Kinderpornografische Dateien führen zur Entfernung aus dem Dienst

29. Juni 2009
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Eigener Leitsatz:

Speichert und lädt ein Professor Bild- und Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt auf seinen dienstlichen PC, so stellt dies ein so schwerwiegendes Dienstvergehen dar, dass es zur Entfernung aus dem Dienst führt. Der Zugriff auf solche Dateien durch einen Professor führt aus Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Dritten regelmäßig zu einem endgültigen und vollständigen Verlust des Ansehens als Lehrender und Vorbild. 

Verwaltungsgericht Göttingen

Urteil vom 12.05.2009

Az.: 5 A 4/07  

Der am … geborene Beklagte war nach seinem Pharmaziestudium und seiner Promotion von 1979 bis September 1981 als wissenschaftlicher Assistent am Pharmakologischen Institut der Universität Freiburg im Breisgau berufstätig. Von Oktober 1981 bis Ende September 1987 war er im Beamtenverhältnis auf Zeit Hochschulassistent an der Universität Freiburg im Breisgau. Im Dezember 1985 habilitierte er sich. Von Oktober 1987 bis Ende 1990 übte er im Rahmen eines Forschungsstipendiums eine Forschungstätigkeit im Laboratory of Molecular Endocrinology, Harvard Medical School, in Boston aus. Mit Wirkung vom 01.01.1991 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor für das Fach Biochemische Pharmakologie bei der Klägerin ernannt. Zum 01.01.2003 wurde er zum Direktor der Abteilung Molekulare Pharmakologie bestellt.

Er ist verheiratet und Vater von drei in den Jahren 1979, 1981 und 1984 geborenen Kindern.

Mit Ausnahme des hier relevanten Sachverhalts ist er bisher weder disziplinarrechtlich noch strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Mit Verfügung vom 14.09.2006 leitete die Klägerin gegen ihn gemäß § 18 NDiszG ein Disziplinarverfahren ein. Ihm wurde vorgeworfen, von seinem Dienstcomputer auf kinderpornografische Bilddateien zugegriffen zu haben. Nach einer Mitteilung des Landeskriminalamtes Berlin sei von einem bestimmten Rechner des Bereichs Humanmedizin ein Zugriff auf kinderpornografische Webseiten erfolgt. Der fragliche Rechner befinde sich im Dienstzimmer des Beklagten und der Beklagte sei als alleiniger Nutzer registriert. Der Beklagte habe gegenüber dem Leiter der Stabsabteilung Rechts- und Grundsatzangelegenheiten, Herrn I., eingeräumt, auf die in Rede stehenden Webseiten zugegriffen zu haben. Hierbei könnte es sich um eine Straftat nach § 184 StGB handeln. Dieser Sachverhalt rechtfertige den Verdacht eines Dienstvergehens nach § 85 Abs. 1 NBG. Der Beklagte erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20.09.2006 teilte er mit, dass er mit Blick auf ein gegen ihn laufendes Strafverfahren von seinem Anhörungsrecht keinen Gebrauch mache.

Mit Verfügung vom 16.10.2006 setzte die Klägerin das Disziplinarverfahren gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG bis zum Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen aus. Nach Einsichtnahme in die Strafakten (Aktenzeichen: 3724 Js 101925/06) nahm sie mit Schreiben vom 02.04.2007 das Disziplinarverfahren wieder auf und gab dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2007 bat der Beklagte, das ausgesetzte Disziplinarverfahren noch nicht wieder aufzunehmen, da die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kurz vor dem Abschluss stünden. Eine Stellungnahme in der Sache erfolgte nicht.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17.01.2008 enthob die Klägerin den Beklagten ab sofort vorläufig des Dienstes und ordnete die sofortige Einbehaltung seiner Bezüge in Höhe von 25 Prozent an.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 21.02.2008 wurde gegen ihn wegen des Besitzes und des Verschaffens von kinderpornografischen Schriften eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 100,00 Euro, insgesamt 9.000,00 Euro, verhängt. Der Beklagte habe sich mit seinem, im Büro des Fachbereichs Molekulare Pharmakologie des Klinikums J. stehenden, dienstlichen Computer insbesondere über die Seiten

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Zugriff auf Dateien mit kinderpornografischen Bildern und Videos verschafft, solche Dateien heruntergeladen und auf seinem Dienstrechner gespeichert. Bei einer Durchsuchung und Datensicherung auf diesem Rechner am 25.09.2006 seien 58 Bild- und 68 Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt festgestellt worden. Der Beklagte habe sich deshalb nach §§ 184 b Abs. 4, 11 Abs. 3, 52, 74 StGB strafbar gemacht. Der mit Strafbefehl vom 18.09.2007 darüber hinaus erhobene Vorwurf, der Beklagte habe auch auf seinem privaten Computer kinderpornografische Bild- und Videodateien aufgerufen, heruntergeladen und auf der Festplatte seines PCs gespeichert, wurde nach seinem Einspruch  gegen diesen Strafbefehl nicht mehr aufrecht erhalten.

Die Klägerin hat am 27.07.2007 Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, der Beklagte habe sowohl auf seinem dienstlichen als auch auf seinem privaten Computer kinderpornografische Bild- und Videodateien herunter geladen und gespeichert. Im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen seien auf seinem dienstlichen Computer am 25.09.2006 58 Bild- und 68 Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt festgestellt worden. Auf seinem privaten Computer seien am 22.11.2006 mindestens 78 Dateien kinderpornografischen Inhalts gefunden worden. Die Nutzung der Dateien sei teilweise gegen Entgelt und unter Einsatz seiner Kreditkarte erfolgt. Demnach habe sich der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft den Besitz von kinderpornografischen Schriften im Sinne des § 184 b StGB verschafft. Damit habe er ein schweres Dienstvergehen nach § 85 Abs. 1 NBG begangen. Die disziplinarrechtliche Konsequenz könne – entsprechend der Rechtsprechung des Niedersächsischen OVG Lüneburg – nur die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sein. Der Beklagte habe durch sein Verhalten erhebliche Persönlichkeitsmängel bewiesen und das Vertrauen seines Dienstherrn in seine Zuverlässigkeit und moralische Integrität von Grund auf zerstört. Ferner seien bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme generalpräventive Erwägungen zu berücksichtigen. Das Beschaffen und der Besitz kinderpornografischer Bilder trage dazu bei, dass wehrlose Kinder aufgrund der Existenz eines entsprechenden Marktes für solche Bilder sexuell missbraucht würden und dass durch die Veröffentlichung und Verbreitung der Bilder in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Kinder fortlaufend eingegriffen werde. Der Konsum kinderpornografischen Materials zeige auch eine nicht hinnehmbare, die missbrauchten Kinder herabwürdigende, Einstellung. Bei der Entscheidung über die zu treffende Disziplinarmaßnahme sei ferner zu berücksichtigen, dass von einem Beamten erwartet werde, dass er Strafgesetze beachte und insbesondere nicht gegen Normen verstoße, die dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienten. Sexualstraftaten gegenüber Kindern und Jugendlichen seien besonders geeignet, dem Ansehen des Beamtentums in der Öffentlichkeit zu schaden und das Vertrauen des Dienstherrn sowie der Kollegen zu zerstören. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte sich über einen längeren Zeitraum hinweg – mindestens seit 2005 – sowohl über seinen dienstlichen als auch seinen privaten Computer kinderpornografisches Material beschafft habe.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt, eine befristete Kürzung seiner Dienstbezüge auszusprechen, wobei die Höhe der Kürzung und die Dauer der Befristung in das Ermessen des Gerichts gestellt werde.

Er ist der Ansicht, das bisherige Disziplinarverfahren weise mehrere Verfahrensmängel auf. So sei zweifelhaft, ob bei der Beklagten die zuständige Stelle – nämlich der Stiftungsrat – die Erhebung der Disziplinarklage beschlossen habe. Die Disziplinarklage entspreche nicht den Anforderungen des § 48 Abs. 1 NDiszG, da in der Klageschrift Feststellungen fehlten, die in tatsächlicher Hinsicht den Tatvorwurf rechtfertigten. Ferner sei er nicht abschließend i.S.d. § 21 Abs.4 NDiszG angehört worden.

Er ist der Auffassung, die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe rechtfertigten nicht seine Entfernung aus dem Dienst. Er könne nicht mit Ärzten, Lehrern, Richtern oder Polizisten verglichen werden, für welche Berufsgruppen die Gerichte bei gleichgelagerten Vorwürfen in der Regel eine Entfernung aus dem Dienst aussprächen. Diese Berufsgruppen hätten eine besondere Garantenstellung für die Einhaltung der Rechtsordnung; Lehrer und Ärzte hätten darüber hinaus eine besondere Verantwortung gegenüber minderjährigen Kindern. Ein Professor habe keine vergleichbare Garantenstellung. Insbesondere habe er beruflich nicht mit Kindern zu tun. Der Beklagte macht ferner geltend, die auf seinem Dienstrechner gespeicherten kinderpornografischen Dateien seien für Dritte nicht zugänglich gewesen. Außerdem habe er die Dateien vor der Beschlagnahme des Computers gelöscht. Er habe sein Fehlverhalten eingesehen und sich in ärztliche Behandlung begeben. Hierzu legte er zwei ärztliche Stellungnahmen (Dr. med. K. vom 08.12.2008 und Luisenklinik, Zentrum für Verhaltensmedizin, Bad Dürrheim vom 20.01.2009) vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin, der Staatsanwaltschaft Hannover (3724 Js 101925/06) und der Polizeidirektion Göttingen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.

Sie ist zulässig.
Sie wurde von der nach § 34 Abs. 2 NDiszG zuständigen Behörde – dem Stiftungsrat der L. – erhoben. Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NDiszG ist die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde (Klagebehörde) grundsätzlich die oberste Disziplinarbehörde für Beamtinnen und Beamte ihres Geschäftsbereichs, für die sie oder die Landesregierung die dienstrechtliche Befugnis zur Entlassung hat. Oberste Disziplinarbehörde ist hier gem. § 5 Abs. 2 NDiszG i. V. m. § 62 Abs. 1 Satz 1 Nds. Hochschulgesetz (NHG) das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur (Nds. Wissenschaftsministerium). Für Beamtinnen und Beamte juristischer Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, werden die Aufgaben der obersten Disziplinarbehörde von der Aufsichtsbehörde wahrgenommen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 NDiszG). Bei der Stiftungsuniversität J. handelt es sich um eine juristische Person. Aufsichtsbehörde ist das Nds. Wissenschaftsministerium (§ 62 Abs. 1 Satz 1 NHG). Allerdings haben weder das Nds. Wissenschaftsministerium noch eine andere Stelle der Nds. Landesregierung die dienstrechtliche Befugnis zur Entlassung von (beamteten) Professoren. Diese Befugnis liegt vielmehr beim Präsidenten der Universität (§ 63 h Abs. 6 Nr. 1, 63 e Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 58 Abs. 3 Satz 2 NHG). Die Klagebehörde ist deshalb nach § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDiszG zu bestimmen. Danach ist Klagebehörde die höhere Disziplinarbehörde für die übrigen Beamtinnen und Beamten. Höhere Disziplinarbehörde für Beamtinnen und Beamte juristischer Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, ist gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz NDiszG der höhere Dienstvorgesetzte, soweit nicht durch Verordnung nach § 75 Nr. 2 etwas anderes bestimmt ist. Letzteres ist hier der Fall. Nach § 3 Nr. 1 der "Verordnung über disziplinarrechtliche Zuständigkeiten im Bereich des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (ZustVO-NDiszG-MWK)" vom 20.12.2005 (Nds. GVBl. Seite 455) nimmt für die Beamtinnen und Beamten einer Stiftung, die nach § 55 NHG Träger einer Hochschule ist, abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 NDiszG die Aufgaben der höheren Disziplinarbehörde der Stiftungsrat wahr.

§ 4 Abs. 2 ZustVO-NDiszG-MWK ist dagegen – nicht mehr – einschlägig. Danach nahm für die beamteten Professorinnen und Professoren der M. Stiftung öffentlichen Rechts, deren Stellen dem Bereich Humanmedizin der Universität J. zugeordnet sind, abweichend von § 3 Nr. 1 der erweiterte Stiftungsrat die Aufgaben der höheren Disziplinarbehörde wahr. Diese Vorschrift hat keine Bedeutung mehr, nachdem durch das "Gesetz zur Änderung des Nds. Hochschulgesetzes und anderer Gesetze" vom 21.11.2006 (Nds. GVBl. Seite 539) die ursprünglich in § 60 b NHG getroffenen Regelungen für einen "erweiterten Stiftungsrat" geändert wurden und dadurch der "erweiterte Stiftungsrat" mit Wirkung zum 01.01.2007 abgeschafft wurde. Seitdem gibt es bei der Stiftungsuniversität J. keinen "erweiterten" Stiftungsrat mehr.

Der für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Stiftungsrat hat in seiner Sitzung am 20.06.2007 auch in der nach §§ 60 b Abs. 1, 60 a Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 60 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 60 a Abs. 3 NHG vorgeschriebenen Zusammensetzung beschlossen, Disziplinarklage zu erheben. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.04.2009 dem Gericht übersandten Unterlagen über die Besetzung des Stiftungsrates am 20.06.2007 und aus dem Protokoll über die Sitzung des Stiftungsrates am 20.06.2007. Die ordnungsgemäße Klageerhebung wird vom Beklagten mit Blick auf diese Unterlagen auch nicht mehr in Frage gestellt.

Die Klageschrift entspricht den Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 NDiszG. Danach muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang der Beamtin oder des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, sowie die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Entgegen der Ansicht des Beklagten enthält die Klageschrift auch die Tatsachen und Beweismittel, in denen das Dienstvergehen gesehen wird. Hierfür reicht bereits der Hinweis auf den rechtskräftigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Hannover vom 21.02.2009 (Az.: 3724 Js 101925/06) aus (§ 48 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 24 Abs. 1 Nds. DiszG). Darüber hinaus führt die Klägerin in der Klageschrift aber auch selbst aus, aufgrund welcher Tatsachen sie dem Beklagten vorwirft, sich kinderpornografisches Material verschafft zu haben (Nutzung seines dienstlichen PC zur Speicherung von 58 Bild- und 68 Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt und Nutzung seines privaten PC zum Aufruf von Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten, 78 Dateien mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem privaten PC, S. 2 unten und S. 3 oben der Klageschrift).

Die Klage ist begründet.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt kein Verstoß gegen § 21 Abs. 4 Satz 1 NDiszG vor. Nach dieser Vorschrift ist der Beamtin oder dem Beamten nach Beendigung der Ermittlungen Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern. Durch dieses sogenannte "Schlussgehör" ist der Beamtin/dem Beamten die Möglichkeit einzuräumen, sich nach Abschluss der gesamten Ermittlungen gegen alle für die disziplinare Entscheidung möglicherweise bedeutsamen Tatsachen und Beweisergebnissen zu verteidigen. Es handelt sich um das sog. "letzte Wort" (TDiG Süd Ulm, Beschluss vom 28.01.1999 – S 1 B Lc 2/98 -, Juris). Voraussetzung ist, dass der Beamtin/dem Beamten die entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt sind. Das kann bereits durch übersandte Protokolle oder durch Akteneinsicht der Fall sein (Bieler/Lukat, Kommentar NDiszG, § 21 Rn. 14).

Nach diesen Maßstäben gab der vor Erhebung der Disziplinarklage für das Disziplinarverfahren zuständige Präsident der M. (§ 63 h Abs. 6 Nr. 2, 63 e Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 58 Abs. 3 Satz 2 NHG) dem Beklagten mit Schreiben vom 02.04.2007 ausreichend Gelegenheit, sich i. S. d. § 21 Abs. 4 Satz 1 NDiszG abschließend zu äußern. Mit dem Schreiben wurde das nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 NDiszG ausgesetzte Disziplinarverfahren unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse aus den gegen den Beklagten geführten Strafverfahren wieder aufgenommen. Die Strafakten waren der Klägerin am 09.03.2007 zur Einsichtnahme übersandt worden. Im Schreiben vom 02.04.2007 heißt es, die in den Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse belegten derart eindeutig, den im Disziplinarverfahren erhobenen Vorwurf des Besitzes von kinderpornografischem Material, dass ein weiteres Zuwarten im Disziplinarverfahren nicht mehr vertretbar sei. Dem Beklagten wurde gleichzeitig Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist (§ 21 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 NHG) eingeräumt. Hierbei handelt es sich um die Schlussanhörung nach § 23 Abs. 4 Satz 1 NDiszG. Unerheblich ist, dass weder diese Vorschrift genannt wird noch ausdrücklich von einer "abschließenden" Möglichkeit zur Äußerung die Rede ist. Aus dem Schreiben geht ungeachtet dessen deutlich hervor, dass der Präsident keine Notwendigkeit für weitere Ermittlungen im Disziplinarverfahren sah, die Ermittlungen vielmehr als beendet betrachtete und der Entscheidung im Disziplinarverfahren die Ermittlungsergebnisse der Strafverfahren zugrunde legen würde. Die Ermittlungsergebnisse der Strafverfahren (ursprünglich die Verfahren 3724 Js 101925/06 und 3724 Js 83828/06, die am 26.01.2007 verbunden wurden, wobei das Verfahren 3723 Js 101925/06 führt) waren dem Beklagten im Zeitpunkt der Anhörung auch bekannt. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im Strafverfahren nahm am 31.01.2007 Akteneinsicht. Nach dem 31.01.2007 erfolgten keine weiteren strafrechtlichen Ermittlungen mehr. Zwei nach dem 31.01.2007 vom Strafverteidiger des Beklagten zu den Strafakten gereichte Schreiben (vom 21.03. und 16.04.2007) waren dem Beklagten ebenfalls bekannt. Soweit diese Schreiben von der Klägerin aus zeitlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden konnten (Akteneinsicht am 09.03.2007), ändert dies nichts daran, dass die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 02.04.2007 das Schlussgehör einräumte.

Es liegt auch kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 NDiszG vor, weil der Präsident das nach dieser Vorschrift ausgesetzte Verfahren vor Erlass des Strafbefehls wieder aufnahm. Im vorliegenden Fall stand die Aussetzung des Disziplinarverfahrens im Ermessen des Präsidenten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG). Eine zwingende Aussetzung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 NDiszG  war nicht notwendig, weil gegen den Beklagten im Strafverfahren keine öffentliche Klage erhoben wurde. Die Wiederaufnahme des nach § 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG ausgesetzten Disziplinarverfahren stand daher ebenfalls im Ermessen des Präsidenten und ist rechtlich bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil der Beklagte selbst eingeräumt hatte, jedenfalls seinen dienstlichen PC zur Speicherung von kinderpornografischen Dateien genutzt zu haben.

Die Klage ist materiell begründet.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG ist eine Beamtin oder ein Beamter, die oder der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Der Beklagte hat ein Dienstvergehen i. S. d. § 62 Satz 3 NBG begangen. Danach muss das Verhalten des Beamten oder der Beamtin innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein/ihr Beruf erfordern. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte verstoßen, indem er auf seinen dienstlichen PC 58 Bild- und 68 Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt herunterlud und speicherte und dadurch den  Straftatbestand des § 184 b Abs. 4 StGB verwirklichte. Dieses Dienstvergehen, das der Beklagte einräumt und darüber hinaus durch die beigezogenen Strafakten, insbesondere durch den rechtskräftigen Strafbefehl vom 21.02.2008, dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 24 Abs.1 Satz1, 2. Alt. NDiszG bindend sind, belegt wird, stellt ein schweres Dienstvergehen i. S. d. § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG dar. Das Gericht ist darüberhinaus davon überzeugt, dass der Beklagte auch die auf seinem privaten PC vorgefundenen 78 Dateien mit kinderpornografischem Inhalt entgegen seiner Behauptung im Strafverfahren  vorsätzlich heruntergeladen und gespeichert hat. Hierfür spricht nicht nur die Speicherung entsprechender Dateien auf seinem dienstlichen PC sondern darüber hinaus seine kostenpflichtige "Mitgliedschaft"  bei der Firma "Smart Privacy", die ihren Kunden Zugang zu kinderpornografischen Bildern und Videodateien verschafft (s. Strafakte Bd. I, Bl. 20). Hierdurch ist das erhebliche Interesse des Beklagten an kinderpornografischen Darstellungen belegt, was dagegen spricht, dass entsprechende Dateien ohne sein Zutun auf seinem privaten PC gespeichert wurden. Im Übrigen ist die Frage, ob solche Dateien nicht nur auf dem PC angesehen sondern auch gespeichert werden, zwar für die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 184 b Abs. 4 StGB von Bedeutung, nicht aber unbedingt für die Frage, ob ein Dienstvergehen vorliegt. Ein Dienstvergehen läge sicher auch bereits dann vor, wenn der Beamte kinderpornograpfische Bild- und Videodateien auf seinem PC "nur betrachtet", ohne diese zu speichern.

Bei der im Rahmen der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme vorzunehmenden disziplinarischen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände geht das Gericht davon aus, dass das Fehlverhalten des Beklagten äußerst schwergewichtig ist. Unter Berücksichtigung der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seiner Auswirkungen, dem Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen sowie unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten ist die Verhängung der Höchstmaßnahme, nämlich die Entfernung aus dem Dienst, angemessen und erforderlich.

Bereits der Besitz und die Besitzverschaffung von kinderpornografischen Darstellungen beweisen nach den vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Grundsatzurteil vom 06.07.2000 – 2 WD 9/00 -, Urteile vom 08.11.2001 – 2 WD 29/01 -,  27.08.2003 – 2 WD 39/02 – und 25.09.2007 – 2 WD 19/06 -, Juris) entwickelten Grundsätzen erhebliche Persönlichkeitsmängel eines Beamten. Bildmaterial, das das tatsächliche Geschehen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern durch skrupellose Erwachsene wiedergebe, die die Kinder für die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter ausnutzten, stehe nicht mit den allgemeinen Wertvorstellungen von sexuellem Anstand in Einklang. Aus diesem Grunde seien durch das 27. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23.07.1993 (BGBl. I S. 13.46) die Besitzverschaffung und der Besitz kinderpornografischer Darstellungen unter den Voraussetzungen des damals neu eingefügten § 184 Abs. 5 StGB (jetzt § 184 b Abs. 4 StGB) unter Strafe gestellt worden. Kinderpornografische Darstellungen zielten unabhängig davon, auf welchem Bildträger sie wiedergegeben seien, beim Betrachter generell auf die Erregung eines sexuellen Reizes ab und degradierten die sexuell missbrauchten kindlichen "Darsteller" zum bloßen (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung. Sie verstießen damit gegen die unantastbare Menschenwürde gem. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG, die dem Menschen nur in seiner personellen Gesamtheit zukomme (BVerwG, Urteile vom 17.03.1989 – BVerwG 2 WD 40.88 –  und 15.06.1999 – BVerwG 2 WD 34.98 -, Juris), und auf deren Gewährleistung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Urteile vom 03.02.1998 – BVerwG, 2WD 16.97 – und 15.06.1999 a.a.O., Juris) nicht verzichtet werden könne. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen sei in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Denn er greife in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährde die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, da ein Kind oder Jugendlicher wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten könne. Zugleich benutze der Täter die Person eines Kindes oder Jugendlichen als "Mittel" zur Befriedigung seines Geschlechtstriebes, auch wenn er sich an dem jeweiligen Opfer nicht selbst unmittelbar vergreife. Träten in der Person eines Soldaten solche Mängel zu Tage, so habe dies eine nachhaltige Ansehensschädigung bis hin zum völligen Ansehensverlust des Beamten zur Folge. Das Vertrauen, das der Dienstherr in seine Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität setze, sei von Grund auf erschüttert oder gar zerstört.

Dieser grundsätzlichen, für die disziplinarische Ahndung von durch Soldaten begangene Dienstvergehen, entwickelten Einschätzung hat sich die gesamte Rechtsprechung angeschlossen und auf die disziplinarrechtliche Beurteilung entsprechender Dienstvergehen von Beamten übertragen (z.B. Nds. OVG Lüneburg, Urteile vom 18.11.2004 – 3 LD 1/03 –  und 04.09.2004 – 20 LD 14/06 – sowie Beschluss vom 21.02.2005 – 1 NDH M 10/04 -, Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 12.07.2006 – 16 a D 05.981- und 15.07.2008 – 16 a DA 08.736 -, OVG des Saarlandes, Beschluss vom 06.09.2007 – 7 B 346/07 -, VGH Baden Württemberg, Urteil vom 14.02.2008 – DL 16 S 29/06, Juris).

Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung an. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser disziplinaren Bewertung des Besitzes kinderpornografischer Bilddateien abzuweichen. Der Beklagte hat durch sein Verhalten mindestens ein Jahr zu der oben beschriebenen schwerwiegenden Rechtsverletzung aktiv beigetragen. Dieser Zeitraum ergibt sich daraus, dass er mindestens seit Mai 2005 über die Mitgliedschaft bei der Firma "Smart Privacy"  verfügte (Strafakte, Bd. I Bl. 2). Ist schon bei Soldaten (oder Polizeivollzugsbeamten) ohne Vorgesetzteneigenschaft der Besitz von kinderpornografischem Material als so gravierend anzusehen, dass die Beamten nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe im Dienst verbleiben können, so gilt dies erst recht für Professoren. Zu den Aufgaben des Beklagten als Professor gehört auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Abnahme von Prüfungen und die Studienberatung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 NHG). Mit Blick hierauf hat der Zugriff auf kinderpornografische Dateien durch einen Professor aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters im Regelfall einen endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens als Lehrender und Vorbild zur Folge. Durch ein solches Verhalten wird nämlich nicht nur das Vertrauen, das der Dienstherr in die Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität seiner Professoren setzt, sondern auch das der dem Professor anvertrauten Studenten im Kern erschüttert. Wer als Professor in dieser Weise versagt, beweist so erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn – nicht zuletzt auch im Hinblick auf seine Vorbildfunktion – regelmäßig in der Universität gänzlich untragbar machen. Insoweit ist die Situation eines Professors mit der eines Lehrers vergleichbar, der im Falle der Besitzverschaffung von kinderpornografischem Material ebenfalls regelmäßig aus dem Dienst entfernt wird (z.B. Bayerischer VGH Beschluss vom 12.07.2006, a. a. O.;  Nds. OVG Lüneburg Urteil vom 18.11.2004 a. a. O.). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist für die disziplinarrechtliche Behandlung von Lehrern dabei nicht ausschlaggebend, dass diese Kinder unterrichten und die Kinder somit gefährdet wären, Opfer eines realen sexuellen Übergriffs des Beamten zu werden. Entscheidend ist vielmehr der eingetretene Ansehensverlust. Mit dem Ansehen eines Lehrers ist bereits das Betrachten kinderpornografischer Darstellungen und insbesondere der Verstoß gegen Strafgesetze, die das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Kindern und Jugendlichen schützen, schlechterdings unvereinbar. Dies gilt in gleicher Weise für Professoren. Es ist einer Universität schlichtweg nicht zumutbar, ihre Studenten von einem Professor unterrichten zu lassen, der o. g. Verstöße begangen hat. Dabei kommt im vorliegenden Fall erschwerend hinzu, dass der Beklagte kinderpornografische Dateien in seinen Diensträumen – nämlich auf seinem Dienstcomputer – angesehen und gespeichert hat. Unerheblich ist, dass Dritte keinen Zugang zu den Dateien hatten. Dies ändert nichts daran, dass der Beklagte selbst im Dienst seine sexuellen Neigungen nicht unter Kontrolle hatte.

Erschwerend kommt hinzu, dass er als Professor und Direktor der Abteilung Molekulare Pharmakologie eine Vorgesetztenfunktion hat und deshalb in besonderer Verantwortung steht. Hiermit ist sein Verhalten ebenfalls unvereinbar. Je höher ein Beamter in seiner Aufgabenstellung steigt, um so mehr Achtung und Vertrauen genießt er; um so größer sind auch die Anforderungen, die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein gestellt werden müssen und um so schwerer wiegt eine Pflichtverletzung, die er sich hat zu Schulden kommen lassen (vgl. BVerwG Urteil vom 08.11.2001 – 2 WD 29/01).

Zu Lasten des Beklagten wirkt sich ferner aus, dass sein Vergehen bereits mehrfach in der Presse – anlässlich des Strafverfahrens und anlässlich seiner Klage gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung – thematisiert wurde. Auch wenn sein Name in den Presseberichten nicht genannt wurde, dürfte es aufgrund der sonstigen Angaben in den Presseberichten jedenfalls für Interessierte  möglich sein, ihn zu identifizieren. Hierdurch ist sein Ansehensverlust in der Öffentlichkeit bereits real eingetreten.

Zu Ungunsten des Beklagten wirkt sich zudem aus, dass er wegen seines Fehlverhaltens bereits vom Dienst suspendiert wurde. Die damit zwangsläufig verbundenen negativen Auswirkungen für die Personalplanung und -führung seines Dienstherrn muss sich der Beklagte als Auswirkung seines Dienstvergehens ebenfalls zurechnen lassen (BVerwG, Urteil vom 08.11.2001, a. a. O.). 

Bei der Maßnahmebemessung ist als generalpräventive Erwägung auch zu berücksichtigen, dass sich Kinderpornografie, insbesondere im Zusammenhang mit der Globalisierung des Datenaustausches und der Datennutzung im Rahmen des Internets, als ein sehr ernst zu nehmendes Gefahrenpotential darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.2000, a. a. O.). Auch wird das besondere Gewicht des Dienstvergehens dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.04.2004 durch das "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten der sexuellen Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften" vom 27.12.2003 (BGBl I, Seite 3007 f.) das Höchstmaß der Freiheitsstrafe allein für den Erwerb und den Besitz kinderpornografischer Schriften von einem Jahr auf zwei Jahre erhöht hat. Diese Änderung, der ein Rahmenbeschluss des Rats der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie zugrunde liegt, zielt darauf ab, den Unrechtsgehalt dieses Handelns stärker zu betonen und ein Signal für eine unvermindert nachdrückliche Strafverfolgung durch die Justizbehörden zu setzen. Zugleich hält der Gesetzgeber es für erforderlich, die generalpräventive Wirkung gegenüber potentiellen Tätern durch diese Maßnahme zu verstärken (Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucksache 15/350 S.9 [21]). Dadurch soll der Realkinderpornomarkt eingedämmt werden, denn der "Konsum" kinderpornografischer Bilddateien erfordert stets "neues Material" und fördert so den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, um den Markt mit neuen und "härteren" Bildern zufriedenzustellen.

Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Bei dem Vergehen handelt es sich um keine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat des Beklagten. Dagegen spricht bereits die Anzahl, der auf seinem dienstlichen und privaten PC vorgefundenen kinderpornografischen Dateien und der Umstand, dass er sich mindestens seit Mai 2005  gegen Bezahlung Zugang zu solchen Dateien verschaffte. Dabei belegt das in den Strafakten dokumentierte, vom Beklagten gesammelte bzw. eingesehene, Bildmaterial in einer Vielzahl von Darstellungen eindeutig, dass die Kinder in einer besonders rücksichtslosen und anstößigen Art und Weise durch Ausübung des Oral-, Vaginal- und Analverkehrs missbraucht wurden. Teilweise werden auf den Bildern auch Gewaltszenen dargestellt (s. Anlage 4 des Untersuchungsberichts über den dienstlichen PC, Page 3 und 4, Strafakte Bd. II Bl. 40). Das Speichern aber auch bereits das Ansehen derartiger Darstellungen zeigt tiefgreifende Persönlichkeitsmängel auf. Erschwerend ist hier zu berücksichtigen, dass den Beklagten selbst die Beschlagnahme seines dienstlichen PC am 22.09.2006 nicht davon abhielt, bis unmittelbar vor Beschlagnahme seines privaten PC am 22.11.2006 (Strafakte Bd. I Bl. 23) dort weiterhin Seiten mit Posingbildern und Videos von Kindern aufzurufen (Strafakte Bd. I Bl. 43). Auch bei solchen Posingbildern kann es sich um pornografische Schriften im Sinne von §§ 184 b Abs. 2 StGB handeln (vgl. Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.05.2008 – 11 ME 103/08 – mit Hinweis auf BGH, Beschluss vom 17.12.1997 – 3 Str 567/97 -, Juris). Darüber hinaus rief der Beklagte noch kurz vor Beschlagnahme seines privaten PC über einschlägige Internetadressen wie girlsteenage.com, vestagirls.com usw. Bilddateien auf, von denen zumindest drei eindeutigen kinderpornografischen Inhalt hatten [s. ergänzender Untersuchungsbericht: "Bericht IuK-Sicherung/Durchsuchung der Polizeiinspektion 5. FK/RDVG vom 06.01.2009 (Bl. 39 f. Gerichtsakte und dort insbesondere Bl. 40, 50 und 51)].

Schließlich führt auch die vom Beklagten durchgeführte Therapie und seine Kooperationsbereitschaft (Geständnis hinsichtlich des dienstlichen PC) zu keiner anderen Betrachtungsweise. Zwar setzt sich der Beklagte nach den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen (insbesondere von Dr. med. N. – Facharzt für Psychiatrie, Psychoanalyse und Psychotherapie – vom 08.12.2008) in regelmäßig stattfindenden therapeutischen Sitzungen unter anderem auch mit dem disziplinarrechtlich relevanten Geschehen auseinander. Dies stellt allerdings ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflicht dar. Die Therapie ist deshalb nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass deshalb bei einem Beamten, der sich untragbar gemacht hat, von einer Dienstentfernung abgesehen werden könnte (so auch Bayerischer VGH, Urteile vom 12.07.2006 a.a.O. und 20.04.2005 – 16 aD 04.2289 -, VG München, Urteil vom 08.01.2007 – M19D06.3930 -, Juris). Daran ändert auch nichts, dass in den ärztlichen Bescheinigungen betont wird, beim Beklagten liege keine pädophile Störung sondern eine "Anpassungsstörung" und "Dysthmia mit Störung der Impulskontrolle" (Bescheinigung von Dr. med. N. a.a.O.) vor. Die medizinische Bewertung des Verhaltens des Beklagten ändert nichts an der Schwere seines Vergehens.  Die Therapie kann sich auch deshalb nicht zu seinen Gunsten auswirken, weil er diese erst nach Entdeckung seiner Taten und damit unter äußerem Druck begonnen hat. Wirkliche Reue hat er weder im strafrechtlichen noch im disziplinarrechtlichen Verfahren gezeigt. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass er in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren erklärte, sein Verhalten zu bereuen. Mitleid mit den Opfern kinderpornografischer Darstellungen war dabei nicht erkennbar. Im Gegenteil ließ der Beklagte in der Vergangenheit eher eine Tendenz zum Verharmlosen und Bagatellisieren seines Verhaltens erkennen, indem er sich wiederholt – mit Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten vom 19.01. und 26.01.2009 an das Gericht – darauf berief, er sei nach den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht pädophil, als ob dies die Schwere seines Vergehens abschwächen könnte.  Auch im Strafverfahren versuchte er, sein Vergehen herab zu spielen. So führte sein Strafverteidiger in seinem Schriftsatz vom 21.03.2007 an die Staatsanwaltschaft Hannover aus, der Vorwurf des Besitzes kinderpornografischen Bildmaterials sei – ohne bagatellisieren zu wollen – im Strafrahmen vergleichbar mit der Sachbeschädigung oder der Beleidigung (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren). Deshalb liege es nahe, Fälle, in denen der Tatverdächtige geständig sei, informell gem. § 153 a StPO oder im Strafbefehlswege abzuschließen. Mit der Zahlung der Geldstrafe sei dann der Fall für den Beschuldigten oder die Justiz  zumeist ausgestanden (Strafakte Bd. II Bd. 114). Nach alledem kann sich die Therapie des Beklagten bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht mildernd auswirken. Das Gleiche gilt für sein (Teil-)Geständnis hinsichtlich seines dienstlichen PC. Zu seinen Gunsten kann nicht von einer freiwilligen Offenbarung seines Fehlverhaltens vor der Entdeckung der Tat ausgegangen werden. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Offenbarung ohne äußeren Zwang oder inneren zwingenden Anlass erfolgt und sein Verhalten erkennbar von Einsicht oder Reue bestimmt ist. Dies ist hier nicht der Falll. Der Beklagte hat sein Geständnis erst nach Durchsuchung seiner Diensträume abgelegt. Ein Bestreiten zu diesem Zeitpunkt wäre aussichtslos gewesen (vgl. VG München, Urteil vom 08.01.2007 – M19D06.3930 -, Juris).

Der Beklagte ist eines Unterhaltsbeitrags gemäß § 11 Abs. 3 NDiszG würdig.

1 Kommentar

  1. steven, 10. September 2009

    das ist richtig so. warum sollte der noch unterrichten dürfen!?!

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