Bewerbungsfrist um 15 Minuten verpasst

21. April 2010
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Eigener Leitsatz:

Eine vereinsrechtliche Maßnahme eines Fußballausschusses kann lediglich dahingehend gerichtlich überprüft werden, ob die betreffende Maßnahme von der Satzung des Vereins gedeckt wird, Verfahrensgrundsätze eingehalten worden sind und ob sich die Entscheidung nicht als willkürlich darstellt. Ein Fußballverein bewarb sich 15 Minuten nach Bewerbungsschluss um die Zulassung am Spielbetrieb in einer Liga. Dieser Antrag wurde unter Hinweis auf die nicht fristgerechte Abgabe zurückgewiesen. Im vorliegenden Fall sei die Maßnahme jedoch als grob unbillig und unangemessen belastend anzusehen. Während die Fristüberschreitung von 15 Minuten denkbar gering ist und die Unterlagen noch während des Geschäftsbetriebes eingereicht wurden, beeinträchtigt die Maßnahme den Verein in sportlicher und wirtschaftlicher Hinsicht dagegen erheblich. Eine bestimmte Spielklasse ist ein entscheidendes Kriterium für Sponsoren und für die zu erzielenden Zuschauereinnahmen.

Landgericht Duisburg

Urteil vom 14.07.2009

Az.: 6 O 231/09

Tenor:     

Der Verfügungskläger wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zum Spielbetrieb der für die Saison 2009/2010 zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Verfügungsbeklagte zu tragen.

T a t b e s t a n d
   
Der Verfügungskläger ist ein Fußballverein und Mitglied des,der seinerseits Mitglied des Verfügungsbeklagten, des ist. Er begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, für die Spielzeit 2009/2010 vorläufig zum Spielbetrieb der von dem Verfügungsbeklagten unterhaltenen zugelassen zu werden.

Nach § 6 Abs. 3 des Statuts (LiSt) ist Voraussetzung für die Zulassung zur neben der sportlichen Qualifikation "außerdem" die fristgerechte Bewerbung um die Zulassung mit allen erforderlichen Unterlagen entsprechend der einschlägigen, dort näher aufgeführten Richtlinien. Gem. § 7 Abs. 1 LiSt ("Bewerbungsfrist und Antrag") ist

"Termin zur Abgabe der Bewerbung um die Zulassung zur und der einzureichenden Unterlagen für Vereine der (…) jeweils der 15. März, 15.30 Uhr, vor Beginn des Spieljahres zur Abgabe der Bewerbung um die Zulassung zur und der Unterlagen gemäß den Richtlinien für das Zulassungsverfahren ‚Technisch-organisatorische und sicherheitstechnische Leistungsfähigkeit ‘."

§ 8 Abs. 3 LiSt ("Verfahrensgang für das Zulassungsverfahren") sieht vor, dass der Verbandsfußballausschuss des durch die Geschäftsstelle des den Antrag zurückweist, wenn die genannten Unterlagen unvollständig oder nicht fristgerecht eingereicht worden sind. § 20 LiSt verweist für den Fall, dass in diesem Statut nichts anderes bestimmt ist, insbesondere auf die Rechts- und Verfahrensordnung des (RuFO).

Auf dem Deckblatt der auch dem Verfügungskläger vom Verfügungsbeklagten übersandten Bewerbungsunterlagen im Rahmen des technisch-organisatorischen und sicherheitstechnischen Zulassungsverfahrens für die Saison 2009/2010 war vermerkt worden:

"Ausschlussfrist ist Montag, 16. März 2009, 15:30 Uhr! (der 15. März fällt auf einen Sonntag. Aus diesem Grund verlängert sich gemäß § 193 BGB die Abgabefrist für die geforderten Unterlagen auf den 16. März 2009.)"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 38 GA) verwiesen.

Am 16.03.2009 trat der Vorsitzende des Verfügungsklägers, Herr mit seinem PKW die Fahrt von zur Geschäftsstelle des Verfügungsbeklagten an, um dort die für das Zulassungsverfahren erforderlichen Unterlagen einzureichen. Als er aufgrund hohen Verkehrsaufkommens absehen konnte, dass er die Geschäftsstelle nicht bis 15:30 Uhr erreichen würde, ließ er seine Mitarbeiterin, Frau dort telefonisch nachfragen, ob eine Einreichung der Unterlagen auch per Telefax oder E-Mail möglich sei. Der Vorsitzende übergab die Unterlagen, die im Sinne der Ausschreibung vollständig waren und inhaltlich dem Statut und den dazugehörigen Richtlinien entsprachen, schließlich um 15:45 Uhr der Geschäftsstelle des Verfügungsbeklagten.
   
Mit Schreiben vom 24.03.2009 wurde der Antrag auf Zulassung vom Antragsgegner unter Hinweis auf die nicht fristgerechte Angabe bis 15:30 Uhr zurückgewiesen. Die Beschwerde des Verfügungsklägers und sein Wiedereinsetzungsantrag vom 01.04.2009 wurden durch das Präsidium des Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 16.04.2009 zurückgewiesen. Am 20.05.2009 wies das Verbandsgericht den Antrag des Verfügungsklägers vom 25.04.2009 auf sportgerichtliche Entscheidung zurück.
   
Am 07.06.2009 beendete der Verfügungskläger die Saison 2008/2009 in der auf dem 15. Platz. Dieser Platz qualifiziert in sportlicher Hinsicht zur Liga-Teilnahme auch in der kommenden Spielzeit.
   
Der Verfügungskläger behauptet, Herr habe die Fahrt am 15.03.2009 gegen 14:40 Uhr angetreten. Die Entfernung zur Geschäftsstelle der Verfügungsbeklagten habe 49 Kilometer betragen. Der Mitarbeiterin sei bei dem mit dem Verfügungsbeklagten geführten Telefonat von einer weiblichen Person mitgeteilt worden, dass eine Übermittlung per Telefax oder E-Mail nicht nötig sei und es ausreiche, wenn Herr schnellstmöglich zur Geschäftsstelle komme. Zu diesem Zeitpunkt sei eine Übersendung der Unterlagen per Telefax noch möglich gewesen.
   
Der Verfügungskläger beantragt,
   
   1. ihn vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zum Spielbetrieb der für die Spielzeit 2009/2010 zuzulassen,

hilfsweise

   2. dem Verfügungsbeklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, seinem Antrag auf Zulassung zur NRW-Liga vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache stattzugeben,

hilfsweise

   3. dem Verfügungsbeklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, seinen Antrag auf Zulassung zur vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache als rechtzeitig gestellt anzusehen,

hilfsweise

   4. dem Verfügungsbeklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, seinen Wiedereinsetzungsantrag vom 25.03.2009 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache als begründet anzusehen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
   
Der Verfügungsbeklagte behauptet, das in Rede stehende Telefonat sei mit seinem Mitarbeiter Herrn geführt worden. Dieser habe Frau mitgeteilt, dass der Abgabetermin um 15:30 Uhr nicht verlängert werden könne.

Für das übrige Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2009 (Bl. 51 GA) Bezug genommen.
   
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO liegen vor.
   
1. Der Verfügungskläger hat den geltend gemachten Verfügungsanspruch. Er hat Tatsachen glaubhaft gemacht, aus denen sich ergibt, dass der Verfügungsbeklagte seinen Antrag auf Zulassung zur unter Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben zurückgewiesen hat und er ohne die Zurückweisung des Antrages zum Spielbetrieb für die Saison 2009/2010 zuzulassen wäre.

Es ist anerkannt, dass alle vereinsrechtlichen Maßnahmen vor den staatlichen Gerichten zur Nachprüfung gebracht werden können, wenn – wie im vorliegenden Fall – vereinsinterne Rechtsbehelfe ausgeschöpft sind (BGHZ 29, 352; 47, 172; 49, 396; Palandt-Heinrichs/Ellenberger, 67. Auflage 2008, § 25 BGB Rdn. 18 f.). Dabei findet eine Überprüfung dieser Maßnahmen zwar nur in beschränktem Umfang statt, weil die Kontrolle durch die staatlichen Gerichte mit Blick auf die zu gewährleistende Vereins- und Privatautonomie begrenzt ist. Zulässig und geboten ist danach aber jedenfalls die Überprüfung, ob die betreffende Maßnahme von der Satzung des Vereins gedeckt wird, die Grundsätze des vereinsrechtlichen Verfahrens eingehalten sind und sich die Maßnahme unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht als willkürlich oder grob unbillig darstellt (BGHZ 47, 381; BGH JZ 1984, 186; zum Ganzen auch OLG Hamm, OLGR 2008, 710 ff.).
   
a) Vorliegend findet die Zurückweisung des Antrags auf Zulassung zur ihre Grundlage in § 8 Abs. 3 LiSt, wonach der Verbandsfußballausschuss des durch die Geschäftsstelle des den Antrag zurückweist, wenn die genannten Unterlagen unvollständig oder nicht fristgerecht eingereicht worden sind. Dass der Verfügungsbeklagte in seinen Statuten eine solche Ausschlussfrist vorsieht, um den Spielbetrieb der jeweils kommenden Saison in organisatorischer Hinsicht rechtzeitig und umfassend vorbereiten zu können, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
   
Die in § 7 Abs. 1, 1. Alt. LiSt bestimmte Frist zur Abgabe der Bewerbungsunterlagen im Rahmen des technisch-organisatorischen und sicherheitstechnischen Zulassungsverfahrens hat der Verfügungskläger nicht eingehalten, sondern um eine Viertelstunde überschritten. § 7 Abs. 1 1. Alt. LiSt legt den Termin zur Abgabe der genannten Unterlagen auf den 15. März 2009, 15:30 Uhr, fest. Da der 15.03.2009 ein Sonntag war, waren die Vereine durch Schreiben des Verfügungsbeklagten vom 30.01.2009 (Bl. 37 ff. GA) und auf dem Deckblatt der Bewerbungsunterlagen darüber informiert worden, dass sich die Frist bis Montag, 16. März 2009, 15:30 Uhr, verlängere. Die Unterlagen wurden am 16.03.2009 jedoch erst um 15:45 Uhr abgegeben.
   
Die Abgabe der Unterlagen stellt sich auch nicht deshalb als fristgemäß dar, weil sich die Frist wegen des Sonntages bis zum Ablauf des 16.03.2009 verlängert hätte, mithin eine Abgabe noch bis 24:00 Uhr möglich gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers ergibt sich dies weder aus § 193 BGB noch aus § 20 LiSt i. V. m. § 22 Abs. 4 S. 3 RuVO. Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, so tritt nach § 193 BGB an dessen Stelle der nächste Werktag, womit in Anwendung dieser Vorschrift lediglich der Tag, nicht aber die Uhrzeit ausgetauscht würde. Da die hier in Rede stehende Frist nach einem festen Termin, nicht aber nach Zeiträumen bestimmt ist, findet auch § 22 Abs. 4 S. 3 RuVO vorliegend keine Anwendung. Dass § 22 Abs. 4 S. 3 RuVO auf Fristen beschränkt ist, die nach Wochen oder Monaten berechnet werden, ergibt die Auslegung dieser Bestimmung. Diese steht in unmittelbarem Bezug zu S. 2 der Vorschrift, der das Ende solcher Wochen- und Monatsfristen regelt. S. 1 der Bestimmung zeigt zudem, dass Gegenstand der Vorschrift nur solche Fristen sind, die überhaupt einer Berechnung bedürfen.

b) Es kann dahinstehen, ob die Bestimmungen des Verfügungsbeklagten für den Fall der schuldlosen Versäumnis der genannten Frist nach §§ 20 LiSt, 44 RuVO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulassen oder ob die Wiedereinsetzungsvorschriften im Falle der Versäumnis einer Ausschlussfrist außer Anwendung bleiben müssen (vgl. dazu Staudinger-Peters, 2004, vor § 194 BGB Rdn. 16 m. w. N.). Vorliegend wäre eine Wiedereinsetzung bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Verfügungskläger die Abgabefrist jedenfalls fahrlässig und damit nicht schuldlos versäumt hat. Ob die Partei oder ihren Vertreter an der Fristversäumnis ein Verschulden trifft, ist nach dem objektiv-abstrakten Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falles zu beurteilen. Dabei war es dem Verfügungskläger zwar unbenommen, die Frist bis zum letzten Tage auszuschöpfen. Die Ausnutzung einer Frist bis kurz vor Fristablauf stellt jedoch höhere Anforderungen an das zur Fristwahrung Erforderliche (Zöller-Greger, 25. Aufl. 2005, § 233 ZPO Rdn. 14). Nach diesen Maßstäben kann sich der Verfügungskläger weder mit unvorhergesehenen, verkehrsbedingten Verzögerungen auf der Fahrt zur Geschäftsstelle des Verfügungsbeklagten noch mit dem Telefongespräch entschuldigen, das eine Mitarbeiterin kurz vor Fristablauf mit der Geschäftsstelle geführt hat.

Angesichts des Umstandes, dass der Vorsitzende des Verfügungsklägers schon nach seinem eigenen Vortrag eine Strecke von knapp 50 Kilometern über vielbefahrene Autobahnen zurückzulegen hatte, für die er bei gewöhnlichen Verkehrsverhältnissen und bei einer – bereits über der Richtgeschwindigkeit liegenden – Autobahn-Durchschnittsgeschwindigkeit von 140 km/h zumindest 25 Minuten benötigt hätte, war die von ihm eingeplante Zeitreserve von nur 20 Minuten nicht als ausreichend anzusehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Auftreten von zähfließendem Verkehr, der hier für die Verzögerungen ursächlich gewesen sein soll, kein unvorhersehbares Ereignis darstellt.
   
Auch soweit der Verfügungsbeklagte vorträgt, eine Übermittlung der Unterlagen per Telefax oder Email sei allein aufgrund der telefonischen Auskunft des Verfügungsbeklagten unterblieben, ist dies als Entschuldigung nicht ausreichend. Der Verfügungskläger hat nach eigenem Vortrag die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht gewahrt, indem er 15 Minuten vor Fristablauf in Unkenntnis der Befugnisse einer ihm nicht bekannten Person auf deren telefonische Auskunft vertraute und nicht unverzüglich die Übermittlung der Unterlagen veranlasste, obwohl ihm dies nach eigenen Angaben noch möglich war.

c) Im vorliegenden Einzelfall ist es dem Verfügungsbeklagten aber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB ausnahmsweise verwehrt, sich auf den Ablauf der Ausschlussfrist zu berufen.

Zwar gibt es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung in einem angemessenen Verhältnis zu deren Schwere stehen müssen, und kann auch eine geringfügige Fahrlässigkeit etwa Schadensersatzpflichten in existenzvernichtender Höhe begründen (Staudinger-Schmidt, 2004, § 242 BGB Rdn. 779; Palandt-Heinrichs, 67. Aufl. 2008, § 242 BGB Rdn. 54). Es ist aber anerkannt, das außergewöhnliche Härten im Rechtsverkehr über den Grundsatz von Treu und Glauben gemildert werden können und der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben auch gegenüber einer Ausschlussfrist durchgreifen kann (BGH NJW 1995, 598; NJW 1995, 598; OLG Frankfurt OLGR 2001, 278; Palandt-Heinrichs, 67. Aufl. 2008, § 242 Rdn. 63). In Anbetracht der Vielfalt und der Unterschiedlichkeit der auf Gesetz oder Vertrag beruhenden Ausschlussfristen kommt es dabei insbesondere auf Sinn und Zweck der jeweiligen Frist an, wobei auch die der Fristbestimmung zu Grunde liegenden Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. zum Ganzen BGH NJW-RR 1987, 157; BGHZ 31, 77, 83; BGH NJW 1993, 1005; Staudinger-Looschelders, 2005, § 242 BGB Rdn. 1042; Münchener Kommentar-Grothe, 5. Aufl. 2006, vor § 242 BGB Rdn. 22).

Eine unter Billigkeitsgesichtspunkten unzulässige Rechtsausübung liegt danach vor, wenn die Fristüberschreitung geringfügig ist, unter Würdigung der Bedeutung der Frist schützenswerte Interessen nicht beeinträchtigt sind und an den im Ergebnis folgenlos gebliebenen Verstoß weitreichende, eindeutig unangemessene Rechtsfolgen geknüpft werden, wenn sich die Anwendung der Fristbestimmung mithin als unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des anderen Teils darstellt. So liegt der Fall hier.

Während die Fristüberschreitung durch den Verfügungskläger von gerade einmal 15 Minuten als denkbar gering anzusehen ist, kommt der in § 6 LiSt normierten Frist lediglich eine Ordnungsfunktion zu. Wie das Verbandsgericht des in seiner Entscheidung vom 20.05.2009 ausgeführt hat, soll die Fristsetzung auf 15:30 Uhr gewährleisten, dass "die Unterlagen (…) zu einem Zeitpunkt abgegeben werden, wo die hauptamtlichen Mitarbeiter zugegen sind und den genauen Abgabetermin bestätigen können". Dass die Unterlagen im vorliegenden Fall den Verfügungsbeklagten noch während des Geschäftsbetriebes erreicht haben und eine Eingangsbestätigung dieser Unterlagen am gleichen Tag noch möglich war, steht außer Streit. Wesentliche Interessen des Verfügungsbeklagten oder der Mitkonkurrenten des Verfügungsklägers wurden nicht beeinträchtigt. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass der Verfügungsbeklagte in der Zeit zwischen 15:30 Uhr und 15:45 Uhr am 16.03.2009 bereits Maßnahmen mit Blick auf die "Technisch-organisatorische und sicherheitstechnische Leistungsfähigkeit" der ergriffen hätte oder hätte ergreifen müssen oder die verspätete Abgabe sonst zu Problemen geführt hätte. Dass Mitbewerber in dieser Zeit mit Blick auf die zukünftige Zusammensetzung der Liga Dispositionen getroffen haben, erscheint ausgeschlossen.
   
Dem stehen die erheblichen sportlichen und wirtschaftlichen Folgen für den Verfügungskläger gegenüber. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Zugehörigkeit eines Fußballvereins zu einer bestimmten Spielklasse – hier der– entscheidendes Kriterium für das Engagement potentieller Sponsoren und die während der Spielzeit zu erzielenden Zuschauereinnahmen ist. Auch liegt auf der Hand, dass die Spielklasse geeignet ist, die sportliche Perspektive des Vereins (einschließlich der Zusammensetzung des Kaders) nicht nur in der in Rede stehenden Saison, sondern auch für die Zukunft maßgeblich zu beeinflussen.

2. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass der Beginn der Spielzeit 2009/2010 in der unmittelbar bevorsteht, und sich die angesprochenen wirtschaftlichen und sportlichen Nachteile im Falle der Nichtteilnahme am Ligabetrieb unmittelbar zu realisieren drohen.

Die Eilbedürftigkeit entfällt nicht deshalb, weil der Verfügungskläger nach Zustellung des Urteils des Verbandsgerichts vom 20.05.2009 einige Wochen mit der Antragstellung zugewartet hat. Vergegenwärtigt man sich, dass sich der Verfügungskläger in sportlicher Hinsicht erst mit dem Ablauf der vorangegangenen Spielzeit Anfang Juni 2009 für die zukünftige Teilnahme an der qualifiziert hat und der Antragstellung Abstimmungsprozesse innerhalb des Vereins voranzugehen hatten, kann dies letztlich nicht dringlichkeitsschädlich sein.

Durch die vorläufige Zulassung des Verfügungsklägers zum Spielbetrieb wird die Entscheidung in der Hauptsache schließlich nicht in unzulässiger Weise vorweg genommen. Die vorläufige Zulassung ist keine endgültige. Da die Verfügung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache beschränkt ist, schafft sie weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Fakten, die nicht mehr zu korrigieren wären (vgl. auch OLG Hamm, OLGR 2008, 710 ff.). Soweit sich der Verfügungsbeklagte darauf beruft, dass der Spielbetrieb der Liga zunächst mit 19 Mannschaften aufgenommen werden müsse, sind damit allenfalls Schwierigkeiten in organisatorischer Hinsicht angesprochen, die sich mit zumutbarem Aufwand lösen lassen. Eine "faktische" Vorwegnahme der Hauptsache stünde einem Verfügungsgrund zudem deshalb nicht entgegen, weil die dem Verfügungskläger drohenden Beeinträchtigungen außer Verhältnis zu den dem Verfügungsbeklagten drohenden Nachteilen steht.

II.
   
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

III.
   
Der Streitwert auf 50.000,00 Euro festgesetzt. Dies entspricht dem von den Parteien geschätzten wirtschaftlichen Interesse des Verfügungsklägers an der vorläufigen Entscheidung.

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