Pflicht zur Angabe von Versandkosten für alle Länder
Eigener Leitsatz:
Betreiber von Onlineshops müssen auf ihrer Internetseite sämtliche Versandkosten für alle von ihm belieferten Länder angeben. Hierbei genügt es nicht, wenn auf der Internetseite lediglich ein Hinweis zu finden ist, dass dem Kunden auf eine entsprechende Nachfrage der konkrete Versandpreis für seine Lieferung mitgeteilt wird.
Oberlandesgericht Hamm
Urteil vom 01.02.2011
Az.: I-4 U 196/10
Tenor:
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 12. Oktober 2010 ver-kündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Die Antragsgegnerin wird verurteilt,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- € – Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin) zu unterlassen,
bei der Tätigkeit im Fernabsatz Artikel aus dem Bereich Spielgeräte zu bewerben, anzubieten und/oder zu verkaufen, und dabei Letztverbrau-chern gegenüber als Versandgebiet das Gebiet „Deutschland“ sowie „Ausland“ (abseits der aufgeführten Länder Österreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Liechtenstein) unter Anführung einer konkreten Höhe von Versandkosten anzugeben, wenn und soweit es in den weiteren Ausführungen sodann wie folgt heißt:
a.
Für Inselbewohner müssen wir einen Aufschlag berechnen, den Sie bitte bei unserer Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail nachfragen;
b.
Bei Lieferungen in das Ausland stellen Sie bitte eine Anfrage unter Angabe des Lieferlandes und der Postleitzahl an unsere Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail;
c.
Verschicken Sie auch außerhalb Deutschlands?
Der Versand in das Ausland ist problemlos möglich. Zur Ermittlung der Versandkosten kontaktieren Sie bitte unter Angabe des Landes und der Postleitzahl unseren Customer Service, Hotline #####;
d.
Wohnen Sie im nicht aufgeführten Ausland? Bedenken Sie bitte, dass wir für Lieferungen ins Ausland einen Versandkosten-Aufschlag nehmen müssen. Diesen werden wir Ihnen separat in einem Angebot mitteilen. Erst danach kommt es zu einem erfolgreichen Kaufabs,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin in deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse“ (Anlage AST 2).
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Antragstellerin betreibt im Internet Handel mit Artikeln aus dem Bereich Spielzeug und / oder Spielgeräte unter der Bezeichnung „Internetadresse“. Die Antragsgegnerin vertreibt über ihren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse“ gleichfalls Waren aus dem Bereich Spielgeräte, darüber hinaus auch Gartenmöbel und Gartenhäuser. Die Antragstellerin bemängelt die Art und Weise, wie die Antragsgegnerin auf die Versandkosten und deren Höhe hinweist.
Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, die Antragsgegnerin müsse zwingend vor Einleitung des Bestellvorganges angeben, in welcher konkreten Höhe Liefer- und Versandkosten für einen Handel im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, auf deutsche Inseln und für einen Versand ins Ausland (abseits der aufgeführten Länder Österreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Liechtenstein) anfallen würden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
es der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- € – Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin) zu verbieten
bei der Tätigkeit im Fernabsatz Artikel aus dem Bereich Spielgeräte zu bewerben, anzubieten und/oder zu verkaufen, und dabei Letztverbrauchern gegenüber als Versandgebiet das Gebiet „Deutschland“ sowie „Ausland“ (Abseits der aufgeführten Länder Österreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Liechtenstein) unter Anführung einer konkreten Höhe von Versandkosten anzugeben, wenn und soweit es in den weiteren Ausführungen sodann wie folgt heißt:
a.
Für Inselbewohner müssen wir einen Aufschlag berechnen, den Sie bitte bei unserer Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail nachfragen;
b.
Bei Lieferungen in das Ausland stellen Sie bitte eine Anfrage unter Angabe des Lieferlandes und der Postleitzahl an unsere Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail;
c.
Verschicken Sie auch außerhalb Deutschlands?
Der Versand in das Ausland ist problemlos möglich. Zur Ermittlung der Versandkosten kontaktieren Sie bitte unter Angabe des Landes und der Postleitzahl unseren Customer Service, Hotline #####;
d.
Wohnen Sie im nicht aufgeführten Ausland? Bedenken Sie bitte, dass wir für Lieferungen ins Ausland einen Versandkosten-Aufschlag nehmen müssen. Diesen werden wir Ihnen separat in einem Angebot mitteilen. Erst danach kommt es zu einem erfolgreichen Kaufabs,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin in deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse“ (Anlage AST 2).
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, es liege kein Verstoß gegen die PAngV vor. Zumindest könnte allenfalls von einem Bagatellverstoß die Rede sein.
Die Positionierung ihrer Versandkostenhinweise sei nicht zu beanstanden. Bei der Präsentation des ausgewählten Produktes auf der Homepage „Internetadresse“ erscheine auch der Bruttopreis und daneben – grün hervorgehoben der Hinweis „zzgl. Versandkosten“. Klicke man das Wort Versandkosten an, dann werde man auf die Seite FAQs geleitet, auf der sich dann die Informationen zu den Versandkosten befinden würden. Somit erhalte der Kunde die Versandkosteninformationen bereits vor dem Bestellvorgang. Auch auf der Seite, auf der die persönlichen Daten eingegeben würden, werde noch einmal auf die Versandkosten für Deutschland und vier weitere Länder hingewiesen.
Im Übrigen seien Preisangaben für die Lieferungen auf die deutschen Inseln nach § 1 Abs. 2 S. 3 PAngV in diesen Fällen nicht möglich. Es sei nicht möglich, standardisierte Berechnungsgrundlagen mitzuteilen. Es gebe keine einheitlichen Berechnungsgrundlagen für Fährkosten etc. insbesondere für die großvolumigen Produkte wie z.B. Carports, Saunen, Gartenhäuser, aber auch für Kinderspielhäuser. Derartiges zu verlangen, liefe darauf hinaus, die Liefermöglichkeit von Waren auf die deutschen Inseln de facto zu unterbinden.
Die Antragsgegnerin hat bestritten, dass die Antragstellerin auf die Inseln, die nicht über mautfreie Straßen zu erreichen seien, überhaupt liefere, so dass insoweit kein Wettbewerbsverhältnis bestehe.
Ein Verstoß gegen die PAngV hinsichtlich anderer Länder als die vier in den „FAQs“ genannten Länder liege nicht vor.
Für Kunden aus diesen Ländern könne ein Verstoß gegen die PAngV schon deshalb nicht vorliegen, weil diese weder in den genannten Ländern noch in Drittländern rechtliche Geltung beanspruchen könne.
Außerdem würde dann, wenn man die PAngV auch für die Angabe von Versandkosten ins Ausland anwenden würde, sich auch ein Wettbewerbsverstoß auf Seiten der Antragstellerin ergeben, weil diese auf ihrer eigenen Homepage Versandkosten für nur 5 Länder ausweist und gleichzeitig keinen Disclaimer verwendet. Dementsprechend stehe der Antragstellerin unter Rechtsmissbrauchs-gesichtspunkten schon kein Unterlassungsanspruch zu, da sie sich selbst im Wettbewerb nicht an die PAngV halte.
Schließlich stelle ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 S. 2 PAngV, wenn man einen solchen überhaupt annehme, einen Bagatellverstoß nach § 3 Abs. 1 UWG dar.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Antragstellerin stehe kein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 3, §§ 3, 5 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2 PAngV zu.
Die Parteien seien Mitbewerber. Die Wettbewerbseigenschaft werde nicht durch eine Nichtüberschneidung in einem räumlich begrenzten Randbereich ausgeschlossen.
Es könne dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich sei.
Ein Verstoß gegen §§ 3, 5 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV liege nicht vor.
Die Vorschriften der PAngV seien auch für die Versandkosten in das nicht näher benannte Ausland maßgeblich. Nach Art. 6 Abs. 1 der „ROM II-Verordnung“ sei auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden seien oder wahrscheinlich beeinträchtigt würden. Hier würden ersichtlich die Wettbewerbsbeziehungen der Parteien im Inland beeinträchtigt.
Lediglich für den Versand zu den deutschen Inseln sowie in das nicht benannte Ausland sei nach dem Internetauftritt der Antragsgegnerin eine gesonderte Anfrage hinsichtlich der Versandkosten bei der Antragsgegnerin erforderlich. Insoweit sei kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 PAngV zu erkennen. Insoweit werde den Angaben der Antragsgegnerin gefolgt, wonach nähere Einzelheiten einer Berechnung für die großvolumigen, unterschiedlich verpackten Produkte der Antragsgegnerin nicht im Einzelnen angegeben werden könnten. Es liege auf der Hand, dass bei der Versendung von völlig unterschiedlichen Gegenständen (z.B. Blumenkasten, Carport) gänzlich unterschiedliche Transport- und Fährkosten anfallen könnten. Insoweit wäre die Antragsgegnerin gehalten, zumindest für einzelne Produktgruppen unterschiedliche Einzelheiten einer Berechnungsgrundlage mitzuteilen. Ein derartiges Verfahren erscheine angesichts des ohnehin nur geringfügigen Umsatzes bei Lieferungen zu den Inseln vom Aufwand her nicht mehr vertretbar und insgesamt nicht praktikabel. Vielmehr sei es sachgerecht, in diesen Fällen dem Kunden vor Annahme der Bestellung die konkreten Kosten auf Rückfrage nach konkreter Ermittlung mitzuteilen.
Die gleichen Erwägungen würden für die Versendung von Waren aus der umfangreichen Produktpalette der Antragsgegnerin in das nicht näher bezeichnete Ausland gelten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin den Erlass der schon erstinstanzlich beantragten einstweiligen Verfügung begehrt.
Richtigerweise habe das Landgericht ein Wettbewerbsverhältnis bejaht und die Vorschriften der PAngV auch für die Kosten des Versandes ins Ausland für anwendbar gehalten.
Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass das Landgericht gemeint habe, die Antragsgegnerin sei auf ihrer Website – beispielhaft in Bezug auf den Artikel mit der Bezeichnung „Kinder-Spielhaus T1 L <H> Kinderspielhaus auf T“ (Anl. AST 2) – den gesetzlichen Informationspflichten zur ordnungsgemäßen Angabe von zusätzlich anfallenden Versandkosten für die von ihr angebotenen Liefergebiete ordnungsgemäß nachgekommen. Das Landgericht übersehe offenkundig, dass die Antragsgegnerin auch einen Versand ins „benannte“ Ausland ausführe und dass Verbraucher die konkrete Höhe der anfallenden Versandkosten zu erfragen hätten. Denn in dem Internetauftritt heiße es:
„Bei Lieferung in das Ausland stellen Sie bitte eine Anfrage unter Angabe …“
sowie
„Der Versand in das Ausland ist problemlos möglich. Zur Ermittlung der Versandkosten kontaktieren Sie bitte …“
Hierbei handele es sich zumindest um irreführende Angaben in Bezug auf tatsächlich anfallende Liefer- und Versandkosten für das von ihr angebotene Liefer- und Versandgebiet. Denn eine Unterscheidung zwischen „benanntem“ und „nicht benanntem“ Ausland erfolge nicht. Auch liege ein Verstoß gegen die PAngV vor.
Darüber hinaus wende das Landgericht die Bestimmungen der PAngV nicht ordnungsgemäß an. Die PAngV unterscheide nicht zwischen Lieferung im Inland oder ins Ausland.
Im Übrigen lägen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 S. 2 PAngV nicht vor. Denn die Antragsgegnerin teile keine näheren Einzelheiten der Berechnung der Versandkosten mit.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass für das Kinderspielhaus die Angabe von Liefer- und Versandkosten im Voraus nicht möglich sein solle. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang noch allerlei andere Gegenstände, wie z.B. Blumenkasten, Springbrunnen oder Carport, aufführe, habe das Landgericht über diese Gegenstände nicht zu entscheiden gehabt.
Die Auffassung des Landgerichts führe im Übrigen auch zu einer Umkehr des Regel-Ausnahme-Prinzips, welches die Vorschrift des § 1 Abs. 2 PAngV beinhalte. Bereits aus dem Aufbau der Normstruktur des § 1 PAngV werde deutlich, dass nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen überhaupt ein Berufen des Unternehmers auf die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 S. 3, 1. HS. PAngV zulässig sein solle.
Überdies sei es gerade nicht Sinn und Zweck der Vorschriften der PAngV, dass es Aufgabe des Letztverbrauchers sei, durch individuelle Bezeichnung auf entsprechende Rückfrage die Berechnung der konkreten Höhe der Versand- und Lieferkosten beim Unternehmer zu erfragen. Insoweit liege zusätzlich ein Verstoß gegen die Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit i.S.v. § 1 Abs. 6 PAngV vor.
Verstöße gegen die Bestimmungen der PAngV stellten daher auch erhebliche Verstöße i.S.v. § 3 UWG dar.
Hinzu komme, dass oftmals bei einer Lieferung auf deutsche Inseln im Hinblick auf den Transportweg überhaupt kein Unterschied zur Anlieferung auf das Festland der Bundesrepublik Deutschland bestehe. So seien z.B. die Inseln Fehmarn, Rügen, Riems und Poel über das deutsche Straßennetz erreichbar.
Die Antragstellerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12.10.2010 abzuändern und die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- € – Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin) zu unterlassen,
bei der Tätigkeit im Fernabsatz Artikel aus dem Bereich Spielgeräte zu bewerben, anzubieten und/oder zu verkaufen, und dabei Letztverbrauchern gegenüber als Versandgebiet das Gebiet „Deutschland“ sowie „Ausland“ (Abseits der aufgeführten Länder Österreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Liechtenstein) unter Anführung einer konkreten Höhe von Versandkosten anzugeben, wenn und soweit es in den weiteren Ausführungen sodann wie folgt heißt:
a.
Für Inselbewohner müssen wir einen Aufschlag berechnen, den Sie bitte bei unserer Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail nachfragen;
b.
Bei Lieferungen in das Ausland stellen Sie bitte eine Anfrage unter Angabe des Lieferlandes und der Postleitzahl an unsere Kundenberatung telefonisch oder per E-Mail;
c.
Verschicken Sie auch außerhalb Deutschlands?
Der Versand in das Ausland ist problemlos möglich. Zur Ermittlung der Versandkosten kontaktieren Sie bitte unter Angabe des Landes und der Postleitzahl unseren Customer Service, Hotline #####;
d.
Wohnen Sie im nicht aufgeführten Ausland? Bedenken Sie bitte, dass wir für Lieferungen ins Ausland einen Versandkosten-‚Aufschlag nehmen müssen. Diesen werden wir Ihnen separat in einem Angebot mitteilen. Erst danach kommt es zu einem erfolgreichen Kaufabs,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin in deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse“ (Anlage AST 2).
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass sie in dem Produktsegment der Kinderspielhäuser Produkte dreier Hersteller bewerbe. Eine eigene Lagerhaltung werde nicht betrieben. Vielmehr würden zur Verkürzung der Transportprozesse die Waren direkt vom Hersteller über dessen Frachtführer an den Endkunden ausgeliefert. Im Rahmen dieses Procederes hätten sich für die Lieferungen an die Endkunden für das Festland und die aufgeführten Nachbarländer Pauschalfrachtbeiträge ergeben. Allgemeingültige Transportkosten zum Endverbraucher auf die deutschen Inseln gäben die Hersteller nicht an.
Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 6 PAngV liege jedenfalls nicht vor, weil aufgrund der Gestaltung der Angaben zu den Versandkosten auf der Homepage schon vor Abschluss eines Vertrages für den Kunden deutlich werde, dass und in welcher Höhe Versandkosten für die Inseln anfallen würden.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihre Ausführungen zum Rechtsmiss-brauch durch die Antragstellerin („unclean Hands“) aufgrund der Tatsache, dass diese selbst ihre Ware weltweit anbiete, aber nicht für alle Länder die Versandkosten mitteile, wenn man der Rechtsansicht der Antragstellerin zur Anwendung der Vorschriften der PAngV folgen würde.
Sollte ein Verstoß gegen die PAngV bejaht werden, so würde es sich dabei um einen unerheblichen Verstoß (§ 3 Abs. 1 UWG) handeln.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
Die Berufung ist begründet.
Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung liegen vor.
I.
Der Verfügungsgrund ist hier gemäß der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG gegeben. Diese Vermutung ist hier nicht durch Nichteinhaltung der in ständiger Senatsrechtsprechung angewandten Monatsfrist widerlegt. Die Antragstellerin hat durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Geschäftsführerin T2 W (GA 31) glaubhaft gemacht, dass sie von den abgemahnten Verstößen vor dem 17.08.2010 keine Kenntnis hatte. Die Antragsschrift ist am 15.09.2010 beim Landgericht eingegangen. Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin Tatsachen, die die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegen, darlegen und glaubhaft machen müssen.
II.
Der von der Antragsgegnerin vorgebrachte Einwand des Rechtsmissbrauchs in Form des unclean-hands-Einwandes ist hier nicht beachtlich. Dieser Einwand ist generell unbeachtlich, sofern der Wettbewerbsverstoß zugleich die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt (Köhler / Bornkamm UWG, 28. Aufl., § 11 Rn 2.37; BGH GRUR 1984, 457 – Deutsche Heilpraktikerschaft). Die von der Antragstellerin monierten Verstöße gegen die PAngV betreffen vornehmlich die Interessen der Verbraucher, also eben auch Dritte.
III.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2 PAngV einen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der in ihrem Antrag aufgeführten Werbung, soweit es die Versendung der Kaufgegenstände auf die deutschen Inseln betrifft.
1.
Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Mitbewerber ist jeder Unternehmer, der mit einem anderen oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Das ist in der Regel der Fall, wenn sie den gleichen Abnehmerkreis bzw. Lieferantenkreis haben. Beide Parteien vertreiben Produkte aus dem Segment Kinderspielgeräte. Es wird insofern auch hinsichtlich der deutschen Inseln derselbe sachliche, räumliche und zeitlich maßgebliche Markt bedient.
2.
Die Antragsgegnerin hat sich wettbewerbswidrig verhalten. Sie hat gegen § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 PAngV verstoßen.
a.
Bei § 1 der PAngV handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
b.
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2 PAngV hat der Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern neben dem Preise auch anzugeben, ob zusätzlich Liefer- oder Versandkosten anfallen und gegebenenfalls ihre Höhe.
aa.
Klickt man ein Produkt, welches die Antragsgegnerin in ihrem Online-Shop auf der Homepage „Internetadresse“ anbietet an, so erscheint neben dem Bruttopreis für das ausgewählte Produkt auch der grün hervorgehobene Hinweis „zzgl. Versandkosten“. Damit hat die Antragsgegnerin jedenfalls die Verpflichtung aus § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAngV erfüllt.
bb.
Auch hat die Antragsgegnerin für das Festland von Deutschland die Verpflichtung aus § 1 Abs. 2 S. 2 PAngV erfüllt, die Höhe der anfallenden Versandkosten anzugeben. Denn klickt man das Wort Versandkosten an, so wird man auf die Seite FAQs geführt, auf der die für das deutsche Festland geltenden Versandkosten aufgeführt sind.
cc.
Jedoch hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der Versandkosten für die deutschen Inseln gegen § 1 Abs. 2 S. 2 PAngV verstoßen. Unstreitig hat die Antragsgegnerin nicht angegeben, in welcher Höhe Versandkosten für eine Lieferung auf die deutschen Inseln anfallen. Insoweit hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass es ihr nicht möglich sei, für die von ihr veräußerten Waren, insbesondere für die Kinderspielgeräte, pauschal die Versandkosten anzugeben. Insoweit sieht § 1 Abs. 2 S. 3 PAngV eine Ausnahmemöglichkeit dahingehend vor, dass dann wenigstens die näheren Einzelheiten der Berechnung anzugeben sind. Aber auch diese Angaben hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen.
Schon aus diesem Grund ist hier ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 1 Abs. 2 PAngV gegeben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Antragsgegnerin, der Versand erfolge so, dass ihre drei Lieferanten die Ware direkt an den Endkunden versenden und die Lieferanten ausweislich ihrer schriftlichen Bestätigungen vom 13.12.2010, 14.12.2010 und 21.12.2010 (GA 151 – 153) weder eine Versandkosten-pauschale für die Lieferung ihrer Produkte auf die Inseln noch Kriterien für die entsprechende Berechnung der Versandkosten von vornherein angeben. Denn wenn die PAngV die genannten Angaben fordert, dann kann sich der Zwischenhändler nicht lediglich darauf zurückziehen, dass der Hersteller diese Angaben ebenfalls nicht macht. Vielmehr hat er – anders als das Landgericht meint – selbstständig die Versandkosten für diverse Warengruppen oder Berechnungskriterien zu ermitteln und in das Internet-Angebot aufzunehmen. Es ist auch nicht unmöglich, die Versandkosten für jeden einzelnen Artikel und jede Insel zu ermitteln.
Auch reicht es nicht aus, wenn dem Kunden auf eine entsprechende Nachfrage der konkrete Versandpreis für seine Lieferung mitgeteilt wird. Eine solche dem Verbraucher aufgebürdete Fragelast entspricht nicht den Vorgaben des § 1 Abs. 2 PAngV (vgl. bereits Senat, Az: 4 U 185/08).
Soweit die Antragsgegnerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.04.2003 (GRUR 2003, 889 – Internet-Reservierungssystem) hinweist, wonach die Praxis, dem Verbraucher erst nach Auswahl der gewünschten Flugverbindung den endgültigen Flugpreis anzuzeigen, nicht gegen die Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit (§ 1 Abs. 6 S. 1 PAngV) verstoße, wenn er zuvor darauf hingewiesen werde, dass die anfallenden Steuern und Gebühren vom jeweiligen Flugziel und der Flugroute abhingen, ändert dies nichts an der Beurteilung des vorliegenden Falles. Denn in der Entscheidung des BGH geht es „lediglich“ um den Auffangtatbestand des § 1 Abs. 6 PAngV. Hinsichtlich der Angabe der Versandkosten hat der Gesetzgeber jedoch eigens eine ausdrückliche und ausdifferenzierte Regelung in § 1 Abs. 2 PAngV geschaffen.
Im Übrigen sind die Konstellationen in dem der Entscheidung des Bundesgerichts-hofs zugrunde liegenden Fall einerseits und im vorliegenden Fall andererseits nicht vergleichbar. Denn zu dem Zeitpunkt, in dem noch nicht auf den endgültigen Flugpreis hingewiesen wird, ist die Auswahl der Dienstleistung noch gar nicht abgeschlossen, weil entweder das Flugziel und die Flugverbindung oder auch nur die konkrete Flugverbindung noch nicht endgültig vom Verbraucher festgelegt worden ist. Dieser Umstand rechtfertigt es auch, zu diesem Zeitpunkt noch nicht den endgültigen Flugpreis anzuzeigen. Im vorliegenden Fall – das ist der Antragsgegnerin zuzugeben – hat der Kunde zum Zeitpunkt der Angabe der Versandkosten zwar noch keine endgültige Bestellung abgegeben. Aber es fehlt zu einem Zeitpunkt an der Angabe aller Preisbestandteile bzw. Kosten, in dem der Verbraucher seine Auswahl getroffen hat und im Prinzip endgültig bestellen könnte und dies – wenn er nicht vorsichtig genug ist – möglicherweise sogar tut.
c.
Bei den Verstößen gegen § 1 Abs. 2 PAngV handelt es sich nach der Rechtsprechung des Senats auch um erhebliche Verstöße im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG (vgl. schon Senat, Az.: 4 U 148/09).
III.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2 PAngV einen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der in ihrem Antrag aufgeführten Werbung, soweit es die Versendung der Kaufgegenstände ins Ausland betrifft.
1.
Die Parteien sind auch Mitbewerber im Sinne von §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, soweit es die Versendung von Waren ins Ausland betrifft. Ein Wettbewerbsverhältnis ist hier schon deshalb zu bejahen, weil beide Parteien an den Endverbraucher Produkte aus dem Segment Kinderspielgeräte vertreiben. Es wird insofern derselbe sachliche, räumliche und zeitlich maßgebliche Markt bedient. Dabei genügt es, dass sich in räumlicher Hinsicht die Gebiete der fraglichen Geschäftsbereiche überschneiden (BGH GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung), was unzweifelhaft gegeben ist (vgl. schon Senat, Az.: 4 W 19/07).
Im Übrigen ist durchaus auch die Konstellation denkbar, dass inländische Verbraucher Waren an Dritte ins Ausland versenden lassen wollen.
2.
Die Antragsgegnerin hat sich wettbewerbswidrig verhalten. Sie hat gegen § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 PAngV verstoßen.
a.
Zutreffend hat das Landgericht die PAngV auch insoweit für anwendbar gehalten, als es um die Frage der Angabe der Versandkosten für Lieferungen in das „nicht benannte Ausland“ geht. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der ROM II-V ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Das heißt, dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dessen Gebiet sich die Beeinträchtigung der Wettbewerbsbeziehungen oder der kollektiven Verbraucherinteressen ereignet oder ereignen kann. Maßgebend ist dabei der Ort, an dem die Einwirkung stattfindet, dem Marktort (Köhler/Bornkamm UWG, 28. Aufl., Einl, Rn 5.33). Die Werbung im Internet ist grundsätzlich überall abrufbar, so dass grundsätzlich überall eine Einwirkung auf die Interessen der Mitbewerber und der Verbraucher möglich ist. Allerdings ist hier dann das Herkunftslandprinzip zu beachten, wie es in Art. 3 Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr bzw. in § 3 TMG geregelt ist (Köhler a.a.O. Rn 5.43). Damit steht fest, dass die PAngV auch hinsichtlich der Versandkosten für das nicht benannte Ausland Anwendung findet.
Im Übrigen ist auch hier die Möglichkeit zu beachten, dass inländische Verbraucher Waren an Dritte ins Ausland versenden lassen wollen.
b.
Durch die Nichtangabe der Versandkosten für die nicht in dem Angebot benannten Länder hat die Antragsgegnerin gegen § 1 Abs. 2 PAngV verstoßen. Die Antragsgegnerin hat nicht bestritten, dass sie ihre Waren weltweit, also auch in den nicht ausdrücklich auf ihrer Homepage genannten Ländern, anbietet. Es ist auch nicht anderweitig ersichtlich, dass der Versandkreis entsprechend eingeschränkt ist. Der Senat hat in der Vergangenheit schon mehrmals entschieden (Az.: 4 W 19/07; 4 U 185/08), dass es sich bei der Nichtangabe der in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben auch dann um einen erheblichen Verstoß handelt, wenn der Versand der Waren ins Ausland angeboten wird. Dabei ist der Senat auch angesichts der Kritik verblieben, eine Angabe sämtlicher Versandkosten überfordere den Händler mit Blick auf die vielfältigen Ziele und Möglichkeiten. Denn wer den Handel dahin erweitert, dass er Lieferungen ins Ausland einbezieht, muss dann auch den erweiterten Umfang der Preisangaben hinnehmen (Senat, Az.: 4 U 148/09). Dies gilt insbesondere im Bereich solcher Waren, bei denen schon aufgrund ihrer Größe und ggfl. ihrer Sperrigkeit, wie z.B. bei Kinderspielhäusern, die Versandkosten beträchtlich sein können.
c.
Bei den Verstößen gegen § 1 Abs. 2 PAngV handelt es sich – auch in Ansehung der Nichtangabe von Versandkosten für das Ausland – nach der Rechtsprechung des Senats um erhebliche Verstöße im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG (vgl. schon Senat, Az.: 4 U 148/09).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.