Werbeslogan „Thalia verführt zum Lesen“ urheberrechtlich nicht schutzfähig
Eigener Leitsatz:
Der Werbeslogan "Thalia verführt zum Lesen" ist urheberrechtlich nicht schutzfähig, da es an der hierfür erforderlichen persönlichen geistigen Schöpfung und einem gewissen Grad an Individualität mangelt. Zudem gilt ein Werbeslogan nach Auffassung des Gerichts nicht als „Vorlage“ nach § 18 UWG, da es insofern an einer körperlichen Fixierung des Slogans mangele; das Kopieren oder Abschreiben eines unkörperlichen Werbeslogans sei von § 18 UWG nicht mehr umfasst.
Landgericht Mannheim
Urteil vom 11.12.2009
Az.: 7 O 343/08
Leitsätze:
1. Werbeslogans sind nur dann als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt, wenn sie einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad aufweisen und eine bloße Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (hier verneint für "Thalia verführt zum Lesen" in der Werbung für eine Buchhandlung).
2. Werbeslogans sind keine Vorlagen im Sinne von § 18 Abs. 1 UWG.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen teilweiser Übernahme einer von ihr entworfenen Werbekonzeption durch die Beklagte.
Die Klägerin betreibt eine Werbeagentur. Im Januar 2007 veranstaltete die [A.] GmbH, die beabsichtigte, im Mai 2007 in eine Buchhandlung zu eröffnen, einen Wettbewerb zur Erstellung einer Werbekampagne, in dessen Rahmen die Klägerin am 23.01.2007 das in Anlage K2 ersichtliche Konzept – umfassend drei Linien (Herzbuch, Sofa und Bluebook) und den Slogan „T… verführt zum Lesen“ – vorstellte. Hierzu waren ihr im Vorfeld als Vorgaben seitens der Beklagten ein sog. Briefing sowie „Arbeitshilfen Marketing & Werbung für Eröffnungen“ zur Verfügung gestellt worden. Am 13.03.2007 kam es zu einer Kalkulation der Kosten und einem schriftlichen Angebot an die Beklagte, welches diese mit Schreiben vom 20.03.2007 ablehnte.
Für die Eröffnung der [A.]-Filiale in der Kaiserstraße in [ (Ort) ] wurde der Slogan „T… verführt zum Lesen“ zusammen mit Abbildungen unterschiedlicher Personen in diversen Lebenslagen nach Auskunft der Beklagten vom 15.06.2007 u.a. sowohl auf dem Bauzaun, in Anzeigen und Flyern sowie auf Werbeplakaten und in Radiospots benutzt. Daraufhin berechnete die Klägerin den ihr entstandenen Schaden mit EUR 41.450,00. Die Beklagte war mit Schreiben vom 31.05.2007 abgemahnt worden.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe die von der Klägerin entworfene Werbekampagne komplett, zumindest jedoch mit dem Slogan „T… verführt zum Lesen“ deren Herzstück übernommen. Sowohl die Werbekonzeption als Ganzes als auch der Werbeslogan für sich seien urheberrechtlich schutzfähig, jedenfalls stelle Letzterer eine Vorlage im Sinne von § 18 UWG dar. Die Beklagte sei jedenfalls als Mittäterin der [A.] GmbH passivlegitimiert. Im Wege der Lizenzanalogie stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in beantragter Höhe nach der von ihr getätigten Berechnung zu.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 41.450,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.580,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe viele Teile des von der Klägerin vorgeschlagenen Werbekonzeptes – wie z.B. die Gegenüberstellung zweier zusammengehöriger oder sich ausschließender aber vom Sprachduktus her passender Worte (Linie Bluebook), den Druck von T-Shirts „Leseverführer“, die Fertigung von Tragetaschen oder Büchern im Reclamformat oder das Aufstellen überdimensionierter Bücher in der Innenstadt – gerade nicht übernommen. Zudem seien von der Beklagten sehr viele – die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Konzeptes als Ganzem ausschließende – Vorgaben wie die Verwendung von Einladungskarten, Lesezeichen, In-House-Leseproben, Veranstaltungskalendern und Plakaten auf Bauzäunen gemacht worden, andere Dinge wie die Schaltung von Anzeigen seien jedenfalls im Rahmen einer bevorstehenden Eröffnung eines neuen Ladenlokals naheliegend. Der unstreitig von der Klägerin stammende und von der Beklagten übernommene Slogan „T… verführt zum Lesen“ sei mangels persönlicher geistiger Schöpfung ebenfalls einem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich, eine Vorlage nach § 18 UWG könne hierin nicht erblickt werden. Da die Ausschreibung für den Wettbewerb nicht von der Beklagten stamme, sei sie jedenfalls nicht Anspruchsgegnerin.
Zur Vervollständigung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht weder aus Vertrag (1.) oder § 97 Abs. 2 UrhG (2.) noch aus § 9 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 10 bzw. Nr. 11, § 18 UWG (3.) oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 UWG (4.) ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung von EUR 41.450,00 zu, sodass auch der Nebenanspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu versagen war.
1. Vertragliche Ansprüche stehen zwischen den Parteien nach der Ablehnung des Angebots der Klägerin vom 13.03.2007 durch die Beklagte am 20.03.2007 nicht im Streit und wurden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
2. Ein Anspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG scheidet sowohl hinsichtlich der Werbekonzeption als Ganzes mangels Übernahme durch die Klägerin (a.) als auch bezogen auf den Slogan „T… verführt zum Lesen“ infolge fehlender urheberrechtlicher Schutzfähigkeit (b.) aus.
a. Die Kammer kann die von den Parteien aufgeworfene Rechtsfrage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Werbekonzepten (eine solche wohl bejahend Schricker, Der Urheberrechtsschutz von Werbeschöpfungen, Werbeideen, Werbekonzeptionen und Werbekampagnen , GRUR 1996, 815; ablehnend dagegen Hertin, Zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Werbeleistungen unter besonderer Berücksichtigung von Werbekonzeptionen und Werbeideen , GRUR 1997, 799) dahinstehen lassen, da die Beklagte das mit Anlage K2 von der Klägerin vorgelegte Werbekonzept nicht (komplett) übernommen hat.
Nach der von der Beklagten auf die klägerische Abmahnung hin erteilten Auskunft vom 15.06.2007 und der seitens der Klägerin daraufhin erstellten und zur Grundlage ihres geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gemachten Berechnung hat die Beklagte lediglich den Claim „T… verführt zum Lesen“ sowie die von der Klägerin stammende und in dem vorgelegten Konzept zum Ausdruck gebrachte Idee der Verwendung von (in klägerischer Kampagne und beklagtenseitiger Umsetzung nicht identischen) Fotos lesender Personen in unterschiedlichen Lebenslagen („Mann im Café“; „Mann in der Freizeit“) übernommen, die weiteren vorgeschlagenen Ideen und Events jedoch bei den entfalteten Tätigkeiten außen vor gelassen.
So konnte die Klägerin auf das Bestreiten der Beklagten hin weder die Umsetzung der als Linie 1 bezeichneten „Herzbuch“-Konzeption (bei der verschiedene Personen aus einem als Herz gestalteten Buch lesen) noch der als Linie 2 bezeichneten „Sofa“-Idee (bei der unterschiedliche Couch-Abbildungen zu sehen sind) noch des charakteristischen „Bluebook“-Vorschlags (bei welchem als imaginäre Buchtitel zwei zusammengehörige oder sich ausschließende aber vom Sprachduktus her passende Worte gegenübergestellt wurden [Stichwort: Hamlet & Omlett]) belegen. Auch die weiteren in Anlage K2 ersichtlichen Ideen (Polo-Shirts mit Aufdruck ‚Leseverführer‘, Luftballons mit dem Musenaufdruck, [ (Fußballverein) ]-Aktion, [ (Ort) ] als offenes Buch, Verwendung von Büchern im Reclamformat etc.) finden sich in den die von der Beklagten entfalteten Werbetätigkeiten nicht und sind auch von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.
Mangels in Bezug auf das ganze Werbekonzept erfolgter Verletzungshandlung scheidet § 97 Abs. 2 UrhG als Anspruchsgrundlage demnach aus.
b. Hinsichtlich des unstreitig zusammen mit der Idee der Verwendung von Personenfotografien in unterschiedlichen Situationen von der Beklagten übernommenen Slogans „T… verführt zum Lesen“ kommt ein Anspruch mangels Schutzfähigkeit nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 UrhG nicht in Betracht.
aa. Zwar ist auch für einen Werbeslogan grundsätzlich ein Schutz als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG denkbar, da hierunter nicht nur rein literarische oder wissenschaftliche Sprachwerke, sondern auch Schöpfungen des praktischen und geschäftlichen Lebens fallen (vgl. Erdmann, Schutz von Werbeslogans , GRUR 1996, 550), allerdings hängt auch hier die Schutzfähigkeit von der Erfüllung der Anforderungen an den Werkbegriff nach § 2 Abs. 2 UrhG ab.
bb. An der hierfür erforderlichen persönlichen geistigen Schöpfung, d.h. der Individualität des Werkes mangelt es im vorliegenden Fall.
Der auch für einen Werbeslogan als schutzfähiges Sprachwerk nötige „hinreichende schöpferische Eigentümlichkeitsgrad“, eine auch für die im Rahmen von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG für die sog. kleine Münze nötige ( Dreyer in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 Rn. 105) bestimmte „Gestaltungshöhe“ oder die verschiedentlich als Werk- oder Schöpfungshöhe bezeichnete urheberschutzrelevante Untergrenze (vgl. Schulze in: Dreyer/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 2 Rn. 20 m.w.N.) ist bei dem Satz „T… verführt zum Lesen“ nicht überschritten.
Alleine aus der Verwendung der aus der griechischen Mythologie bekannten ‚T…’ als derjenigen der neun Musen, die für die komische Dichtung und die Unterhaltung stand und später als Beschützerin aller Theaterspielstätten angesehen wurde (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/T…_(Mythologie), kann die Individualität nicht gefolgert werden, da ‚T…’ auch Firmenbestandteil der die neu zu eröffnende Filiale betreibenden Gesellschaft ist und daher für beide Parteien vor dem Hintergrund der Expansionsbemühungen der Buchhandelskette klar war, dass die ’corporate identity’ auch im Werbekonzept ihren Niederschlag finden musste.
Gleiches gilt für den zum Lesen hergestellten Bezug, schließlich war Ziel der Kampagne eine Abgrenzung zu anderen bereits in [ (Ort) ] ansässigen Buchhandlungen, deren Hauptbetätigungsfeld nun einmal der Verkauf von Leseartikeln ist.
Selbst wenn man in der Kombination des Satzes „T… verführt zum Lesen“ mit der Idee, lesende Menschen in verschiedenen Situationen ihres Lebens abzubilden, im Vergleich zum vorbekannten Formengut eigenschöpferische Züge ermitteln könnte, ist ein für § 2 Abs. 2 UrhG nötiges (BGH, Urteil vom 9.05.1985 – I ZR 52/83 – GRUR 1985, 1041) deutliches Überragen gegenüber der Durchschnittsgestaltung nach Auffassung der Kammer darin nicht zu erkennen. Die bildliche Unterfütterung von Werbeslogans ist heutzutage Gang und Gebe, die Idee, für einen Buchladen lesende Menschen zu portraitieren, mehr als naheliegend und damit nicht individuell.
3. Ansprüche aus § 9 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 10 bzw. Nr. 11, § 18 UWG scheiden ebenfalls aus.
Die vorliegende Fallgestaltung fällt nicht unter die zu § 4 Nr. 10 UWG (gezielte Mitbewerberbehinderung) entwickelten Fallgruppen (vgl. hierzu Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009 § 4 Rn. 10.1ff.).
Die umstrittene Frage, ob § 18 UWG eine von § 4 Nr. 11 UWG erfasste gesetzliche Vorschrift darstellt (verneinend MüKo/ Schaffert , Lauterkeitsrecht, 2006, § 4 Nr. 11 Rn. 342; bejahend Köhler a.a.O., § 17 Rn. 52, § 18 Rn. 19), kann dahinstehen, da es sich bei dem Werbeslogan nicht um eine Vorlage im Sinne von § 18 UWG handelt (dazu unten 4.).
4. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 UWG, da der übernommene Werbeslogan (auch in Kombination mit den – im übrigen nicht identischen – Fotos aus dem Konzept) keine Vorlage im Sinne von § 18 UWG darstellt.
a. Die Frage wird – soweit ersichtlich – in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet.
Nach einer Ansicht (GK-UWG- Otto , Bd. II, § 18 Rn. 9; MüKo/ Brammsen , UWG, 2006, § 18 UWG, Rn. 14) kann ein Werbeslogan kein Tatgegenstand nach § 18 UWG sein, da notwendig für den Begriff der Vorlage stets die Verkörperung eines Herstellungsgedankens sei. Eine weitere Auslegung überschreite die Wortlautgrenze, da es insoweit an der Ausführungsanleitung fehle.
Andererseits wird vertreten (KG Berlin, GRUR 1988, 702, 703 – Corporate Identity; Fezer/ Rengier , Lauterkeitsrecht, 2005, § 18, Rn .13; Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, § 18, Rn. 9; Harte-Bavendamm/Hennig-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, § 18, Rn. 3; Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006, § 18 Rn. 4), auch das Kopieren oder Abschreiben einer Vorlage stelle eine Benutzung im Sinne von § 18 UWG dar, die die Herstellung einer neuen Sache ermögliche. Insoweit wird argumentiert, dass es vom Schutzzweck des § 18 UWG nicht darauf ankommen könne, ob ein Herstellungsgedanke verkörpert werde oder eine direktes Kopieren einer Vorlage vorgenommen werde, da auch insoweit eine neue Sache unter Benutzung der Vorlage hergestellt werde.
b. Die Kammer schließt sich der erstgenannten Auffassung an.
aa. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm fallen unter Vorlagen im Sinne von § 18 UWG nach Ansicht der Kammer nur konkret in Gegenständen verkörperte oder abstrakt in Beschreibungen oder Zeichnungen dargestellte Hilfsmittel , mit deren vorbildgetreuen Einsatz bei der Anfertigung neue Produkte bzw. Waren erstellt werden können; die Vorlagen müssen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch überhaupt erst die Ausführung in der beabsichtigten Art und Weise ermöglichen (so schon das Reichsgericht, Urteil vom 2.02.1912 – IV 1175/11 – RGSt 45, 385).
Aus dem zwar nicht abschließenden (‚insbesondere‘) aber für die Bestimmung des Schutzumfangs heranzuziehenden Katalog der Einzelbeispiele (Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte) des § 18 Abs. 1 UWG ergibt sich, dass es für die Verwirklichung des Tatbestandes gerade nicht ausreicht, wenn die ‚Vorlage‘ selbst eins zu eins übernommen wird, ohne dass diese als Ausführungsanleitung dient. Auch wenn bei der Kopie eines Werbeslogans möglicherweise ein neues Produkt (Werbeplakat, Flyer, Einladungskarten etc.) geschaffen wird, mangelt es – anders als bei den vom Gesetz angeführten Beispielen – daran, dass das Ausgangsmaterial für die Herstellung neuer, aufgrund der Existenz und handwerklichen Benutzung der Vorlage erst möglich gewordener Sachen verwendet wird.
Das von den Verfechtern der Gegenansicht stets zitierte Urteil des Kammergerichts (09.06.1987 – 5 U 6153/85 – GRUR 1988, 702 "Corporate Identity") enthält neben dem Verweis auf obige Reichsgerichtsentscheidung ansonsten keine Begründung für das Unterfallen eines Werbeslogans unter § 18 UWG. Das Reichsgericht liefert bei näherer Betrachtung mit der Wiedergabe des Gesetzeszwecks (Begründung zu §§ 14-17 des Regierungsentwurfs, Drucksachen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, I. Session, 1907/09, Nr. 1109 S. 22) vielmehr Grund zu der Annahme, dass es dem historischen Gesetzgeber allein um das Schließen von Strafbarkeitslücken in der damaligen Stickerei- und Spitzenindustrie ging, wenn es ausführt, dass „[i]n den Kreisen der Stickerei- und Spitzenindustrie Klage geführt worden sei über den Mißbrauch, der von Unternehmern mit den ihnen von den Fabrikanten zur Ausführung von Aufträgen übergebenen Schablonen getrieben werde. Diese Unternehmer benutzten die Schablonen zur Herstellung von Waren, die sie zum Schaden der Auftraggeber auf eigene Rechnung vertrieben. Es werde berichtet, dass Aufkäufer die Betriebsräume der Lohnmaschinenbesitzer besuchten, von den dort für den Fabrikanten in Arbeit befindlichen Spitzen und Stickereien die ihnen am gangbarsten erscheinenden auswählten und diese von dem Unternehmer mit der Schablone der Fabrikanten ausführen ließen. Ähnliche Missbräuche kämen auch auf anderen Industriegebieten vor. Solchen Verfehlungen gegen Treu und Glauben müsse entgegengetreten werden.“
Der Gesetzgeber hatte demnach – wie die Regelbeispiele belegen – im Sinn, als Vorlagen des § 18 UWG alleine solche Gegenstände anzusehen, die bei der Herstellung neuer Sachen als Vorbilder benutzt werden. Für eine weitergehende, auch Werbeslogans umfassende Auslegung des Vorlagenbegriffs gibt weder der strikte Wortlaut, noch der darin zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers etwas her.
bb. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen und im Einzelfall (hier: wegen der in der Dienstleistungsgesellschaft immens gestiegenen Bedeutung von unkörperlichen Werten wie z.B. Werbeslogans) auch wünschenswert, ältere und daher naturgemäß in anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verabschiedete Gesetze den aktuellen wirtschaftlichen Realitäten anzupassen, allerdings kommt diese Aufgabe dort, wo es für eine bestimmte Auslegung einer Norm weder in deren Wortlaut noch in der Historie eine Stütze gibt, dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber zu.
Eine Fallgestaltung aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen heraus als von einer Norm erfasst anzusehen, die nach den obigen Kriterien nicht mehr unter das Gesetz zu subsumieren ist, verlässt den Bereich der verfassungsrechtlich zulässigen Auslegung eines Gesetzes und verstößt gleichzeitig gegen das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Analogieverbot.
Dieses gilt unmittelbar nur für strafrechtliche Normen. Wenn daraus abgeleitet aber teilweise vertreten wird (so z.B. OLG Schleswig, Urteil vom 6.06.2008 – 1 U 175/06 – NZBau 2008, 646), die zivilrechtliche Beurteilung (über die Verweisung des § 823 Abs. 2 BGB auf ein strafrechtliches Schutzgesetz) brauche auf das strafrechtliche Analogieverbot keine Rücksicht zu nehmen, so wird verkannt, „dass in Fällen, in denen an ein und denselben objektiven Tatbestand sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Sanktionen geknüpft werden, eine einheitliche Beurteilung der Analogiefrage geboten erscheint und im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtseinheit unerlässlich ist“ (BGH, Urteil vom 24.02.1978 – I ZR 79/76 – GRUR 1978, 486 m.w.N.; zustimmend Jauernig/Teichmann, BGB, 13. Aufl. 2009, § 823 Rn. 46; J.Lange/Schmidbauer, jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 823 Rn. 175).
Nach Auffassung der Kammer kann die Auslegung des Tatbestandsmerkmals ‚Vorlage‘ in § 18 Abs. 1 UWG nicht davon abhängen, ob es um die (strafrechtliche) Frage der Verhängung einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 UWG oder um die (zivilrechtliche) Problematik des – im Regelfall über die Lizenzanalogie zu berechnenden und in Geld bestehenden – Schadensersatzes wegen Verletzung des Schutzgesetzes § 18 Abs. 1 UWG geht.
Da vor dem Hintergrund des anzustrebenden Gleichlaufs der Rechtsordnung § 18 Abs. 1 UWG einer Analogie nicht zugänglich ist, scheidet eine Verletzung und damit ein Schadensersatzanspruch über § 823 Abs. 2 BGB aus.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.