simplify Methoden

28. Oktober 2008
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Eigener Leitsatz:

Die Zweisprachigkeit einer Wortmarke als sprachregelwidrige Wortschöpfung kann angesichts der Gewöhnung des Verkehrs an derartige Wortkombinationen allein eine Schutzfähigkeit nicht begründen.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 15.10.2008

Az.: 29 W (pat) 112/05

Beschluss

In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung …

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2008 durch … beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Februar 2005 und vom 17. August 2005 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 23. Juli 2004 die Wortmarke

simplify Methoden

für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere auch periodisch erscheinende Zeitschriften, Bücher, Loseblattwerke, Seminarunterlagen;

Klasse 38: Online-Dienste, nämlich Bereitstellen von Informationen aller Art in Bild und Ton im Internet;

Klasse 41: Kulturelle Aktivitäten, Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen auf Ton-, Bild- und Datenträgern, insbesondere auch von periodisch erscheinenden Zeitschriften, Büchern, Loseblattwerken;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, wissenschaftliche Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Dienstleistung einer Datenbank.

Mit Beschluss vom 28. Februar 2005 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise für folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere auch periodisch erscheinende Zeitschriften, Bücher, Loseblattwerke, Seminarunterlagen;

Klasse 38: Online-Dienste, nämlich Bereitstellen von Informationen aller Art in Bild und Ton im Internet;

Klasse 41: Erziehung, Ausbildung, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen auf Ton-, Bild- und Datenträgern, insbesondere auch von periodisch erscheinenden Zeitschriften, Büchern, Loseblattwerken;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, wissenschaftliche Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Dienstleistung einer Datenbank.

Demzufolge wurde die Marke für die Dienstleistungen „Kulturelle Aktivitäten“ und „Unterhaltung“ als schutzfähig angesehen. Die gegen den Beschluss vom 28. Februar 2005 eingelegte Erinnerung ist mit Beschluss vom 17. August 2005 zurückgewiesen worden. Die Markenstelle hat ausgeführt, dass der Bestandteil „simplify“ auf Grund seiner Nähe zu dem deutschen Wort „simpel“ überwiegend im Sinne von „vereinfache!“ verstanden werde. Das Element „Methode“ benenne demgegenüber die Art und Weise des Herangehens an etwas, so dass die angemeldete Wortkombination im Sinn von „Vereinfache Methoden!“ trotz Fehlens des bestimmten Artikels „the“ lediglich auf den Inhalt und die Bestimmung der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen hinweise. Auch die Zweisprachigkeit der beiden Zeichenwörter könne angesichts der Gewöhnung des Verkehrs an entsprechende Wortkombinationen die Schutzfähigkeit nicht begründen. Die angeführten
Voreintragungen seien mit vorliegendem Zeichen nicht vergleichbar. § 8 Abs. 3 MarkenG käme nicht zur Anwendung, da eine Verkehrsdurchsetzung nicht schlüssig glaubhaft gemacht worden sei.

Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,

die Beschlüsse vom 28. Februar 2005 und vom 17. August 2005 aufzuheben.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis auf folgende Dienstleistungen beschränkt:

Klasse 41: Kulturelle Aktivitäten, Erziehung, Unterhaltung;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.

Beschwerdegegenständlich sind damit noch die Dienstleistungen „Erziehung“ und „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“.

Zur Begründung der Beschwerde trägt die Anmelderin vor, dass die Wortfolge „simplify Methoden“ weder als Bezeichnung für die Dienstleistungen üblich sei, noch ihre Merkmale beschreibe. Anders zu beurteilen sei dies allenfalls dann, wenn sprachregelgemäß anstelle des Wortes „Methoden“ das englische Wort „methods“ verwandt worden wäre. Der Verkehr sehe das Zeichen schon deswegen nicht als eine Inhaltsgabe oder einen gebräuchlichen Begriff der deutschen Sprache, sondern als sprachregelwidrige Wortschöpfung an. Ein eindeutig sachlicher Bezug zu den gegenständlichen Dienstleistungen lasse sich nicht herstellen. Insbesondere betreffe die Dienstleistung „Erziehung“ die geistige und moralische Persönlichkeitsbildung, bei der eine bestimmte Vorgehensweise oder Arbeitsanweisung nicht im Vordergrund stehe. Bei dem „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ handele es sich um eine technische Dienstleistung, die unabhängig vom Inhalt der abrufbaren Daten erbracht würde. Darüber hinaus seien auf Grund gezielter Werbe- und Vermarktungsstrategien die Marken der Anmelderin mit dem Bestandteil „simplify“ großen Teilen der Bevölkerung bekannt, so dass unabhängig von der Frage der Verkehrsdurchsetzung der Bestandteil „simplify“ auf die Beschwerdeführerin hinweise. Zudem seien für die Beschwerdeführerin bereits vergleichbare Kombinationen des Wortes „simplify“ mit einem deutschen Begriff eingetragen worden. Schließlich stehe der Eintragung des angemeldeten Zeichens auch kein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2008 Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Erziehung“ und „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ begründet.

1. Der Bezeichnung „simplify Methoden“ steht insoweit nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rn. 48 – Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rn. 33 und 42 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das (die) vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche(s) und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006).

Für die Dienstleistungen „Erziehung“ und „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ kann der gemischtsprachigen Wortfolge „simplify Methoden“ kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt entnommen werden. Dies gilt selbst dann, wenn die von dieser Dienstleistung angesprochenen inländischen Verkehrskreise in der Lage sein sollten, die Wortfolge in dem von der Markenstelle angenommenen Sinn mit „Vereinfache Methoden“ oder in dem Sinn von „Vereinfachungsmethoden“ zu übersetzen.

Im Hinblick auf die Dienstleistung „Erziehung“ ist das angemeldete Zeichen nicht beschreibend. Erziehung dient der Bildung des Geistes und des Charakters sowie der Förderung der Entwicklung eines Menschen. Es gibt zwar wie allgemein bekannt sog. Erziehungsmethoden (z. B. die autoritäre oder antiautoritäre Erziehungsmethode) zur Erreichung eines bestimmten Erziehungszwecks. Allerdings wird die Vereinfachung von Erziehungsmethoden nicht mit der Wortverbindung „simplify Methoden“ umschrieben (vgl. „http://www.google.de“, Stichwort „Erziehungsmethoden“). Wegen ihrer Zweisprachigkeit und ihres schlagwortartigen Charakters bietet sie sich im Zusammenhang mit Erziehung nicht als eindeutige und klar verständliche Inhalts- oder Bestimmungsangabe an. Schon deshalb kommt das Zeichen auch als eine gebräuchliche Wortfolge im Erziehungsbereich nicht in Frage (vgl. „http://www.google.de“, Stichwort „Erziehung“). Es ist ihm also die notwendige Hinweisfunktion nicht abzusprechen.

Bei dem „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ handelt es sich um eine im Wesentlichen technische Dienstleistung, bei der der Zweck des Programms von untergeordneter Bedeutung ist. Für eine derart technische und nicht inhaltsbezogene Tätigkeit kann dem Zeichen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Eintragung nicht versagt werden (GRUR 2005, 578, 581, Rn. 30 – LOKMAUS; BPatG 32 W (pat) 120/05 – simplify your success). Auch konnten keine Belege ermittelt werden, aus denen sich ergibt, dass die Wortfolge „simplify Methoden“ in Verbindung mit dem Erstellen von Programmen vom Verkehr als übliche Bezeichnung angesehen wird.

2. Aus den unter 1.) genannten Gründen kann das angemeldete Zeichen auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen werden. In Verbindung mit den Dienstleistungen „Erziehung“ und „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ eignet sich die Wortfolge „simplify Methoden“ nicht als unmissverständliche Merkmalsangabe.

Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich. Der Beschwerde war demnach stattzugeben.

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