Irreführende Preiserhöhungen während des Bestellvorgangs im Onlineshop

30. August 2007
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
3729 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Eine wettbewerbsrechtlich unlautere Irreführung über den Preis liegt vor, wenn der in der Produktbeschreibung genannte Preis sich im Laufe des Bestellvorgangs erhöht und dem Käufer letztendlich ein anderer, höherer Preis in Rechnung gestellt wird, als in der Produktbeschreibung angegeben.

Im vorliegenden Fall verlangte der Onlinehändler schon zu dem Zeitpunkt, als der betreffende Artikel in den Warenkorb geschoben wurde, einen gegenüber dem in der Artikelbeschreibung genannten höheren Preis. Einem solchen Vorgehen schob das Landgericht Frankfurt am Main in einem von unserer Kanzlei erwirkten Urteil erwartungsgemäß einen Riegel vor.

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 30.08.2007

Az.: 2/03 O 116/07

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren


– Verfügungskläger –
– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt Hagen Hild, Konrad-Adenauer-Alle 55, 86150 Augsburg –

g e g e n


– Verfügungsbeklagte –
– Prozessbevollmächtigte: … –

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch die Vorsitzenden Richter am Landgericht …, Richterin am Landgericht …, Richtern am Landgericht … aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30.08.2007

für R e c h t erkannt:

Der Beschluss – einstweilige Verfügung – der Kammer vom 24.04.2007 wird hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer 2. mit folgender Maßgabe bestätigt: im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen über die Webseite www…..com Computerartikel anzubieten und von den Kunden nach dessen Bestellung im Warenkorb und/oder in der Rechnung einen höheren Preis zu verlangen als denjenigen, mit dem auf der Webseite www…..com im Rahmen der Produktbeschreibung geworben wird.

Die Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Eilverfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Beide Parteien sind Wettbewerber beim Handel mit Computerartikeln im Internet.

Am 06.02.2007 bot die Verfügungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) auf der Handelsplattform eBay unter der Verkäuferkennung „…“ einen „MSI K9N Ultra-2F nForce 570 Sockel AM2″ gemäß Anlage EV 2 (BI. 44 ff. d.A.) zum Kauf an. Am 12.02.2007 bewarb die Beklagte über ihre Website www…..com eine „DigitalBox Deutschland Viola Digitelmo 1 DVB-T PCMCIA“ zum Preis von 17,69 € incl. 19% MWSt. Wegen der Angebotsgestaltung wird auf den als Anlage EV 3 (Bl. 50 ff. d.A.) zur Akte gereichten lnternetausdruck verwiesen.

Die Kammer hält der Beklagten auf Antrag des Verfügungsklägers (nachfolgend: Klägers) durch Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 24.04.2007 unter Androhung von Ordnungsmitteln für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

1. im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen über www.ebay.de Computerartikel anzubieten, ohne den Verbraucher gemäß § 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-lnfoVerordnung klar und verständlich über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren, namentlich darüber, dass die beiderseits empfangenen Leistungen, nämlich der Kaufpreis, zurückzugewähren sind;

2. im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen über die Webseite www…..com Computerartikel anzubieten und von den Kunden nach dessen Bestellung im Warenkorb und/oder in der Rechnung einen höheren Preis zu verlangen als denjenigen, mit dem auf der Webseite www…..com im Rahmen der Produktbeschreibung geworben wurde.

Gegen Ziffer 2. der einstweiligen Verfügung hat die Beklagte Widerspruch erhoben.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, die im Verfügungsantrag unter Ziffer 2. genannte Werbung der Beklagten auf der Internetseite www…..com sei irreführend. Denn die Beklagte werbe für die Digitalbox mit der Artikelnummer … auf ihrer Webseite mit niedrigeren Preisen, als sie den Kunden anschließend im Warenkorb nenne und in Rechnung stelle.

Der Kläger behauptet, der Zeuge … … habe am 12.02.2007 den Artikel „Digitalbox“ mit der Artikelnummer … auf der Webseite www…..com aufgerufen. Der Preis dieses Artikels habe 17,69 € zuzüglich Versandkosten betragen. Im Anschluss habe er diesen Artikel gekauft, indem er ihn in den Warenkorb gelegt und den Bestellvorgang auf dieser Webseite durchlaufen und abgeschlossen habe. Anschließend habe er eine Bestätigung der Beklagten über den vorgenannten Artikel erhalten, in der der Kaufpreis mit 17,99 € zuzüglich Versandkosten angegeben worden sei. Maximal 10 Minuten nach diesem Bestellvorgang des Zeugen … habe der Kläger persönlich den Artikel „Digitalbox“ mit der Artikelnummer … auf der Webseite www….com aufgerufen und diesen in den Warenkorb verschoben, unmittelbar nachdem er dessen Produktbeschreibung mit dem Preis von 17,69 € zuzüglich Versandkosten gelesen habe. Der zeitliche Abstand zwischen dem Lesen der Produktbeschreibung und dem Verschieben in den Warenkorb habe maximal 2 Minuten gedauert. Im Warenkorb sei der Preis mit 17,99 € beziffert worden.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.04.2007 (Aktenzeichen: 2-03 0 116/07) hinsichtlich der Ziffer 2. aufzuheben und insoweit den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Beklagte rügt, dass der Beschluss vorn 24.04.2007 zu weit gefasst sei. Auf Basis des Unterlassungstenors in Ziffer 2. werde ohne zeitliche Limitierung gefordert, dass die Preise für  Computerartikel und die im Warenkorb genannten Preise identisch sein müssten. Das Verbot erstrecke sich demnach auf einen Fall, in dem am Vormittag ein Computerartikel mit dem Preis X angeboten werde und am Nachmittag eine Bestellung im Warenkorb mit den Preis Y angegeben werden.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, eine Preisdifferenz zwischen dem Preis der Ware im Onlineshop und dem im Warenkorb genannten Preis sei nicht ohne weiteres geeignet, die Wettbewerbswidrigkeit des Angebots zu begründen. Wenn sich die zeitliche Abfolge von Preisaktualisierungen in einem angemessenen Rahmen halte, liege keine Irreführung vor.

Die Beklagte behauptet, am 12.02.2007 habe sie sämtliche Preise den geänderten Marktverhältnissen (steiler Anstieg des US-Dollars) angepasst; aus diesem Grunde sei es zu einer Preisupdate-Verzögerung gekommen. Aufgrund der Menge ihrer Daten sei es ihr nicht möglich, diese alle in Realtime darzustellen, sondern es werde sich dazu eines so genannten Coachings bedient. Es sei nach aktuellem Stand der Technik mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht möglich, jederzeit zu garantieren, dass die Preise in einem mittelständischen Unternehmen mit einem Standard-Warenwirtschaftssystem in der selben Sekunde synchron mit der Anzeige im Internet liefern, insbesondere nicht über einen Zeitraum von 10 Minuten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Glaubhaftmachungsmittel wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Auf den Widerspruch der Beklagten ist der Beschluss – einstweilige Verfügung – der Kammer vom 24.04.2007 im Umfang des Angriffs (Ziffer 2.) auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dies führt zu seiner Bestätigung.

Der nunmehr streitgegenständliche Verbotstenor zu Ziffer 2. ist begründet. Bei der geänderten Antragsfassung in der mündlichen Verhandlung vom 30.08.2007 handelt es sich um eine bloße Klarstellung, nicht um eine Teilrücknahme des Verfügungsantrags. Denn zur Bestimmung des Streitgegenstands eines Verfügungsantrags ist seine Begründung heranzuziehen. Aus dieser ergibt sich, dass das beantragte Verbot von vornherein nicht den (hypothetischen) von der Beklagten gebildeten Fall erfassen sollte, dass am Vormittag ein Computerartikel mit dem Preis X ausgewählt und dieser Artikel erst am Nachmittag in den Warenkorb eingelegt wird. Der Verbotsantrag erstreckte sich vielmehr nach der Antragsbegründung von vornherein auf eine (zeitgleiche) Abweichung zwischen den Angebotspreisen und den im Warenkorb bezeichneten Preisen.

Der Verfügungsantrag zu Ziffer 2.) ist begründet aus §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG. Denn die Bewerbung der „DigitalBox“ auf der lnternetseite www…..com  gemäß Anlage EV 3 bewirkte eine Irreführung der angesprochenen Verbraucherkreise über den von Beklagtenseite geforderten Preis. Ein verständiger Verbraucher rechnet nicht damit, dass der Angebotspreis unverbindlich ist und sich während der Durchführung der Bestellung noch ändert.

Fordert der Werbende – wie hier – tatsächlich einen höheren Preis, als in einer (divergierenden) Preisankündigung genannt, so ist die Werbeaussage zu dem niedrigeren Preis irreführend (vgl. OLG Hamm GRUR 1983, 453 ff.; Bornkamm in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., Rn. 7.17 zu § 5).

Der Kläger hat die behauptete Preisdivergenz mittels zweier eidesstattlicher Versicherungen glaubhaft gemacht. Auf der Grundlage der eidesstattlichen Versicherungen des Zeugen … … vom 06.03.2007 (Anlage EV 5, BI. 53 d.A.) und des Klägers vom 14.08.2007 (Anlage EV 10, BI. 127 d.A.) steht zur Überzeugung der Kammermitglieder fest, dass am 12.02.2007 für die im Angebotstext mit 17,69 € zuzüglich Versandkosten ausgezeichnete „DigitalBox“, Artikelnummer …, im Warenkorb ein Preis von 17,99 € zuzüglich Versandkosten gefordert wurde. Der Zeuge … und der Kläger haben am 12.02.2007 im Abstand von maximal 10 Minuten die Website der Beklagten aufgerufen. Beide haben sodann unabhängig voneinander einen Bestellvorgang durchgeführt, indem sie den Artikel in den Warenkorb gelegt haben. Sowohl der Zeuge … als auch der Kläger haben festgestellt, dass der im Warenkorb bezeichnete Preis den Angebotspreis um 30 Eurocent überstieg.

Es oblag der Beklagten, diesen glaubhaft gemachten Vortrag zu widerlegen. Dies ist ihr nicht gelungen. Die pauschale Behauptung, es würden sich täglich die Preise ihrer Angebote ändern, reicht nicht aus, den glaubhaft gemachten substantiierten Klägervortrag zur Preisdivergenz zu widerlegen. Auch der im Schreiben vom 29.08.2007, das dem Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 21.08.2007 beigefügt war, enthaltene Vortrag zu dem am 12.02.2007 im Hause der Beklagten durchgeführten Preisupdate räumt die Irreführung nicht aus. Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO durfte die Beklagte den klägerischen Vortrag zur Preisdivergenz nicht mit Nichtwissen bestreiten. Notwendig war vielmehr ein qualifiziertes Bestreiten. Danach hätte es eines konkreten Vortrags der Beklagten dazu bedurft, dass die Preisänderung für die streitgegenständliche „DigitalBox“ im Warenkorb zeitgleich mit derjenigen im Angebot erfolgt sei oder sogar der Preisänderung im Angebot vorausging. Dieser Annahme steht der eigene Vortrag der Beklagten im Schreiben vom 29.08.2007 entgegen. Dort hat die Beklagte eingeräumt, dass es ihr nicht möglich sei, die geänderten Preise „alle in Realtime darzustellen“.

Dies entlastet die Beklagte nicht. Denn sie darf keinen höheren Preis verlangen, als angekündigt. Unbenommen bleibt der Beklagten jedoch, allgemein nur den niedrigeren Preis zu verlangen. Denn darin liegt mangels wettbewerbsrechtlicher Relevanz keine Irreführung (vgl. BGH GRUR 1986, 322 – „Unterschiedliche Preisankündigung“; Bornkamm in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., Rn. 2.174 und Rn. 7.17 zu § 5).

Gemäß § 91 Abs. 1, S. 1 ZPO hat die Beklagten auch die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a