Erstattungsfähige Kopierkosten

22. April 2009
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Amtlicher Leitsatz:

Auslagen der Rechtsanwälte für die Ablichtung der ihnen übersandten Behördenakten sind in der Regel nicht bereits mit den Gebühren abgegolten, sondern erstattungsfähig.

Verwaltungsgericht Stuttgart

Beschluss vom 03.04.2009

Az.: 6 K 1058/09

Tenor:

Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 03. März 2009 wird teilweise geändert. Die von der Antragsgegnerin – Erinnerungsgegnerin – an die Antragstellerin – Erinnerungsführerin – zu erstattenden Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden auf 257,27 EUR festgesetzt.

Dieser Betrag ist gemäß § 104 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO ab 19.02.2009 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Erinnerungsbeteiligten tragen die Kosten des Erinnerungsverfahrens je zur Hälfte.

Entscheidungsgründe:

Die Erinnerung ist gemäß §§ 164, 165, 151 VwGO zulässig, sie ist aber nur teilweise begründet. Der Antragstellerin – Erinnerungsführerin – steht ein Erstattungsanspruch für gefertigte Fotokopien zu, aber nicht in der durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2009 beantragten Höhe.

Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts zwar stets erstattungsfähig. Dennoch gilt der Vorbehalt, dass sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO notwendig sind; auch für die Anwaltskosten gilt nämlich der das gesamte Kostenrecht beherrschende Grundsatz, dass die Kosten so niedrig wie möglich zu halten sind (vgl. hierzu z.B. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 162 RdNr. 10).

Ob Auslagen der Rechtsanwälte für Fotokopierkosten erstattungsfähig sind, richtet sich nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Teil 7. Bei den Auslagen für Ablichtungen aus Behördenakten handelt es sich danach nicht um allgemeine Geschäftskosten, die mit den Gebühren entgolten werden. Dies ergibt sich aus der Vorbemerkung 7 Abs. 1 von Teil 7 der Anlage 1, denn Nr. 7000, Auslagentatbestand 1.a) setzt eine gesonderte Pauschale für Ablichtungen aus Behördenakten fest, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nicht nach der subjektiven Auffassung des Rechtsanwalts, sondern nach der allgemeinen Verkehrsanschauung im Prozessrechtsverkehr. Dabei ist die Eigenverantwortlichkeit des Prozessbevollmächtigten für die Prozessführung zu berücksichtigen; eine kleinliche Handhabung bei der erforderlichen Glaubhaftmachung der Entstehung der Kosten und ihrer Notwendigkeit ist im Hinblick auf die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsverkehrs zu vermeiden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.10.2006 – 7 E 1339/05 -, Juris). Nach diesem Maßstab war die Herstellung der Fotokopien geboten. Wie die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin vorträgt und durch Vorlage der Fotokopien belegt, hat sie die ihr vom Gericht durch Schreiben vom 25.09.2008 überlassenen Behördenakten teilweise kopiert. Dies war zur sachgemäßen Prozessvertretung erforderlich, weil der dem Eilverfahren zugrundeliegende Sachverhalt komplex war. Die Prozessbevollmächtigte brauchte daher Ablichtungen der relevanten Behördenvorgänge, zumal zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher war, ob nicht auch ein Beschwerdeverfahren notwendig würde. Es verbietet sich in diesem Zusammenhang in aller Regel, nach Abschluss des Eilverfahrens einzelne Bestandteile der zum Verfahren beigezogenen und kopierten Vorgänge auf ihre Entscheidungserheblichkeit hin zu überprüfen, denn bereits mit der Wahrnehmung und Übernahme des Mandats entsteht für den beauftragten Rechtsanwalt das mit der Führung des Verfahrens einhergehende Haftungsrisiko. Dieses kann er nur wirksam ausschließen, wenn er denselben Kenntnisstand hat wie die Behörde (ebenso Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Auflage, § 162 RdNr. 12 und Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 15.06.2007 – 11 A 47/06 -, Juris).

Die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin kann auch nicht etwa darauf verwiesen werden, die Behördenakten stets dann zur Einsichtnahme beim Verwaltungsgericht anzufordern, wenn sie sie braucht, statt sie zu kopieren, denn für jede Aktenübersendung fallen Gerichtsgebühren in Höhe von 12 EUR an (Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum GKG).

Statt der 55,40 EUR, die im Kostenfestsetzungsantrag angegeben werden, betragen die Auslagen nach Nr. 7000 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG aber lediglich 37,90 EUR, nämlich für die ersten 50 Kopien je 0,50 EUR = 25 EUR; für die restlichen 86 Kopien sodann jeweils 0,15 EUR = 12,90 EUR.

Für die Kostenfestsetzung ergibt sich sonach folgende

Rechnung:

Der Erinnerungsführerin sind insgesamt 534,55 EUR erstattungsfähige Kosten erwachsen und der Erinnerungsgegnerin 20,00 EUR, insgesamt also 554,55 EUR. Davon trägt die Erinnerungsführerin die Hälfte = 277,28 EUR. Da sie eigene Kosten in Höhe von 534,55 EUR hat, sind ihr von der Erinnerungsgegnerin 257,27 EUR zu erstatten; weil die Urkundsbeamtin ihr aber nur 234,00 EUR zugesprochen hat, ist die Erinnerung in Höhe von 23,27 EUR erfolgreich; erfolglos bleibt die Erinnerung hingegen, soweit im Kostenfestsetzungsantrag ein höherer Betrag verlangt wird. Dies sind 20,42 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1 Kommentar

  1. Georg Stranz, 30. Juli 2009

    Toller Tipp. Vielen Dank! Rechtsanwalt Stuttgart

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