Online-Bundesliga-Managerspiel fällt unter Glücksspiel

19. Oktober 2012
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Eigner Leitsatz:

Das Betreiben eines kostenpflichtigen Onlinegames, in dem man einen fiktiven Fußballclub „managed“, stellt unerlaubtes Glücksspiel dar. Der Teilnehmer erhält gegen den Einsatz von EUR 7,99 die Möglichkeit, am Saisonende einen vieler Preise zu gewinnen. Dabei kommt es allerdings kaum auf Fußballwissen oder Strategie an, vielmehr entscheidet hier Glück. Damit handelt es sich um Glücksspiel, welches unzulässig ist.

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

Beschluss vom 12.07.2012

Az.: 13 B 734/12

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.600,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

Der Antrag der Antragstellerin,

"gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 29. April 2010 (13 B 512/10) sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. April 2010 (27 L 1529/09) zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 30. September 2009 in der Gestalt des Bescheids vom 12. Oktober 2009 anzuordnen",

hat keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Abänderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. April 2010 und des Senats vom 29. April 2010 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann jeder Beteiligte (beim Gericht der Hauptsache) die Änderung oder Aufhebung eines im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

Zwar ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hinsichtlich des nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen – und durch Beschluss des Senats bestätigten – Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. April 2010 das Gericht der Hauptsache, nachdem das Hauptsacheverfahren beim Senat als Berufungsinstanz (13 A 2794/11) anhängig ist.

Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 18. Auflage 2012, § 80, Rn. 200; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand der Bearbeitung: September 2011, § 80, Rn. 561.

Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist jedoch nicht begründet.

Da das Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung der vorangegangenen Entscheidung dient, sondern nur der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen, ist Prüfungsmaßstab für die Entscheidung allein, ob nach der jetzigen geänderten Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 – 2 VR 1.08 , juris.

In diesem Sinne beachtliche Umstände hat die Antragstellerin nicht dargetan. Sie begründet den Abänderungsantrag ausschließlich damit, dass das von ihr angebotene "C.          -N.            " nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 23. Mai 2012 – 6 S 389/11 – kein Glücksspiel im Sinne des § 3 des (am 31. Dezember 2011 außer Kraft getretenen) Glücksspielstaaatsvertrags (GlüStV a. F.) darstelle, die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 30. September 2009, geändert durch Bescheid vom 12. Oktober 2009, rechtswidrig sei und daher die zu treffende Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen müsse. Das von der Rechtsauffassung des Senats abweichende Urteil des VGH Baden-Württemberg begründet indes keine  allein in Betracht kommende – Änderung der Rechtslage im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Zwar liegt ein Abänderungsgrund auch im Falle einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage vor, falls sich diese auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheentscheidung auswirkt. Eine derartige Konstellation ist gegeben, wenn nach der Eilentscheidung im Aussetzungsverfahren eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage nunmehr höchstrichterlich anders beantwortet wird.

Vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 80, Rn. 197; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 80, Rn. 585.

So liegt der Fall aber nicht. Mit dem Urteil des VGH Baden-Württemberg wird eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage nicht höchstrichterlich anders beantwortet. Das Urteil stellt eine obergerichtliche Entscheidung dar, die von weiterer obergerichtlicher Rechtsprechung (Beschlüsse des VGH München vom 13. April 2010 – 10 Cs 10.453 – und des Senats vom 29. April 2010 – 13 B 512/10 ) abweicht.

Liegt damit keine von der Rechtsauffassung des Senats abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung vor, vermag das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 23. Mai 2012 auch nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (bzw. Berufung) zu begründen.

Abgesehen davon spricht auch mit Blick auf das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 23. Mai 2012 Überwiegendes dafür, dass das von der Antragstellerin angebotene "C.          -N.            " weiterhin als Glücksspiel zu qualifizieren ist. Gemäß § 3 Sätze 1 und 2 des am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Glückspielstaatsvertrags vom 15. Dezember 2011 (GlüStV n. F.), der wörtlich mit § 3 Sätze 1 und 2 GlüStV a. F. übereinstimmt, liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt; die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Diese Voraussetzungen sind beim "C.          -N.            " gegeben.

Der zu entrichtende Einsatz stellt keinen mit einem Eintrittsgeld vergleichbaren und in jedem Fall verlorenen Betrag dar, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat und nur die Mitspielberechtigung gewährt,

a.A.: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2012 – 6 S 389/11 , juris,

sondern ist ein Entgelt, mit dem der Erwerb einer Gewinnchance verbunden ist. Mit der Bezahlung von 7,99 EUR für die Teilnahme an dem Spiel mit einem Team – von diesem Betrag geht der Senat mangels anderer Angaben der Antragstellerin weiterhin aus – erwirbt der Teilnehmer eine Gewinnchance und hat gegen die Antragstellerin einen Anspruch auf Auszahlung des Gewinns, wenn die Voraussetzungen nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfüllt sind. Der Einsatz ist also im Gewinnfall gerade nicht verloren.

So auch VGH München, Beschluss vom 13. April 2010 – 10 CS 10.453 , ZfWG 2010, 183.

Diese Annahme wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die auszuzahlenden Gewinne (auch) durch Sponsoren finanziert werden. Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin von ihrer Verpflichtung zur Auszahlung des Gewinns befreit ist, wenn sie keine Sponsoren findet. Das Innenverhältnis zwischen der Antragstellerin und den Sponsoren betrifft nicht die Teilnehmer; es handelt sich bei dem Sponsoring vielmehr um eine Re-Finanzierung der Antragstellerin.

Vgl. VGH München, Beschluss vom 13. April 2010 – 10 CS 10.453 ,

a. a. O; a. A.: VGH BW, Urteil vom 23. Mai 2012 – 6 S 389/11 , a. a. O.

Im Übrigen folgt aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin (Ziffer 7: Gewinne/Gewinnausgabe, dort 7.6), dass die Gewinne "in der Regel" von Sponsoren des Spiels zur Verfügung gestellt werden. Damit erscheint es nicht fernliegend, dass ein Teil der Gewinne auch aus den Entgelten der Teilnehmer erbracht wird.

Auch hängt die Entscheidung über den Gewinn überwiegend vom Zufall ab, weil der Spieler diese nur geringfügig durch Geschicklichkeit (Strategie und Taktik) beeinflussen und die maßgeblichen fußballerischen Ereignisse vorher nicht annähernd sicher einschätzen kann.

Stellt damit das "C.          -N.            " auch gemäß § 3 GlüStV n. F. ein Glücksspiel dar, ergäbe sich für die Antragstellerin eine für sie günstige Änderung der Rechtslage nicht aufgrund des Inkrafttretens des neuen Glücksspielstaatsvertrags. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet weiterhin verboten; § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. sieht abweichend von § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. nur eine – hier nicht in Betracht kommende – Erlaubnismöglichkeit für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet vor, wenn keine Versagungsgründe gegeben und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Daher sieht sich der Senat auch nicht veranlasst, der Anregung der Antragstellerin zu folgen und die angegriffenen Beschlüsse im Rahmen des ihm nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO zustehenden Ermessens abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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