RevierAdvokaten aus Papier

21. September 2011
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Eigener Leitsatz:

Der Begriff RevierAdvokaten, in Verbindung mit einer Grafik in Form des Ruhrgebiets, fehlt im Hinblick auf die angemeldeten Waren- und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.  Der relevante Verkehrskreis versteht das Zeichen im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren- und Dienstleistungsklassen – mit Ausnahme der Waren „[Papier, Pappe (Karton)] – lediglich als Hinweis auf die geografische Herkunft bzw. das Einsatzgebiet (Ruhrgebiet) sowie den Berufsstand (Rechtsanwalt). 

Bundespatentgericht

Beschluss vom 01.09.2011

Az.: 30 W (pat) 50/10

 

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 27 524.8 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 1. September 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Schell beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelder werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. August 2008 und vom 23. März 2010 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Waren „[Papier, Pappe (Karton)] und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten“ zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gr ü n d e

I.
Zur Eintragung als Wort-/Bildmarke angemeldet ist das Zeichen für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 45, nämlich für:

„Computer und Datenverarbeitungsgeräte; Bildschirme und Drucker für Computer; Computer-Programme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar); Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets; mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art sowie Ton- und Bildaufzeichnungsträger, insbesondere Disketten, CDROMs, DVDs, Chip-Karten, Magnet-Karten, Video-Kassetten, Compact-Disks und Video-Disks; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen; Apparate und Geräte für die Übertragung von Daten, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; CDPlayer; Chips (integrierte Schaltkreise); codierte Service- und Identifikationskarten; Compact-Disks (ROM, Festspeicher); Compact- Disks (Ton, Bild); Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computerperipheriegeräte; Computertastaturen; Diktiergeräte; Disketten; Diskettenlaufwerke (für Computer); DNA-Chips; DNS-Chips; DVD-Player; DVD-Spieler; elektronische Anzeigetafeln; elektronische Publikationen (herunterladbar); elektronische Sicherungsetiketten für Waren oder Akten; elektronische Terminkalender; Filme (belichtet); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Hologramme; Kassettenabspielgeräte; Klarschriftleser (Datenverarbeitung); Kontrollapparate (elektrisch); Laptops (Computer); Laser-Pointer (Licht-Zeiger); Lesegeräte (Datenverarbeitung); Magnetkarten, Magnetplatten; Mäuse (Datenverarbeitung); Mauspads (Mausmatten); Mikrofone; Monitore (Computerhardware); Monitore (Computerprogramme); Notebooks (Computer); optische Apparate und Instrumente; optische Datenträger; Personenrufgeräte (Pager); Plotter; Scanner (Datenverarbeitung); Strichcodeleser; telefonische Übertragungsapparate; Tonträger; Tonübertragungsgeräte; Tonwiedergabegeräte; Videobänder; Videokassetten; Zentraleinheiten (für die Datenverarbeitung); Schriften und Veröffentlichungen; Druckereierzeugnisse; Bücher; Druckschriften; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Aufkleber; Bilder (ungerahmt); Broschüren; Farbdrucke; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; grafische Darstellungen; Magazine (Zeitschriften); Schreibwaren (ausgenommen Möbel); Verpackungsbeutel (-hüllen, -taschen) aus Papier oder Kunststoff; Verpackungsfolien aus Kunststoff und Karton; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Zeichnungen; Zeitschriften; Zeitungen; Dienstleistungen eines Juristen; Dienstleistungen eines Rechtsanwalts; Rechtsberatung und -vertretung; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Lizenzierung von Computer-Software (juristische Dienstleistungen); Mediation; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Registrierung von Domainnamen (juristische Dienstleistung); Schlichtungsdienstleistungen; Überwachungsdienste im Bereich des geistigen Eigentums; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwaltung von Urheberrechten“.

Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 18. August 2008 gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, da es sich um einen Hinweis auf die geografische Herkunft bzw. das Einsatzgebiet (Ruhrgebiet) sowie den Berufsstand (Rechtsanwalt) der Warenanbieter bzw. Dienstleistungserbringer handele.

Auf die Erinnerung der Anmelder hat die Markenstelle den Erstbeschluss mit Beschluss vom 23. März 2010 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich folgender Waren zurückgewiesen worden ist:

„Computer und Datenverarbeitungsgeräte; Bildschirme und Drucker für Computer; Apparate und Geräte für die Übertragung von Daten, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; CD-Player; codierte Service- und Identifikationskarten; Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computerperipheriegeräte; Computertastaturen; Diktiergeräte; Diskettenlaufwerke (für Computer); DVD-Player; DVD-Spieler; elektronische Anzeigetafeln; elektronische Sicherungsetiketten für Waren oder Akten; elektronische Terminkalender; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Hologramme; Kassettenabspielgeräte; Klarschriftleser (Datenverarbeitung); Kontrollapparate (elektrisch); Laptops (Computer); Laser-Pointer (Licht-Zeiger); Lesegeräte (Datenverarbeitung); Mäuse (Datenverarbeitung); Mauspads (Mausmatten); Mikrofone; Monitore (Computerhardware); Notebooks (Computer); optische Apparate und Instrumente; Personenrufgeräte (Pager); Plotter; Scanner (Datenverarbeitung); Strichcodeleser; telefonische Übertragungsapparate; Tonübertragungsgeräte; Tonwiedergabegeräte; Zentraleinheiten (für die Datenverarbeitung); Papier, Pappe (Karton); Aufkleber; Bilder (ungerahmt); Farbdrucke; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; grafische Darstellungen; Schreibwaren (ausgenommen Möbel); Verpackungsbeutel (-hüllen, -taschen) aus Papier oder Kunststoff; Verpackungsfolien aus Kunststoff und Karton; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit nicht in anderen Klassen enthalten“.

Im Übrigen ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. In der Bedeutung von „Anwälte im Ruhrgebiet“ fehle der angemeldeten Marke im Umfang der Zurückweisung jegliche Unterscheidungskraft, weil sie in Verbindung mit diesen Waren und Dienstleistungen einen engen sachlichen Bezug zu Anwälten im Ruhrgebiet aufweise und deshalb nur als eine allgemeine Angabe mit beschreibendem Inhalt verstanden werde.

Gegen diese Beurteilung – soweit sie die Zurückweisung betrifft – richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie halten mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen für schutzfähig; sie verweisen dazu auf Mehrdeutigkeit des Wortes  „Revier“, Ungebräuchlichkeit im Zusammenhang mit den maßgeblichen Waren und Dienstleistungen sowie fehlende Verwendung des Wortes „Advokaten“ als Berufsbezeichnung und meinen, dass zumindest die Grafik den Schutz begründe. Sie verweisen ferner auf Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteilen „Revier“ und „Advokaten (Advocat)“.

Die Anmelder beantragen sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben, als der angemeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die angemeldete Marke ist insoweit wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind im Hinblick auf den Teilerfolg der Erinnerung folgende Waren und Dienstleistungen: „Computer-Programme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar); Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets; mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art sowie Ton- und Bildaufzeich nungsträger, insbesondere Disketten, CD-ROMs, DVDs, Chip-Karten, Magnet-Karten, Video-Kassetten, Compact-Disks und Video-Disks; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen; Chips (integrierte Schaltkreise); Compact-Disks (ROM, Festspeicher); Compact-Disks (Ton, Bild); Disketten; DNA-Chips; DNS-Chips; elektronische Publikationen (herunterladbar); Filme (belichtet); Magnetkarten, Magnetplatten; Monitore (Computerprogramme); optische Datenträger; Tonträger; Videobänder; Videokassetten; Schriften und Veröffentlichungen; Druckereierzeugnisse; Bücher; Druckschriften; und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Broschüren; Magazine (Zeitschriften); Zeichnungen; Zeitschriften; Zeitungen; Dienstleistungen eines Juristen; Dienstleistungen eines Rechtsanwalts; Rechtsberatung und -vertretung; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Lizenzierung von Computer-Software (juristische Dienstleistungen); Mediation; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Registrierung von Domainnamen (juristische Dienstleistung); Schlichtungsdienstleistungen; Überwachungsdienste im Bereich des geistigen Eigentums; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwaltung von Urheberrechten“.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. – Rn. 66, 67 – EUROHYPO; GRUR 2006, 229 – Rn. 27 ff. – BioID; GRUR 2004, 674 – Rn. 34 – POSTKANTOOR; BGH GRUR 2010, 935 – Rn. 8 – Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 – Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 952 – Rn. 9 – Deutschland-Card; GRUR 2006, 850, 854 – Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2005, 257 – Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – anti KALK). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der EuGH als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 m. w. N.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 411, 413 – Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla).

Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird (BGH WRP 2010, 1504, 1506 – Rn. 23 – TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951 – Rn. 20 – My World; GRUR 2009, 411 – Rn. 9 – STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854 – Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006).

1. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen, das aus der Bezeichnung RevierAdvokaten und einer Umrisskarte des Ruhrgebiets besteht, mit Ausnahme der im Beschlusstenor genannten Waren bezüglich der für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Das Wort „Revier“ ist im Volksmund die allgemein bekannte und gebräuchliche Bezeichnung für das Ruhrgebiet, den Zentralraum des Bundeslandes Nordrhein- Westfalen. In dieser Bedeutung ist „Revier“ breitesten Verkehrskreisen z. B. durch das „Revierderby“ bekannt, das Fußballvereine des Ruhrgebiets veranstalten.

Zwar wird das Wort „Revier“, worauf die Anmelder zutreffend hinweisen, in unterschiedlichen Zusammenhängen zur Bezeichnung eines Bereichs verwendet; es beschreibt zum Beispiel auch das Gebiet, auf welches ein Tier Anspruch erhebt, das Gebiet für Wassersportarten (segeln, tauchen), das Gebiet, in dem Bergbau betrieben wird, einen Bezirk für Jagd und Forst oder auch den räumlichen Tätigkeitsbereich von Polizei und Feuerwehr. Daraus lässt sich jedoch keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit ableiten. In rechtlicher Hinsicht ist es nicht erforderlich, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als sachbezogenen Begriff wahrnimmt. Ein Zeichen ist nämlich bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR 2003, 450 – DOUBLEMINT; EuGH MarkenR 2004, 111, 115 – BIOMILD/Campina Melkunie). Im Übrigen liegt das Verständnis des Wortes „Revier“ im Sinn von „Ruhrgebiet“ – wie die Markenstelle bereits zutreffend dargelegt hat – für die beteiligten Verkehrskreise umso näher, als die das Wort RevierAdvokaten umgebende Grafik die Umrisse des Ruhrgebiets wiedergibt.

Auf die den Anmeldern von der Markenstelle übersandten Nachweise wird Bezug genommen.

Das Wort „Advokat“ bedeutet „Rechtsanwalt“; es ist zwar ein veralteter Begriff, aber in diesem Sinn ohne Weiteres verständlich und auch im Gebrauch. Das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung RevierAdvokaten (i. S. v. Revieranwälte, Ruhrgebietsrechtsanwälte) bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Für den mit der angegriffenen Marke angesprochenen Verkehr ergeben sich dabei zwei unterschiedliche Verständnismöglichkeiten, die allerdings beide teils einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt, teils einen engen beschreibenden Bezug zu den betreffenden Waren/ Dienstleistungen aufweisen: Zum einen dahingehend, dass die betreffenden Rechtsberatungsdienstleistungen usw. von Rechtsanwälten im Ruhrgebiet erbracht werden, zum anderen dahingehend, dass die betreffenden Anwälte über Spezialkenntnisse verfügen, die Besonderheiten der Region in rechtlicher Hinsicht bieten.

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 45 ist die Markenstelle daher zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Bezeichnung lediglich darauf hinweist, dass die beanspruchten – zum typischen Tätigkeitsgebiet von Rechtsanwälten gehörenden – Dienstleistungen von Rechtsanwälten im Ruhrgebiet angeboten und erbracht werden. Der Verkehr wird daher mit der angemeldeten Bezeichnung allenfalls die Vorstellung verbinden, dass die Anwälte, die die betreffenden Dienstleistungen erbringen, im Ruhrgebiet ansässig und mit etwaigen rechtlichen oder tatsächlichen Besonderheiten der Region vertraut sind. Er wird darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Auch wenn die Dienstleistungen eines Anwalts bundesweit erbracht werden können, ist – worauf die Markenstelle bereits hingewiesen hat – für die meisten Rechts- oder Ratsuchenden ein persönlicher Kontakt zum beratenden Anwalt notwendig. Insoweit sind im Ruhrgebiet ansässige Suchende in der Mehrzahl doch daran interessiert, sich an Anwälte zu wenden, die ebenfalls im Ruhrgebiet ihren Sitz haben.

Im Zusammenhang mit nahezu allen beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 9 und 16 kann die Bezeichnung RevierAdvokaten als Inhaltsangabe verstanden werden in dem Sinn, dass sie Daten und Informationen über oder für Anwälte im Ruhrgebiet enthalten. Es ist heute weit verbreitet, dass Rechtsanwälte Informationen über ihren Sitz, ihre Person, Tätigkeitsschwerpunkte und ihre Dienstleitungsangebote – wie die Dienstleistungen der Klasse 45 – über Medienträger oder über das Internet zur Verfügung zu stellen. Diese Bezeichnung wird deshalb in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise als Sachhinweis verstanden, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis.

Zwar kann eine nicht unterscheidungskräftige Wortverbindung auf Grund der Gesamtgestaltung über Unterscheidungskraft verfügen, wenn sie grafische Elemente mit charakteristischen Merkmalen aufweist, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache grafische Gestaltungselemente oder Verzierungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen dabei nicht aus, um in Kombination mit einem nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteil dem Gesamtzeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen (BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK; GRUR 2008, 710, Nr. 20 – VISAGE). Dies gilt hier für die Binnengroßschreibung, die dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu vermitteln vermag, da diese Schreibweise nichts an dem sachbezogenen Informationsgehalt der ansonsten leicht verständlichen Bezeichnung ändert. Eine solche Art der grafischen Darstellung wird häufig als Gestaltungsmittel zu Werbezwecken eingesetzt und liegt mittlerweile im Rahmen eines üblichen Schriftbildes. Die Schutzfähigkeit eines Zeichens kann damit nicht begründet werden (vgl. BGH MarkenR 2003, 388 – AntiVir). Ebenso wenig vermag hier die die Wortbestandteile umgebende Grafik, die – wie schon ausgeführt – die Umrisse des mit dem Wort Revier bezeichneten Gebiets darstellt und damit ebenfalls beschreibenden Charakter hat, den Markenschutz zu begründen.

Die Schutzfähigkeit des Zeichens ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von den Anmeldern angeführten Voreintragungen, die ebenfalls mit dem Wort „Advokaten (Advocat)“ bzw. „Revier“ gebildet sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofes als auch des Europäischen Gerichtshofes geht davon aus, dass die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke bezogen auf den konkreten Einzelfall und ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist, die insoweit keinen Ermessensspielraum vorsehen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (BGH GRUR 2008, 1093, 1095, Nr. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rn. 57 – American Clothing/HABM, jeweils m. w. N.; BGH GRUR 2011, 230, – Rn. 10, 12 – SUPERgirl).

Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen – soweit Gegenstand des Beschwerdeverfahrens – zu garantieren, nicht erfüllen.

Die angemeldete Marke ist mit Ausnahme der im Beschlusstenor genannten Waren nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

2. Hinsichtlich der Waren „[Papier, Pappe (Karton)] und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten“ ist die Beschwerde indessen begründet. Zutreffend hat die Markenstelle für die unbearbeiteten Produkte der Klasse 16 „Papier, Pappe (Karton)“ einen sachlichen Bezug zur angemeldeten Marke verneint. Dies betrifft auch die beanspruchten „Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten“. Insoweit sind die Beschlüsse der Markenstelle daher aufzuheben.

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