„Jiamo“ und „Tiamo“ klingen zu ähnlich

21. Oktober 2013
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Eigener Leitsatz:

Aufgrund der hohen Zeichenähnlichkeit, sowie der ähnlichen Aussprache der Buchtaben "T" und "J" hat das BPatG die klangliche Verwechslungsgefahr zwischen den Marken "Tiamo" und "Jiamo" bejaht.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 08.08.2013

Az.: 25 W (pat) 35/12

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 034 801
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Pa-tent- und Markenamts vom 17. Januar 2012 wird insoweit aufge-hoben, als der Widerspruch aus der Marke 1 130 060 gegen die Marke 30 2010 034 801 in Bezug auf die Waren „Kaffee, Tee, Kakao, feine Backwaren und Konditorwaren sowie Speiseeis“ zu-rückgewiesen worden ist. In Bezug auf die vorgenannten Waren wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 034 801 angeordnet.

Entscheidungsgründe:
I.
Die am 12. Juni 2010 angemeldete Marke

JIAMO

ist am 16. September 2010 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister unter der Nummer 30 2010 034 801 für verschiedene Waren der Klassen 3 und 32 sowie für folgende Waren der
Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis,
eingetragen worden.

Gegen die Eintragung der Marke hat in Bezug auf die Waren der Klasse 30
Kaffee, Tee, Kakao; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Backpulver,

die Inhaberin der älteren, am 3. November 1988 für die Waren der
Klasse 30: Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen, auch mit flüssiger Füllung,

unter der Nummer 1 130 060 eingetragenen Marke

Tiamo

Widerspruch erhoben, den sie in der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2013 teilweise, nämlich in Bezug auf die Waren

Brot; Backpulver

zurückgenommen hat. Ursprüngliche Widersprechende war die B… AG. Die Widerspruchsmarke ist am 11. April 2012 auf die nun mehrige Widersprechende umgeschrieben worden, die mit Schriftsatz vom 7. August 2013 erklärt hat, das Verfahren als aktuelle Inhaberin der Widerspruchsmarke weiter zu führen.

Die Markenstelle für die Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes zurück-gewiesen.

Eine Verwechslungsgefahr sei unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Gesichtspunkte zu verneinen. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen seien, sei für die Beurteilung der Warenähnlichkeit die Registerlage zugrunde zu legen. Eine Ähnlichkeit zwischen den Widerspruchswaren und u.a. den Waren der angegriffenen Marke „Kaffee, Tee, Kakao“ sei ohne weiteres anzunehmen, da diese Produkte als Zutaten für die Waren der Widerspruchsmarke dienen könnten. Auch seien die Waren “feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis“ der jüngeren Marke zu den Produkten der älteren Marke, nämlich „Schokolade und Schokoladenwaren, Pralinen, auch mit flüssiger Füllung“ ähnlich. Dagegen sei der Abstand zu den meisten übrigen von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren zu groß, so dass eine Löschung allenfalls für die vorgenannten Waren in Betracht zu ziehen sei. Die Widerspruchsmarke weise eine normale Kennzeichnungskraft auf. Unter Berücksichtigung der zu bejahenden Warenähnlichkeit hinsichtlich eines Teils der in Rede stehenden Produkte der Klasse 30 und der normalen Kenn-zeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien noch relativ hohe Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Markenabstand zu stellen. Zwar seien zwischen den Vergleichsmarken in Anbetracht der identischen vier letzten Buchstaben weitreichende klangliche und schriftbildliche Übereinstimmungen festzustellen. Jedoch würden die Unterschiede im regelmäßig am stärksten beachteten Wortanfang, mit dem Buchstaben „T“ einerseits und dem Buchstaben „J“ andererseits, sowohl im Schrift- wie auch im Klangbild einer Verwechslungsgefahr in ausreichender Weise entgegenwirken. Dabei erscheine ein Verlesen wegen der erheblichen Unterschiede der beiden Buchstaben ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung aller für den Buchstaben „J“ in Frage kommenden Aussprachevarianten sei dieser Konsonant zu dem Konsonanten „T“ so unterschiedlich, dass ein Verhören ausgeschlossen erscheine. Schließlich würde sich verwechslungsmindernd auswirken, dass die Widerspruchsmarke „Tiamo“ als italienischer Begriff für „ich liebe Dich“, der für den inländischen Verkehr ohne weiteres erfassbar sei, über einen Bedeutungsgehalt verfüge im Gegensatz zur angegriffenen Marke, die einen solchen nicht aufweise.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Zwar stimme sie mit der Markenstelle darin überein, dass die Vergleichswaren, d.h. „Kaffee, Tee, Kakao sowie feine Back- und Konditorwaren und Speiseeis“ der angegriffenen Marke einerseits und „Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen, auch mit flüssiger Füllung“ der Widerspruchsmarke andererseits ohne weiteres ähnlich seien und die Widerspruchsmarke zumindest über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge. Tatsächlich sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund ihrer umfänglichen Benutzung mit in den Jahren 2009 bis 2012 jährlich erzielten Umsätzen von ca. … Euro bei einer Warenmenge von ca. … t durch die S… GmbH sogar gesteigert. Außerdem habe der Prüfer noch zutreffend darauf hingewiesen, dass zwischen den Vergleichsmarken umfassende klangliche und schriftbildliche Übereinstimmungen feststellbar seien, insbesondere die letzten vier Buchstaben „iamo“ identisch seien und die Vergleichszeichen jeweils aus insgesamt fünf Buchstaben bestünden und drei Silben aufwiesen. Jedoch sei dessen Auffassung unzutreffend, dass sich ein verwechslungsausschließender relevanter Unterschied durch die verschiedenen Anfangsbuchstaben mit „T“ einerseits und „J“ andererseits ergeben würde. Dabei würden die Ausführungen des Prüfers die markenrechtlich unzutreffende Annahme sugge-rieren, dass es sich bei den Vergleichszeichen um Kurzwörter handele. Richtig sei aber, dass es sich bei den fünfbuchstabigen und dreisilbigen Vergleichsmarken nicht um Kurzwörter im Rechtssinne handele und eine gegebene phonetische und schriftbildliche Verwechslungsgefahr durch die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben nicht beseitigt würden. Phonetisch, d.h. in ihrer Artikulationsart seien der Buchstabe „T“ als Plosivlaut einerseits und der Buchstabe „J“ als Affrikat anderer-seits sehr ähnlich, so dass die Unterschiede in den Anfangsbuchstaben der Ver-gleichsmarken überhört würden, zumal sie im Übrigen identisch seien. Aber auch eine die Verwechslungsgefahr ausschließende schriftbildliche Abweichung der Vergleichsmarken sei nicht gegeben. Insbesondere bei einer Schreibweise in Normal- oder Schreibschrift oder in verzierter Form, insbesondere in der auf den Verpackungen verwendeten Schreibweise der Widerspruchsmarke seien erhebliche Ähnlichkeiten der Buchstaben „T“ einerseits und „J“ andererseits offensichtlich. Schließlich könne ein abweichender Begriffsgehalt nicht die Verwechslungs-gefahr reduzieren. „Ich liebe dich“ heiße auf Italienisch „ti amo“ oder „io ti amo“, werde also auseinander geschrieben, wohingegen es im Italienischen ein zusammengesetztes Wort „Tiamo“ erkennbar in Substantivform nicht gebe, so dass allenfalls Anklänge an den ins Deutsche mit „ich liebe dich“ zu übersetzenden Aussagesatz vorliegen könnten, was aber gegen eine sofortige begriffliche Erfassbarkeit von „Tiamo“ spreche.

Die Widersprechende beantragt zuletzt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Pa-tent- und Markenamts vom 17. Januar 2012 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 1 130 060 gegen die Marke 30 2010 034 801 in Bezug auf die Waren „Kaffee, Tee, Kakao, feine Backwaren und Konditorwaren sowie Speiseeis“ zurückgewiesen worden ist und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 034 801 anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt (sinngemäß),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, dass aufgrund der Unähnlichkeit der Marken eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Wegen der unterschiedlichen Anfangsbuchstaben ergäbe sich ein völlig anderes Klang- und Schriftbild. Auch im Begriffsinhalt wiesen sie keine Übereinstimmung auf, da die ältere Marke ein weltweit geläufiger Begriff für „ich liebe Dich“ sei und es sich bei der jüngeren Marke um eine Kombination der Anfangsbuchstaben der exotischen Pflanze „Jiaogulan (Gynostemma pentaphyllum, mit Ursprung aus China) und „Moringa oleifera“ (mit Ursprung aus Indien) handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Die Beschwerde der Widersprechenden ist auch im nunmehr noch beschwerdegegenständlichen Umfang begründet.

Zunächst ist festzustellen, dass Gegenstand des Widerspruchs und damit des Be-schwerdeverfahrens die Waren

Kaffee, Tee, Kakao, feine Backwaren und Konditorwaren sowie Speiseeis
der angegriffenen Marke sind, nachdem die Widersprechende ihren ursprünglichen Widerspruch teilweise, nämlich in Bezug auf die Waren „Brot, Backpulver“, zurückgenommen hatte.

Hinsichtlich dieser Waren der angegriffenen Marke ist entgegen der Ansicht der Markenstelle zwischen den Vergleichsmarken für das Publikum Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 2 MarkenG gegeben. Daher war der Beschluss der Markenstelle vom 17. Januar 2012 insoweit aufzuheben und nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG hinsichtlich der vorgenannten Waren die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 034 801 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 130 060 anzuordnen.

1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 -PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 – Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH GRUR 2009, 772, Tz. 31 – Augsburger Puppenkiste; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 40).

a) Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist von der Registerlage auszugehen. Somit sind die beschwerdegegenständlichen Waren „Kaffee, Tee, Kakao, feine Backwaren und Konditorwaren sowie Speiseeis“ der jüngeren Marke den Produkten „Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen, auch mit flüssiger Füllung“ der älteren Marke gegenüber zu stellen.

Eine relevante Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren kann angenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 58, vgl. z.B. BGH, GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2007, 321 Tz. 20 – COHIBA; GRUR 2008, 714, Tz. 32 – idw).

Ausgehend hiervon sind die beschwerdegegenständlichen Waren der angegriffe-nen Marke den Widerspruchswaren zumindest durchschnittlich ähnlich. Die Vergleichswaren können teilweise die gleichen Grund- und Inhaltsstoffe aufweisen und sich daher gegenseitig ergänzen. So ist Kakao in unterschiedlichen Konzentrationen regelmäßiger Bestandteil von Schokolade und zudem können Schokolade, Pralinen sowie Schokoladewaren Kaffee oder Tee als Inhaltsstoffe enthalten. Des weiteren sind Schokoladenwaren und Pralinen den feinen Backwaren ohne weiteres ähnlich, weil verschiedene Backwaren Schokoladenbestandteile enthalten können in Form einer Kouvertüre oder als Füllung. Zu den Konditorwaren gehören auch Schokoladewaren und Pralinen, so dass insoweit von Warenidentität auszugehen ist. Außerdem werden auf dem Markt von verschiedenen Unternehmen sowohl Schokoladewaren als auch Speiseeis unter einer einheitlichen Kennzeichnung angeboten, wie beispielsweise Mars, Snickers usw., so dass auch diese Vergleichswaren ohne weiteres ähnlich sind. Der Verkehr wird also bei verwechselbar ähnlicher Kennzeichnung annehmen, dass die Produkte unter der Verantwortung des gleichen Unternehmens hergestellt werden (s. auch betreffend Pralinen/Schokoladewaren einerseits und Kaffee, Kakao, Speiseeis andererseits: Richter/ Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 232 (rechte Spalte), S. 259 (mittlere Spalte), S. 260 (rechte Spalte) jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen).

b) Der Senat geht bei seiner Entscheidung des weiteren von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Denn die Widerspruchsmarke ist zum einen in ihrer Kennzeichnungskraft nicht geschwächt, selbst wenn ein Teil des inländischen Verkehrs den italienischen Satz „ti amo“ mit „Ich liebe dich“ übersetzen kann und außerdem die entsprechende Anspielung in der Widerspruchsmarke trotz Zusammenschreibung erkennen sollte, zumal die Aussage „Ich liebe dich“ keine relevante beschreibende Produktangabe in Bezug auf die geschützten Waren der Widerspruchsmarke darstellt. Auch wenn trotz der mit der Widerspruchsmarke erzielten Umsatzzahlen zugunsten des Inhabers der angegriffenen Marke von nur durchschnittlicher und nicht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, ist auch der danach erforderliche Markenabstand nicht eingehalten.

c) Eine relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Feststellung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn nur in einer dieser Wahrnehmungsrichtungen ausreichende Übereinstimmungen bestehen (vgl. BGH GRUR 2008, 803, Tz. 21 – HEITEC; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 224 m. w. N.). Bei der Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit von Marken-wörtern sind in der Regel alle im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegenden Möglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 10, Rdn. 245 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände hält die jüngere Marke den zu fordernden durchschnittlichen Zeichenabstand zu der prioritätsälteren Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein, so dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Die beiden Markenwörter „Tiamo“ und „JIAMO“ kommen sich klanglich außerordentlich nahe. Sie stimmen in vier von fünf Lauten und damit fast vollständig – bis auf den Anfangslaut – überein. Die angegriffene Marke „JIAMO“ wird dabei regelmäßig wie „Dschiamo“ ausgesprochen, wobei der „Zischlaut“ „sch“ häufig nur sehr kurz anklingt und damit klanglich kaum zum Tragen kommt. Der Buchstabe „J“ wird in einer Vielzahl von im Deutschen verwendeten Begriffen, die, auch wenn sie aus der englischen Sprache stammen, bereits seit langem Bestandteil der deutschen Alltagssprache sind, als „dsch“ ausgesprochen, wie beispielsweise bei den Begriffen Jeans, Job, Joker, Jukebox uvm.. Daher liegt eine solche Aussprachemöglichkeit auch bei dem Phantasiebegriff „JIAMO“ im Bereich des Wahrscheinlichen, so dass „Tiamo“ einerseits und „Dschiamo“ andererseits mit einem klangähnlichen Zahn- bzw. Verschlusslaut am jeweiligen Wortanfang gegenüber zu stellen sind. Die klangliche Abweichung der sich gegenüberstehenden Wortmarken in nur einem konsonantischen Anfangslaut „T“ einerseits und „J“ andererseits ist bei einer der zu berücksichtigenden Aussprachevarianten der angegriffenen Marke, nämlich „dschiamo“, sehr gering, so dass die Vergleichsmarken bei Übereinstimmung im Übrigen und in Anbetracht gleicher Betonung bei identischer Vokalfolge (i-a-o) und Silbenzahl bei einer nur etwas undeutlichen Aussprache oder etwas ungünstigen akustischen Bedingungen direkt füreinander gehört werden können. Hierbei ist außerdem zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vergleichswaren um Massewaren des täglichen Lebens handelt, deren Kennzeichnung der Verkehr nicht mit der allergrößten Sorgfalt begegnet. Angesichts der hochgradigen klanglichen Übereinstimmungen der Vergleichszeichen kommt ein Ausschluss der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt regelmäßig nicht mehr in Betracht (vgl. Ströbele/ Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 264 mit Rechtsprechungsnachweisen). Daher kann vorliegend dahin gestellt bleiben, ob relevante Teile der inländischen Verkehrskreise in der Widerspruchsmarke aufgrund guter Italienischkenntnisse und trotz Zusammenschreibens die Bedeutung der italienisches Aussage „ti amo“ erkennen und mit „ich liebe Dich“ übersetzen können. Entgegen der Auffassung des Inhabers der angegriffenen Marke kann nicht angenommen werden, dass dem inländische Verbraucher chinesische und lateinische Fachtermini aus der Botanik bekannt sind und er diese auch noch in Form von einzelnen Silben innerhalb der angegriffenen Marke „JIAMO“ wiedererkennt, zumal ein naheliegender Bezug der Produkte, für die die jüngere Marke geschützt ist, zu den genannten exotischen Pflanzen nicht ersichtlich ist.

Ob die Vergleichsmarken zudem auch in schriftbildlicher Hinsicht verwechselbar ähnlich sind, kann angesichts der Bejahung der klanglichen Verwechslungsgefahr dahin gestellt bleiben.

2.Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

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