2,0 Geschäftsgebühr für Abmahnschreiben betreffend einem Sachverhalt aus dem Markenrecht gerechtfertigt

01. November 2006
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Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 01.11.2006

Az.: 2-6 O 344/06

In dem Rechtsstreit (…)

hat das LG Frankfurt am Main – 6. Zivilkammer – auf Grund mündlicher Verhandlungen vom 20.09.2006

für R e c h t erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Feuerlöschsysteme unter der Bezeichnung „Fognail“ anzukündigen, feil zu halten und/oder in den Verkehr zu bringen, sofern es sich um ohne Einverständnis der Klägerin hergestellte und/oder erstmals in den Verkehr gebrachte Feuerlöschsysteme handelt.

2. Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang er Handlungen entgegen Ziffer 1 bereits vorgenommen hat, insbesondere unter Angabe von – Namen und Anschriften von Angebotesempfängern der Feuerlöschsysteme sowie Zahl und Inhalt von Angebotsschreiben zu den Feuerlöschsystemen – Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern im Hinblick auf die Feuerlöschsysteme.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen entgegen Ziffer 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 947,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13. 7. 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 28.000,- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Markenverletzung auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Klägerin handelt mit Feuerlöschsystemen, insbesondere einem Nebellöschsystem, das unter dem Namen „Fognail“ vertrieben wird.

Zu Gunsten des … ist die deutsche Wortmarke „Fognail“ für die Waren Feuerwehrlöschgeräte seit dem 09.10.2001 eingetragen (DE 30136862.7; Anlage K4, Bl.14 f. d.A.).

Der Beklagte handelt mit Artikeln unter anderem für Feuerwehren, insoweit auch mit Feuerlöschsystemen. Er bot bei eBay im Wege der Auktion im Zeitraum vom 02.09.2005 bis zum 12.09.2005 unter der Bezeichnung >Komplettset>Neuwertig“ ein Feuerlöschsystem an. Auch in dem Auktionstext selbst findet sich drucktechnisch hervorgehoben in der Überschrift die Bezeichnung …. Auch im folgenden Text wird die Bezeichnung „Fognail“ mehrfach wiederholt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Ausdruck des Angebots, Anlage K6, Bl. 16 ff. d.A., Bezug genommen. Das Gerät befand sich beim Verkauf ebenso wie beim Erwerb durch den Beklagten in einer gelben Tasche. Das Gerät wurde von ihm an die Firma Schüco International KG verkauft.

Mit Schreiben vom 05.09.2005 forderte die Klägerin den Beklagten auf, weitere Markenverletzungen im Hinblick auf die Marke zu unterlassen. Der Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab. Daher wurde er nochmals vergeblich mit anwaltlichem Schreiben vom 16.05.2006 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage K7, Bf. 22 ff).

Die Klägerin macht für das Abmahnschreiben vom 16.05.2006 Rechtsanwaltskosten in Höhe der nicht im hiesigen Verfahren anrechenbaren 1,25 Geschäftsgebühr geltend. Sie meint, für das Abmahnschreiben habe eine 2,0 Geschäftsgebühr geltend gemacht werden können, da es sich um eine schwierige Materie (Markenrecht) gehandelt habe und auch die Hinzuziehung eines Patentanwalts zulässig gewesen sei, was sie nicht getan habe und auch nicht beabsichtige.

Die Klägerin behauptet, sie sei bereits vor der Abmahnung ausschließliche Lizenznehmerin der Marke gewesen. Sie sei zudem vom Markeninhaber ermächtigt worden, Rechte aus der Marke im eigenen Namen und für eigene Rechte geltend zu machen. Bereits im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin – der Markeninhaber sei Mehrheitsgesellschafter der Klägerin – am 28.05.2005 (Protokoll: Anlage K9, Bl. 67 d.A) sei beschlossen worden, dass die Klägerin die Rechte aus der Marke für den Markeninhaber am Markt durchsetzen werde, um die eigene Vertriebstätigkeit zu erleichtern.

Zudem habe der Markeninhaber ihr mit Vertrag vom 05.06.2006, eine ausschließliche Lizenz eingeräumt, ihr das Recht eingeräumt, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen und alle ihm etwa noch zustehenden bestehenden und zukünftigen Ansprüche wegen Verletzung der Marke abgetreten (Anlage K5, BL 32 d.A.). Schließlich habe er alle bisherigen Handlungen der Klägerin einschließlich Abmahnung und Klageerhebung genehmigt (Anlage K11, Bi. 85 d A).

Sie habe das vom Beklagten verkaufte System bei der Fa. … in Augenschein genommen und auf Grund verschiedener Merkmale (Verkauf in gelber Tasche, anderes Gewicht und geringere Stabilität) festgestellte, dass es nicht von ihr stamme, sondern aus einer schwedischen Produktion, aus der die Fa. … bei der der Beklagte das Gerät nach seiner Angabe gekauft habe, Anfang des Jahres 2002 15 Löschgeräte gekauft habe.

Die Klägerin hat zunächst für das Abmahnschreiben vom 16.05.2006 Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 1,25 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von EUR 100.000,-, inklusive Auslagen mithin EUR 1.986,50 brutto geltend gemacht. Soweit sie zudem zunächst weitergehende Auskunftsansprüche geltend gemacht hat (Klageschrift vom 30.05.2006, Bl. 2 d.A., Antrag Ziff. 2, Spiegelstriche 1 bis 6) haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr

1. – wie erkannt –

2. – wie erkannt –

3. – wie erkannt – 

hilfsweise, festzustellen, dass der Baklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Bereicherung herauszugeben, die durch die Handlungen entgegen Ziff. 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 947,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, da ihr zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung im September 2005 auch nach dem von ihm bestrittenen Lizenzvertrag vom 05.06.2006 noch nicht die ausschließliche Lizenz erteilt worden sei. Er rügt zudem die fehlende Zustimmung des Markeninhabers zur Klageerhebung. Er behauptet, die Marke sei von dem Markeninhaber nicht rechtserhaltend genutzt worden.

Er macht Erschöpfung geltend. Er behauptet insoweit, bei dem von ihm angebotenen Gerät habe es sich um ein Original Gerät gehandelt. Er habe das von ihm angebotene Gerät von der Fa. … GmbH & Co. KG im Februar 2002 erworben. Diese sei Großhandelspartner der Klägerin, bzw. jedenfalls ihm gegenüber so aufgetreten.

Das Gerät habe er dann im September 2005 über eBay verkauft. Es sei von dem ersten Erwerber an ihn zurückgegeben worden, bevor er es – unstreitig – an die Firma … International KG verkaufte (Rechnung …).

Zudem sei er inzwischen darüber informiert worden, dass die Klägerin durch die Fa. … über den Sachverhalt informiert sei und erklärt habe, dass insoweit alles in Ordnung sei. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.10.2006 hat er vorgetragen, die Fa. … habe sich bereits im Mai 2002 mit dem Markeninhaber geeinigt, dass die Erwerber der von der Fa. … vertriebenen Geräte – und damit auch er – nicht vom Markeninhaber belangt würden.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gelangten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat zum weit überwiegenden Teil Erfolg.

Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin ist klagebefugt, da ihr jedenfalls auf Grund der vorgelegten Lizenzvereinbarung vom 05.06.2006 (Anlage K5, BI. 32 d.A.) ab diesem Zeitpunkt eine Lizenz eingeräumt worden war und sie daher Lizenznehmerin ist.

Auch liegt die gem. § 30 III MarkenG erforderliche Zustimmung des Markeninhabers vor. Diese Zustimmung kann bereits im Lizenzvertrag für zukünftige Streitigkeiten erteilt werden. Dies ist hier geschehen. Gemäß § 1 II der Vereinbarung räumt der Markeninhaber der Kl. das Recht ein, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Damit hat der Markeninhaber die erforderliche Zustimmung auch für die vorliegende Klage erteilt.

Die Klage ist auch zum weit überwiegenden Teil begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 14 II Ziff. 1 MarkenG zu.

Im Hinblick auf die der Klägerin jedenfalls mit Vereinbarung vom 05.06.2006 eingeräumten Lizenz droht jedenfalls die erstmalige Verletzung ihrer Rechtsposition durch den Beklagten ernstlich und unmittelbar. Denn der Beklagte hat dadurch, dass er im September 2005 ein Feuerlöschsystem unter der Bezeichnung … anbot, die Marke des Markeninhabers verletzt, bezüglich derer der Kläger jedenfalls am 05.06.2006 eine Lizenz eingeräumt wurde.

Der Beklagte hat durch dieses Angebot des Feuerlöschsystems über eBay unter der identischen Bezeichnung solche Waren geschäftsmäßig angeboten, wie sie auch von der Marke geschützt sind.

Soweit der Beklagte geltend macht, der Markeninhaber habe die Marke im geschäftlichen Verkehr nicht benutzt, ist dieser Einwand unerheblich, da die Marke am 09.10.2001 eingetragen wurde und sich daher noch in der fünfjährigen Benutzungsschonfrist befindet (§ 25 MarkenG).

Der Beklagte kann sich nicht auf Erschöpfung der Markenrechte berufen (§ 24 MarkenG), da er nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hat, dass das von ihm angebotene Feuerlöschsystem von dem Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung in dem Gebiet gem. § 24 I MarkenG in den Verkehr gebracht wurde. Der Beklagte hat insoweit zunächst geltend gemacht, er habe das System von der Fa. … , einem Großhandelspartner der Klägerin, erworben. Es handele sich hierbei um ein original von der Klägerin über den Großhändler bezogenes System.

Dem ist die Klägerin substantiiert entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, dass es sich bei der Fa. … bereits nicht um einen Großhandelspartner ihres Unternehmens handelt. Sie hat zudem substantiiert vorgetragen, dass sie das Gerät, das von dem Beklagten unstreitig an die Fa. … International KG verkauft wurde, dort besichtigt habe und es sich nicht um ein Originalgerät handelt. Dies hat sie anhand einzelner Kriterien – wie dem Umstand, dass das Gerät unstreitig in einer gelben Tasche vertrieben wurde sowie Maß-, Gewichts- und Stabilitätsunterschieden – dargelegt. Sie hat zudem vorgetragen, dass sich anhand dieser Kriterien ergebe, dass es sich bei dem von dem Beklagten angebotenen System um ein solches handele, wie es von der Fa. … im Jahr 2002 von der schwedischen Fa. … erworben worden sei.

Der Beklagte, der für den Eintritt der Voraussetzungen der Erschöpfung darlegungs- und beweispflichtig ist (BGH GRUR 2000, S. 879, 880 – Stüssy), ist diesem Vortrag im Folgenden nicht hinreichend entgegengetreten. Er hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, den Vortrag der Klägerin zur Herkunft des von ihm angebotenen Systems mit Nichtwissen zu bestreiten. Auch seinen Vortrag zu der Stellung der Fa. …als Großhandelspartner der Klägerin hat er eingeschränkt, indem er erklärt hat, er könne das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Fa. … nicht beurteilen; die Fa. … sei jedenfalls als Großhandelspartner aufgetreten. Damit hat er die Voraussetzung der Erschöpfung nicht hinreichend dargelegt.

Soweit der Beklagte geltend macht, ihm sei von zwei Mitarbeitern der Fa. … mitgeteilt worden, dass die Klägerin über den Sachverhalt informiert sei und alles in Ordnung sei, ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert und unbeachtlich, Es ist nicht klar, wann, bei welcher Gelegenheit und in welchem Zusammenhang die Klägerin gegenüber der Fa. … erklärt haben soll, dass alles in Ordnung sei. Soweit der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.10.2006 behauptet hat, dass es bereits im Mai 2002 zu einer Einigung zwischen der Fa. … und dem Markeninhaber gekommen, Erwerber solcher Geräte, wie sie auch der Beklagte vertrieben habe, nicht mehr zu belangen, ist der Vortrag bereits deshalb unbeachtlich, da er verspätet ist (§ 296a ZPO); in der mündlichen Verhandlung war lediglich der Klägerin ein Schriftsatznachlass gewährt worden (§ 283 ZPO).

Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu. Soweit sich, dieser auf Namen und Anschrift der Angebotsempfänger und Angebotsschreiben bezieht, ergibt sich dies aus § 19 MarkenG.

Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über die betrieben Werbung ergibt sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB), da die Klägerin zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs auf die Erteilung solcher Auskünfte angewiesen ist. Die Klägerin ist insoweit auch aktiv legitimiert, selbst wenn sie zum Zeitpunkt des Angebots des Systems durch den Beklagten noch nicht Lizenznehmerin gewesen ist. Denn jedenfalls durch die Vereinbarung vom 05.06.2006 (Anlage K5, Bl. 32 d.A.) hat der Markeninhaber alle etwa noch ihm zustehenden Ansprüche wegen Verletzung der Marke, und damit auch bestehende Schadenersatzansprüche, an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin kann den Beklagten auch insoweit auf Auskunft in Anspruch nehmen. Denn der Beklagte handelte, als er das System unter der Bezeichnung … anbot, fahrlässig und damit schuldhaft. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sind an die Sorgfaltspflichten vor Benutzungsaufnahme strengste Anforderungen zu stellen. Gewerbliche Einkäufer müssen die Echtheit ihnen angebotener Markenware prüfen, wenn sie nicht direkt vom Markeninhaber oder dessen Vertriebsnetz bezogen wird (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, vor §§ 14-19, Rz. 109 m.w. Nachw.). Diese Prüfungspflichten hat der Beklagte, bei dem es sich um einen gewerblichen Einkäufer handelt, nicht erfüllt, obwohl er das von ihm angebotene System nicht bei dem Markeninhaber oder dessen Vertriebsnetz erwarb; wie oben ausgeführt behauptet der Beklagte zuletzt selbst nicht mehr, dass es sich bei der Fa. … um einen Großhandelspartner der Klägerin gehandelt habe. Wie ausgeführt ergibt sich zudem aus dem Vortrag der Klägerin – dem der Beklagte nicht substaniiert entgegengetreten ist – dass zwischen dem vom Beklagten angebotenen System und dem Originalprodukt der Klägerin insbesondere in Bezug auf Verpackungsart (Verkauf in einer gelben Tasche) deutlich sichtbare Unterschiede bestehen. Auch dies hätte den Beklagten dazu veranlassen müssen, die Echtheit der Markenware weiter zu prüfen, bevor er diese anbot. Er hat daher seine Sorgfaltspflichten nicht erfüllt.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten gem. § 14 Abs. 6 MarkenG, da der Beklagte das Markenrecht schuldhaft verletze und der Markeninhaber jedenfalls mit Vereinbarung vom 05.06.2006 alle etwa noch ihm zustehenden Ansprüche wegen Verletzung der Marke, und damit auch bestehende Schadenersatzansprüche, an die Klägerin abgetreten hatte.

Der Klägerin stehen auch die geltend gemachten Kosten für das anwaltliche Schreiben vom 16.05.2006 zu. Der Anspruch ergibt sich dem Grunde nach gem. §§ 683, 670 auf Grund der Grundsätze der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.

Auch insoweit kann dahinstehen, ob – wie von der Klägerin geltend gemacht – sie bereits im Zeitpunkt der Abmahnung Lizenznehmerin der Klagemarke war. Denn selbst wenn die Klägerin zum Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens noch nicht Lizenznehmerin gewesen sein sollte, kann sie nach den genannten Grundsätzen Ersatz der Abmahnkosten verlangen, da der Markeninhaber alle bisherigen Maßnahmen der Klägerin genehmigt hat. Diese Genehmigungserklärung, die die Klägerin bereits zuvor behauptet hat, wird durch die mit nachgelassenem Schriftsatz der Klägerin vorgelegte Urkunde, der schriftlichen Erklärung des Markeninhabers (Anlage K11, Bl. 85 d.A.), nachgewiesen.

Die Genehmigungserklärung des Markeninhabers hat zur Folge, dass die Abmahnung durch die Klägerin im September 2005 jedenfalls rückwirkend (§ 184 BGB) als vom Berechtigten abgegeben anzusehen ist. Die Vorschrift des § 184 BGB ist auch auf die Abmahnung anwendbar. Die Abmahnung hat rechtlich eine Doppelnatur. Im Vordergrund steht ihre Funktion als eine im Schuldnerinteresse erforderliche Warnung und Aufforderung zur außergerichtlichen Streitbeilegung zur Unterwerfung (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage, 41. Kapitel, Rz. 5) und ist insoweit kein Rechtsgeschäft, sondern eine geschäftsähnliche Handlung, auf die eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte in Betracht kommt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Auflage, § 12, Rz. 1.10). Daneben enthält die Abmahnung meist ein Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags. Im Hinblick auf die letztgenannte Funktion ist § 184 BGB ohne weiteres anwendbar, da die insoweit vom Nichtberechtigten abgegebene Erklärung durch Genehmigung des berechtigten Markeninhabers rückwirkend wirksam werden kann.

Aber auch im Hinblick auf die genannte Hauptfunktion ist die Regelung des § 184 BGB analog anzuwenden. Denn den prozessvermeidenden Zweck der Abmahnung, den Verletzer auf eine drohende Klage hinzuweisen und ihm die Möglichkeit der Unterwerfung zu geben (Warnfunktion) erfüllt auch eine Abmahnung, bei der die Berechtigung im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung dem Abgemahnten nicht nachgewiesen wird (vgl. zur Anwendbarkeit des § 174 BGB insoweit Teplitzky, aaO, 41. Kapitel, Rz. 6a; OLG Frankfurt am Main, NJOZ 2002, S. 2004, 2005). Nichts anderes gilt dann, wenn die Abmahnung von einer Person abgegeben wird, die im Zeitpunkt der Abmahnung Nichtberechtigter ist, wenn die Abmahnung später von einem Berechtigten genehmigt wird.

Gegen eine Anwendbarkeit von § 184 BGB sprechen auch nicht die Interessen des Abgemahnten. Denn durch das Erfordernis, dass der Ersatz der Abmahnkosten die Genehmigung des Berechtigten voraussetzt, wird verhindert, dass der Schuldner befürchten müssen, mit einer Vielzahl von Abmahnungen Nichtberechtigter und entsprechenden Kostenerstattungsansprüchen überzogen zu werden.

Es kann dahinstehen, ob auch das vorgerichtliche Vorgehen eines Lizenznehmers entsprechend § 30 III MarkenG die Zustimmung des Markeninhabers voraussetzt (vgl. OLG München, NJW-RR 1997, S. 1266, 1268). Denn jedenfalls hat der Markeninhaber durch die Genehmigungserklärung vom 21.09.2006 auch die Zustimmung zur Abmahnung gem. § 31 III MarkenG erteilt.

Der Klägerin steht auch ein Schadenersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe zu.

Für das Abmahnschreiben war eine 2,0 Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG Nr. 2300 W RVG abrechenbar, Insbesondere war der Bevollmächtigte der Klägerin berechtigt, für das Abmahnschreiben nicht lediglich die rechnerische Mittelgebühr der Rahmengebühr gem. W 2300 RVG geltend zu machen. Zwar kann nach der Erläuterung der Vorschrift eine Gebühr von mehr als 1,3 nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist aber im Hinblick auf diese anwaltliche Tätigkeit zu bejahen. Denn das Abmahnschreiben erfasste einen Sachverhalt aus dem Markenrecht und damit aus einer schwierigen Spezialmaterie. Das Schreiben war auf die endgültige Beilegung des Streitverhältnisses gerichtet und umfasste daher eine Vielzahl auf Grund der Markenverletzung sich ergebender Rechtsfolgen. Auch der Umstand, dass die Kl. berechtigt gewesen wäre, einen Patentanwalt hinzuzuziehen, der gem. § 140 III MarkenG ebenfalls berechtigt gewesen wäre, Gebühren in der selben Höhe wie der bereits beauftragte Rechtsanwalt zu verlangen, spricht für die besondere Schwierigkeit der Materie. Sieht ein Rechtsinhaber hiervon ab und beauftragt ausschließlich einen Rechtsanwalt, bedeutet dies gleichzeitig, dass sich der Pflichten- und Tätigkeitskreis des Rechtsanwalts entsprechend erhöht. Daher ist der Rechtsanwalt in einem solchen Fall berechtigt, über die Mittelgebühr hinaus eine 2,0 Geschäftsgebühr abzurechnen.

Die Einholung eines Gutachtens des Vorstands der Rechtsanwaltskammer war zur Entscheidung dieser Frage nicht gem. § 14 II RVG einzuholen. Denn diese Vorschrift betrifft lediglich Rechtsstreite zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber, in denen die Höhe der Gebühr streitig ist. Demgegenüber ist die Vorschrift dann, wenn – wie hier – der Auftraggeber von einem Dritten Ersatz der Kosten verlangt, nicht anwendbar.

Nach Anrechnung im hiesigen Verfahren ist damit eine 1,25 Geschäftsgebühr zu ersetzen.

Die Berechnung der 1,25 Geschäftsgebühr aus dem festgesetzten Streitwert von EUR 30.000,–, wie sie dem Antrag der Klägerin nach teilweiser Antragsrücknahme noch zu Grunde lag, ist nicht zu beanstanden.

Allerdings war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin Ersatz von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrte. Gemäß §§ 280 I, 286, 288 I, 291 BGB kann die Klägerin lediglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen, da der Forderung eine unerlaubte Handlung zu Grunde liegt. Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Beklagten aufzuerlegen.

Dies ergab sich, soweit er unterlag, aus § 91 ZPO. Soweit die Parteien den Auskunftsanspruch teilweise für erledigt erklärt haben, ergibt sich die Kostentragungspflicht des Beklagten aus § 91a ZPO. Denn auch insoweit war die Klage zunächst zulässig und begründet und wurde erst auf Grund der im Verfahren erteilten Auskünfte unbegründet. Die Auskunftsansprüche, die von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden waren, standen der Klägerin auf Grund der obigen Darlegungen gern. § 19 MarkenG bzw. § 242 BGB zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruchs zu.

Die Kosten waren dem Beklagten insgesamt aufzuerlegen. Zwar hat die Klägerin die Klage in Bezug auf die geltend gemachten Abmahnkosten teilweise zurückgenommen, so dass sie nach § 269 III ZPO insoweit die Kosten zu tragen hätte; hinsichtlich des von ihr insoweit geltend gemachten Zinssatzes unterlag sie teilweise (§ 91 ZPO). Die Zuvielforderung der Klägerin war jedoch verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst (§ 92 II Ziff. 1 ZPO). Denn die Abmahnkosten, die Gegenstand der Teilrücknahme und des teilweisen Unterliegens waren, erhöhten den Streitwert nicht, da sie als Nebenforderungen geltend gemacht worden waren (§ 4 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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