Nur noch unvermummt auf Demonstrationen

11. August 2009
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
4045 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Die Vermummung ist objektiv geeignet, aufgrund der Unkenntlichmachung die Identitätsfeststellung zu verhindern. Das Vermummungsverbot auf Demonstrationen dient dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit. Dies hat Vorrang vor dem Recht am eigenen Bild. Teilnehmer an Demonstrationen müssen dulden, identifiziert und bildlich festgehalten zu werden. Um von Gegemdemontranten nicht erkannt zu werden, sollte man sich nicht vermummen, sondern ihnen den Rücken zukehren oder sich die Hände vor das Gesicht halten.

Kammergericht Berlin

Urteil vom 07.10.2008

Az.: 1 Ss 486/07
 

Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 30. August 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin zurückverwiesen.

Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hatte die Angeklagte am 21. April 2005 von dem Vorwurf freigesprochen, sich am 1. Mai 2004 als Teilnehmerin einer öffentlichen Demonstration mittels eines Schals und einer Kapuze vermummt zu haben, um die Feststellung ihrer Identität zu verhindern (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersG). Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat am 15. Dezember 2006 das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen. Das Amtsgericht Tiergarten hat die Angeklagte am 30. August 2007 erneut freigesprochen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.

Das Amtsgericht Tiergarten hat folgende Feststellungen getroffen (UA S. 2 und 3):

„Am 01. Mai 2004 kam es in Berlin-Lichtenberg und Friedrichshain zu einer genehmigten Demonstration der NPD. Die Demonstration sollte gegen 14.00 Uhr beginnen. Die genehmigte Route des Aufzuges verlief auf der Frankfurter Allee von Lichtenberg kommend stadteinwärts Richtung Friedrichshain, und zwar dort auf der stadteinwärts führenden Straßenseite. Nach einem Wendepunkt in Friedrichshain sollte sodann der Aufzug sich auf derselben Route wieder stadtauswärts auf der Frankfurter Allee Richtung Lichtenberg bewegen. Da es bereits gegen 14.00 Uhr auf und an der Frankfurter Allee zu einem Aufmarsch von Gegendemonstranten in Höhe Atzpodienstraße gekommen war, begann die Demonstration der NPD mit erheblicher Verspätung. Um einen reibungslosen Ablauf der Demonstration zu gewährleisten, begannen bereits Polizeikräfte die Gegendemonstrationen von der Frankfurter Allee zurückzudrängen. Etwa gegen 14.30 Uhr gelang es den eingesetzten Polizeikräften, eine größere Gruppe von Störern an der Aral-Tankstelle, die sich an der stadtauswärts führenden Seite der Frankfurter Allee, Höhe Atzpodienstraße befindet, einzukesseln. In dem von Polizeibeamten umringten Kessel befand sich auch die Angeklagte. Um eine Konfrontation zwischen Teilnehmern des NPD-Aufzuges und den Gegendemonstranten zu erschweren und einen Sichtkontakt zu verhindern, parkten die eingesetzten Polizeidienstkräfte auf dem Mittelstreifen der Frankfurter Allee auf Höhe der fraglichen Aral-Tankstelle Mannschaftswagen der Polizei, die Stoßstange an Stoßstange abgestellt wurden. Die in der Einschließung befindlichen Gegendemonstranten wurden von den eingesetzten Polizeibeamten zunächst fotografiert und gefilmt, was der Angeklagten auch klar war. Als etwa gegen 18.00 Uhr der NPD-Aufzug die Frankfurter Allee stadteinwärts auf Höhe der Aral-Tankstelle entlang zog, verhüllte die Angeklagte ihr Gesicht mit einem schwarzen Fließtuch; zudem zog sie die Kapuze ihres Pullovers über den Kopf, so dass von ihrem Gesicht nur noch die Augen zu sehen waren. Die Angeklagte wollte damit erreichen, dass sie für die von ihr erwarteten Film- und Fotoaufnahmen aus der NPD-Demonstration heraus nicht zu erkennen war. Nachdem der NPD-Aufzug nach einigen Minuten vorüber gezogen war, nahm die Angeklagte sowohl die Kapuze als auch das Fließtuch wieder von ihrem Kopf, so dass sie für die Polizeibeamten wieder erkennbar war. Erneut legte die Angeklagte ihre Vermummung an, als der NPD-Aufzug etwa 20 Minuten später – also gegen 18.20 Uhr – wieder auf der Frankfurter Allee stadtauswärts marschierte. Die Angeklagte handelte dabei wieder aus derselben Motivation.“

1. Das Amtsgericht führt zutreffend aus, dass der festgestellte Sachverhalt die äußeren Merkmale des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersG erfüllt. Die Angeklagte hat als Demonstrantin an einem öffentlichen Aufzug unter freiem Himmel teilgenommen. Sie hat zeitweise eine Kapuze und einen Fliesschal über ihr Gesicht gezogen, um sich unkenntlich zu machen und die Feststellung ihrer Identität zu verhindern.

2. Das Amtsgericht ist dennoch zu einem Freispruch gelangt, weil nicht feststellbar gewesen sei, dass die Angeklagte gegenüber Polizeibeamten die Feststellung ihrer Identität verhindern wollte. Ihr sei vielmehr bewusst gewesen, dass die Polizeibeamten von dem Beweissicherungskommando sie längst gefilmt und fotografiert hätten. Der Angeklagten sei auch klar gewesen, dass ihre Identität den eingesetzten Polizeibeamten bereits bekannt gewesen sei; zudem habe sie sich etwa vier Stunden zuvor gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten mit unverhülltem Antlitz zu erkennen gegeben. Weil sie sich aber lediglich gegenüber den NPD-Demonstranten unkenntlich habe machen wollen, sei bereits nach dem Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersG ein entsprechender Verstoß nicht gegeben. Grundsätzlich sei eine Identitätsfeststellung hoheitlich handelnden Amtspersonen – hier Polizeibeamten – in den rechtlich dafür vorgesehenen Fällen vorbehalten. Mithin hätten auch Privatpersonen, zum Beispiel Gegendemonstranten kein Recht, eine Identitätsfeststellung anderer Teilnehmer zu treffen. Dass die Norm des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersG Zivilpersonen derartige Rechte einräume, ließe sich dem Gesetz nicht entnehmen. Nur in Ausnahmefällen habe der Bürger Anspruch gegen einen Dritten auf Identitätsfeststellung. Diese Ausnahmefälle habe der Gesetzgeber indes im Einzelfall ausdrücklich geregelt. So habe ein Unfallbeteiligter gemäß § 142 StGB kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen einen Anspruch gegen den weiteren Unfallbeteiligten auf Feststellung seiner Person. Eine ausdrückliche Regelung, dass Demonstrationsteilnehmer einen Anspruch auf Identitätsfeststellung bei dritten Personen zukomme, habe der Gesetzgeber hier gerade nicht getroffen (UA S. 3 und 4).

3. Mit diesen Ausführungen verkennt das Amtsgericht den Regelungsgehalt der §§ 17 a Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 2 Nr. 2 VersG. Seine Auslegung der Normen ist weder nach dem Wortlaut noch nach dem Willen des Gesetzgebers geboten.

a. Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 79, 106 (121) = NJW 1985, 1599). Der (noch mögliche) Wortsinn markiert die äußerste Grenze zulässiger Auslegung, das heißt der Wortsinn, wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut in dem Zusammenhang ergibt, in den die Norm hineingestellt ist (vgl. BVerfGE 73, 206 (335); BVerfGE 71, 108 [115] = NJW 1986, 1671). Einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz zum Beispiel durch „verfassungskonforme Auslegung, einen anderen Inhalt zu geben, ist dem Richter versagt (vgl. BVerfGE 8, 28 = NJW 1958, 1227).

b. Nach Wortlaut und Sinn der §§ 17 a Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 2 Nr. 2 VersG genügt es für das Verbot, dass die Vermummung objektiv geeignet und den objektiven Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität des so aufgemachten Demonstrationsteilnehmers zu verhindern. Weitere Merkmale enthält der Tatbestand nicht. Insbesondere bedarf es nicht der zusätzlichen Feststellung, dass die Vermummung dafür geeignet sein muss, die Identifizierung von Personen gegenüber Polizeibeamten oder anderen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Personen zu verhindern (zu der Voraussetzung der Friedensstörung ebenso KG, Urteil vom 20. September 1996, NStZ-RR 1997, 185). Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt, dass der Wille des Gesetzgebers auf diese Art der Regelung gerichtet war. Mit der Einführung des Vermummungsverbotes als Straftat verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, gewalttätige Ausschreitungen im Zusammenhang mit Demonstrationen einzudämmen und den damit verbundenen ernsthaften Störungen des Gemeinschaftsfriedens entgegenzuwirken. Die Vermummung sollte verboten werden, weil das Auftreten vermummter Demonstranten und der Ausbruch von Gewalttätigkeiten nach der Überzeugung des Gesetzgebers in einem eindeutigen Zusammenhang stehen (vgl. BT-Drs. 11/4359, Seite 14). Die Regelung des § 17 Abs. 3 VersG wurde bewusst als Ausnahme gestaltet (vgl. BT-Drs. 11/4359, S. 14). Ausdrücklich war der Wille des Gesetzgebers im Übrigen darauf gerichtet, dass das Tatbestandsmerkmal „Aufmachung“ grundsätzlich ein Mittel zur Unkenntlichmachung, z. B. Verkleidung, Maskierung oder Bemalung, erfasst. Die beabsichtigte und hier nach Strafvorschrift vorgeschriebene Weise, eine zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignete Aufmachung von einer nicht verbotenen Aufmachung abzugrenzen, liegt allein in dem Tatbestandsmerkmal, wonach die Aufmachung den Umständen nach darauf gerichtet sein muss, die Feststellung der Identität zu verhindern. Weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen enthält der Gesetzeswortlaut nicht. Weder bedarf es der zusätzlichen Feststellung, dass die Vermummung auch zur Friedensstörung geeignet ist (KG a.a.O.), noch ist es erforderlich, dass die Verhinderung der Identifikation durch die Strafverfolgungsbehörden alleinige oder vorrangige Motivation sein muss (LG Verden, Urteil vom 9. November 2006 [Bd. I d.A. Bl. 227], bestätigt durch Beschluss des OLG Celle vom 17. April 2007 [Bd. II d.A. Bl. 36]). Maßgeblich ist allein die Tatsache der Vermummung, die sich aus der bereits dargestellten Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt. Der Gesetzgeber ging von der Annahme aus, „dass beim Auftreten von Vermummten oder passiv bewaffneten Personen ein unfriedlicher Verlauf“ der Demonstration zu erwarten sei, „dass heute Vermummung in aller Regel eine Vorstufe zum Gewaltausbruch darstelle“ (vgl. BT-Drs. 11/2834, S. 12). „Nach den auch in der Anhörung bestätigten praktischen Erfahrungen indiziere und provoziere das Auftreten Vermummter die Bereitschaft zur Gewalt und Begehung von Straftaten. Vermummte stellten bei einer Demonstration regelmäßig den Kern der Gewalttäter. Sie bestärkten diejenigen Demonstrationsteilnehmer, die ohnehin zur Anwendung von Gewalt neigten, in ihrer Gewaltbereitschaft und könnten in gleicher Weise auch Dritte schon durch ihr äußeres Erscheinungsbild (‚Schwarze Blöcke’) beeinflussen“ (BT-Drs. 11/4359 S. 14). Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts war es mithin nicht das Ziel des Gesetzgebers, mit der Änderung des Versammlungsgesetzes lediglich hoheitlich handelnden Personen die Möglichkeit zu sichern, Versammlungsteilnehmer zu identifizieren, sondern eine allgemeine Regelung zum Verhindern abstrakter Gefahren zu schaffen. Die Annahme, dass Vermummungen kausal für das Entstehen gewaltsamer Auseinandersetzungen bei Versammlungen sind, wird selbst von Kritikern der gesetzlichen Regelung eingeräumt (z.B. Maatz MDR 1990, 577, 579). Dementsprechend wird auch in der Schweiz davon ausgegangen, dass die Anwesenheit Vermummter bei Demonstrationen die Gefahr von Ausschreitungen wesentlich erhöhe (BGer. EuGRZ 1992, 137, 140), worauf bereits die Staatsanwaltschaft im Anschluss an KG NStZ-RR 1997, 185 zutreffend hingewiesen hat.

4. Die Annahme des Amtsgerichts, Sinn des Vermummungsverbots sei es allein, den Strafverfolgungsbehörden die Identifizierung von Versammlungsteilnehmern zu ermöglichen, widerspricht auch der Systematik des Gesetzes, wie die beiden nachfolgenden zutreffend von der Staatsanwaltschaft angeführten Beispiele belegen.

a) In § 17 a VersG wird sowohl das Vermummen als auch das Mitführen von Schutzwaffen verboten und beides wird in § 27 VersG unter Strafe gestellt. Trotz des systematischen Zusammenhangs dieser Regelung sieht das Gesetz aber nur bei dem Verbot der Schutzwaffen in §§ 17 a Abs. 1, 27 Abs. 2 Nr. 1 VersG vor, dass diese „den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsmaßnahmen abzuwehren“. Ein solcher Zusatz fehlt hingegen beim Vermummungsverbot.

b) Nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 VersG kann die zuständige Behörde Ausnahmen vom Vermummungsverbot zulassen, wenn „eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der Ordnung nicht zu besorgen ist“, und nach § 17 a Abs. 4 VersG kann die zuständige Behörde zur Durchsetzung des Vermummungsverbots Anordnungen treffen und „insbesondere Personen, die dem Vermummungsverbot zuwider handeln, von der Veranstaltung ausschließen“. In diesen Regelungen finden sich keine Hinweise darauf, dass Ausnahmen vom Vermummungsverbot auch dann zugelassen werden können und ein Ausschluss dann unzulässig wäre, wenn den Versammlungs- oder gar Strafverfolgungsbehörden die Identität der (vermummten) Versammlungsteilnehmer bekannt ist.

Würde man der Rechtsauffassung des Amtsgerichts folgen, so wäre die Norm ohne praktische Relevanz. Im vorliegenden Fall hätten sich auch die Teilnehmer des NPD-Umzuges vermummen dürfen, wenn auch nur eine Kamera in ihre Richtung gehalten worden wäre, da der Umzug durch Polizeibeamte begleitet und sicher auch gefilmt wurde und demnach der Polizei die Identität der Teilnehmer bekannt war. Ferner müsste die zuständige Behörde, bevor sie das Gesetz anwenden und gegebenenfalls vermummte Teilnehmer ausschließen dürfte, stets prüfen, ob die Identität der vermummten Personen nicht bereits anderweitig festgestellt wurde. Eine derartige Verpflichtung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

5. Die Feststellungen des Amtsgerichts, die Angeklagte habe sich vermummt, weil sie befürchtete, von Teilnehmern des vorbeiziehenden NPD Aufzuges fotografiert oder gefilmt zu werden und ihr Bild dann in „rechten Kreisen“ oder im Internet verbreitet und sie sich persönlichen Angriffen der „rechten Szene“ ausgesetzt sehen würde, bieten – wie die Staatsanwaltschaft zu Recht festgestellt hat – auch keinen Anlass zur Annahme eines Rechtfertigungsgrundes. Ob es zu derartigen Aufnahmen gekommen ist, hat das Amtsgericht zwar nicht positiv festgestellt, jedoch auch nicht ausgeschlossen (UA. S. 3). Diese Frage kann aber dahinstehen, weil das Verhalten der Angeklagten selbst dann nicht gerechtfertigt wäre, wenn ihre Annahme zutreffend gewesen wäre.

a) Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit Versammlungen durch das Vermummungsverbot dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit den Vorrang vor dem Recht am eigenen Bild eingeräumt, welches nach wohl herrschender Meinung ein notwehrfähiges Rechtsgut darstellen kann (vgl. z.B. Fischer, StGB 55. Aufl., § 32 Rn. 8). Wer an einer Demonstration teilnimmt, hat es zu dulden, dass er identifiziert und gegebenenfalls auch bildlich festgehalten werden kann, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG (vgl. auch Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 23 KunstUrhG, Rdn. 17, 18, 19).

b) Darüber hinaus standen der Angeklagten gleich mehrere wirksame und mildere Mittel zur Verfügung. Sie hätte dem NPD-Demonstrationszug den Rücken zukehren oder durch ein Vorhalten der Hände eine Identitätsfeststellung verhindern können. Diese Mittel wären milder gewesen, weil dadurch die „abstrakte“ Gefahr einer Eskalation, anders als bei der Vermummung, nicht herbeigeführt worden wäre.

Ein strafbefreiender Verbotsirrtum kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn ein möglicher Irrtum wäre vermeidbar gewesen. Die Angeklagte hätte sich vor Eintreffen des NPD-Aufzuges an die anwesenden Polizeibeamten wenden und ihr Vorhaben ankündigen bzw. sich darüber informieren können, ob eine Vermummung unter diesen Umständen strafbar sei. Sie hätte dann erfahren, dass dies nicht erlaubt ist.

6. Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurück.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a