Unlautere Weiterveräußerung von Fußball-Tickets

06. April 2010
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Eigener Leitsatz:

Ein Ausrichter von Sportveranstaltungen kann seine Tickets ausschließlich selbst vermarkten, ein mit dem Ticketkauf verbundenes Weiterveräußerungsverbot ist kartellrechtlich zulässig. Täuscht ein Käufer beim Kauf über seine Wiederverkaufsabsicht und bietet diese Tickets anschließend in gewerblichen Umfang auf einer Internetplattform zum Verkauf an, so stellt dies eine Behinderung des Ausrichters im Wettbewerb dar. Auch der Plattformanbieter, der den Verkäufern zudem die Abwicklung aller Versand- und Zahlvorgänge entgeltlich anbietet, handelt unlauter. Er beteiligt sich mit Gewinnerzielungsabsicht am wettbewerbswidrigen Verhalten Dritter.

 
Landgericht Dortmund

Urteil vom 11.02.2010

Az.: 13 O 46/08 Kart.

Tenor:     

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr, insbesondere im Internet und dort insbesondere unter der Internetseite www.w.de. und www.w.com gewerblich Handelnden Dritten die Möglichkeit zu geben, Eintrittskarten zu Spielen der Lizenzspielermannschaften der Klägerin anzubieten und/oder an dem Verkauf in sonstiger Weise mitzuwirken, sofern die auf der Internetseite der Beklagten ihre Angebote einstellenden Dritten die Karten von der Klägerin oder von durch die Klägerin autorisierten Dritten unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht erworben haben.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 50.000,00 €.

Tatbestand:
    
Die Klägerin unterhält eine Lizenzspielermannschaft in der 1. Fußballbundesliga. Sie vertreibt Eintrittskarten für Spiele ihrer Mannschaft über Direktverkäufe, über das Internet und über autorisierte Vorverkaufsstellen. Pro Besteller werden bis zu vier Karten, bei sogenannten "Top-Spielen", zwei Karten verkauft. Firmen oder Vereine können bei Bestellung auf Firmen bzw. Vereinsbriefbogen eine größere Kartenmenge bestellen. Hierauf wird in der Homepage der Klägerin hingewiesen.
    
Auf den Eintrittskarten der Klägerin ist aufgedruckt ein "Auszug aus den Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB) des Veranstalters." Dort heißt es u.a. wie folgt:
    
"(1) Zur Vermeidung von Gewalttätigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Besuch des T-J-Park, zur Durchsetzung von Stadionverboten, zur Unterbindung des – insbesondere gewerblichen und kommerziellen – Weiterverkaufs von Eintrittskarten zu erhöhten Preisen und zur Trennung von Anhängern der aufeinandertreffenden Mannschaften liegt es im Interesse des Veranstalters und der Stadionsicherheit, die Weitergabe von X einzuschränken. Der Erwerber verpflichtet sich daher, X nur persönlich und für private Zwecke zu nutzen. Die kommerzielle und gewerbliche Nutzung und Weitergabe von X bleibt allein dem Veranstalter und dem von ihn autorisierten Stellen vorbehalten. Im Falle der persönlichen Verhinderung dürfen X ausnahmsweise an Familienangehörige und gute Bekannte unter Beachtung des nachstehenden Absatzes (2) weitergegeben werden.
    
(2) Dem Erwerber und/oder Inhaber eines X ist es insbesondere untersagt:
    
– X ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Veranstalters via Internetauktionen, z.B. über "eBay", zum Verkauf anzubieten;
    
– X ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Veranstalters gewerblich und/oder kommerziell, d.h., mit Gewinn, zu veräußern;
    
– X zu einem höheren Preis, als den, der auf den X angegeben ist, zu verkaufen;
    
– X an Personen weiterzugeben, die aus Sicherheitsgründen und/oder bundesweiter Stadionverbote vom Besuch von Fußballspielen ausgeschlossen wurden;
    
– X an Anhänger von Gastvereinen weiterzugeben, soweit diese nicht über den Gastverein bezogen wurden;
    
– ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Veranstalters zu Zwecken der Werbung, der Vermarktung, als Bonus, Werbegeschenk, Gewinn oder als Teil eines nicht autorisierten Hospitality- oder Reisepakets weiterzugeben und/oder zu verwenden."
    
Bei Bestellung der klägerischen Eintrittskarten im Internet muss der Kunde die Zustimmung zu den klägerischen ATGB, die über einen Button "AGB" aufgerufen, heruntergeladen und ausgedruckt werden können, bestätigen. Zum Inhalt des rückwärtigen Ticketaufdrucks und der ATGB sowie des Erscheinungsbildes des Internetbestellvorgangs bei der Klägerin wird auf Blatt 21 und 682 bis 689 der Akten Bezug genommen.
    
Die Beklagte betreibt die Internetplattformen www.w.de und www.w.com, auf denen Nutzer Eintrittskarten für nationale und internationale Großereignisse auf dem Gebiet der Sport, Musik- und Kulturveranstaltungen anbieten und erwerben können. Auf der Internetseite www.w.com werden Eintrittskarten für internationale Wettkämpfe und Spiele europäischer Profiligen angeboten, auf der Internetseite www.w.de Spiele der deutschen 1. Bundesliga. Interessenten für letztere gelangen über einen Link von der Internetseite www.w.com auf die Internetseite www.w.de. Auf dieser werden Eintrittskarten zu einem beliebigen Festpreis, durch eine Auktion oder zu einem fallenden Preis angeboten und erworben. Verkäufer und Erwerber der Eintrittskarten akzeptieren die auf den Internetseiten veröffentlichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, zu deren Inhalt auf Blatt 117 bis 123 d.A. Bezug genommen wird.
    
Die Beklagte übernimmt den Versand der Eintrittskarten und die Einziehung und Weiterleitung des Kaufpreises und übernimmt dafür eine Garantie. Sie erhält im Verkaufsfall vom Verkäufer 15 % und vom Käufer 10 % des Verkaufspreises als Bearbeitungsgebühr.
    
So wurde auch verfahren beim Verkauf von 10 Eintrittskarten für das Spiel der klägerischen Mannschaft gegen C M am 06.04.2008. Die Firma B GmbH kaufte 10 Eintrittskarten für je 83,00 €. Jeweils vier dieser Karten waren von der Klägerin über Internetbestellung verkauft worden für jeweils 23,50 € an die Erwerber G U und V U , beide wohnhaft in D , I-S-Straße 20. Zwei Karten hatte eine Frau J U aus N über Internet bei der Klägerin erworben. Der Erwerber G U warb unter dem Impressum Firma F X G U D auf der Internetseite www.F -X .de damit, dass er in der Saison 2007/08 wieder Karten für nahezu alle ausverkauften Spiele in der Fußballbundesliga im Angebot habe. Ein Gewerbetreibender G V U , I-S-Straße 20 in D ist mit Betriebsbeginn zum 01.06.2007 im Gewerberegister des Bezirksamtes Q von D registriert u.a. für die Tätigkeit Verkauf und Ermittlung von Eintrittskarten für Konzertveranstaltungen und Sportveranstaltungen. Zum Inhalt der Gewerberegisterauskunft und der Internetwerbung wird auf Blatt 593 und 599 d.A. Bezug genommen.
    
Die Beklagte kooperiert mit verschiedenen Fußballvereinen. Auch die Parteien verhandelten über eine Kooperation. Eine Einigung wurde aber nicht erzielt. Die Klägerin mahnte die Beklagte ab mit Schreiben vom 06.08.2007 und 13.08.2007. Sie erklärte, dass sie eine kommerzielle Nutzung ihrer X nicht dulden könne und forderte die Beklagte auf, künftig nicht mehr klägerische X zum Kauf und/oder Verkauf über die Onlineplattform www.w.de als Vermittler anzubieten. Die Beklagte lehnte dies und die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Zum Inhalt der vorprozessualen Korrespondenz wird auf Blatt 41-48 d.A. verwiesen.
    
Die Klägerin nahm die Beklagte mit der im Oktober 2007 erhobenen und im Februar 2008 erweiterten Klage auf Unterlassung in Anspruch. Der Rechtsstreit wurde im Hinblick auf kartellrechtliche Einwendungen der Beklagten im Mai 2008 an die Kartell-KfH verwiesen. Im Verhandlungstermin im Dezember 2008 wurde Entscheidung im schriftlichen Verfahren für den 19.03.2009 angeordnet. Zuvor schlug die Klägerin der Beklagten außergerichtlich den Abschluss eines Vergleichs vor, was die Beklagte jedoch ablehnte. Die Klägerin erklärte daraufhin die Rücknahme der Klage. Die Beklagte widersprach der Klagerücknahme.
    
Die Klägerin hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig. Sie behauptet, auf der Internetseite der Beklagten würden keineswegs ausschließlich Privatverkäufe stattfinden, vielmehr und auch überwiegend gewerbliche, auf Gewinnerzielung gerichtete Versteigerungen. Dabei würden Verkäufe von Personen durchgeführt, die unter Verschleierung ihrer Weiterverkaufsabsicht die Karten bei ihr gekauft hätten. Das gesamte Geschäftskonzept der Beklagten beruhe auf diesen gewerblichen Wiederverkäufern, die sich bei zuschauerstarken Spielen Eintrittskarten besorgten, um diese auf der Internetpräsenz der Beklagten unter Gewinn zu verkaufen. Die Beklagte partizipiere an dem Gewinn aus den wettbewerbswidrigen Verkäufen. Sie verwirkliche auch als Mittäterin den Tatbestand des § 3 UWG, weil sie dem gewerblichen Wiederverkäufer durch das Internet eine Plattform für sein wettbewerbswidriges Handeln biete. Zumindest hafte die Beklagte als Störerin. Ihr sei die wettbewerbswidrige Nutzung der Internetplattformen positiv bekannt. Sie sei deswegen verpflichtet, nicht nur die wettbewerbswidrige Anzeigen zu entfernen, sondern durch Kontrollmechanismen dafür Sorge zu tragen, dass keine wettbewerbswidrigen Handlungen auf ihren Plattformen vorgenommen werden.
    
Die Klägerin geht davon aus, dass ihre ATGBs wirksam in die Verträge mit ihren Kunden einbezogen werden. Sie behauptet hierzu, dass sowohl in den Vorverkaufsstellen als auch in ihrer Geschäftsstelle gut sichtbare Hinweise auf die für die Kunden einsehbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aushJ n. Durch kommentarlose Entgegennahme der Eintrittskarten mit den auf der Rückseite aufgedruckten ATGBs würden diese in den Vertrag einbezogen. In den Callcentern und in Onlineshops könne der Kunde nur bestellen, wenn er das Anerkenntnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Mausklick dokumentiere. Die Geschäftsbedingungen gelten nach Auffassung der Klägerin nicht nur gegenüber dem Ersterwerber sondern auch gegenüber jedem Zweiterwerber. Sie seien AGB-rechtlich nicht zu beanstanden, da sich das Veräußerungsverbot auf einen Weiterverkauf zu kommerziellen Zwecken beschränke und eine Veräußerung für den Fall der Verhinderung nicht ausschließe. Die Beschränkung der Abnahmemenge und das Verbot der Weiterveräußerung zu erhöhten Preisen seien zulässig. Sie strebe sie keine Gewinnmaximierung an, sondern wolle vielmehr zur Unterstützung ihrer Mannschaft einer möglichst hohen Zahl von Fans die Anwesenheit im Stadion zu sozialverträglichen Preisen ermöglichen. Aus sozialen Gründen nutze sie das Preisspektrum deswegen bewusst nicht aus, anders als die Weiterverkäufer und die Beklagte, die als Trittbrettfahrer die im Millionenbereich liegenden Investitionen nutzten, ohne sich an den Kosten zu beteiligen. Dieses auf reine Wirtschaftsinteressen ausgerichtete Verhalten führe für sie als Veranstalter zu einer Rufschädigung, da ihr von ihren Anhängern kollusives Zusammenarbeiten mit der Absicht einer Gewinnmaximierung vorgeworfen werde. Die Tätigkeit der Beklagten beeinträchtige auch ihr Sicherheitsinteresse und das aller Stadionbesucher. Personen mit gewaltbereitem oder rassistischem Hintergrund, die erfahrungsgemäß zur Bestellung die Anonymität des Internets bevorzugten, würden bei ihr durch das Verkaufssystem erkannt und gesperrt, während sie über die Internetplattform der Beklagten ohne jede Prüfung Karten erwerben könnten.
    
Die Klägerin beantragt,
    
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im Geschäftsverkehr, insbesondere im Internet und dort insbesondere unter den Internetseiten www.w.de und www.w.com Dritten die Möglichkeit zu geben, Eintrittskarten zu Spielen der Lizenzspielermannschaft der E H GmbH & Co. KGaA anzubieten bzw. an den Verkäufen in sonstiger Weise mitzuwirken,
    
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im Geschäftsverkehr, insbesondere im Internet und dort insbesondere unter der Internetseite www.w.de und www.w.com sowie unter anderen von der Beklagten betriebenen Internet-Plattformen Dritten die Möglichkeit zu geben, Eintrittskarten zu Spielen der Lizenzspielermannschaft der E H GmbH & Co. KGaA anzubieten bzw. an den Verkäufen in sonstiger Weise mitzuwirken, sofern die auf der Internetseite der Beklagten ihre Angebote einstellenden Dritten die Karten durch den Kläger unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht erworben haben.
    
Die Beklagte beantragt,
    
die Klage nach Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
    
Die Beklagte hält die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht für gegeben, da es sowohl an einem Vertragsverhältnis als auch einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien fehle. Die Parteien seien nicht Mitbewerber, da ihr jeweiliges Angebot völlig unterschiedliche Leistungen betreffe. Es liege auch keine gezielte Behinderung und auch kein unlauteres Ausnutzen eines Vertragsbruches durch Ticketweiterverkäufer vor. Die ATGBs der Klägerin würden mangels Aushangs oder sonstigen Hinweises nicht Bestandteil des Vertrages zwischen der Klägerin und den Kartenerwerbern. Das Weiterveräußerungsverbot in den ATGBs sei zudem wegen Verstoßes gegen §§ 307 ff. BGB und europäisches und deutsches Kartellrecht unwirksam. Ein schützenswertes Interesse der Klägerin an der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit der Eintrittskarten bestehe nicht oder trete hinter dem legitimen Interesse der Ticketverkäufer an unbeschränkter Weiterveräußerung zurück. Die Klägerin als Alleinanbieterin der Karten für ihre Heimspiele schränke durch ein generelles Weiterveräußerungsverbot die Handlungsfreiheit ihrer Vertragspartner ohne sachliche Rechtfertigung ein und verstoße damit gegen Artikel 82 EGV und §§ 19 Abs. 4 Satz 1, 20, 21 GWB.
    
Eine Haftung als Störerin nach § 1004 Abs. 1 BGB analog scheide für sie aus, da kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Ticketverkäufen und der Klägerin und damit auch kein Wettbewerbsverstoß eines Dritten vorliege. Sie sei auch in keiner Weise beteiligt am etwaig wettbewerbswidrigen Verhalten Dritter. Eine Mitwirkungshandlung könne weder in der Erhebung von Provision noch in dem Angebot der Garantie gesehen werden. Sie habe auch keine gesicherte Erkenntnis, unter welchen Umständen Verkäufer die Eintrittskarten erworben hätten. Angesichts der großen Menge der über die Internetplattform abgewickelten Verkäufe und mangels jeglicher Kontrollmöglichkeit könne sie nicht überprüfen, ob sich Kunden wettbewerbskonform verhielten. Sie müsse und dürfe sich deshalb auf die Eigenverantwortung ihrer Kunden verlassen.
    
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
    

Entscheidungsgründe:
    
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
    
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist gegeben nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG. Die Beklagte verhält sich nach schlüssigem Vortrag der Klägerin wettbewerbswidrig. Bei Wettbewerbsverstößen im Internet ist nach dem Grundsatz des fliegenden Gerichtsstands Begehungsort im Sinne von § 14 Abs. 2 UWG jeder Ort der Verbreitung.
    
Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung verlangen nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 10 UWG. Aktivlegitimation der Klägerin und Passivlegitimation der Beklagten sind gegeben. Die Beklagte wirkt durch ihr Leistungsangebot täterschaftlich mit am wettbewerbswidrigen Schleichbezug gewerblich tätig werdender Kartenweiterverkäufer. Sowohl das Handeln der Beklagten als auch das der das Dienstleistungsangebot der Beklagten nutzenden gewerblichen Kartenweiterverkäufer ist eine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 UWG. Beide stehen nach der gebotenen weiten wirtschaftlichen Betrachtungsweise in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin als Anbieterin von Waren und Dienstleistungen.
    
Der Erwerb der Eintrittskarten bei der Klägerin oder bei von dieser autorisierten Verkaufsstellen durch Dritte zum Zwecke des gewerblichen Weiterverkaufs ist eine nach § 4 Nr. 10 UWG verbotene gezielte Mitbewerberbehinderung. Wenn ein Anbieter, der sein Produkt ausschließlich selbst vermarkten will, seinen Abnehmern die gewerbliche Weiterveräußerung der Ware verbietet und dies beim Verkauf der Ware deutlich macht, können Erwerber, die die Ware von vornherein in Ausübung ihres Gewerbes weiterverkaufen wollen, nur durch Täuschung über diese Weiterverkaufsabsicht erwerben (BGH, Urteil vom 11.09.2008, ZR 74/06 Rn. 22 f).
    
Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin vermarktet ihr Produkt ausschließlich selbst. Sie ist nicht bereit, an gewerbliche Wiederverkäufer zu verkaufen und macht dies durch das Veräußerungsverbot in ihren Allgemeinen Ticketbedingungen den Erwerbern der Karten deutlich. AGB-rechtliche Beanstandungen sind insoweit nicht zu erheben. Die formularmäßige Erklärung eines Kartenerwerbers zur privaten Nutzungsabsicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist zulässig (BGH, a.a.O., Rn. 24).
    
Die Vereinbarung eines Weiterveräußerungsverbotes ist auch kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Jedem Anbieter einer Ware oder Dienstleistung, auch dem marktbeherrschenden Alleinanbieter, steht Gestaltungsfreiheit hinsichtlich seines Absatzsystems zu. Dies gilt vorrangig für die insoweit zu treffenden unternehmerischen Grundentscheidungen. Die Entscheidung, die mit den getätigten Investitionen geschaffenen Gewinnmöglichkeiten allein abzuschöpfen durch ein ausschließlich unternehmenseigenes Absatzsystem, ist legitim. Dass hierdurch an der kommerziellen Nutzung der Ware interessierte Dritte in ihrer wirtschaftlichen Betätigung beeinträchtigt werden, ist zwangsläufig und auch unter Berücksichtigung der auf Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Kartellrechts hinzunehmen. Zwar ist das Interesse, mit verkehrsfähigen Wirtschaftsgütern Handel zu treiben, grundsätzlich nicht zu beanstanden (BGH, a.a.O., Rn. 26). Es ist aber keineswegs höher einzuschätzen als das Interesse des Herstellers an der alleinigen Nutzung der von ihm allein aufgebrachten Investitionen. Die wirtschaftliche Betätigung der von der Absatzbeschränkung betroffenen Dritten wird auch nicht entscheidend behindert. Kartenhändlern ist es unbenommen, zu handeln mit der Ware anderer Anbieter, die sich für ein anderes Absatzsystem entschieden haben. Ihnen wird eine wirtschaftliche Betätigung selbst dann nicht unmöglich gemacht, wenn sich auch andere Profifußballvereine so wie die Klägerin verhalten. Der Handel mit Eintrittskarten beschränkt sich nicht auf Karten für Sportveranstaltungen. Gleiche Erwägungen gelten im Hinblick auf das Dienstleistungsangebot der Beklagten. Die Vermittlung von Vertragsabschlüssen über das Internet ist der Beklagten weiterhin möglich. Die Beklagte kooperiert nach eigenem Vorbringen mit verschiedenen Vereinen. Auf ihren Internetplattformen werden nicht nur Eintrittskarten für Sportveranstaltungen, sondern auch Karten für sonstige Großereignisse verkauft.
    
Durch die Täuschung über die Wiederverkaufsabsicht behindern gewerbliche Erwerber die Klägerin bei der Durchführung ihres Absatzsystems in unlauterer Weise. Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen sind außer den Erwägungen, die im Rahmen der kartellrechtlichen Interessensabwägung eine Rolle spielen, die von der Klägerin mit ihrer Preispolitik verfolgten sozialen Interessen und ihr Interesse an der Gewährleistung einer besseren Stadionsicherheit zu berücksichtigen. Entscheidend für die Unlauterkeitsabwägung ist aber letztlich, dass alle Interessen nur mit redlichen Mitteln verfolgt werden können. Die Durchsetzung auch grundsätzlich legitimer Interessen mit unredlichen Mitteln, wozu Täuschung gehört, ist rechtlich nicht schützenswert (BGH, a.a.O., Rd. 26).
    
Die Beklagte beteiligt sich am unlauteren Schleichbezug der gewerblich tätigen Wiederverkäufer. Sie stellt nicht nur die Internetplattformen zur Verfügung. Vielmehr übernimmt sie im Rahmen vertraglicher Verpflichtung gegen Entgelt arbeitsteilig und alleinverantwortlich die Abwicklung aller Versand- und Zahlvorgänge. Dies geschieht in Kenntnis der Unlauterkeit des Verhaltens gewerblich tätig werdender Verkäufer. Die Hinweise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zeigen, dass sie davon ausgeht, dass auch gewerbliche Verkaufstätigkeit ausgeübt wird. Diese wird durch die Gestaltung der speziell darauf ausgerichteten Verkäuferangebotsseite gezielt gefördert. Die Möglichkeit, X auch in großer, die klägerische Abgabebeschränkung nicht beachtender Zahl und vor Beginn des klägerischen Kartenverkaufs anzubieten, richtet sich typischerweise an einen kommerziellen Kartenerwerber und nicht an den Privatkartenerwerber, der im Einzelfall aus persönlichen Gründen auf einen Kartenweiterverkauf angewiesen ist.
    
Die Beklagte ist nicht nur täterschaftlich beteiligt am Wettbewerbsverstoß ihrer gewerblich tätigen Kunden. Sie handelt auch selbst wettbewerbswidrig nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG. Ihre Förderung des unlauteren Wettbewerbs Dritter stellt zugleich eine Förderung des eigenen Dienstleistungsunternehmens dar. Das Handeln in Kenntnis der Unlauterkeit des geförderten Wettbewerbsverhaltens begründet auch den Vorwurf eigener Unlauterkeit. Die vorherigen Ausführungen zu Interessenabwägung bei der kartellrechtlichen und unlauterkeitsrechtlichen Prüfung gelten auch hier.
    
Für die wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten ist es ausreichend, dass der von der Beklagten angebotene virtuelle Marktplatz für wettbewerbswidrige gewerbliche Verkaufstätigkeit geeignet und als solche auch genutzt wird. Dass es daneben auch zu wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandenden Verkaufsgeschäften kommen kann und kommt, ist unbeachtlich. Dies macht das wettbewerbswidrige Verhalten der gewerblich tätigen Dritten und der Beklagten selbst nicht wettbewerbskonform. Ob es bei der Nutzung der Internetplattformen der Beklagten tatsächlich zu einem Wettbewerbsverstoß kommt und gegen die Beklagte ein Ordnungsmittel zu verhängen ist, ist eine Frage der Vollstreckung, im Rahmen derer wird zu überprüfen sein, ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für einen Wettbewerbsverstoß vorliegen.
    
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr aus faktischen Gründen bei Erbringung ihres Dienstleistungsangebotes eine Differenzierung zwischen wettbewerbskonformen und wettbewerbswidrigen Verkäuferangeboten nicht möglich ist und sie keinerlei Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten hat. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, muss die Beklagte hieraus die von ihr befürchtete Konsequenz ziehen und ihr Internetdienstleistungsangebot einstellen. Wer die Grundlage für ein wettbewerbswidriges Verhalten Dritter schafft und sich hieran in wettbewerbswidriger Weise mit Gewinnerzielungsabsicht beteiligt, kann sich nicht mit der Behauptung fehlender rechtlicher und tatsächlicher Einflussmöglichkeit exkulpieren.
    
Wiederholungsgefahr ist gegeben. Sie wird indiziert durch den Verkaufsfall des Erwerbers und Verkäufers G U . Es spricht vieles dafür, dass dieser von der Klägerin zwei Mal 4 Eintrittskarten erworben und auf der Internetplattform der Beklagten verkauft hat. Ausweislich der Gewerberegisterauskunft hat Herr U die Vornamen G V und dürfte angesichts dessen personenidentisch sein mit G U und V U . Aber auch wenn ein Erwerber G U nur ein Mal 4 Eintrittskarten bei der Klägerin erworben hat, liegt ein wettbewerbswidriger Schleichbezug durch ihn vor. Nach dem von der Klägerin im Einzelnen dargelegten Bestellvorgang ist der Kartenerwerb online unter Einbeziehung der klägerischen ATGBs erfolgt. Der Erwerber U hat die Klägerin über seine Absicht des Wiederverkaufs getäuscht. Angesichts der Gewerberegisterauskunft spricht eine Vermutung dafür, dass G U zwei Jahre nach seiner Gewerbeanmeldung noch in dem von ihm angemeldeten Gewerbe tätig ist und der An- und Verkauf der Karten zum Spiel der Mannschaft der Klägerin im Rahmen dieser Gewerbetätigkeit erfolgte. Die Beklagte hat für eine Widerlegung der Vermutung betreffend die Händlereigenschaft und die Täuschungshandlung und Täuschungsabsicht des Erwerbers nichts Substantiiertes vorgetragen und auch keinen Beweis angetreten.
    
Der Unterlassungsanspruch ist gegeben auch im Hinblick auf die Internetdomain www.w.com. Die Beklagte verfügt über diese und bedient sich ihrer durch den auf die deutsche Internetseite weisenden Links auch im Hinblick auf das wettbewerbswidrige Verhalten bei der Nutzung der deutschen Internetplattform.
    
Die Formulierung des Tenor berücksichtigt, dass die Klägerin eine Verurteilung auch nach dem Hauptantrag analog der Tenorierung im angegebenen Urteil des BGHs anstrebt. Ihr Hauptantrag wurde angesichts dessen ausgelegt dahingehend, dass er sich beziehen soll auf Erwerb der Eintrittskarten der Kunden von der Klägerin und von durch diese autorisierten Dritten.
    
Die weitergehende Klage ist unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht nicht im Hinblick auf den Erwerb der Karten durch nichtgewerblich tätige Dritte und durch gewerblich tätige, aber nicht wirksam an das Veräußerungsverbot der Klägerin gebundene Dritte.
    
Kartenerwerbern, mit denen die Klägerin ein Weiterveräußerungsverbot nicht wirksam vereinbart hat, steht es frei, zu entscheiden, ob und zu welchen Konditionen sie die erworbenen Karten veräußern wollen. Dies gilt gleichermaßen für privat und kommerziell tätig werdende Dritte. Diese haften schon begrifflich nicht auf vertraglicher Grundlage. Sie handeln auch nicht wettbewerbswidrig. Dies gilt auch dann, wenn sie die Eintrittskarten nicht von der Klägerin, sondern von wirksam durch ein klägerisches Weiterveräußerungsgebot gebundenen Dritten erworben haben. Ein Wettbewerbsverstoß unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung fremden Vertragsbruches liegt nicht vor. Das bloße Ausnutzen fremden Vertragsbruchs reicht dafür nicht. Umstände, die einzeln oder in der Gesamtschau die Unlauterkeit des Ausnutzens des Vertragsbruchs begründen, liegen nicht vor. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.09.2008 (BGH, a.a.O., Rd. 36 bis 45). Wenn das Verhalten nicht vertraglich gebundener Dritter nicht wettbewerbswidrig ist, scheidet eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung hieran aus. Die Beklagte haftet aber auch nicht selbst nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG. Unlauteres Verleiten zu Vertragsbruch liegt nur vor, wenn gezielt und bewusst auf die Verletzung einer Vertragspflicht hing wirkt wird. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der Vertragsbruch gezielt gefördert oder daran mitgewirkt wird. Auch ein unlauteres Ausnutzen fremden Vertragsbruchs durch die Beklagte liegt nicht vor. Besondere Umstände, die für das Verhalten der Beklagten den Vorwurf der Unlauterkeit des Ausnutzen fremden Vertragsbruches begründen, sind nicht ersichtlich.
    
Die Klage ist letztlich auch unbegründet im Hinblick auf private Erwerber, die wirksam an ein Weiterveräußerungsgebot der Klägerin gebunden sind. Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch der Klägerin diesen Kunden gegenüber nach § 280 Abs. 1 BGB besteht nur im Hinblick auf konkrete Weiterveräußerungsfälle. Eine Unterlassung allgemein im Hinblick auf Verletzung künftiger noch nicht geschlossener Verträge kann nicht beansprucht werden (BGH, a.a.O., Rd. 17). Die privaten Erwerber der Klägerin können sich mangels Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UWG auch nicht wettbewerbswidrig verhalten. Eine Haftung der Beklagten insoweit unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung an wettbewerbswidrigen Verhalten Dritter scheidet aus. Die Beklagte verhält sich auch nicht wettbewerbswidrig unter dem Gesichtspunkt der Verletzung zum Vertragsbruch oder des Ausnutzens eines fremden Vertragsbruches. Hier gelten die vorherigen Ausführungen. Auf diese wird Bezug genommen.
    
Über den Hilfsantrag der Klägerin ist nicht gesondert zu entscheiden. Dieser ist als minus im Hauptantrag enthalten und wurde positiv beschieden.
    
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Angesichts des Ausmaßes des beiderseitigen Unterliegens und Obsiegens war Kostenaufhebung anzuordnen. Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil der Verkäufe auf den Internetplattformen der Beklagten durch gewerbliche Händler getätigt wird. Dass dies mehr als die Hälfte aller Verkaufsgeschäfte betrifft, ist von der Klägerin dagegen nicht dargetan.
    
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Die Androhung der Ordnungsmittel folgt aus § 890 ZPO.

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