Bösgläubige Anmeldung der Marke XY rechtswidrig

27. Oktober 2010
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Eigener Leitsatz:

Die bösgläubige Markenanmeldung der Marke XY mit dem Ziel, vermeintliche Verletzer in Anspruch nehmen zu können, um dadurch Lizenzgebühren zu generieren, ist rechtswidrig. Einwilligung in die Löschung der Marke, die in unlauterer Behinderungsabsicht erworben und eingesetzt wurde, kann verlangt werden, wenn sie mit dem Zweck gehortet wurde, Dritte mit Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen zu überziehen.

Landgericht München I

Urteil vom 13.04.2010

Az.: 9HK O 23557/09

In dem Rechtsstreit (…)

wegen Forderung u.a.

erlässt das Landgericht München I, 9. Kammer für Handelssachen, durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Schott gemäß § 349 Abs. 3 ZPO aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2010
folgendes

Endurteil:

I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, für die Klägerin an die Rechts- und Patentanwälte … München EUR 4.161,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 04.08.2009 zu bezahlen.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, unwiderruflich in die Löschung der am 13.07.2007 eingetragenen Wortmarke … gegenüber dem Deutschen patent- und Markenamt einzuwilligen.

III. Von den Kosten des Verfahrens tragen beide Beklagte samtverbindlich 1/11, die Beklagte zu 1) alleine 10/11.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 8.00,– EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der durch eine behauptete unberechtigte Abnehmerabmahnung entstandenen vorgerichtlichen Rechts- und Patentanwaltskosten, sowie einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Marke geltend.

Die Klägerin wurde im Jahre 1908 gegründet und befasst sich mit der Ausrüstung für Jagd- und Sportschießen einschließlich Zubehör und Funktionskleidung. Sie vertreibt ihre Waren in Filialen, mit Versandhauskatalogen und in Online-Shops.

Zum Sortiment der Klägerin gehören auch eine Vielzahl namhafter Marken, u.a. Schuhe und Stiefel der Marke … .

Die Beklagte zu 1) vertreibt behauptetermaßen Sportartikel. Der Beklagte zu 2) ist ihr Geschäftsführer.

Die Beklagten haben in der Vergangenheit zahlreiche Marken für ein weites Spektrum an Waren und Dienstleistungen für sich eintragen lassen, u.a. auch die Marke … .

Die Klägerin trug vor, dass die Beklagten offenbar seit Jahren zahlungsunfähig seien, was darauf schließen lasse, dass niemals beabsichtigt worden sei und auch nicht beabsichtigt werden könne, die zahlreich angemeldeten Marken funktionsgerecht zur Kennzeichnung von Waren zu nutzen. Vielmehr würden die zahlreich angemeldeten Marken in Kenntnis der konkreten Vorbenutzung bösgläubig angemeldet, um dann die vermeintlichen Verletzer in Anspruch zu nehmen und so Lizenzgebühren zu generieren.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.04.2009 (vgl. Anl. LSG 6) wurde gegenüber der Klägerin eine behauptete Verletzungshandlung hinsichtlich der Marke … behauptet, wobei dieses damit begründet wurde, dass die Klägerin angeblich unter Bezeichnung … in einem Katalog einen Jagdstiefel angeboten habe. Tatsächlich habe jedoch die Klägerin von der … als Herstellerin ein Schuhmodell bezogen, dass diese als … bezeichnet habe. Der Schuh als solcher sei niemals mit dem Zeichen … gezeichnet worden.
Da in der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung explizit gefordert worden sei, die Schuhe als solche mit dem Zeichen … zu kennzeichnen, habe diese Forderung schon diesbezüglich jeglicher Grundlage entbehrt, weshalb diese Abmahnung als unberechtigte Abnehmerabmahnung zu qualifizieren sei.
Den offenbar vermögenslosen Beklagten sei es deshalb in diesem Fall nicht um die Durchsetzung vermeintlicher markenrechtlicher Ansprüche gegangen, sondern vielmehr um eine missbräuchliche Geltendmachung einer lediglich formalen Rechtsposition. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.07.2007 (Anl. LSG 9) wies die Klägerin die geforderte Abgabe einer Unterlassungserklärung zurück und forderte die Beklagte ihrerseits auf, die Anspruchsbemühungen aufzugeben und auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten, sowie sich zu verpflichten, die bei der Klägerin entstandenen Rechts- und Patentsanwaltkosten zu erstatten.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.07.2007 verzichteten die Beklagte auf ihre Ansprüche, beglichen die entstandenen Kosten der Klägerin allerdings nicht (vgl. Anl. LSG 12).

Die Klägerin ist der Meinung, dass sie Anspruch auf Erstattung der entstandenen Abmahnkosten habe, weil mit der Abmahnung der Beklagten ein Verhalten gerügt worden sei, das in dieser Form nie stattgefunden habe. Außerdem sei die Abmahnung auch deshalb unberechtigt gewesen, weil die streitgegenständliche Marke nicht nur bösgläubig angemeldet, sondern auch zu Behinderungszwecken eingesetzt worden sei und werde.

Wegen dieser bösgläubigen Anmeldung habe die Klägerin auch einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der eingetragenen Wortmarke … . Dieser ergebe sich sowohl aus §§ 50 Abs. 1 Nr.4, 8 Abs. 2 Nr.10 MarkenG, als auch aus § 3 UWG.

Wegen der Einzelheiten der Begründung der Klägerin wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen hingewiesen.

Die Klägerin stellte deshalb Anträge
    wie in Ziffern I. und II. dieses Urteils tenoriert.

Dagegen beantragt die Beklagte,
    die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Zur Begründung trug sie vor, dass eine Bösgläubigkeit der Beklagten im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke von der Klägerin nicht vorgetragen worden sei und eine solche auch nicht vorgelegen habe. Die behauptete Missbräuchlichkeit liege nicht vor. Die Marke sei außerdem noch in der Benutzungsschonfrist.
Hinsichtlich der Abmahnung der Beklagten liegt keine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vor, jedenfalls fehle es aber an einer Rechtswidrigkeit und einem Verschulden der Beklagten.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erwies sich in vollem Umfang auch als begründet. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen:

I. Zunächst sind folgende Feststellungen zu treffe, die entweder unstreitig oder aber urkundlich belegt sind:

1. Die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke erfolgte am 31.07.2007. Im Hinblick darauf, dass , dass die Klägerin die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit bei der Anmeldung beantragte, kommt es auf die von der Beklagten reklamierte Benutzungsschonfrist nicht an.

2. Ausweislich der Markenurkunde Anl. LSG 4 erfolgte am 08.08.2008 eine Verfügungsbeschränkung über diese Marke. Dennoch wurde sie am 17.04.2009 vom Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 1) übertragen.

3. Von den Beklagten wurde nicht bestritten, dass gegen die Beklagte zu 1), die erst am 05.04.2005 gegründet wurde, seit 04.12.2007 insgesamt 8-mal eine Haftanordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erging und dass gegen den Beklagten zu 2) alleine im Jahre 2009 7-mal eine Haftanordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erging.

4. Auch der Vortrag der Klägerin, dass die Beklagten und die Firma … eine Gesellschaft der Mutter des Beklagten zu 2), in der Vergangenheit ca. 100 Abmahnungen ausgesprochen hätten und dass von den Genannten eine Vielzahl von Verfahren bei den Landgerichten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Köln anhängig gemacht worden sind, wurde nicht bestritten.

5. Letztlich wurde auch nicht bestritten, dass vor der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke durch den Beklagten zu 2) bereits insgesamt 52 Marken mit dem Bestandteil … eingetragen waren.

Diese oben genannten Zahlen und Daten stehen unzweifelhaft fest.

II. Eine außermarkenrechtliche Löschungsklage nach § 3 UWG ist für den Fall anerkannt, dass das formale Markenrecht in unlauterer Behinderungsabsicht erworben oder eingesetzt wird (vgl. § 4 Nr. 10 UWG). Die Löschung einer Marke ist dann gerechtfertigt, wenn besondere Umstände vorliegen, wobei solche u.a. dann gegeben sind, wenn der Markeninhaber eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat – vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb – und wenn die Marken im wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatz- bzw. Geldforderungen zu überziehen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., Anm. 74 und 77 zu § 2 MarkenG).

III. Unter Anwendung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der oben unter Nr. I. dargestellten. Daten, erfolgte die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke durch den Beklagten zu 2) am 31.01.2007 in bösgläubiger Absicht. Die Beklagten konnten auch keine jetzige Benutzung der Marke substantiiert vortragen, die auf eine Benutzungsabsicht bei der Anmeldung schließen lassen könnte und die eine Böswilligkeit bei dieser Anmeldung ausschließen würde.

1. Die von den Beklagten als Anlagenkonvolut B 1 vorgelegten Rechnungen sind unerheblich, weil sie nicht von der Beklagten zu 1), bzw. dem Beklagten zu 2) stammen.

2. Aus dem Anlagenkonvolut B 2 lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass Artikel mit der Bezeichnung oder Kennzeichnung .. angeboten wurden.

3. Die von den. Beklagten vorgelegte Anl. B 3 beinhaltet die Behauptung, dass jetzt Artikel mit der Bezeichnung … angeboten werden, es fehlt allerdings jeglicher substantiierter Vortrag hierzu, in welcher Form und in welchem Umfang dieses geschehen soll. Die Klägerin bestritt insoweit auch in zulässiger Weise, dass es sich bei diesem "Angebot" um echte Warenangebote handle. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten ist hinsichtlich der Zahl, des Umfangs von Bestellungen in Bezug auf konkrete Waren, dabei erzielte Umsätze und die konkrete Art und Weise der Verwendung der Marken völlig unsubstantiiert.

4. Die durch die Beklagten mit Anl. B 4 vorgelegten behaupteten Lizenzverträge mit den Firmen … bzw. … sind ebenfalls unerheblich. Insoweit haben die Beklagten den Sachvortrag der Klägerin nicht bestritten, dass diese beiden Firmen nach dem gleichen Muster wie die hiesige Klägerin abgemahnt wurden und dass sie deshalb sich in die Vereinbarungen gemäß Anl. B 4 haben drängen lassen. Ein solcher vermeintlicher Markenverletzer, der letztlich Schadensersatz in Form einer „Lizenzzahlung" leistet, kann aber einem echten Lizenznehmer nicht gleichgesetzt werden. Er regelt nämlich die Folgen einer behaupteten Markenverletzung, will aber nicht eine Marke mit Zustimmung des Markeninhabers für diesen benutzen.

5. Der Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 29.01.2010 auf Seite 5, vom 12.03.2010 auf den Seiten 1-4 unter zahlreichen Zeugenangeboten ist vollkommen unsubstantiiert und einer konkreten Beweisaufnahme unzugänglich.

Zusammengefasst kommt deshalb das Gericht zur Überzeugung, dass der Beklagte zu 2) die streitgegenständliche Marke am 31.01.2007 in bösgläubiger Behinderungsabsicht eintragen ließ und sie dann am 08.08.2008 auf die Beklagte zu 1) übertrug.

IV. Aus obigen Ausführungen ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1. Die Beklagten haben samtverbindlich die der Klägerin entstandenen Abmahnkosten zu erstatten. Zum einen ergibt sich dieses bereits daraus, dass die Beklagte mit ihrer unberechtigten Schutzrechtsabmahnung ein Verhalten rügte, das in der gerügten Form seitens der Klägerin niemals begangen wurde. Zum anderen ergibt sich der Erstattungsanspruch allerdings auch wegen der oben dargestellten bösgläubigen Markenanmeldung durch den Beklagten zu 2). Hinsichtlich der Berechnung dieser Kosten schließt sich das Gericht in vollem Umfang den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift an. Der geltend gemachte Verzug ergibt sich aus dem anwaltlichen Schreiben vom 24.07.2009 (Anl. LSG 11).

2. Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der streitgegenständlichen Marke gegen die Beklagte zu 1) ergibt sich aus § 3 UWG, weil, wie oben dargestellt, der Beklagte zu 2) die Marke in unlauterer Behinderungsabsicht erworben und die Beklagte zu 1), auf die diese Marke übertragen wurde, die nunmehr ebenfalls in unlauterer Behinderungsabsicht einsetzt.

3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 100 Abs. 1 und Abs. 4 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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