbezogenen Daten erlangt, ohne diese erhoben zu haben, diese Daten nur für Zwecke verarbeiten darf, für die sie diese Daten erstmals speichert. Bei den streitgegenständlichen Daten der Klägerin handelt es sich um erlangte Daten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 NDSG, weil sie mit Klageerhebung im Verfahren 1 A 1224/14 ihren Namen und ihre Adresse dem Beklagten ohne Aufforderung zugeleitet hat.
Die Speicherung dieser Daten ist für die Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich. Anlass für die Speicherung der Daten der Klägerin sind die bei dem Beklagten geführten gerichtlichen Verfahren der Klägerin. Die Speicherung dient damit der verfassungsrechtlich aufgrund von Art. 92 Grundgesetz und Art. 51 Abs. 1 Niedersächsische Verfassung den Gerichten anvertrauten und durch sie ausgeübten rechtsprechenden Gewalt. Bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, zu denen die Verfahren der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Stade zählen, wird die Rechtsprechung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich durch die Verwaltungsgerichte ausgeübt. Zu diesen zählt gemäß § 73 Abs. 1 NJG der Beklagte, also das Verwaltungsgericht mit Sitz in Stade. Dieses ist auch sachlich und örtlich zuständig für die Verfahren der Klägerin. Die Verwaltungsgerichtsordnung trifft Regelungen zur Gerichtsverwaltung, siehe §§ 38, 39 VwGO. Eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Beklagten setzt eine Vorgangsverwaltung in dem Sinne voraus, dass Klageeingänge nachgewiesen, Klagen bearbeitet sowie Schreiben, Urteile und Beschlüsse an die Beteiligten versendet werden können (zur Vorgangsverwaltung vgl. nur Nds. OVG, Beschluss vom 8.8.2008 – 11 LA 194/08 -, juris; Urteil vom 30.1.2013 – 11 LC 470/10 -). Schon wegen § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es unerlässlich, dass Name und Anschrift der Klägerin dem Beklagten zur Kenntnis gelangen und von ihm im weiteren Verfahren verwendet werden dürfen, weil es zur ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört, dass der Kläger bzw. die Klägerin mit ladungsfähiger Anschrift eindeutig bezeichnet ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 82 Rn. 3).
Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf sich der Beklagte – wie es mittlerweile allgemein üblich ist und in der Aktenordnung für die Geschäftsstellen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorausgesetzt wird – automatisierter Abläufe bedienen und eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen i.S. von § 3 Abs. 5 NDSG vornehmen. Denn zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gehört auch eine effiziente und zeitgemäße Arbeitsorganisation. In diesem Zusammenhang erfolgt die von der Klägerin beanstandete Speicherung ihres Namens und ihrer Anschrift in der Datenverarbeitungsanlage des Beklagten. Dass dieser dabei die nach § 7 Absatz 1 Satz 1 NDSG erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, die erforderlich sind, um eine den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Verarbeitung personenbezogener Daten sicherzustellen, steht nach den ausführlichen und anschaulichen Erläuterungen im Schriftsatz vom 13. Mai 2016 für die Kammer fest.
§ 7 Abs. 2 NDSG stellt einen Katalog von Kontrollmaßnahmen auf, die bei der automatisierten Datenverarbeitung zu beachten sind. Es sind die Kontrolle des Zugangs zu den Verarbeitungsanlagen, des Datenträgers, des Datenspeichers, des Benutzerkreises, des Zugriffs auf die Daten und ihrer Übermittlung, der Eingabe und des Verlustes bzw. der Zerstörung der Daten, ggf. des Auftrags (bei der Auftragsverarbeitung) und des Transports der Daten sowie der Organisation der datenverarbeitenden Stelle sicherzustellen. § 7 Abs. 3 Satz 1 NDSG stellt sicher, dass ein automatisiertes Verfahren nur eingesetzt werden darf, soweit Gefahren für die Rechte Betroffener, die wegen der Art der zu verarbeitenden Daten oder Verwendung neuer Technologien entstehen können, durch Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 NDSG wirksam beherrscht werden können. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 NDSG muss der Aufwand für die Maßnahmen unter Berücksichtigung des Standes der Technik in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck stehen.
Diesen Anforderungen genügt die automatisierte Datenverarbeitung durch den Beklagten, wie er sie im Schriftsatz vom 13. Mai 2016 darlegt. Der Beklagte bedient sich einer eigens für den Zweck der Datenverarbeitung in gerichtlichen Verfahren erstellten Software, für die eine Verfahrensbeschreibung i.S. des § 8 NDSG besteht. Der Zugriff auf diese Software ist auf den Personenkreis beschränkt, der für die ordnungsgemäße Führung eines gerichtlichen Verfahrens notwendig ist. Die automatisierte Datenverarbeitung findet in Räumen ohne Publikumsverkehr statt und ist passwortgeschützt. Die Daten werden nicht an Dritte übermittelt. Das Betriebssystem ist nur einem kleinen Kreis von Administratoren zugänglich. Die Datenspeicherung erfolgt auf einem lokalen Server, dieser ist mit Zugangsschutz ausgestattet. Es gibt eine Dienstanweisung zum Datenschutz. Die Landesverwaltung hat keinen Zugriff auf Daten aus dem Justiznetz, dieses ist vom Landesdatennetz getrennt. Das Internet ist wiederum von den genannten Netzen getrennt und durch eine zentrale Landesfirewall abgesichert. Damit nicht versehentlich Schadstoffsoftware heruntergeladen wird, gibt es technische Beschränkungen, die jede Art von ausführbaren Programmen auf den Rechnern der Justiz unterbindet. Der Beklagte bedient sich also umfangreicher technischer und organisatorischer Kontrollmaßnahmen zum Schutz der bei ihm automatisiert verarbeiteter Daten von Verfahrensbeteiligten. Es bestehen keine Zweifel, dass der Aufwand der Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck steht. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass es sich bei den verarbeiteten Daten der Verfahrensbeteiligten (Name und Anschrift) in vielen Fällen – so auch im Fall der Klägerin wegen ihres Internetauftritts – um allgemein zugängliche Daten handelt, welche im Zuge der Klageerhebung erlangt und nicht erhoben werden. Es handelt sich also regelmäßig nicht um Informationen, die zum Schutz des Privatlebens oder Intimsphäre besonders zu sichern sind. Weiter werden diese Daten in Einklang mit den Vorgaben von § 10 Abs. 1 Satz 2 NDSG nur für den Zweck, nämlich die Vorgangsverwaltung gerichtlicher Verfahren, verarbeitet, für den sie erstmals gespeichert worden sind. Eine Weitergabe an Dritte oder ein Zugriff durch Dritte, wie die Klägerin es offenbar befürchtet, findet gerade nicht statt.
Dem öffentlichen Interesse an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der rechtsprechenden Gewalt stehen überwiegende schutzwürdige Belange der Klägerin daran, dass der Beklagte ihren Namen und ihre Anschrift nicht in seiner Datenverarbeitungsanlage speichern dürfe, nicht entgegen. Hierfür müsste die Klägerin darlegen, dass die Speicherung ihrer Daten sie in ihrer besonderen persönlichen, gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen oder familiären Situation nachteilig treffe oder berühre (Gola/Schomerus, a.a.O., § 20 Rn. 23). Eine solche Situation hat die Klägerin nicht konkret dargelegt. Soweit die Klägerin ihr prinzipielles Missfallen an der Datenspeicherung äußert und dabei grundsätzliche historische, gesellschaftspolitische sowie rechtliche Erwägungen anstellt, fehlt es bereits an der Besonderheit ihrer Situation. Soweit die Klägerin geltend macht, dass ihr aus eigener Erfahrung bekannt sei, dass Gerichte Daten missbräuchlich verwendeten, bleibt ihr Einwand unkonkret und allgemein. Soweit die Klägerin schließlich darauf hinweist, dass eine hochgradige Absicherung von Datensystemen nach außen nicht gewährleistet werden könne, bleibt ihre Aussage allgemein und spekulativ.
Das vollständige Fehlen einer konkreten und individuellen Sondersituation der Klägerin führt dazu, dass der Beklagte seine Arbeitsabläufe nicht dem Wunsch der Klägerin, der darauf gerichtet ist, dass ihre Daten lediglich „auf Papier“ verwendet werden dürfen, anzupassen braucht. Vielmehr darf er im Interesse einer effektiven Aufgabenerfüllung der rechtsprechenden Gewalt ihre Daten automatisiert verarbeiten, indem er sie in seinem Datenverarbeitungssystem speichert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V. mit § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.