Dreifacher Wert der geltend gemachten Kosten ist als Streitwert angemessen

30. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Der Streitwert orientiert sich allgemein an dem Interesse der gerichtlichen Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs. Die Festsetzung auf den dreifachen Wert der geltend gemachten Lizenzkosten für eine unbefristete Lizenz zur Nutzung des betroffenen Kartenausschnitts im Internet ist angemessen. Eine höhere Festsetzung lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Abschreckung oder Nachahmungsgefahr rechtfertigen.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Beschluss vom 09.07.2009

Az.: 6 W 12/09

Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 29. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe
Die Beschwerde der Klägerin gem. § 68 Abs. 1 GKG gegen die Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss ist jedenfalls unbegründet.

I. Die Klägerin begehrt mit ihrem Unterlassungsantrag, dem Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, im Internet auf seinen Internetseiten Kartographien der Klägerin aus deren Deutschlandkarte oder Teile dieser Kartographien öffentlich zugänglich zu machen. Daneben verlangt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz aus Lizenzanalogie in Höhe von 650 EUR nebst Zinsen und macht weiter als Nebenforderung vorgerichtliche Kosten geltend. Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift den Streitwert für den Unterlassungsantrag mit 10.000,- EUR beziffert.

Das Landgericht hat zunächst mit Beschluss vom 9. April 2009 den Wert des Streitgegenstandes auf insgesamt 10.650 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Beklagte Beschwerde mit dem Vorbringen eingelegt, dass der Wert für den Unterlassungsanspruch zu hoch bemessen sei. Mit dem angegriffenen Streitwertbeschluss hat das Landgericht auf die Beschwerde des Beklagten hin den Streitwertbeschluss vom 9. April 2009 geändert und den Streitwert des Unterlassungsanspruchs auf 1.950 EUR festgesetzt. Es hat ausgeführt, dass gemäß § 3 ZPO Ausgangspunkt das Interesse der Klägerin am Verbot der Handlung und damit der Umfang der Beeinträchtigung sei, der von dem beanstandeten Verhalten des Beklagten verständigerweise ausgehe und der mit der begehrten Maßnahme beseitigt werden solle. Der dreifache Wert der von der Klägerin zugrunde gelegten Kosten für eine zeitlich unbefristete Lizenz für die Nutzung des streitgegenständlichen Kartenausschnittes ergebe den nach freiem Ermessen festzusetzenden Streitwert für das Unterlassungsbegehren. Der von der Klägerin angeführten Rechtssprechung, wonach eine erhebliche Gefahr der Nachahmung und der Gedanke einer wirkungsvollen Abschreckung als streitwertbestimmender Faktor berücksichtigt werden müssten, werde nicht gefolgt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin mit dem Ziel, den Wert des Unterlassungsantrags auf 10.000 EUR festzusetzen.

II. Der Auffassung der Klägerin, dass den Gesichtspunkten der Abschreckung und einer Nachahmungsgefahr der rechtswidrigen Verbreitung von Kartographien im Internet für die Bemessung des Streitwerts erhebliche Bedeutung zukommen, ist nicht zu folgen.

Der nach § 3 ZPO festzusetzende Streitwert orientiert sich allgemein an dem Interesse, dass der Gläubiger bei Einleitung eines Verfahrens (§ 4 ZPO) an der gerichtlichen Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs hat. Dieses Interesse ist vom Gericht nach freiem Ermessen zu schätzen. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird. Weiterhin ist das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen. All dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Wert des Unterlassungsanspruchs auf den dreifachen Wert der geltend gemachten Lizenzkosten für eine unbefristete Lizenz zur Nutzung des einen hier betroffenen Kartenausschnitts der Klägerin festzusetzen ist. Die Festsetzung eines höheren Streitwerts lässt sich auch nicht mit präventiven Gesichtspunkten rechtfertigen. Der von der Klägerin in Anspruch genommene Verletzer des Urheberrechts ist als Einzelstörer hinsichtlich der Berechnung des Streitwerts anzusehen. Es ist nicht Aufgabe der Streitwertfestsetzung in Verbindung mit der Geltendmachung eines Unterlassungsbegehrens, den Beklagten im Rahmen eines nur gegen diesen geführten Rechtsstreits wegen einer Urheberrechtsverletzung quasi als „Repräsentant“ weiterer Urheberrechtsverletzer „abzustrafen“. Über die Streitwertfestsetzung wird ein streitgegenständliches Verhalten nicht sanktioniert, weil der Streitwert, der neben der Festlegung der Zuständigkeit des Gerichts nur für die sich für das Verfahren errechnenden Kosten maßgeblich ist, sich allein am Interesse des Gläubigers an der Unterlassung der Wiederholung des konkreten widerrechtlichen Eingriffs in sein Urheberrecht orientiert. Der Streitwertfestsetzung kommt demgegenüber keine Disziplinierungsfunktion hinsichtlich möglicher Nachahmer bei (vgl. insgesamt Fundstellen bei Juris: OLG Celle, Beschluss vom 12.10.1992 – 13 W 81/92 -; LG München, Beschluss vom 28.06.2002 – 23 T 10223/02 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.10.2004 – 6 W 161/04 -; KG, Beschluss vom 12.09.2006 – 9 U 167/06 -; LG Bonn, Beschluss vom 21.03.2007 – 6 T 63/07 -; LG Münster, Beschluss vom 13.07.2007 – 15 O 281/07 -).

Soweit in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen (KG Beschluss vom 19.12.2003 – 5 W 367/03 -; OLG Hamburg, Beschluss vom 10.03.2004 – 5 W 3/04 -; LG München, Beschluss vom 24.06.2008 – 21 O 8723/08 -) das Gebot der Abschreckung zur Vermeidung einer Nachahmungsgefahr als streitwertbestimmender Faktor statuiert wird, überzeugt dies nicht. Es ist allein Aufgabe des Gesetzgebers, im Rahmen der materiell-rechtlichen Vorschriften für eine wirkungsvolle Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen das Urheberrecht durch Regelung entsprechender Schutzansprüche im Gesetz zu sorgen. Zivilrechtliche oder strafrechtliche Sanktionen infolge Rechtsverletzungen haben sich allein nach den materiell-rechtlichen Vorschriften zu richten. Die Streitwertfestsetzung dient demgegenüber allein der Festsetzung des Werts für die Zuständigkeitsprüfung eines Gerichts und die Berechnung der Verfahrenskosten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

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