„Proti“ auch als Markenteil gültig

01. Juli 2013
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Amtlicher Leitsatz:

a) Die Vorschriften der Markenrechtsrichtlinie stehen der Anwendung des § 26
Abs. 3 Satz 2 MarkenG nicht entgegen.

b) Der Schutz einer Zeichenserie kann auch dadurch entstehen, dass der Markeninhaber unmittelbar mit der gesamten Markenserie im Markt auftritt und
die Serie nicht erst über einen längeren Zeitraum entwickelt. Aus einem nur
einmalig verwendeten Zeichen kann dagegen der Schutz eines Stammzeichens
einer Zeichenserie nicht abgeleitet werden.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 13.01.2013

Az.: I ZR 84/09

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 durch die Richter …

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Mai 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber der Wortmarken Nr. 397 02 429 „PROTI“ (eingetragen am 3. März 1997) und Nr. 395 49 559.8 „PROTIPLUS“ (eingetragen am 20. Mai 1996) sowie der nachfolgend wiedergegebenen WortBild-Marke Nr. 396 08 644.6 (eingetragen am 5. März 1997):

Die Marken sind unter anderem für Eiweiß eingetragen. Die Marke Nr. 397 02 429 „PROTI“ ist auch für Eiweiß mit dem Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie Kohlenhydraten und für Lebensmittelzubereitungen mit hohen Eiweißanteilen zur Anreicherung für Lebensmittel registriert.

Der Kläger vertrieb zunächst über die P. R. & M. Gesellschaft bürgerlichen Rechts und anschließend über die P. GmbH Nahrungsergänzungsprodukte unter den Bezeichnungen „Proti Power“, „PROTIPLUS“, „PROTIPLEX“ und „PROTI 4-K“ in verschiedenen Aufmachungen und mit weiteren Zusätzen („Plus 80“, „XXL“, „Power 75, 80 oder 90“).

Der Beklagte bietet unter der am 11. Februar 2003 für näher beschriebene Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminpräparate und diätetische Lebensmittel eingetragenen und am 14. März 2003 veröffentlichten Wortmarke Nr. 302 47 818 „Protifit“ ein Milchproteingemisch an.

Nachdem der Beklagte die Einrede mangelnder Benutzung der Marke „PROTI“ erhoben hatte, hat der Kläger geltend gemacht, diese Marke durch die Bezeichnungen „Proti Power“, „PROTIPLUS“, „PROTI®PLEX“ und „PROTI®4-K“ in Preislisten und graphisch gestalteten, nachfolgend wiedergegebenen Aufmachungen verwandt zu haben:

Der Kläger begehrt unter Berufung auf seine prioritätsälteren Marken vom Beklagten die Einwilligung in die Löschung der Marke „Protifit“ sowie das Verbot, dieses Zeichen zu verwenden. Der Kläger verfolgt weiter einen Auskunftsanspruch und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (vgl. OLG Köln, GRUR 2009, 958 = WRP 2009, 1286). Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Mit Beschluss vom 17. August 2011 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, GRUR 2011, 1142 = WRP 2011, 1615 – PROTI I):

1. Ist Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104/EWG dahin auszulegen, dass diese Vorschrift generell und allgemein einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der von der Benutzung einer Marke (Marke 1) auch dann auszugehen ist, wenn die Benutzung der Marke (Marke 1) in einer von der Eintragung abweichenden Form erfolgt, ohne dass die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marke (Marke 1) beeinflussen, und wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt wird, ebenfalls eingetragen ist (Marke 2)?
2. Falls die Frage 1 verneint wird:

Ist die vorstehend unter 1 bezeichnete nationale Vorschrift mit der Richtlinie 89/104/EWG vereinbar, wenn die nationale Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt wird, dass sie nicht auf eine Marke (Marke 1) angewandt wird, die nur dazu eingetragen ist, um den Schutzbereich einer anderen eingetragenen Marke (Marke 2) abzusichern oder auszuweiten, die in der Form, in der sie benutzt wird, eingetragen ist?

3. Falls die Frage 1 bejaht oder die Frage 2 verneint wird:
a) Ist eine Benutzung einer eingetragenen Marke (Marke 1) im Sinne von Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104/EWG nicht gegeben,
aa) wenn der Markeninhaber die Form eines Zeichens benutzt, die von der Eintragung der Marke (Marke 1) und einer weiteren Marke (Marke 2) des Markeninhabers nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marken (Marke 1 und Marke 2) beeinflusst wird;
bb) wenn der Markeninhaber zwei Formen von Zeichen benutzt, von denen keine der eingetragenen Marke (Marke 1) entspricht, von denen aber eine benutzte Zeichenform (Form 1) mit einer anderen eingetragenen Marke (Marke 2) des Markeninhabers übereinstimmt und die zweite vom Markeninhaber verwandte Zeichenform (Form 2) in Bestandteilen von beiden eingetragenen Marken (Marke 1 und Marke 2) abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marken beeinflusst wird, und wenn diese Zeichenform (Form 2) die größere Ähnlichkeit mit der anderen Marke (Marke 2) des Markeninhabers aufweist?
b) …

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darüber durch Urteil vom 25. Oktober 2012 (C553/11, GRUR 2012, 1257 = WRP 2012, 1514 – Rintisch/Eder) folgendermaßen entschieden:

1. Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass er es dem Inhaber einer eingetragenen Marke nicht verwehrt, sich zum Nachweis für deren Benutzung im Sinne dieser Vorschrift darauf zu berufen, dass sie in einer von ihrer Eintragung abweichenden Form benutzt wird, ohne dass die Unterschiede zwischen diesen beiden Formen die Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen, und zwar ungeachtet dessen, dass die abweichende Form ihrerseits als Marke eingetragen ist.
2. Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass er einer Auslegung der zu seiner Umsetzung in nationales Recht erlassenen nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach er nicht für eine „Defensivmarke“ gilt, deren Eintragung nur dazu dient, den Schutzbereich einer anderen eingetragenen Marke abzusichern oder auszuweiten, die in der Form, in der sie benutzt wird, eingetragen ist.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die auf die Wortmarke „PROTI“ gestützten Ansprüche nach § 22 Abs. 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Satz 1, § 51 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG wegen Verfalls der Klagemarke und die aus den Klagemarken „PROTI-PLUS“ und „Proti Power“ abgeleiteten Ansprüche mangels Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verneint. Dazu hat es ausgeführt:

Der Kläger habe eine rechtserhaltende Benutzung der Marke „PROTI“ in den fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke im Sinne von § 26 MarkenG nicht dargelegt. Die Benutzung der Bezeichnungen „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ sei keine rechtserhaltende Benutzung der Marke „PROTI“, weil diese Zeichen für den Kläger als Marken eingetragen seien und der Markeninhaber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine eingetragene Marke nicht durch die Verwendung eines abgewandelten, ebenfalls als Marke registrierten Zeichens rechtserhaltend benutzen könne.

Eine rechtserhaltende Benutzung der Marke „PROTI“ durch die Bezeichnungen „PROTI Power 90“, „Proti XXL“ oder „Proti 85“ sei nicht gegeben. Mit diesen Zeichen habe der Kläger vor der Veröffentlichung der Eintragung der Marke des Beklagten keine Umsätze erzielt. Die Verwendung der Zeichen „PROTI 4K“ und „PROTIPLEX“ sei keine rechtserhaltende Benutzung der Marke „PROTI“, weil deren kennzeichnender Charakter durch die Zusätze „4K“ und „PLEX“ verändert werde.

Ansprüche aus den Marken „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ gegen die angegriffene Marke „Protifit“ seien ebenfalls nicht gegeben. Aufgrund der nur geringen Kennzeichnungskraft der Klagemarken und einer durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit bestehe trotz Warenidentität keine Verwechslungsgefahr.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Der Kläger hat sein Klagebegehren in der Revisionsinstanz in erster Linie auf die Marke Nr. 397 02 429 „PROTI“ (Klagemarke 1) und hilfsweise auf die Marke Nr. 395 49 559.8 „PROTIPLUS“ (Klagemarke 2) sowie weiter hilfsweise auf die Marke Nr. 396 08 644.6 „Proti Power“ (Klagemarke 3) gestützt. Es ist deshalb zunächst über die Ansprüche aus der Klagemarke 1 und nur hilfsweise über die Ansprüche aus den Klagemarken 2 und 3 in der angegebenen Reihenfolge zu entscheiden.

2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen können die Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus der Klagemarke 1 („PROTI“) auf Löschung der Marke „Protifit“ (§ 51 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG), auf Unterlassung der Verwendung dieser Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG) und auf Auskunft und Schadensersatz (§ 14 Abs. 6, § 19 MarkenG, § 242 BGB) nicht verneint werden. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Ansprüche seien nach § 22 Abs. 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Satz 1, § 51 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klagemarke 1 mangels rechtserhaltender Benutzung verfallen sei, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Klagemarke 1 innerhalb des für den Verfall maßgeblichen Zeitraums (§ 51 Abs. 4 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG) nicht durch Verwendung der Zeichen „PROTI 4K“ und „PROTIPLEX“ rechtserhaltend im Sinne von § 26 MarkenG benutzt hat.

aa) Nach § 51 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG kann die Eintragung einer Marke nicht aufgrund der Eintragung einer Marke mit älterem Zeitrang nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 MarkenG gelöscht werden, wenn die Eintragung der älteren Marke am Tag der Veröffentlichung der Eintragung der Marke mit jüngerem Zeitrang wegen Verfalls hätte gelöscht werden können. Die Eintragung der Marke wird auf Antrag wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung eines Löschungsantrags eine Benutzung der Marke nach § 26 MarkenG begonnen oder wieder aufgenommen worden ist (§ 49 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Die Eintragung der angegriffenen Marke „Protifit“ ist am 14. März 2003 veröffentlicht worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Fünfjahreszeitraum nach § 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, innerhalb dessen der Kläger die am 3. März 1997 eingetragene Klagemarke 1 rechtserhaltend benutzen musste, bereits abgelaufen. Die Klagemarke 1 war somit am 14. März 2003 wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG löschungsreif, wenn sie nicht innerhalb des Zeitraums vom 14. März 1998 bis 14. März 2003 rechtserhaltend gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist.

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Benutzungsformen „PROTI 4K“ und „PROTIPLEX“ veränderten den kennzeichnenden Charakter der Klagemarke 1.

(1) Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nur vor, wenn die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Eine solche Veränderung des kennzeichnenden Charakters ist dann zu verneinen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 112/10, GRUR 2013, 68 Rn. 14 = WRP 2013, 61 – Castell/VIN CASTEL). Werden zur Kennzeichnung einer Ware zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Kennzeichen erblickt. Denkbar ist aber auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (BGH, Urteil vom 5. November 2008 – I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 Rn. 50 f. = WRP 2009, 831 – Stofffähnchen I). Die Beurteilung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten und im Revisionsverfahren nur eingeschränkt, insbesondere auf eine zutreffende Rechtsanwendung und die Beachtung der allgemeinen Lebenserfahrung, überprüfbar (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 – I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 – Bit/Bud; Beschluss vom 13. Dezember 2007 – I ZB 39/05, GRUR 2008, 719 Rn. 24 = WRP 2008, 1098 – idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH, GRUR 2013, 68 Rn. 14 – Castell/ VIN CASTEL).

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht angenommen, der Verkehr sehe die Benutzungsform „PROTI 4K“ als einheitliches Zeichen und nicht als zwei aus den Bestandteilen „PROTI“ und „4K“ bestehende Zeichen an. Entsprechendes gelte für die benutzte Form „PROTIPLEX“. Der Verkehr werde den Bestandteil „PROTI“ in den zusammengesetzten Benutzungsformen auch nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie auffassen. An diesem Ergebnis ändere die Verwendung des Zeichens „R im Kreis“ nichts, die der Verkehr aufgrund der graphischen Gestaltung auf die Benutzungsformen in ihrer Gesamtheit ziehen werde. Fasse das angesprochene Publikum die Benutzungsformen jeweils als einheitliche Zeichen auf, werde durch die Zusätze „4K“ und „PLEX“ zu „PROTI“ der kennzeichnende Charakter der Klagemarke 1 im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG verändert, weil die Zusätze „4K“ und „PLEX“ nicht lediglich beschreibend seien. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

(3) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht bei seiner Prüfung dem Zeichen „PROTI“ nicht unter Verstoß gegen die Bindung des Verletzungsrichters an die Markeneintragung jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen. Es ist vielmehr wegen der Abweichung von der beschreibenden Angabe „Protein“ von einer – wenn auch unterdurchschnittlichen – Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgegangen. Das Berufungsgericht hat lediglich im Zusammenhang mit der Frage, wie der Verkehr die fraglichen Benutzungsformen auffasst, angenommen, dieser werde in den zusammengesetzten Zeichen „PROTI 4K“ und „PROTIPLEX“ den Bestandteil „PROTI“ als Hinweis auf „Protein“ und nicht als gesondertes Zeichen ansehen.

Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang weiter geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bezeichnung „PROTI“ in den Benutzungsformen „PROTI 4K“ und „PROTIPLEX“ nicht Stammbestandteil einer Zeichenserie des Klägers sei. Allerdings ist regelmäßig von einer rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auszugehen, wenn diese als Stammbestandteil einer Zeichenserie verwendet wird, bei der das eine Zeichen die Produktfamilie und das andere Zeichen das konkrete Produkt benennt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2007 – I ZR 71/04, GRUR 2007, 592 Rn. 14 f. = WRP 2007, 958 – bodo Blue Night). Das Berufungsgericht hat jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das Bestehen einer Zeichenserie mit dem Stammbestandteil „PROTI“ verneint. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2007 – C234/06, Slg. 2007, I7333 = GRUR 2008, 343 Rn. 64 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]). Das kann auch dergestalt geschehen, dass der Markeninhaber unmittelbar mit der gesamten Markenserie auf dem Markt auftritt und die Serie nicht erst über einen längeren Zeitraum entwickelt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die die Annahme rechtfertigen, dass die vom Kläger mit dem Bestandteil „PROTI“ gebildeten Zeichen im maßgeblichen Zeitpunkt (14. März 2003) in einer Art und Weise und einem Umfang benutzt worden sind, der den Verkehr veranlasst, vom Vorliegen einer Zeichenserie auszugehen. Soweit der Senat es in Ausnahmefällen unter engen Voraussetzungen für denkbar gehalten hat, in einem erstmalig verwendeten Zeichen ein Stammzeichen zu sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 – I ZB 33/93, GRUR 1996, 200, 202 = WRP 1997, 448 – Innovadiclophlont; Urteil vom 22. November 2001 – I ZR 111/99, GRUR 2002, 542, 544 = WRP 2002, 534 – BIG), hält er daran nicht fest.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, der Verkehr habe auch aufgrund der unterschiedlichen graphischen Gestaltung der Bestandteile „PROTI“ einerseits und „4K“ und „PLEX“ andererseits keine Veranlassung, die Benutzungsformen nicht als jeweils einheitliches Zeichen anzusehen. Mit ihrer gegenteiligen Würdigung setzt die Revision lediglich ihre Sicht an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
Die Revision beanstandet auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Bestandteile „4K“ und „PLEX“ in den Benutzungsformen nicht als ausschließlich beschreibend angesehen. Zwar wird ein zusätzlicher Bestandteil, dem der Verkehr eine rein beschreibende Angabe entnimmt, den kennzeichnenden Charakter der Marke häufig nicht verändern (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 – I ZR 142/07, GRUR 2010, 729 Rn. 18 = WRP 2010, 1046 – MIXI). Das Berufungsgericht ist jedoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Zusätzen „4K“ und „PLEX“ keine ausschließlich beschreibende Sachangabe entnehmen.

b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klagemarke 1 sei auch nicht durch die Verwendung der (ebenfalls eingetragenen) Marken Nr. 395 49 559.8 „PROTIPLUS“ und Nr. 396 08 644.6 „Proti Power“ rechtserhaltend benutzt worden, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger könne sich nicht darauf berufen, die Klagemarke 1 („PROTI“) dadurch rechtserhaltend benutzt zu haben, dass er die für ihn eingetragenen Marken Nr. 395 49 559.8 „PROTI-PLUS“ und Nr. 396 08 644.6 „Proti Power“ verwendet habe, weil diese selbst als Marken eingetragen seien. Nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil „Il Ponte Finanziaria/HABM“ (GRUR 2008, 343) entwickelten Grundsätzen könne eine eingetragene Marke nicht durch die Verwendung eines abgewandelten, ebenfalls als Marke eingetragenen Zeichens rechtserhaltend benutzt werden. Die Entscheidung sei zwar zu Art. 15 Abs. 1 und 2 Buchst. a GMV ergangen. Die Vorschriften der Gemeinschaftsmarkenverordnung entsprächen aber inhaltlich Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a MarkenRL. Die richtlinienkonforme Auslegung des Markengesetzes habe zur Folge, dass § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG nicht anwendbar sei.

bb) Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats zur Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Buchst. a MarkenRL entschieden hat, kann sich der Markeninhaber zur Darlegung der rechtserhaltenden Benutzung auch dann auf die Benutzung eines abgewandelten Zeichens berufen, wenn dieses Zeichen ebenfalls als Marke eingetragen ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 1257 Rn. 18 bis 30 – Rintisch/Eder). Die Vorschriften der Markenrechtsrichtlinie stehen der Anwendung des § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG nicht entgegen. Eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke 1 („PROTI“) im Sinne von § 26 Abs. 3 MarkenG ist daher – anders als vom Berufungsgericht angenommen – nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Benutzungsformen „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ ebenfalls als Marke eingetragen sind.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG sei ausgeschlossen, weil die Bezeichnungen „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ aufgrund der Abweichungen von der Klagemarke 1 („PROTI“) den kennzeichnenden Charakter dieser Marke veränderten.

a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Klagemarke 1 darauf abgestellt, der Verkehr werde die Wortmarke „PROTIPLUS“ und die Wort-Bild-Marke „Proti Power“ als einheitliches Zeichen ansehen. Die Zeichenbestandteile „PLUS“ und „Power“ seien nicht beschreibend. Inwieweit etwa „PROTIPLUS“ ein „Mehr“ enthalte, sei nicht ersichtlich. Auch der Bestandteil „Power“ beschreibe nichts anderes als das, wofür auch die übrigen Produkte des Klägers stünden.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
In diesem Zusammenhang braucht nicht entschieden zu werden, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts überhaupt eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht sein können. Das könnte fraglich sein, weil das Berufungsgericht seine Annahme, der Verkehr werde das Wortzeichen „PROTIPLUS“ und die Wort-Bild-Marke „Proti Power“ jeweils als einheitliche Zeichen auffassen (BU 5 unter II 1 b cc), in Klammern gesetzt und im Konjunktiv gehalten hat.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft in die Beurteilung, ob der Verkehr das Zeichen „PROTIPLUS“ als einheitliches Zeichen ansieht, nicht die graphisch gestaltete Form einbezogen, bei der „PROTI“ mit einem „R im Kreis“ in der oberen Reihe und – davon abgesetzt – „PLUS 80“ in der unteren Reihe dargestellt sind. Da der Verkehr der Beifügung des Zusatzes ® zu einem Zeichen den Hinweis entnimmt, dass es eine Marke genau dieses Inhalts gibt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 – I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 15 = WRP 2009, 1080 – Thermoroll), ist nicht ausgeschlossen, dass der Verkehr die Zeichenform nicht als zusammengesetztes Zeichen ansieht, sondern „PROTI®“ als ein Zeichen auffasst.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht geprüft, ob der Verkehr auch das Wortzeichen „Proti Power“ als einheitliches Zeichen auffasst oder ob er in ihm nicht zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht. Der Verweis des Berufungsgerichts auf das Zeichen „Proti Power“ bezieht sich auf die Wort-Bild-Marke, bei der zwischen den Zeichenbestandteilen durch das einheitliche „P“ eine gewisse Klammerwirkung entsteht. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts können nicht ohne weiteres auf das Wortzeichen übertragen werden.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Bestandteile „PLUS“ und „Power“ seien in Kombination mit dem Wortbestandteil „PROTI“ in Groß- und Kleinschreibung nicht beschreibend, sind ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang angenommen, der Verkehr werde in „PROTI“ einen Hinweis auf den Hauptbestandteil der damit bezeichneten Produkte erkennen. Dann erweist sich seine Annahme, es sei nicht ersichtlich, wovon „PROTIPLUS“ ein Mehr enthalte, als widersprüchlich. Entsprechendes gilt für den Bestandteil „Power“. Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass der Zusatz für „mit Energie und Leistungskraft arbeiten“ steht. Ist von einer entsprechenden Verkehrsauffassung für das Revisionsverfahren auszugehen, ist nichts dafür ersichtlich, dass der Bestandteil „Power“ in Verbindung mit dem Zeichen „Proti“ nicht beschreibend wirkt.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Verwendung der Zeichen „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ stelle keine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 3 MarkenG dar, kann danach keinen Bestand haben.

2. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke 1 und dem angegriffenen Zeichen „Protifit“ getroffen. Im Hinblick darauf ist zugunsten des Klägers im Revisionsverfahren zu unterstellen, dass zwischen den kollidierenden Marken „PROTI“ und „Protifit“ Verwechslungsgefahr besteht.
IV. Auf die Revision des Klägers ist danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die fehlenden Feststellungen zur rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke 1 durch die Verwendung der Zeichen „PROTIPLUS“ und „Proti Power“ zu treffen. Sollte die Klagemarke 1 nicht verfallen sein, wird das Berufungsgericht weiter die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke 1 und der Marke „Protifit“ zu treffen haben.

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.09.2008 – 33 O 484/06 –
OLG Köln, Entscheidung vom 20.05.2009 – 6 U 195/08 –

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