Ausübung unzulässigen Drucks wegen Unterschreitung der Preisempfehlung

12. April 2013
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Eigener Leitsatz:

Es wird unzulässiger Druck ausgeübt (§ 21 Abs. 2 GWB), wenn der Hersteller den Betreiber eines Online-Shops kontaktiert und diesen informiert, dass seine Preise die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers unterschreiten und dies betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar ist.

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 06.11.2012

Az.: KZR 13/12 (KG)

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Kartellsenats des Kammergerichts vom 2. Februar 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 185.000 € festgesetzt.


Entscheidungsgründe
:

I.

Der Kläger vertreibt insbesondere im Internet von der Beklagten produzierte Rucksäcke und Schulranzen zu Preisen, die die unverbindliche Preisempfehlung der Beklagten deutlich unterschreiten.

Am 13. Juli 2004 wurde der Kläger von einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten angerufen, der ihm mitteilte, er könne die Preiskalkulation des Klägers für bestimmte von der Beklagten produzierte Rucksäcke betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehen.

Der Kläger nimmt die Beklagte in Anspruch, es zu unterlassen, ihn wörtlich oder sinngemäß aufzufordern, für den Verkauf ihrer Produkte die von der Beklagten empfohlenen Verkaufspreise einzuhalten.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO); weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Das Berufungsgericht hat sich zwar der Spruchpraxis des Bundeskartellamts angeschlossen, wonach es für die Ausübung unzulässigen Drucks im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB ausreichen soll, dass der Lieferant über die Mitteilung seiner unverbindlichen Richtpreise hinaus mit seinen Abnehmern Kontakt aufnimmt und das Gespräch über deren Preisgestaltung sucht.

Es hat den Verstoß gegen § 21 Abs. 1, § 1 GWB dann aber in tatrichterlicher Würdigung aus den umfassend in Betracht zu ziehenden Umständen des Einzelfalls abgeleitet.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe den Telefonanruf des Außendienstmitarbeiters nur dahingehend verstehen können, dass dieser angesichts der erheblichen Abweichung der Preise des Klägers von denen seiner Konkurrenten im Interesse einer Preisangleichung intervenierte. Das Berufungsgericht hat weiter insbesondere berücksichtigt, dass der Außendienstmitarbeiter auf die Frage des Klägers, ob seine Äußerung zur mangelnden betriebswirtschaftlichen Nachvollziehbarkeit der Kalkulation des Klägers bedeute, dass die Beklagte ihn nicht mehr beliefern werde, nur antwortete, dies nicht gesagt zu haben und die Äußerung schlicht wiederholte, statt sich eindeutig zur weiteren Belieferung des Klägers zu äußern.

Unter diesen Umständen lässt die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe unzulässigen Druck auf die Preisgestaltung des Klägers ausgeübt, keinen zulassungsrelevanten Rechtsfehler erkennen.

Es kann daher im Streitfall dahinstehen, ob nach Übersendung einer unverbindlichen Preisempfehlung bereits jedes Gespräch des Lieferanten mit Händlern über deren Preisgestaltung als nach § 21 Abs. 2 GWB unzulässige Einflussnahme auf die Preisgestaltung der Händler angesehen werden kann.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.12.2005 – 16 O 263/05 Kart –
KG Berlin, Entscheidung vom 02.02.2012 – 2 U 2/06 Kart – 7

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