AGB-Klauseln, die für Rücklastschriften Gebühren von 50 € ansetzt ist unzulässig, wenn dies Ersatz für Aufwand von Personalkosten beinhaltet

25. Mai 2007
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Eigener Leitsatz:

Nach Ansicht des LG Dortmunds liegt in der Verwendung der Klausel ein Verstoß gegen § 309 Nr. 5 BGB vor, da nicht entschädigungspflichtige Positionen in den pauschalierten Schadensersatz einbezogen wurden, wie hier die Personalkosten. Nach Ansicht des Gerichts gehört die Müheverwaltung bei der Rechtswahrung zum eigenen Aufgabenkreis des Geschädigten und ist von diesem allein zu tragen.

Landgericht Dortmund

Urteil vom 25.05.2007

Az.: 8 O 55/06

Das Versäumnisurteil vom 03.11.2006 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand:

Die Beklagte, ein sogenannter „Billigflieger“ verwendet in ihren allgemeinen Beförderungsbedingungen folgende Klausel:

„Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift: 50,00 € pro Buchung“.

Der Nachweis, dass kein oder lediglich ein geringerer Schaden entstanden ist, wird in den allgemeinen Beförderungsbedingungen nebst der Entgeltordnung der Beklagten vorbehalten.

Der Kläger meint, die vorstehende Klausel sei unwirksam.

Zum Einen fehle es bereits an einer Anspruchsgrundlage für einen Schaden, der pauschaliert werden könne. Verzug könne nicht Grundlage für den Schadensersatzanspruch, der pauschaliert werde, sein, da es an einer Mahnung fehle.

Im Übrigen seien die geltend gemachten Rücklastgebühren zu hoch. Konkurrenten der Beklagten würden entweder keine Rücklastgebühren in Rechnung stellen bzw. lediglich solche in Höhe von 25,00 €. Es liege jedenfalls ein Verstoß gegen § 309 Nr. 5 BGB vor.

Der Kläger hat beantragt,

bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000,00 € sowie ersatzweise Ordnungshaft der Beklagten die Verwendung der vorgenannten Klausel zu untersagen.

Am 03.11.2006 hat die Kammer ein entsprechendes Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen. Gegen dieses ihr am 22.11.2006 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit am 24.11.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Versäumnisurteil vom 03.11.2006 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass Rücklastschriften bei ihr erhebliche Kosten verursachten. Wegen Rücklastschriftentgelten an die beteiligten Banken sowie für Porto, Papier und Druck von Schreiben an die von Rücklastschriften betroffenen Kunden fielen insgesamt Kosten in Höhe von 12,33 € an.

Außerdem werde ein zusätzlicher Personalkostenaufwand in Höhe von 40,15 € pro Rücklastschrift verursacht. Diese Kosten ergäben sich auf der Grundlage des Bearbeitungsablaufs nach Eingang einer Rücklastschrift. Gemeldete Rücklastschriften müssten durch manuellen Übertrag in eine Bearbeitungsliste übertragen werden, die von den Banken übermittelten Daten zu Rücklastschriften müssten mit den im Buchungssystem gespeicherten Daten abgeglichen werden, der Zahlungsstatus für die Buchungen müsste auf „Chargeback“ gesetzt werden, dann müssten die Bankdaten des Kunden vorübergehend im Buchungssystem gesperrt werden, es müssten Schreiben gefertigt werden, in denen der Kunde auf die Rücklastschrift hingewiesen und um Zahlung per Überweisung gebeten werde, dem Kunden müsse Gelegenheit gegeben werden rechtzeitig vor dem gebuchten Flugtermin den Ausgleich vorzunehmen. Es müsse dann in jedem Fall ein „papierener“ Vorgang über die Buchung angelegt werden. Darüber hinaus sei eine intensive zeitnahe Überwachung der Konten auf Zahlungseingänge des Kunden erforderlich; grundsätzlich werde der Kunde nach der Rücklastschrift aufgefordert, auf ein besonderes Konto zu überweisen, teilweise nähmen Kunden aber dann auch Überweisungen auf das ursprünglich im Lastschrifteinzug angegebene Konto vor. Die Zahlungseingänge auf den verschiedenen Konten müssten abgeglichen werden. Lasse sich nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne kein Zahlungsausgleich feststellen, müsse der Kunden erneut angeschrieben und erneut auf die Rücklastschrift aufmerksam gemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt werde dann auch versucht, telefonisch mit dem Kunden Kontakt aufzunehmen. Sodann werde der Kunde auf eine sogenannte „Watchlist“ gesetzt, wodurch der Kunde im Buchungssystem für weitere Buchungen gesperrt werde. Da sich Namensgleichheiten nicht ausschließen ließen, könnte die Sperre nicht automatisiert werden, sondern nur nach einer individuellen Prüfung erfolgen. Kurz vor dem betroffenen Abflugtermin müsse dafür Sorge getragen werden, dass die von der Nichtentrichtung des Flugpreises betroffenen Passagiere nicht befördert würden bzw. die Zahlung noch beim Einchecken leisteten.

Werde noch eine Zahlung geleistet, müsste dies „per Hand“ im Buchungssystem vermerkt werden. Der Eintrag der Bankverbindung in der Sperrliste und der Eintrag des Kunden in der „Watchlist“ müssten gelöscht werden.

Unter Berücksichtigung dieser Arbeitsschritte ergebe sich ein Zeitaufwand von insgesamt 72 Minuten für die Bearbeitung einer Rücklastschrift. Zur Vermeidung von Leerzeiten seien drei Mitarbeiterinnen in der Buchhaltungsabteilung neben ihren sonstigen Aufgaben mit der Bearbeitung der Rücklastschriften befasst. Hierfür fielen jährliche Gehaltskosten pro Mitarbeiter einschließlich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 47.223,00 € zuzüglich einer Sachkostenpauschale an.

Hieraus errechne sich bei einem durchschnittlichen Aufwand von 72 Minuten für eine Rücklastschrift ein Kostenaufwand von 40,15 € an Personalkosten. Insgesamt ergebe sich mithin ein durch eine Rücklastschrift verursachter Schaden in Höhe von 52,48 € (12,33 € + 40,15 €), so dass die Pauschale von 50,00 € nicht überhöht sei.

Weiter vertritt die Beklagte die Auffassung, dass es vorliegend nicht um Bearbeitungskosten zur Abwicklung von Schadensersatzansprüchen gehe. Geltend gemacht werde allein der zusätzliche Aufwand, der rücklastschriftbedingt zur Abwicklung des Beförderungsvertrages anfalle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 03.11.2006 ist zulässig, insbesondere ist er rechtzeitig erhoben worden. Begründet ist er indes nicht.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1, 3, 5 UKLaG i. V. m. § 309 Nr. 5 a BGB zu.

Entgegen der Ansicht des Klägers fehlt es zwar nicht an einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach. Bei einer Lastschriftabrede trifft den Schuldner die Pflicht zur Vorhaltung von Deckung auf seinem Konto gegenüber dem Gläubiger (vgl. BGH NJW 2005, 1645, 1647), so dass eine Rücklastschrift eine schadensersatzauslösende Pflichtverletzung darstellt.

Indes verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 5 BGB. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt auch dann vor, wenn nicht entschädigungspflichtige Positionen in den pauschalierten Schadensersatz einbezogen werden (Palandt-Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch 66. Auflage 2007, § 309 Randnummer 26).

Von einer solchen Einbeziehung nicht ersatzfähiger Kosten ist hier im Hinblick auf die in die Pauschale eingerechneten Personalkosten auszugehen.

Die Mühewaltung bei der Rechtswahrung gehört zum eigenen Aufgabenkreis des Geschädigten und ist deshalb von ihm allein zu tragen (vgl. BGH NJW 1980, 119, 120). Um eine solche Rechtswahrung als Folgeschaden geht es vorliegend. Die seitens der Beklagten beschriebenen Arbeitsschritte dienen letztlich der Durchsetzung der Ansprüche der Beklagten aufgrund des Beförderungsvertrages. Soweit durch die Pflichtverletzung ein zusätzlicher Bearbeitungsaufwand durch Personaleinsatz entsteht, ist dieser Aufwand als auf die eigene Rechtswahrung gerichteter Folgeschaden der Rechtsverletzung gerade nicht ersatzfähig (BGH a. a. O.).

Da die Beklagte in ihre Pauschale mithin nicht ersatzfähige Kosten für einen Personalmehraufwand einrechnet, ist die Pauschale insgesamt als unwirksam anzusehen.

Die Klage ist mithin begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

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