Verkauf von Parfüm-Testern

13. Juli 2010
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Eigener Leitsatz:

Nahezu jeder hatte sie schon mal in der Hand: Parfümtester in Drogerien. Und jeder, der sie schon in der Hand hatte, kennt die unübersehbaren Hinweise wie „Unverkäuflich!“ oder „Tester“.

Der EuGH befasste sich nun mit einer Klage eines Parfümherstellers, in der dieser gegen einen Verkauf von solchen Testern vorging.  Der Parfümhersteller machte geltend, dass die fraglichen Tester nicht mit Zustimmung des Markeninhabers erstmals in dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den Verkehr gebracht worden seien und ein Verkauf im EWR daher eine Markenverletzung darstelle. Der Verkäufer wendete dagegen ein, dass sich das Markenrecht an den fraglichen Testern erschöpft habe, da diese mit Zustimmung des Markeninhabers im EWR in den Verkehr gebracht worden seien. Der EuGH verneinte eine Erschöpfung des Markenrechts vorliegend jedoch. Eine Zustimmung des Markeninhabers zu einem Inverkehrbringen im EWR kann ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht werden. Da auf der Verpackung der Parfümflakons neben der Aufschrift „Demonstration“ auch der Hinweis „Unverkäuflich“ angebracht war, bringt dies eindeutig den Willen des betroffenen Markeninhabers zum Ausdruck, dass die mit diesem Hinweis versehenen Erzeugnisse weder außerhalb noch innerhalb des EWR verkauft werden sollen. Aus diesem Grund verbiete es sich, auf das Vorliegen einer Zustimmung des Markeninhabers zu einem Inverkehrbringen im EWR zu schließen.

EuGH

Urteil vom 03.06.2010

Az.: C 127/09

In der Rechtssache C 127/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Oberlandesgericht Nürnberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 31. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 2009, in dem Verfahren

Coty Prestige Lancaster Group GmbH

gegen

Simex Trading AG

erlässt

Der Gerichtshof (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Coty Prestige Lancaster Group GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte C. Lehment und U. Hildebrandt,

–der Simex Trading AG, vertreten durch Rechtsanwalt E. Stolz,

– der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, avvocato dello Stato,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer als Bevollmächtigten,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil:

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) und Art. 7 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/104).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Coty Prestige Lancaster Group GmbH (im Folgenden: Coty Prestige), einer Gesellschaft mit Sitz in Mainz (Deutschland), und der Simex Trading AG (im Folgenden: Simex Trading), einer Gesellschaft mit Sitz in Appenzell (Schweiz), in dem Coty Prestige Simex Trading auf Unterlassung in Anspruch nimmt, weil diese durch den Vertrieb von Parfümerieerzeugnissen in Deutschland die Rechte verletze, die mit Gemeinschafts‑ und internationalen Marken verbunden seien, deren Inhaberin Coty Prestige sei oder an denen sie die Rechte halte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 13 der Verordnung Nr. 40/94 „Erschöpfung des Rechts aus der Gemeinschaftsmarke“ sieht in Abs. 1 vor:

„Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.“
Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 lautete in seiner ursprünglichen Fassung:
„Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.“
Gemäß Art. 65 Abs. 2 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verbindung mit Anhang XVII Nr. 4 dieses Abkommens wurde die ursprüngliche Fassung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 für die Zwecke des Abkommens in der Weise geändert, dass der Ausdruck „in der Gemeinschaft“ durch die Worte „in einem Vertragsstaat“ ersetzt wurde.

Nationales Recht

§ 24 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I, S. 3082) bestimmt:

„Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage:

Coty Prestige stellt unter ihren eigenen Marken, u. a. Lancaster und Joop!, und unter Fremdmarken, u. a. Davidoff, Jil Sander, Calvin Klein, Lagerfeld, J.Lo/Jennifer Lopez, Jette Joop, Nikos, Chopard und Vivienne Westwood, Parfümerieerzeugnisse her und vertreibt sie unter diesen Marken.

Unter diesen als Gemeinschaftsmarken eingetragenen und international registrierten Marken vertreibt Coty Prestige ihre Erzeugnisse weltweit über ein selektives Vertriebssystem, wobei ihre Vertreiber im Allgemeinen als „Depositäre“ bezeichnet werden.

In Art. 5 der gleichlautenden Verträge, die Coty Prestige mit ihren Depositären abschließt, heißt es:

„5.1. [Coty Prestige] wird den Depositär in einem wirtschaftlich vertretbaren Umfang bei seinen Bemühungen für den Verkauf der Produkte vielseitig unterstützen. Einzelheiten werden von Fall zu Fall zwischen den Parteien vereinbart.

5.2. [Coty Prestige] kann dem Depositär auch Dekorations‑ sowie anderes Werbematerial unentgeltlich zur Verfügung stellen. Dieses Material bleibt, soweit es nicht dazu bestimmt ist, an Verbraucher weitergegeben zu werden, Eigentum von [Coty Prestige] und ist auf [deren] Anforderung zurückzugeben.

5.3. Das von [Coty Prestige] zur Verfügung gestellte Werbematerial darf vom Depositär ausschließlich zu den vorgegebenen Werbezwecken verwendet werden. Jegliche kommerzielle Verwertung, insbesondere der Verkauf von Proben, Testern oder Miniaturen ist [dem Depositär] untersagt.“

Simex Trading, die nicht zum Netz der Depositäre von Coty Prestige gehört, vertreibt u. a. Parfümerieerzeugnisse.

Am 26. September 2007 erhielt Coty Prestige zwei sogenannte „Tester“ mit Parfüm der Marke Davidoff Cool Water Man, die aus einem Testkauf in einem Ladengeschäft der Kette Sparfümerie in Ingolstadt (Deutschland) stammten.

Bei den fraglichen Testern handelt es sich um Originalparfüm enthaltende Originalflakons, die jedoch nicht mit einem Originalverschluss versehen sind und die Aufschrift „Demonstration“ tragen. Die Verpackung der Tester unterscheidet sich von derjenigen der Originalwaren insoweit, als sie zum einen aus einem weißen Karton besteht, auf dem die Angaben, die auf der Originalverpackung zumeist farbig erscheinen, nur schwarz aufgedruckt sind. Zum anderen ist auf der Vorderseite der Verpackung der Tester die Aufschrift „Demonstration“ und auf der Seite dieser Verpackung der Hinweis „Unverkäuflich“ angebracht.

Anhand der Herstellungskennziffern der am 26. September 2007 beschafften Tester konnte Coty Prestige feststellen, dass diese im Juli 2006 an einen ihrer in Singapur ansässigen Depositäre ausgeliefert worden waren.

Der Inhaber eines Geschäfts der Kette Sparfümerie teilte Coty Prestige in der Folge mit, dass er die genannten Flakons bei Simex Trading für das Hauptgeschäft der Kette in Nürnberg erworben habe, und übermittelte als Beleg die entsprechenden Rechnungen.

Auf der Grundlage der Feststellungen, die bei diesem Kauf und bei einem weiteren Testkauf eines zunächst in den Nahen Osten gelieferten Testers getroffen wurden, erhob Coty Prestige bei den deutschen Gerichten eine Unterlassungsklage gegen Simex Trading, mit der sie geltend macht, dass die fraglichen Tester nicht mit Zustimmung des Markeninhabers erstmals in der Gemeinschaft oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den Verkehr gebracht worden seien.

Simex Trading beantragte die Abweisung dieser Klage und trug vor, dass sich das Markenrecht im Hinblick auf die fraglichen Tester erschöpft habe, da sie mit Zustimmung des Markeninhabers im EWR in den Verkehr gebracht worden seien.

Coty Prestige erwiderte darauf, dass die betroffenen Erzeugnisse nicht auf ihre Initiative hin oder mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebracht worden seien. Die Parfüms einschließlich der Tester seien ausschließlich an ihre Depositäre geliefert worden. In den mit diesen geschlossenen Verträgen behalte sie sich jedoch das Eigentum an den Testern vor. Außerdem handle es sich um Werbematerial, das als solches nicht dafür bestimmt sei, an Verbraucher weitergegeben zu werden; die Tester seien deshalb auch eindeutig als unverkäufliche Exemplare gekennzeichnet.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage von Coty Prestige mit der Begründung ab, dass sich das Markenrecht an den fraglichen Testern erschöpft habe, obwohl diese als unverkäufliche Exemplare gekennzeichnet gewesen seien.

Da Coty Prestige die Tester den Depositären mit der Befugnis überlasse, das darin befindliche Parfüm vollständig zu verbrauchen, werde nämlich die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Erzeugnisse überlassen und diese würden somit im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 89/104 und Art. 13 der Verordnung Nr. 40/94 in den Verkehr gebracht.

Nach Ansicht des genannten Gerichts kann der Erschöpfungsgrundsatz nicht durch vertragliche Beschränkungen außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden. Verstoße ein Depositär gegen den mit Coty Prestige geschlossenen Vertrag, so betreffe dies lediglich die vertraglichen Beziehungen zwischen den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern. Außerdem komme es auf den Eigentumsvorbehalt nicht an, da die Erschöpfung lediglich die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt voraussetze.

Nach Auffassung des mit der Berufung befassten Oberlandesgerichts Nürnberg sprechen gewichtige Gründe gegen die vom erstinstanzlichen Gericht vertretene Ansicht.

Dem vorlegenden Gericht zufolge ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus dem Urteil vom 30. November 2004, Peak Holding (C‑16/03, Slg. 2004, I‑11313), dass die zentralen Tatbestandsmerkmale, die dem Begriff „Inverkehrbringen“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 und Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 zugrunde liegen, die Übertragung der Verfügungsgewalt an der Ware und die Realisierung des wirtschaftlichen Werts der Ware sind.

Das Ausgangsverfahren zeichne sich jedoch dadurch aus, dass die Tester aufgrund vertraglicher Abmachungen weiterhin im Eigentum des Markeninhabers blieben und dass lediglich der Inhalt zum Verbrauch, nicht jedoch zum Verkauf, überlassen werde. Aufgrund des Aufdrucks auf den Testern und deren Verpackung sei den Abnehmern klar, dass die Tester nicht zum Verkauf bestimmt seien, weshalb ein gutgläubiger Erwerb durch Dritte ausgeschlossen sei.

Unter diesen Umständen habe der Depositär somit nur eine eingeschränkte Verfügungsgewalt über die Tester. Im Übrigen habe der Markeninhaber den wirtschaftlichen Wert der Ware nicht realisieren können, da deren Verkauf nicht vorgesehen sei.

Das vorlegende Gericht weist außerdem darauf hin, dass der eigentliche Zweck der Bereitstellung der Tester die Werbung sei. Dies gehe im Übrigen eindeutig aus den Angaben auf der Umverpackung und dem Flakon hervor. Unter den Umständen, auf die sich Coty Prestige in ihrer Unterlassungsklage beziehe, werde dieser Zweck jedoch nicht erfüllt, denn die Tester seien nicht den Kunden zur Verfügung gestellt worden, damit diese den Inhalt zu Testzwecken verbrauchen könnten, da sie unter Verletzung des mit dem betreffenden Depositär geschlossenen Vertrags an Dritte veräußert worden seien.

Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Nürnberg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Liegt ein Inverkehrbringen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 7 der Richtlinie 89/104 vor, wenn sogenannte Parfümtester ohne Übertragung des Eigentums an vertraglich gebundene Zwischenhändler mit dem Verbot des Verkaufs überlassen werden, damit diese ihren potenziellen Kunden den Verbrauch des Inhalts der Ware zu Testzwecken gestatten können, wobei die Ware mit einem Hinweis auf ihre Unverkäuflichkeit versehen ist, vertraglich jederzeit ein Rückruf der Ware durch den Hersteller/Markeninhaber möglich bleibt, und sich die Aufmachung der Ware von der sonst üblicherweise vom Hersteller/Markeninhaber in den Verkehr gebrachten Ware deutlich durch einfachere Aufmachung unterscheidet?

Zur Vorlagefrage:

Die Art. 5 bis 7 der Richtlinie 89/104 nehmen nach ständiger Rechtsprechung eine umfassende Harmonisierung der Vorschriften über die Rechte aus der Marke vor und legen die Rechte von Inhabern von Marken in der Union fest (vgl. insbesondere Urteil vom 15. Oktober 2009, Makro Zelfbedieningsgroothandel u. a., C‑324/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Insbesondere gewährt Art. 5 der Richtlinie dem Markeninhaber ein ausschließliches Recht, das es ihm u. a. gestattet, Dritten zu verbieten, mit seiner Marke versehene Waren einzuführen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie enthält eine Ausnahme von diesem Grundsatz, indem er vorsieht, dass Erschöpfung des Rechts eintritt, wenn die Waren vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht wurden (vgl. u. a. Urteil Makro Zelfbedieningsgroothandel u. a., Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Das Erlöschen des ausschließlichen Rechts erfolgt entweder aufgrund einer ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebrachten Zustimmung des Inhabers zu einem Inverkehrbringen im EWR oder aufgrund eines Inverkehrbringens im EWR durch den Inhaber selbst oder einen Wirtschaftsbeteiligten, der wirtschaftlich mit ihm verbunden ist, wie insbesondere einen Lizenznehmer. Die Zustimmung des Inhabers oder das Inverkehrbringen im EWR durch ihn oder einen wirtschaftlich mit ihm verbundenen Wirtschaftsbeteiligten, die einem Verzicht auf das ausschließliche Recht gleichkommen, stellen somit jeweils ein entscheidendes Element für das Erlöschen dieses Rechts dar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. April 2003, Van Doren + Q, C‑244/00, Slg. 2003, I‑3051, Randnr. 34, vom 23. April 2009, Copad, C‑59/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43, sowie Makro Zelfbedieningsgroothandel u. a., Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Um den Schutz der von der Marke gewährten Rechte sicherzustellen und gleichzeitig den Wiederverkauf von mit einer Marke versehenen Waren zu ermöglichen, ohne dass der Markeninhaber dem widersprechen könnte, ist es entscheidend, dass der Markeninhaber das erste Inverkehrbringen der Waren im EWR unabhängig davon kontrollieren kann, ob die Waren möglicherweise zunächst außerhalb des EWR in Verkehr gebracht wurden; ein solches Inverkehrbringen hat für die Zwecke des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 keinerlei Erlöschenswirkung (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil Makro Zelfbedieningsgroothandel u. a., Randnrn. 31 und 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem sind die Rechte aus der Marke nur in Bezug auf diejenigen Exemplare der Ware erschöpft, die vom Markeninhaber selbst oder mit dessen Zustimmung zum ersten Mal im EWR in den Verkehr gebracht wurden. Der Inhaber kann jedoch nach wie vor kraft des ihm durch die Richtlinie 89/104 verliehenen ausschließlichen Rechts die Nutzung der Marke für andere Exemplare der betreffenden Ware, die nicht in dieser Weise zum ersten Mal im EWR in den Verkehr gebracht wurden, untersagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 1999, Sebago und Maison Dubois, C‑173/98, Slg. 1999, I‑4103, Randnrn. 19 und 20).

Im Ausgangsverfahren stellt sich die Frage, ob die fraglichen Erzeugnisse, d. h. Parfümtester, die Coty Prestige ihren Depositären im Rahmen eines Vertrags über einen selektiven Vertrieb zur Verfügung stellt, unter den Umständen des vorliegenden Falls vom Markeninhaber selbst oder von einem Dritten, jedoch mit Zustimmung des Inhabers, zum ersten Mal im EWR in den Verkehr gebracht wurden.

Anders als in der Rechtssache Peak Holding geht es in der vorliegenden Rechtssache nicht um die Frage, ob bestimmte Handlungen, die mit einer Marke versehene Waren betreffen, als „Inverkehrbringen“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 angesehen werden können, wenn sie im EWR vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Wirtschaftsbeteiligten vorgenommen werden. Die in diesem Urteil enthaltenen Ausführungen zum Begriff des Inverkehrbringens sind daher unter den Umständen des vorliegenden Ausgangsverfahrens nicht von Belang.

Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, wurde nämlich im vorliegenden Ausgangsverfahren die Handlung, die als erstes Inverkehrbringen der fraglichen Erzeugnisse, für die die Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte geltend gemacht wird, im EWR anzusehen ist, nicht vom Markeninhaber oder einem wirtschaftlich mit diesem verbundenen Wirtschaftsteilnehmer, sondern von einem Dritten vorgenommen; es steht nämlich fest, dass die erste Vertriebshandlung im EWR in Bezug auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tester darin bestand, dass Simex Trading von ihr eingeführte Tester, die sie von einem in Singapur ansässigen Depositär von Coty Prestige erhalten hatte, in Deutschland an die Kette Sparfümerie verkauft hat.

Außerdem können angesichts der in den Randnrn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung weder die ursprüngliche Lieferung der Exemplare des im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisses durch Coty Prestige an ihren in Singapur ansässigen Depositär noch die Lieferung anderer Exemplare dieses Erzeugnisses durch Coty Prestige an ihre im EWR ansässigen Depositäre als Inverkehrbringen im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 der im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisse, für die die Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte geltend gemacht wird, angesehen werden.

Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in Randnr. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass die Erschöpfung des ausschließlichen Rechts des Markeninhabers in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens nur aufgrund seiner ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebrachten Zustimmung zu einem Inverkehrbringen der fraglichen Erzeugnisse im EWR durch einen Dritten eintreten kann. In einem solchen Kontext ist somit der entscheidende Umstand, der das Erlöschen des ausschließlichen Rechts bewirken kann, eine solche Zustimmung, die einem Verzicht des Markeninhabers auf sein ausschließliches Recht gleichkommt.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich der Wille des Markeninhabers zum Verzicht auf das in Art. 5 der Richtlinie 89/104 vorgesehene ausschließliche Recht selbst in den Fällen, in denen das erste Inverkehrbringen der fraglichen Erzeugnisse im EWR durch eine Person, die in keinerlei wirtschaftlicher Verbindung mit dem Markeninhaber steht, und ohne dessen ausdrückliche Zustimmung erfolgt ist, aus dessen konkludenter Zustimmung ergeben kann (vgl. Urteil Makro Zelfbedieningsgroothandel u. a., Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach der Rechtsprechung ergibt sich ein solcher Wille zwar in der Regel aus einer ausdrücklichen Erteilung der Zustimmung, doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich in bestimmten Fällen konkludent aus Anhaltspunkten und Umständen vor, bei oder nach dem Inverkehrbringen außerhalb oder innerhalb des EWR ergeben kann, die nach der Beurteilung des nationalen Gerichts ebenfalls mit Bestimmtheit einen Verzicht des Inhabers auf sein Recht erkennen lassen (Urteil vom 20. November 2001, Zino Davidoff und Levi Strauss, C‑414/99 bis C‑416/99, Slg. 2001, I‑8691, Randnr. 46).

Hierzu hat der Gerichtshof in Randnr. 60 des Urteils Zino Davidoff und Levi Strauss ferner festgestellt, dass sich eine konkludente Zustimmung nicht daraus ergeben kann,

– dass der Markeninhaber nicht alle nachfolgenden Erwerber der außerhalb des EWR in den Verkehr gebrachten Waren über seinen Widerspruch gegen einen Vertrieb im EWR unterrichtet hat;

– dass auf den Waren nicht angegeben ist, dass das Inverkehrbringen im EWR verboten ist;

– dass der Markeninhaber das Eigentum an den mit der Marke versehenen Waren ohne vertragliche Beschränkungen übertragen hat und dass nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht das übertragene Eigentumsrecht mangels solcher Beschränkungen ein Recht auf uneingeschränkten Weiterverkauf oder zumindest ein Recht auf weiteren Vertrieb der Waren im EWR umfasst.

In Randnr. 66 dieses Urteils hat der Gerichtshof außerdem festgestellt, dass es im Hinblick auf die Erschöpfung des ausschließlichen Rechts des Markeninhabers unerheblich ist,

– dass der Wirtschaftsteilnehmer, der die mit der Marke versehenen Waren einführt, keine Kenntnis davon hat, dass sich der Inhaber ihrem Inverkehrbringen im EWR oder ihrem Vertrieb auf diesem Markt durch andere Wirtschaftsteilnehmer als autorisierte Einzelhändler widersetzt, oder

– dass die autorisierten Einzelhändler und Großhändler ihren eigenen Abnehmern keine vertraglichen Beschränkungen auferlegt haben, die einen solchen Widerspruch wiedergeben, obwohl sie darüber vom Markeninhaber unterrichtet worden sind.

Es ist zwar Sache des vorlegenden Gerichts, angesichts der Ausführungen in den Randnrn. 38 bis 40 des vorliegenden Urteils zu beurteilen, ob im Ausgangsverfahren eine ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebrachte Zustimmung des Markeninhabers zu einem Inverkehrbringen im EWR vorgelegen hat, doch ist festzustellen, dass im Kontext dieser Rechtssache bestimmte Anhaltspunkte und Umstände, die für die Feststellung, ob von einer konkludenten Zustimmung des Inhabers ausgegangen werden kann, zu berücksichtigen sind, nicht dafür sprechen, dass der Markeninhaber zweifelsfrei auf sein in Art. 5 der Richtlinie 89/104 vorgesehenes Recht verzichtet hat.

Nach den in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Angaben aus der Vorlageentscheidung handelt es sich nämlich bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnissen um Parfümflakons, auf deren Verpackung neben der Aufschrift „Demonstration“ auch der Hinweis „Unverkäuflich“ angebracht ist.

Da ein solcher Hinweis eindeutig den Willen des betroffenen Markeninhabers zum Ausdruck bringt, dass die mit diesem Hinweis versehenen Erzeugnisse weder außerhalb noch innerhalb des EWR verkauft werden, stellt dieser Hinweis als solcher in Ermangelung gegenteiliger Beweise einen entscheidenden Anhaltspunkt dar, der es verbietet, auf das Vorliegen einer Zustimmung des Markeninhabers zu einem Inverkehrbringen im EWR im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 zu schließen.

Sollte das Vorabentscheidungsersuchen, insbesondere im Hinblick auf die Reichweite der von Simex Trading im Ausgangsverfahren erhobenen Widerklage, in dem Sinne zu verstehen sein, dass es neben dem in Randnr. 34 des vorliegenden Urteils beschriebenen Fall auch den Fall umfasst, dass Coty Prestige die im Ausgangsverfahren fraglichen Tester anfänglich an einen ihrer im EWR ansässigen Depositäre geliefert hat, würde sich außerdem die Frage stellen, ob diese Lieferung als „Inverkehrbringen“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 anzusehen ist.

Der auf der Verpackung der im Ausgangsverfahren fraglichen Parfümflakons angebrachte Hinweis „Unverkäuflich“ schließt dies jedoch aus, da er, wie in Randnr. 43 des vorliegenden Urteils bereits ausgeführt, eindeutig den Willen des betroffenen Markeninhabers zum Ausdruck bringt, dass die mit diesem Hinweis versehenen Erzeugnisse weder außerhalb noch innerhalb des EWR verkauft werden.

Da der Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 – mit Ausnahme der Definition des Gebiets, in dem das Inverkehrbringen erfolgen muss, was aber im Kontext des Ausgangsverfahrens keine Rolle spielt – im Wesentlichen dem des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 89/104 entspricht und da weder aufgrund des Kontextes noch aufgrund des Zwecks der genannten Bestimmungen eine unterschiedliche Auslegung derselben erforderlich ist, ist die im vorliegenden Urteil zur Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage vorgenommene Auslegung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 übertragbar.

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dahin gehend auszulegen sind, dass eine Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte nur dann eintritt, wenn nach der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung davon ausgegangen werden kann, dass der Markeninhaber einem Inverkehrbringen der Erzeugnisse, für die die Erschöpfung geltend gemacht wird, in der Gemeinschaft bzw. im EWR ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat.

Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem „Parfümtester“ ohne Übertragung des Eigentums und mit dem Verbot des Verkaufs an vertraglich an den Markeninhaber gebundene Zwischenhändler überlassen werden, damit deren Kunden den Inhalt der Ware zu Testzwecken verbrauchen können, und jederzeit ein Rückruf der Ware durch den Markeninhaber möglich ist und sich die Aufmachung der Ware von der Aufmachung der den genannten Zwischenhändlern üblicherweise vom Markeninhaber zur Verfügung gestellten Parfümflakons unterscheidet, steht die Tatsache, dass es sich bei diesen Testern um Parfümflakons mit der Aufschrift „Demonstration“ und „Unverkäuflich“ handelt, in Ermangelung gegenteiliger Beweise, deren Würdigung Sache des vorlegenden Gerichts ist, der Annahme einer konkludenten Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen dieser Flakons entgegen.

Kosten:

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke und Art. 7 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung sind unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dahin gehend auszulegen, dass eine Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte nur dann eintritt, wenn nach der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung davon ausgegangen werden kann, dass der Markeninhaber einem Inverkehrbringen der Erzeugnisse, für die die Erschöpfung geltend gemacht wird, in der Europäischen Gemeinschaft bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat.

Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem „Parfümtester“ ohne Übertragung des Eigentums und mit dem Verbot des Verkaufs an vertraglich an den Markeninhaber gebundene Zwischenhändler überlassen werden, damit deren Kunden den Inhalt der Ware zu Testzwecken verbrauchen können, und jederzeit ein Rückruf der Ware durch den Markeninhaber möglich ist und sich die Aufmachung der Ware von der Aufmachung der den genannten Zwischenhändlern üblicherweise vom Markeninhaber zur Verfügung gestellten Parfümflakons unterscheidet, steht die Tatsache, dass es sich bei diesen Testern um Parfümflakons mit der Aufschrift „Demonstration“ und „Unverkäuflich“ handelt, in Ermangelung gegenteiliger Beweise, deren Würdigung Sache des vorlegenden Gerichts ist, der Annahme einer konkludenten Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen dieser Flakons entgegen.

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