Sind Namen berühmter Persönlichkeiten als Marke eintragungsfähig?

21. Mai 2013
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Eigener Leitsatz:

Die Wortmarke „Willi Ostermann Wanderweg“ ist für die beanspruchten Waren- und Dienstleistungen – Werbung, Veranstaltung von Reisen und kulturelle Aktivitäten – nicht unmittelbar beschreibend. Der Schutz gegen die etwaige Verletzung postmortaler Persönlichkeitsrechte betrifft im Registerverfahren nicht zu berücksichtigende private Rechte.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 14.1.2013

Az.: 27 W (pat) 513/13

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 021 101.1

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. …, den Richter … und die Richterin … am 2. April 2013

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2013 wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Anmeldung der Wortmarke

Willi Ostermann Wanderweg

hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts für die Dienstleistungen

35 Werbung

39 Veranstaltung von Reisen

41 kulturelle Aktivitäten

zurückgewiesen.

Das ist damit begründet, die angemeldete Bezeichnung weise auf den Karnevalsliedersänger Willi Ostermann hin. Den Verbrauchern sei bekannt, dass Wanderwege nach Persönlichkeiten benannt würden. Der Hinweis sei beschreibend in dem Sinn, dass an dem Weg Stationen und Begebenheiten aus dem Leben von Willi Ostermann aufgezeigt würden.

Der Anmelder hat dagegen Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, Straßen und Wege würden oft nach einer Person benannt.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung von "Willi Ostermann Wanderweg" als Marke stehen keine Schutzhindernisse entgegen.

Das angemeldete Zeichen ist weder beschreibend im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch fehlt ihm die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind nur unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Marken besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die nicht als Unterscheidungsmittel wirken.

"Willi Ostermann" weist wie andere Eigennamen auch von Haus aus einen individualisierenden Charakter auf und ist deshalb zur Erfüllung einer Herkunftsfunktion geeignet. Personennamen sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt markenfähig (Götting GRUR 2001, 615 (619)) und unterliegen denselben Kriterien bei der Schutzfähigkeitsprüfung wie andere Mar-kenkategorien (vgl. EuGH GRUR 2004, 946, Rn. 25 – Nichols; BPatG GRUR 2006, 591 – Georg-Simon-Ohm; BPatG, Beschl. v. 27. März 2012, Az. 27 W (pat) 83/11 – Robert Enke).

Bei Namen bekannter Personen ist die Möglichkeit einer herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BPatG, Beschluss vom 6. Februar 2008, Az. 32 W (pat) 92/06 – Maya Plisetskaya).

Die kennzeichnende Funktion des Namens geht auch in einer Kombination mit "Wanderweg" nicht verloren.

Die Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten ist dem Publikum neben der ebenfalls unterscheidungskräftigen Benennung von öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Universitäten, Theatern etc., auch im Zusammenhang mit Straßen und Wegen geläufig. Gerade Straßennamen enthalten mit einem Namen eine Hinweiswirkung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und dienen der eindeutigen Adressierung.

Dies gilt auch für Wanderwege, die wie Berghütten nach einem bekannten Berg-steiger benannt sein können. So erinnert der „Franz-Senn-Weg“ vom Seejöchl zur „Senn-Hütte“ an den Gründer des Alpenvereins und den Förderer des Tourismus durch Ausbau und kartographische Erfassung von Wegen insbesondere im Ötztal.

Dass ein Wanderweg-Name eine berühmte Bergroute beschreibt, ist nicht zu erwarten. Anspruchsvolle Bergbesteigungen werden mit „Grad“ oder „Route“ bezeichnet. So führt die „Welzenbach-Route“, benannt nach dem bedeutenden Bergsteiger Willo Welzenbach, über die 900 m hohe 55 Grad steile Lyskamm Nordost-Wand. Der „Messner-Route“ gegenüber liegt am Everest die „Mallory-Route“ mit dem „Hillary-Step".

"Willi Ostermann" ist zudem kein Name, bei dem Gedanken an derartige Routen aufkommen.

Werden einfachere Wanderwege nach Personen benannt, so dient dies allgemein dem Andenken an den Namensgeber oder dem Dank für die Unterstützung beim Ausbau des Wegs, wie der oben genannte „Franz-Senn-Weg“.

Dass auf nach Personen benannten Wanderwegen das Leben und Wirken des Namensgebers dargestellt wird, kann das angesprochene Publikum ohne sonstige Hinweise einer Bezeichnung wie "Willi Ostermann Wanderweg" allenfalls nach einer sehr eingehenden und analysierenden Betrachtung entnehmen.

Dies gilt auch für das Verständnis als Weg auf den Spuren Willi Ostermanns (etwa durch Köln). Für solche Stadtführungswege ist die Bezeichnung "Wanderweg" nicht gebräuchlich.

"Willi Ostermann Wanderweg" kann auch nicht mit einem Gattungsbegriff wie "Waldlehrpfad" gleichgestellt werden.

Es gibt auch keinerlei Belege dafür, dass "Willi Ostermann Wanderweg" oder "Willi Ostermann " als Sachbezeichnung, wie "Otto" und "Wankel" für Motoren, "Diesel" für Kraftstoffe oder "Stresemann" für einen Gesellschaftsanzug, im Lieder- und Kulturbereich gebräuchlich wäre.

Der Name "Willi Ostermann" ist auch nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Dass sich "Willi Ostermann Wanderweg" oder "Willi Ostermann“ zu einer üblichen Bezeichnung oder einem allgemein werberelevanten Motiv im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entwickelt hat, ist nicht feststellbar (anders OLG München GRUR-RR 2002, 12 f. zu Mozart(Kugeln); vgl. auch Sahr GRUR 2008, 461 (467); Sosnitza in FS Ullmann, 2006, S. 387 (392).

Im Rahmen der hier gebotenen Prüfung ist keine Genehmigung der Erben des 1936 verstorbenen Namensträgers erforderlich, um eine ersichtliche Täuschung oder einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung bzw. eine Verbot im Sinne der Nrn. 4, 5 und 9 des § 8 Abs. 2 MarkenG auszuschließen.
Selbst wenn man den Bezeichnungen von Kulturgütern einen Markenschutz versagen wollte, wäre dies auf die Namen von Personen nicht übertragbar (anders Boeckh, FS Hertin, S. 499 (507 f.) für Staatsrepräsentanten). Der postmortale Persönlichkeitsschutz ist nämlich eine eng begrenzte Ausnahme von dem Prinzip,dass die Rechtsfähigkeit und das damit verknüpfte Persönlichkeitsrecht mit dem Tod des Rechtsträgers erlöschen. Eine positive Zuordnung an die Allgemeinheit, wie sie zur Gemeinfreiheit von Kunstwerken diskutiert wird, scheidet hier grundsätzlich aus (Götting GRUR 2001, 615 ll.2.b.dd).

Der Schutz gegen die Verletzung postmortaler Persönlichkeitsrechte (BPatG BIPMZ 2000, 384 – Fr. Marc; DPMA Beschl. v. 28. Januar 2002, Az. S 58/00 – Lady Di; Steinbeck JZ 2005, 552 (555); Schmidt MarkenR 2003, 1 (5); Boeckh GRUR 2001, 29 (33); Seifert NJW 1999, 1890) betrifft im Registerverfahren nicht zu berücksichtigende private Rechte. Diese sind relative Schutzhindernisse im Sinn von § 13 Abs. 2 MarkenG, die nicht zusätzlich im Rahmen der Nrn. 1 bis 10 des § 8 Abs. 2 MarkenG zu prüfen sind (Steinbeck JZ 2005, 552 (555); Götting GRUR 2001, 615 (621)), zumal die Annahme einer Persönlichkeitsverletzung eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erfordert, für die im Rahmen des Anmeldeverfahrens kein Raum ist (BPatG BIPMZ 2000, 384 – Fr. Marc; Gauß WRP 2005, 570 (574 f.); Steinbeck JZ 2005, 552 (555); Götting GRUR 2001, 615 (621); Sahr GRUR 2008, 461 (468); Sosnitza in FS Ullmann, 2006, S. 387 (393 f.); a. A. Boeckh GRUR 2001, 29 (33); vgl. auch Schmidt MarkenR 2003, 1 (5); anders BPatG, Beschl. v. 2. März 2004 – Az. 24 W (pat) 36/02, BeckRS 2008, 26492 – Lady Di, hinsichtlich der Anmeldung einen Tag nach ihrem Tod).

Hier wird der Name von Willi Ostermann zudem weder in dem angemeldeten Zeichen in einen Kontext gestellt noch mit Dienstleistungen in Verbindung gebracht, die das Andenken an ihn in jeglicher denkbaren Verwendung beeinträchtigen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Anmelder keinen Benutzungswillen hatte, liegen hier nicht vor. Aus der Funktion des Anmelders als ehemaliger Präsident der „Willi Ostermann Gesellschaft“ kann nicht geschlossen werden, dass er mit der Anmeldung der Marke allein das Ziel verfolgen würde, Dritte von der Nutzung auszuschließen (BPatG GRUR-RR 2009, 58 – Hooschebaa).

III.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht trotz der bekannten Entscheidungen des Senats zu Namensbezeichnungen und diesen im Kontext mit Preisen und Hochschulen kein Anlass, da es nicht als Verfahrensfehler angesehen werden kann, diese Rechtsprechung zu „Wanderweg“ einer Prüfung zu unterziehen.

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