Verwechslungsgefahr zwischen „yello“ und „Go Yellow“

31. Mai 2006
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Landgericht München I

Urteil vom 31.05.2006

Az.: 1 HK 0 11526/05

Aus dem Tatbestand:

Die Klägerin gehört zum EnBW Energie Baden-Württemberg AG Konzern. Ihre 100 %ige Tochtergesellschaft, die Yello Strom AG mit Sitz in Köln bietet seit 1999 Stromversorgung für Haushaltsund Gewerbekunden an.

Die Beklagte zu 1) betreibt seit Oktober 2004 unter dem Firmennamen GoYellow GmbH und der Kennzeichnung „GoYellow“, bzw. „GoYellow.de“ im Internet ein Informationsportal für Firmen- und Branchenauskünfte. Die Beklagte zu 2) ist Muttergesellschaft der Beklagten zu 1), die Beklagte zu 3) ist Justiziarin der Beklagten zu 2).

Die Branchenauskunft der Beklagten zu 1) war zumindest bis Ende Januar 2005 über die folgenden vier Domainnamen erreichbar: „goyellow.de“, „go-yellow.de“, „go-yello.de“, „goyello.de“ Dabei sind die Domains goyellow.de und go-yellow.de für die Beklagte zu 2), die Domain go-yello.de für die Beklagte zu 1) und die Domain goyello.de für die Beklagte zu 3) registriert. Mittlerweile ist die Internetseite nur noch unter der Domain „goyellow.de“ erreichbar. Die übrigen drei Domainnamen sind zwar nach wie vor für die genannten Inhaber registriert, jedoch können dort zurzeit keine Inhalte abgerufen werden.

Die Beklagte zu 2) ist ferner Inhaberin der Marke 30427386.4 „Goyellow“, die am 13.5.2004 angemeldet und am 19.7.2004 eingetragen wurde.

Die Klägerin ist Inhaberin der Marke 39910326.0 „yello“, angemeldet am 23.2.1999 und eingetragen am 19.7.1999, die u.a. für „Verteilung von Strom, Gas und Heizwärme, insb. an Industriekunden“ Schutz genießt. Sie ist ferner Inhaberin der Marke 39936012.3 „yello“, angemeldet am 23.6.1999 und eingetragen am 19.7.1999 u.a. für „Verteilung von Energie, insb. Strom.“
Des Weiteren ist die Klägerin Inhaberin der Marke 30158553.9 „yello“, angemeldet am 5.10.2001 und eingetragen am 26.7.2002 u.a. für folgende Dienstleistungen: „(…) Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken; (…) Dienstleistungen einer Datenbank;“

Sie ist ferner Inhaberin der Marke 30226706.9 „yello“, angemeldet am 29.5.2002 und eingetragen am 28.11.2002 u.a. für die Dienstleistungen: „Telekommunikation, insb. elektronische Anzeigenvermittlung; … Auskünfte über Telekommunikation; … Sammeln, Liefern, Bereitstellen, abrufbar Machen, Übermitteln bzw. Übertragen von Nachrichten, Informationen und Daten aller Art.“

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

1. Der Klägerin stehen die in den Klageanträgen 1. und 3. geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die geschäftliche Bezeichnung „GoYellow GmbH“ der Beklagten zu 1) und gegen die markenmäßige Benutzung von „GoYellow“ – auch in der grafisch ausgestalteten Form – für die von ihr angebotenen Dienstleistungen zu.

a) Die Unterlassungsansprüche ergeben sich zum einen aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG, da die angegriffenen Zeichen mit den klägerischen Marken Nr. 30158553 und 30226706 „yello“ verwechslungsfähig sind.

Die Klägerin ist – wie aus den vorgelegten Eintragungsurkunden ersichtlich, selbst Inhaberin dieser Marken, so dass ihre Aktivlegitimation ohne Weiteres gegeben ist.

Da bezüglich dieser Marken wegen der noch anhängigen Widerspruchsverfahren die Benutzungsschonfrist noch nicht einmal begonnen hat, kommt es insoweit auf den Einwand der Beklagten, die Klägerin benutze in Wahrheit das Zeichen „Yello Strom“ nicht an. Der Verwechslungsprüfung zugrunde zu legen ist ausschließlich das Zeichen „yello“.

aa) Bezüglich der Dienstleistungen, für die die Klagemarken Schutz genießen und den von der Beklagten zu 1) im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs angebotenen Dienstleistungen besteht Identität.

So besteht Dienstleistungsidentität zwischen dem Betrieb eines elektronischen Informationsportals für Firmen- und Branchenauskünfte einerseits und „Bereitstellen von Informationen im Internet“, „Online-Dienste, nämlich Übermittlung von … Informationen aller Art“, „Herausgabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch … im Internet“ sowie „Dienstleistungen einer Datenbank“, für die die Klagemarke Nr. 30158553 „yello“ geschützt ist. Gleiches gilt, soweit der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) auf den „Betrieb von Suchmaschinen für das Internet“ ausgerichtet ist. Die Marke 30158553 „yello“ der Klägerin ist für identische Dienstleistungen, nämlich „Betrieb von Suchmaschinen für das Internet“ geschützt. Schließlich besteht Dienstleistungsidentität auch insoweit, als die Beklagte zu 1) unter ihrem Firmennamen Werbedienstleistungen, insb. Online-Werbung für Dritte und Vermietung von Werbeflächen im Internet anbietet, da die Klagemarke 30158553 auch geschützt ist für „Werbung im Internet für Dritte“ sowie „Vermittlung und Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet“. Die Klagemarke 30226706 „yello“ genießt ebenfalls Schutz für identische Dienstleistungen, nämlich „Auskünfte über Telekommunikation“ und „Sammeln, Liefern, Bereitstellen, abrufbar Machen von … Informationen und Daten aller Art“.

bb) Den Marken „yello“ kommt für den hier in Rede stehenden dienstleistungsidentischen Bereich durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

Es ist unzutreffend, dass sich insoweit die originäre Kennzeichnungskraft von „yello“ im untersten Bereich bewege, weil die Verkehrskreise „yello“ mit „yellow“ gleichsetzten und „yellow“, bzw. „gelb“ wegen des Begriffs „Gelbe Seiten“ für ein Online-Branchenverzeichnis“ beschreibend sei. Als beschreibend können hier ausschließlich die Begriffe „Gelbe Seiten“, bzw. „Yellow Pages“ anerkannt werden, nicht jedoch die Farbe „gelb“, bzw. „yellow“ in Alleinstellung. Der Verkehr hat insoweit konkret die tatsächlich gelben Seiten der Branchentelefonbücher oder Branchenteile von Telefonbüchern vor Augen und überträgt diesen Begriff – zumal die „Gelben Seiten“ inzwischen auch online angeboten werden – auch noch auf Online-Branchenverzeichnisse allgemein. Nicht jedoch steht die Farbe oder das Farbwort „gelb“ oder „yellow“ für ein solches Verzeichnis. Selbst wenn in diesem Dienstleistungsbereich über weitere gedankliche Schritte möglicherweise eine Assoziation zu den „Gelben Seiten“ hergestellt würde, so hindert eine derartige Assoziation nicht die Annahme einer normalen Kennzeichnungskraft.

Eine Stärkung der Kennzeichnungskraft durch Bekanntheit hat auf dem hier in Rede stehenden Gebiet zwar nicht stattgefunden, da auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin eine Nutzung für verschiedene Telekommunikationsdienstleistungen nicht in einem eine Bekanntheit begründenden Umfang stattgefunden hat und teilweise schon wieder eingestellt wurde.

Ebenso wenig kann jedoch von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen ausgegangen werden. Bei der Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der nur vorliegt, wenn es sich um mehrere, in erheblichem Umfang für gleiche oder eng benachbarte Waren oder Dienstleistungen benutzte Zeichen handelt, die dem Klagezeichen ähnlich nahe kommen und jedenfalls keinen weiteren Abstand halten als das angegriffene Zeichen. Diese Voraussetzungen erfüllen sämtliche von den Beklagten entgegengehaltenen Drittzeichen nicht.
Der größte Teil der von den Beklagten aufgeführten Drittmarken scheidet schon deshalb aus der Betrachtung aus, weil sie für Waren und Dienstleistungen eingetragen sind, die von dem hier in Rede stehenden Bereich so weit entfernt sind, dass sie für eine Schwächung von vornherein nicht in Betracht kommen. Bei einem Teil hat die Beklagte selbst angegeben, dass es sich um Neuanmeldungen handelt, die noch gar nicht eingetragen sind. Die Kombinationen mit „yell“ können ebenfalls von vornherein außer Betracht bleiben, weil das nur einsilbige Zeichen sich so weit von den Klagemarken unterscheidet, dass das Erfordernis des allenfalls gleichen Zeichenabstands nicht erfüllt ist. Dasselbe gilt für Marken mit dem Bestandteil „gelb“. Soweit die Beklagten die Marke „Yellow Pages“ anführen, scheidet diese als Drittzeichen aus, weil es sich insoweit auch nach Auffassung der Kammer um einen rein beschreibenden Begriff und nicht um ein Kennzeichen handelt.

Soweit die Beklagten Zeichen aus dem Bereich der Online-Branchenauskünfte aufführen, nämlich Yellow Phone, Yellow Map, Yellow Access und die von der DeTeMedien erworbenen YelloScout, YelloBank, YelloCar, YelloRealEstate und YelloBooker, so sind sie sämtlich nach dem Muster „Yellow“, bzw. „Yello“ + englischsprachiges Substantiv gebildet, wobei diese englischen Substantive jeweils selbst eine gewisse Kennzeichnungskraft besitzen, und zwar auch für den Teil der Verkehrskreise, der die englische Bedeutung versteht. Dies gilt ohne Weiteres für den Bestandteil „Scout“, der für einen Online-Branchendienst ausgesprochen fantasievoll ist, aber auch für den Bestandteil „Phone“, der beschreibende Anklänge lediglich insoweit hat, als dieses Unternehmen in erster Linie eine telefonische Branchenauskunft betreibt, nicht aber für den hier relevanten Bereich eines Online-Verzeichnisses, ebenso für „Map“, da auch „Landkarte“ nicht für ein Branchenverzeichnis steht. Außerdem sind „Access“, „Bank“, „Car“, „RealEstate“ und „Booker“ für eine die entsprechenden Materien betreffende Auskunft nicht rein beschreibend. Das führt dazu, dass diese Kombinationszeichen von den Klagemarken „yello“ jedenfalls deutlich weiter entfernt sind als das angegriffene Zeichen „GoYellow“. Bei den der DeTeMedien gehörenden Marken kommt hinzu, dass sie unstreitig nur in Form von Domains genutzt werden, die alle auf die „Gelben Seiten“ der DeTeMedien führen, was keine für eine Schwächung der Klagemarken ausreichende Nutzung – ebenso wenig wie eine rechtserhaltende Nutzung – darstellt.

Den Klagemarken ähnlich wie „GoYellow“ nahe kommen nur die Marke 30147214 „Yellow“ der Yellow Map AG, gegen die die Klägerin jedoch bereits im Jahr 2003 Widerspruch eingelegt hat, die Marke 30847214 „Yellowww“ der DeTeMedien, die Marke 30167515 „yellowcom“, gegen die die Klägerin ebenfalls Widerspruch eingelegt hat, die bloße Markenanmeldung 30528905 „Yellow“ der DeTeMedien, die als solche von vornherein nicht schwächend in Betracht kommt und die Marke 30167515 „Yellow24″ des Dr. Wagner, der die unter den Domains „yellow24.de“ und „yello24.de“ betriebene Internetseite, auf der die Dienste eines Dienstleistungsvermittlers für München angekündigt waren, nach Abmahnung durch die Klägerin Anfang Dezember 2005 umgehend abgeschaltet hat, so dass infolge der kurzen Betriebsdauer ebenfalls keine Schwächung eingetreten ist. Bezüglich der Marke „Yellowww“ der DeTeMedien hat die Klägerin die Benutzung bestritten und die von den Beklagten hierfür pauschal im Rahmen des Anlagenkonvoluts B52 ohne jeden Sachvortrag vorgelegten Benutzungsnachweise sind mehrdeutig, indem es dort auf der Seite von „sedo“ ohne weitere Erklärung heißt, dass die Domain „yellowww.de“ verkauft wurde oder nicht mehr verfügbar ist. Soweit die Beklagten als Benutzungsnachweis pauschal „Sachverständigengutachten“ angeboten haben, ist dieser Vortrag, worauf die Klägerin auch hingewiesen hat, unschlüssig. Weiter bleibt noch das Zeichen „IP Yellow“ für Internettelefonie, für das die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass nur ein Verzeichnis von Teilnehmern der Internettelefonie angeboten wird und es sich weder um eine Branchen- noch um eine allgemeine Telefonauskunft handelt. Was die Gemeinschaftsmarke 01317874 „Yello“ der Yell Ltd. anbelangt, haben die Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass dagegen mehrere Widerspruchsverfahren, u.a. der Klägerin, anhängig sind und ein Benutzungsnachweis ist insoweit durch die Beklagte nicht erbracht. Die deutsche Marke 39875963 „Yello“ der DEHA Elektrogroßhandelsgesellschaft mbH & Co. KG ist für „Datenverarbeitungsgeräte und deren Komponenten, sowie Zubehör, sowie Marketing insb. im Zusammenhang mit Informationstechnologien“ eingetragen, so dass ausreichende Berührungspunkte zu Online-Diensten und dem Betrieb von Suchmaschinen fehlen. Bezüglich der Yello! AG, Betreiberin der Internetseite „yello.tv“ und Inhaberin der deutschen Marken „Yello! AG Digitel Production Tools“ und „yello! Springtime V.2″ hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass diese nicht im Bereich der Branchenverzeichnisse, sondern der digitalen Bildbearbeitung tätig sei, sowie dass sie gegen die Marken Widerspruch eingelegt habe und sich mit dem Unternehmen in Vergleichsgesprächen befinde mit dem Ziel, eine Änderung des Firmennamens zu erreichen. Gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung „Yell“ der Yell Ltd. hat die Klägerin ebenfalls Widerspruch eingelegt.

Da dem Markeninhaber Drittzeichen, gegen deren Verwendung er vorgeht, nicht entgegengehalten werden können, verbleiben demnach jedenfalls nicht mehrere der Klagemarke ähnlich nahe kommende Drittzeichen für gleiche oder eng benachbarte Dienstleistungen, die in erheblichem Umfang benutzt wurden, so dass der Schwächungseinwand nicht durchgreift. Es bleibt vielmehr hei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarken.

cc) Zwischen den sich gegenüberstehenden Kennzeichen „yello“ und „GoYellow“ besteht Zeichenähnlichkeit, wobei im Hinblick auf die Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen eine hohe Zeichenähnlichkeit nicht erforderlich ist.

Zwischen den Zeichen besteht bereits klangliche Ähnlichkeit, da bei „GoYellow“ das „e“ betont wird, das „ow“ von den deutschen Verkehrskreisen eher als „o“ gesprochen wird und dem Bestandteil „Go“ phonetisch lediglich die Funktion einer unbetonten Vorsilbe zukommt.

Das Zeichen „GoYellow“ wird zudem vom Bestandteil „Yellow“ geprägt, der bis auf den stummen Buchstaben „w“ am Ende mit den Klagemarken „yello“ identisch ist. Der Bestandteil „Yellow“ ist nicht deshalb kennzeichnungsschwach oder gar beschreibend – wie die Beklagten behaupten – weil „Yellow“ ein beschreibender Begriff für ein Online-Branchenverzeichnis sei. Auf die Ausführungen unter bb) wird insoweit Bezug genommen. Soweit „Yellow“ über Zwischenschritte Assoziationen zu den „Gelben Seiten“ hervorruft, tut dies einer normalen Kennzeichnungskraft dieses Zeichenbestandteils keinen Abbruch. Dem Bestandteil „Go“ hingegen kommt jedenfalls keinerlei mitprägende Funktion zu. Er führt lediglich zum prägenden Bestandteil „Yellow“ hin mit der Aufforderung „Gehe zu …“ oder „Benutze …“ nach dem Vorbild zahlreicher Werbeslogans. Er wird von den Verkehrskreisen auch in eben diesem Sinn rein beschreibend verstanden, insb. da ihnen die Aufforderung „Go“ auch vielfach als Start für eine Suchfunktion aus dem Internet bekannt ist. Entsprechend hat dies auch das BPatG in den beiden von der Klägerin zitierten Beschlüssen 33 W (pat) 318/01 und 29 W (pat) 158/99 gesehen, durch die die Eintragungen von „GoIndustry“ und „Go Internet“ abgelehnt wurde und in letzterem Beschluss ausgeführt, dass die weltweit verbreite Aussage „Go …“ (gehe nach …, gehe in …, wende dich dem … zu) auch im Inland verstanden werde als beschreibende, sloganartige Aufforderung.

Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte zu 1) auf ihre Internetseite auch die Bezeichnungen „GoTop“ und „GoBasic“ verwendet, da „Go“ dort in genau demselben Sinn beschreibend verstanden wird.

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass „Go“ sogar in Alleinstellung mehrfach als Marke eingetragen worden sei, ist dies für die Kennzeichnungskraft im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da ohne ein hinzugesetztes „Ziel“ der Charakter als sloganartige Aufforderung gerade entfällt.

Auch soweit die Beklagten sich auf zahlreiche eingetragene Marken mit dem Bestandteil „Go“ beziehen, so kommt entweder dem zweiten Teil der Kombination eine gewisse Kennzeichnungskraft zu – wie ja auch für die Beklagte zu 2) die hier verfahrensgegenständliche Marke eingetragen wurde – oder aber der zweite Teil wird nur als Präposition oder Adverb zu „Go“ empfunden, womit der Bedeutungsgehalt i.S.v. „Gehe zu …“ entfällt. Eine Kennzeichnungskraft von „Go“ in der vorliegenden Kombination „GoYellow“ kann damit nicht belegt werden.

Dasselbe Ergebnis wird erst Recht bei Anwendung der Kriterien erreicht, die der EuGH für die Ähnlichkeit zwischen einem älteren Zeichen und einem jüngerem Zeichen, in dem das ältere Zeichen vollständig enthalten ist, aufgestellt hat (EuGH v. 6.10.2005 – Rs. C-120/04, GRUR 2005, 1042 – Thomson Life). Der EuGH hat dabei nicht die Prägetheorie angewendet, sondern ausgeführt, dass eine Zeichenähnlichkeit bereits dann gegeben ist, wenn das ältere Zeichen in dem neueren Gesamtzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Dies ist bei „yello“ innerhalb von „GoYellow“ aus den oben ausgeführten Gründen im Hinblick auf den bloß auf „Yellow“ hinführenden Charakter von „Go“ ohne Weiteres der Fall.

dd) Auf dem Hintergrund einer Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen und einer normalen Kennzeichnungskraft und Zeichenähnlichkeit liegt damit Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen vor.

Die „AntiVir/AntiVirus“-Rechtsprechung des BGH ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil es sich bei „yello“ – anders als hei „AntiVir“ – nicht nur um eine Abwandlung der beschreibenden Angabe „Gelbe Seiten“ handelt und mit diesem Zeichen auch nicht – wie im dortigen Fall – gegen die beschreibende Angabe selbst vorgegangen wird.

Das Ergebnis des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr monopolisiert auch nicht die Grundfarbe „gelb“ für die Klägerin, da die Klägerin sich nicht gegen die Verwendung der Farbe gelb, sondern gegen die Benutzung des Zeichens „GoYellow“ wendet.

Ergänzend kann noch die indizielle Wirkung tatsächlich vorgekommener Verwechslungsfälle berücksichtigt werden, insb. die zwei Verwechslungen in der Presse, nämlich in der Zeitschrift „MAX“ vom Januar 2006 und in der Zeitschrift „Gala“ v. 2.2.2006, wo jeweils im Zuge der Werbekampagne von Paris Hilton für die Beklagte zu 1) berichtet wurde, sie sei die Werbefigur der Klägerin, bzw. sie komme als Werbe-Star des Stromanbieters „Yello“ nach München, wobei es sich nach Auffassung der Kammer jeweils um gewichtige Verwechslungsfälle handelt, da der Presse an sich eine Verpflichtung zur sorgfältigen Recherche obliegt.

Auf die von der Klägerin vorgelegte und von den Beklagten beanstandete FORSA-Umfrage zur Branchenan bin-dung von „GoYellow“ (Anlage K 29) brauchte nicht zurückgegriffen zu werden.

Die Verwechslungsgefahr besteht auch bezüglich des GoYellow-Logos, da dieses lediglich den Wortbestandteil „GoYellow“ auf einer elliptischen dunklen, bzw. dunkelblauen Fläche mit der sehr klein hinzugesetzten Top-Level-Domain „de“ zeigt, so dass das Logo ausschließlich von „GoYellow“ geprägt wird.

ee) Die Beklagten können gegen den klägerischen Anspruch auch nicht eine nach § 23 Nr. 2 MarkenG freigestellte Benutzung einwenden, da es sich bei „GoYellow“ um eine kennzeichenmäßige Benutzung eines für die angebotene Dienstleistung nicht beschreibenden Zeichens handelt.

b) Die in den Klageanträgen zu 1. und 2. geltend gemachten. Unterlassungsansprüche stehen der Klägerin aber auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zu.

Die Klägerin kann sich insoweit unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung auf ihre Wortmarken „yello“ Nr. 39910326, bzw. „yello“ Nr. 39936012 stützen, jeweils am 19.7.1999 eingetragen für „Verteilung von Strom“, bzw. „Verteilung von elektrischer Energie, insb. Strom“.

aa) Für die Verteilung von Strom handelt es sich auf Grund der Benutzung durch die Tochtergesellschaft Yello Strom GmbH um bekannte Marken i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.

Maßgebliche Verkehrskreise sind im vorliegenden Fall das allgemeine Publikum, und die Marke „yello“ für Strom ist einem bedeutenden Teil dieses Publikums (EuGH GRUR-Int. 2000, 73 – Chevy, Tz. 26) bekannt. Bestimmte Prozentsätze sind hierfür nicht erforderlich (EuGH GRUR-Int. 2000, 73 – Chevy, Tz. 25). Die Durchführung einer Verkehrsbefragung ist zur Feststellung der Bekanntheit ebenfalls nicht erforderlich, so dass weder die von der Klägerin vorgelegte und von der Beklagten beanstandete Studie der GfK zur Markenbekanntheit gem. Anlage K 30 berücksichtigt zu werden braucht, noch vom Gericht ein Umfragegutachten einzuholen war.

Vielmehr ergibt sich im vorliegenden Fall eine Bekanntheit der Marke „yello“ für Strom im Kollisionszeitpunkt Oktober 2004 aus zahlreichen Umständen, die nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR-Int. 2000, 73 – Chevy, Tz. 27; GRUR-Int. 1999, 723 – Chiemsee; Tz. 51, 52) als Hilfstatsachen zur Feststellung der Bekanntheit zugrunde gelegt werden können.

Die Strommarke „yello“ wird unstreitig bereits seit August 1999 benutzt und beworben. Bereits die Markteinführung rung wurde von einem erheblichen Presseecho begleitet (Anlagenkonvolut K 5), wobei es dort etwa schon in einem Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger v. 6.11.1999 heißt: „Der neue Stromversorger Yello ist bereits bekannter als Energie-Gigant RWE“. Die Werbekampagne zur Markeneinführung wurde im Jahr 2000 ausweislich Anlage K 6 vom Gesamtverband Werbeagenturen GWA e.V. mit einem Preis ausgezeichnet. Die Werbemaßnahmen wurden dort im Einzelnen dokumentiert und kommentiert mit: „Vom No-Name in einem No-NameMarkt zur bekanntesten Strommarke in Deutschland“. Weiter hat die Klägerin mit Anlagen K 7a–d Anzeigenwerbung und Fernsehwerbespots aus den Jahren 1999 und 2000 belegt. Die Klägerin hat weiter unwidersprochen vorgetragen, dass diese intensive Werbung in den Folgejahren fortgesetzt wurde, etwa mit den Fernsehwerbespots „Hannes“ und „Schusters“ in den Jahren 2000 bis 2004. Im Jahr 2004 wurde weiter der Werbespot „Yello Preisgarantie“ auf allen großen deutschen Fernsehkanälen ausgestrahlt. Insbesondere wurden aber seit 5.4.2004 täglich in den ARD-Tagesthemen die Werbespots mit dem gelben Yello-Wetterfrosch – wie offenkundig ist – zweimal, nämlich vor und nach dem Wetterbericht gesendet. Letztere Werbung hat auf die Bekanntheit der Marke immense Auswirkungen. Durch eine tagtägliche Präsenz in einer der beiden abendlichen Hauptnachrichtensendungen der ARD als einzige Fremdwerbung vor und nach dem Wetterbericht wird ein derartiger Anteil des hier maßgeblichen allgemeinen Publikums erreicht – bei dem sich die Marke durch die Wiederholung auch einprägt –, dass in Zusammenschau mit den früheren und sonstigen Werbemaßnahmen eine „Bekanntheit“ der Marke „yello“ zugrunde zu legen ist, und zwar bereits im Kollisionszeitpunkt im Oktober 2004. Es kommt hinzu, dass die Klägerin außerdem bereits 2004 eines der zehn größten Stromversorgungsunternehmen in Deutschland war.

bb) Es ist auch unschädlich, dass die Klägerin, bzw. die Yello Strom GmbH, die Marke zumeist in der Form „Yello Strom“ bewirbt. Analog zu den Grundsätzen, die bei der Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Marke gem. 5 26 MarkenG zugrunde zu legen sind, ist auch hier die Verkehrsauffassung maßgeblich. Wird lediglich das unter der Marke angebotene Produkt in glatt beschreibender Form hinzugefügt, so sieht der Verkehr dies nicht als neues einheitliches Zeichen, sondern nur als Erläuterung zur Marke. Daran ändert auch nichts, dass die Yello Strom GmbH häufig mit dem Wort-/Bildlogo „yello Strom“ wirbt. Jedenfalls wird ebenso, wie etwa in der Internetwerbung gemäß Anlage 8b und in dem Werbe-flyer gem. Anlage 8a auch „Yello“ in Alleinstellung benutzt. Dass der Verkehr hier in „yello“ die eigentliche Marke sieht, ergibt sich auch daraus, dass – im Gegensatz zu Kombinationszeichen – nicht ein englisches Wort folgt, sondern der deutsche glatt beschreibende Begriff „Strom“. Repräsentativ für das Verkehrsverständnis ist insoweit, dass etwa in den Presseartikeln über Paris Nilton von „Yello“-Strom und vom „Stromanbieter Yello“ (Anlagen K 50 und K 51) die Rede ist.

cc) Dem Zeichen „yello“ kommt für Strom auch Originalität zu, und es ist auch auf dem Gebiet, auf dem die Beklagte zu 1) tätig ist, kein beschreibender Begriff.

dd) Ein „guter Ruf“ ist für den Tatbestand der Rufausbeutung nicht erforderlich. Qualitative Anforderungen im Sinne einer Wertschätzung werden nicht gestellt. Es genügt der mit der Bekanntheit verbundene Ruf. Im Übrigen ist aber davon auszugehen, dass die Attribute „gut“ und „günstig“, die der Marke in der Werbung gegeben werden, sich auch im Bewusstsein des Verkehrs festgesetzt haben.

ee) Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht auch eine für eine Rufausbeutung ausreichende Zeichenähnlichkeit. Auf die Ausführungen oben unter Ziff. 1. a) cc) wird Bezug genommen.

ff) Dieser Ruf ist auch auf das von der Beklagten zu 1) angebotene Online-Branchenverzeichnis übertragbar, bei dem die Inserenten zu bezahlen haben. Die Waren/ Dienstleistungen Strom und Online-Branchenverzeichnis sind auch so benachbart, dass eine Rufübertragung stattfindet. So sind in letzter Zeit – wie sich aus den BGH-Entscheidungen „Strom und Telefon I und II“ (BGH v. 4.11.2003 – KZR 16/02, BGHReport 2004, 464 = CR 2004, 602 = GRUR 2005, 255 [2591) ergibt – verschiedene Stromanbieter dazu übergegangen, Stromlieferung und Telekommunikationsdienstleistungen gekoppelt anzubieten, und technische Entwicklungen unter dem Schlagwort „Telefonie aus der Steckdose“ sind im Gespräch. Telekommunikationsdienstleistungen und ein Online-Branchenverzeichnis wiederum liegen in den Vorstellungen der Verkehrskreise ebenfalls nahe beieinander.

gg) Schließlich ist die Ausnutzung des guten Rufs der Klagemarke auch unlauter.

Es ist der Beklagten zu 1) zwar zuzubilligen, dass sie bei der Wahl ihrer Kennzeichen auch eine Assoziation zu den „Gelben Seiten“ im Auge hatte, jedoch hat sie nach Überzeugung des Gerichts maßgeblich auch eine Anlehnung an die Klagemarke und eine Ausbeutung von deren Bekanntheit bezweckt.

Dies ergibt sich eindeutig aus der Registrierung und anfänglichen Benutzung auch der Domainnamen „go-yello.de“ und „goyello.de“. Den Ausführungen der Beklagten, es habe sich hierbei um „Vertipper“-Domains gehandelt, kann nicht gefolgt werden, da sich bei der Domain „goyellow.de“ der Beklagten zu 1) zahlreiche andere Möglichkeiten der irrtümlichen Eingabe ergeben, die sie nicht veranlasst haben, vorsorglich entsprechende Domains zu registrieren. Offensichtlich rechneten die Beklagten von vornherein – weil sie die Ausnutzung der Bekanntheit der Klagemarke im Sinn hatten – nur mit Vertippern, die „yello“ statt „yellow“ beinhalteten.

Es kommt hinzu, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin die Beklagte zu 1) anfänglich versucht hat, mit dem Kennzeichen „googelb“ die Bekanntheit von „Google“ auszubeuten. Der Versuch, auch hier das doppelte „oo“ mit einer Vertipperdomain zu entschuldigen, ist ebenso zum Scheitern verurteilt.

hh) Da sonach bereits ein Anspruch gern. % 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung gegeben ist, brauchte der Anspruch unter dem Aspekt der Aufmerksamkeitsausbeutung nicht mehr geprüft zu werden.

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