Angabe von Versandkosten ins Ausland

04. Juni 2010
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Eigener Leitsatz:

Bietet ein Verkäufer einen Versand ins Ausland an, muss dieser noch vor Vertragsschluss über die jeweils anfallenden Versandkosten informieren. Andernfalls liegt ein nach § 3 UWG erheblicher Wettbewerbsverstoß vor. Diese Ansicht vertreten bisher das OLG Hamm und das LG Berlin. Zu einer gegenteiligen Ansicht ist jetzt jedoch das KG Berlin gelangt: Richten sich die Angebote eines kleingewerblichen Händlers hauptsächlich an deutsche Kunden und wirbt dieser auf der Internetplattform eBay mit dem Hinweis “Versand in alle anderen Länder weltweit auf Anfrage“ und gibt dabei lediglich die Versandkosten für die Europäische Union und die Schweiz an, handelt es sich lediglich um einen Bagatellverstoß gemäß § 3 Abs. 1 UWG.

 

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 13.04.2010

Az.: 5 W 62/10

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Teilzurückweisung in dem Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 2. Februar 2010 – 15 O 28/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 2.000 €.

Entscheidungsgründe:

I.
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO. Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss einen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, 3, Abs. 6 PAngV (wegen teilweise fehlender Angaben zu Versandkosten in das Ausland) verneint.

1. Der Senat hat einen bloßen Bagatellverstoß gem. § 3 Abs. 1 UWG bereits dann bejaht, wenn trotz der Angabe “Versand nach: Europa” nur Informationen über die Höhe der Versandkosten in Deutschland gegeben werden und hierzu ausgeführt:

"Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend einen bloßen Bagatellverstoß nach § 3 UWG angenommen (a. A. OLG Hamm, Beschluss vom 28.März 2007, 4 W 19/07, juris Rdn. 8).

Dass Interessen der Käufer ernstlich betroffen werden, wenn sie im Einzelfall die Versandkosten nicht berechnen können (OLG Hamm, a.a.O.), ist im Regelfall richtig und deshalb Grundlage der gesetzlichen Vorschrift. Vorliegend geht es aber um einen besonders gelagerten Ausnahmefall.

Der Antragsgegner wendet sich mit seinem deutschsprachigen Internet-Auftritt unter der T. “de” für den Verkauf von Elektro-Haushaltsgeräten in aller erster Linie an Inländer. Diese werden über die Versandkosten im Inland hinreichend informiert. Denkbar ist zwar, dass ein Inländer beabsichtigt, die Ware – etwa als Geschenk – in das europäische Ausland zu versenden bzw. versenden zu lassen oder dass Deutschsprachige im Ausland den Internet-Auftritt des Antragsgegners zum Warenbezug an ihren Auslandsaufenthaltsort nutzen wollen. Dies werden aber seltene Ausnahmefälle bleiben. Eine besondere Marktbedeutung des Antragsgegners ist nicht dargetan. Für Inländer und Deutschsprachige im Ausland ist ein Versand von Waren in das Ausland zudem eher eine besondere Zusatzleistung des Verkäufers. Sie rechnen ohnehin damit, dass sie sich regelmäßig – auch wenn kein Versand in das Ausland ausdrücklich genannt ist – gesondert beim Anbieter nach einer Möglichkeit im Einzelfall und den Kosten erkundigen müssen. Der allgemeine Hinweis des Antragsgegners auf seine Bereitschaft zum Auslandsversand hilft ihnen dann schon bei der Informationssammlung und Auswahl. Da der Antragsgegner hingegen allenfalls mit einer geringen Nachfrage rechnen kann, wäre eine gesonderte Preisaufstellung im Voraus für jede Ware und jedes europäische Land (einschließlich etwaiger Zollabgaben außerhalb der Europäischen Gemeinschaft) mit einem unverhältnismäßigen Aufwand – auch hinsichtlich des Platzes auf den Internetseiten – verbunden. Der Hinweis auf die Möglichkeit, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV nur nähere Einzelheiten der Berechnung anzugeben (OLG Hamm, a.a.0.), führt vorliegend nicht wesentlich weiter. Denn auch diese Berechnungsgrundlagen sind hier – abhängig von Größe und Gewicht der Ware und dem jeweiligen europäischen Land – sehr vielschichtig. Von einer größeren Nachahmungsgefahr kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil jedenfalls die kleineren Händler in der Regel die Mühen und Risiken eines Auslandsversandes scheuen werden."

2. An diesen Grundsätzen ist für den vorliegenden Fall festzuhalten (weitergehend nach wie vor OLG Hamm, GRUR Prax 2010, 42, juris Rn. 36; Urteil vom 10.2.2009, 4 U 185/08, juris Rn. 34; VuR 2009, 353, juris Rn. 37; LG Bochum, MMR 2009, 364; wie hier LG Lübeck, MMR 2008, 554, juris Rn. 38 ff).

a) Vorliegend ist zwar ein Versand weltweit angeboten worden. Versandkosten werden aber immerhin für die Europäische Union und die Schweiz angegeben. Darüber hinaus wird der Hinweis gegeben "… Versand in alle anderen Länder weltweit auf Anfrage". Die deutschsprachigen e.-Angebote der Antragsgegnerin auf der Internetplattform von e. Deutschland wenden sich in aller erster Linie an Inländer und deutschsprachige Ausländer. Für diese Gebiete werden die Versandkosten konkret angegeben. Eine besondere Marktbedeutung der Antragsgegnerin ist nicht ersichtlich. Eine Irreführung darüber, dass bei einem Versand in alle anderen Länder außerhalb der EU und der Schweiz weitere Versandkosten anfallen, erfolgt nicht. Die (zudem eher geringe) Erschwerung eines Preisvergleichs für allenfalls (wenn überhaupt) vereinzelte wenige Verbraucher in den Ländern außerhalb der EU und der Schweiz (oder für die wenigen Verbraucher aus diesen Ländern, die an einem Versand in das übrige Ausland interessiert sind) geht über einen bloßen Bagatellverstoß nicht hinaus. Der Senat nimmt insoweit im Übrigen Bezug auf die weithin zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung und im landgerichtlichen Nichtabhilfebeschluss.

II.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruht auf § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.

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