Rückforderung von Vergütungsteilen wegen Reduzierung der Urheberrechtsabgabe

01. August 2014
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Urteil des OLG Hamm vom 15.11.2013, Az.: 12 U 13/13

Grundsätzlich begründet eine rückwirkende Verringerung der Urheberrechtsvergütung in der Vertriebskette keine Erstattungsansprüche der Vertragspartner untereinander. Für diesen Fall gibt es keinen Handelsbrauch und keine Branchenüblichkeit. Die Urheberrechtsvergütung wird bis an das Ende der Handelskette zum Verbraucher durchgereicht und ist somit von diesem zu zahlen. Es ist daher nur sachgerecht, wenn es bei dem bereits vereinbarten Kaufpreis der Vertragsparteien bleibt.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 15.11.2013

Az.: 12 U 13/13

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.11.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf teilweise Rückzahlung von Urheberrechtsvergütungen für von der Beklagten gelieferte DVD-Brenner in Anspruch.

Die Beklagte lieferte im Jahr 2008 an die Klägerin insgesamt 6.538 DVD-Brenner des I GmbH (im Folgenden: MH F), die zum Einbau in PCs bestimmt sind. Die Klägerin veräußerte diese an Händler weiter.
In ihren Rechnungen vom 19.11.2008 und 17.12.2008 (Anl. RS1, Bl. 271 ff. d. A.), welche die Klägerin bezahlt hat, führte die Beklagte jeweils folgenden Passus auf:

„Die Urheberrechtsabgabe nach § 54 UrhG wurde entrichtet und beläuft sich pro fakturierte Einheit auf 7,37 EUR“.
Für die bis zum 31.12.2007 verkauften DVD-Brenner, die zum Einbau in PCs bestimmt waren, galt aufgrund eines Gesamtvertrages zwischen der BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neuer Medien e.V.) und der ZPÜ (Zentralstelle für private Überspielrechte), einem Zusammenschluss diverser Urheberverwertungsgesellschaften, die Urheberrechtsvergütung von 7,37 €.

Für die Zeit ab dem 01.01.2008 war aufgrund einer Gesetzesänderung eine neue Urheberrechtsvergütung zu bestimmen. Entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 27 UrhWG galten die bisherigen Vergütungssätze zunächst fort, bis unter dem 29.04.2010 rückwirkend ab dem 01.01.2008 ein neuer Tarif für die hier streitgegenständlichen Brenner durch die GEMA, VG Wort und die VG-Bildkunst beschlossen wurde und dieser im Bundesanzeiger vom 06.05.2010 bekannt gemacht wurde. Es galt danach ab dem 01.01.2008 ein Tarif von nur noch 1,875 €, der unstreitig auf die Parteien Anwendung findet.

Die Klägerin exportierte 846 der von der Beklagten erworbenen DVD-Brenner. Hierfür erhielt sie – wie es branchenüblich ist – die Urheberrechtsvergütungen von der Beklagten erstattet. Ebenfalls erstattete die Beklagte der Klägerin für die im Mai 2010 abgerechnete Lieferung einen den überbezahlten Urhebervergütungen entsprechenden Betrag am 31.05.2012.

Für die 5.692 im Jahr 2008 gekauften DVD-Brenner, die nicht exportiert wurden, verlangt die Klägerin mit der vorliegenden Klage den Differenzbetrag zwischen dem ursprünglichen Vergütungssatz von 7,37 € und dem später festgesetzten Tarif von 1,875 €.

Einige andere Hersteller bzw. Importeure, wie etwa die Unternehmen T und Samsung, haben der Klägerin die Differenz der Urheberrechtsvergütungen, die den hier streitgegenständlichen entsprechen, erstattet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2011 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 28.12.2011 auf, einen – zunächst unrichtig berechneten – Differenzbetrag von 35.284,40 € für das Jahr 2008 zu zahlen.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe den Differenzbetrag von der Fa. MH F, der der Streit verkündet wurde, erstattet erhalten. Die Fa. MH F habe wiederum den Differenzbetrag von der ZPÜ erhalten. Sie, die Klägerin, sei den Rückforderungsansprüchen ihrer Abnehmer ausgesetzt.

Die Klägerin hat ferner behauptet, zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass zusätzlich zu dem Kaufpreis die Urheberabgabe zu zahlen sei, mit der Maßgabe, dass die Abgabe von der Klägerin gegenüber der Beklagten nur dann und insoweit geschuldet sei, als die Pflicht zur Zahlung der Urheberabgabe auch im Verhältnis zur ZPÜ entstehe und nicht später wieder ganz oder teilweise wegfalle. Diese Abrede sei auch branchenüblich. Es bestehe auch ein entsprechender Handelsbrauch.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 38.412,87 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 35.284,14 € seit dem 28.12.2011 und aus 3.128,73 € seit Rechtshängigkeit [17.05.2012] zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass es eine Branchenüblichkeit oder einen Handelsbrauch gebe, wonach rückwirkend reduzierte Urheberrechtsabgaben in der Vertriebskette von den Vertragspartnern untereinander zu erstatten seien.
Die Beklagte hat behauptet, die ZPÜ habe keine geleisteten Geräteabgaben an die MH F zurückerstattet; auch zwischen dieser und der Beklagten sei keine Rückerstattung erfolgt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Haftungsrisiko für die Höhe der Urhebervergütungen liege allein bei der Herstellerin.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünden weder vertragliche noch bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung zu. So ergebe sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Liefervertrag kein Anspruch auf Rückerstattung der im Ergebnis zu viel gezahlten Urheberrechtsabgaben, weil eine solche vertragliche Regelung weder aus dem Hinweis in den Rechnungen der Beklagten noch aus einer stillschweigenden Vereinbarung oder einer Branchenüblichkeit als Handelsbrauch gem. § 346 HGB herzuleiten sei. Im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB sei eine Rückzahlungsvereinbarung nicht zu ermitteln. Eine diesbezügliche Auslegung könne weder aus den bloßen Hinweisen in den Rechnungen darauf, dass die Urheberrechtsabgabe entrichtet worden sei, noch aus den Rückzahlungen in Exportfällen oder aus Regelungen des sog. BCH-Gesamtvertrages hergeleitet werden. Hinreichende Indizien für einen bestehenden Handelsbrauch nach § 346 HGB seien von der Klägerin nicht vorgetragen worden.

Der Klägerin stehe auch unter Billigkeitsgesichtspunkten nach § 242 BGB kein Rückerstattungsanspruch zu, weil eine Rückerstattung in der Vertriebskette von Importeur bzw. Hersteller über die Händler hin zum Endkunden eigentlich dem Endkunden zugutekommen müsste. Da dies faktisch nicht möglich sei, müssten die Rückerstattungen bei dem verbleiben, der auch das Risiko einer Abgabenerhöhung tragen müsste, nämlich der Importeur oder Hersteller.

Schließlich scheitere ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB an dem vorliegenden Rechtsgrund.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels wiederholt und vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Klägerin meint, das Landgericht habe die allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB fehlerhaft angewandt und dabei insbesondere eine falsche Risikoverteilung angenommen, weil es übersehen habe, dass Schuldner der Urheberabgabe nicht nur die Hersteller und Importeure, sondern auch die Händler seien. Ferner habe das Landgericht übersehen, dass eine rückwirkende Erhöhung der Urheberabgaben zum einen tatsächlich nicht gegeben und zum anderen ganz allgemein aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei. Das Landgericht habe auch Beweisantritte der Klägerin rechtsfehlerhaft übergangen, in dem es keinen Beweis durch Zeugenvernehmung über ihre Behauptung, es sei vereinbart gewesen, dass Urheberabgaben nur und insoweit geschuldet seien, als die Pflicht zur Zahlung der Urheberabgabeauch im Verhältnis zur ZPÜ entstehe und nicht später ganz oder teilweise wegfalle, erhoben habe.
Die Klägerin meint ferner, es sei nach dem unstreitigen Vortrag bereits anzunehmen, dass die Urheberabgaben zusätzlich zum Kaufpreis nur vorläufig berechnet wurden und nur geschuldet seien, wenn sie tatsächlich anfielen. Eine Rückzahlungsverpflichtung  müsse auch deshalb angenommen werden, weil die Parteien bei den Exportartikeln immer eine Rückzahlung vorgenommen haben. Die Branchenüblichkeit der Rückerstattung nachträglich niedriger angesetzter Abgaben ergebe sich schon aus dem vorgelegten BCH-Gesamtvertrag.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, aus der unstreitig erfolgten Erstattung bei Exporten sowie eines Differenzbetrages im Jahr 2010 durch die Beklagte ergebe sich, dass auch die Beklagte das Vertragsverständnis gehabt habe, dass Differenzbeträge in der nun streitgegenständlichen Form zurückzuzahlen seien. Es habe sich um „dynamische Preise“ für die DVD-Brenner gehandelt.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Zahlung von 38.412,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 35.284,14 € seit dem 28.12.2011 und aus 3.128,73 € seit Rechtshängigkeit [17.05.2012] zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus, es sei gerade nicht unstreitig, dass die Urheberabgabe neben dem Kaufpreis bzw. vorläufig gezahlt worden sei und dass die ZPÜ Rückzahlungen an die Fa. MH F geleistet habe.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag.

aa) Eine ausdrückliche vertragliche Absprache, die eine solche Rückzahlung regeln würde, ist nach dem vom Senat zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht getroffen worden. So existiert zunächst kein schriftlicher Vertrag, in dem eine entsprechende Regelung enthalten sein könnte. Auch eine mündliche Vereinbarung, wie sie die Klägerin vorträgt, wonach die Urheberrechtsabgaben nur vorläufig zu zahlen gewesen und nur in dem Umfang geschuldet sein sollen, wie sie letztlich der konkreten Höhe nach festgesetzt wurden, ist nicht anzunehmen. Der streitige Vortrag der Klägerin hierzu ist gänzlich unsubstantiiert und daher einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Denn die Klägerin hat nicht im Ansatz erkennbar vorgetragen, mit welchem Gesprächspartner auf Seiten der Beklagten die von ihr benannten Zeugen zu welchem Zeitpunkt eine Vereinbarung getroffen haben sollen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass von der darlegungsbelasteten Partei je nach Einzelfall nicht generell ein konkreter Vortrag zu dem genauen Datum oder gar zur genauen Uhrzeit verlangt werden kann. Jedenfalls erforderlich wäre in dem vorliegenden Fall aber ein Vortrag dazu, wann ungefähr eine solche Vereinbarung vor oder bei dem bzw. den streitgegenständlichen Vertragsabschlüssen über die Lieferung von DVD-Brennern erfolgt sein soll. Angesichts des so pauschalen Vortrages der Klägerin war der Beklagten ein substantiiertes Bestreiten nicht möglich. Hierauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2013 wiederholt und eindeutig hingewiesen und der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese hat darauf weder ihren Vortrag näher konkretisiert noch den Nachlass eines Schriftsatzes beantragt. Auch die abschließende Frage des Senatsvorsitzenden vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, ob von den Parteien noch etwas vorgetragen werden solle, wurde verneint.

Die von der Klägerin für eine behauptete Vereinbarung zur Vorläufigkeit der zu zahlenden Urheberrechtsvergütungen benannten Zeugen waren mithin nicht zu vernehmen.

bb) Ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Urheberrechtsvergütungen ist auch nicht im Wege der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 ZPO herzuleiten. Unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte kann nicht angenommen werden, dass die Parteien vereinbaren wollten, dass die Urheberrechtsvergütung einen selbständigen Bestandteil des Kaufpreises ausmachen sollte, der nur vorläufig bis zur endgültigen Festsetzung gezahlt werden sollte.

Eine entsprechende Verkehrssitte, wie sie die Klägerin für sich reklamiert, kann nicht festgestellt werden. Zunächst ist schon nach dem Vortrag der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht von einer Branchenüblichkeit bzw. einem Handelsbrauch in Bezug auf eine nur vorläufige Zahlung von Urheberrechtsvergütungen auszugehen, weil sämtliche von der Klägerin hierfür zur Begründung herangezogenen Umstände Ereignisse aus dem Jahr 2009 oder später und damit nach Vertragsschluss waren. Die hier streitgegenständlichen Forderungen sind bereits unter dem 19.11. bzw. 17.12.2008 in Rechnung gestellt worden. Bei der Auslegung des Vertrages ist aber nur die Verkehrssitte zu berücksichtigen, die bereits bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts tatsächlich Geltung hatte (Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl. 2013, § 133 Rn. 21 mwN). So hat insbesondere der BCH-Gesamtvertrag für PCs zwischen der ZPÜ und dem BCH vom 23.12.2009 keinen Aussagewert über das Vorliegen einer Verkehrssitte in Form eines Handelsbrauchs oder einer Branchenüblichkeit zum Zeitpunkt des deutlich früheren Vertragsschlusses. Indizien oder Anhaltspunkte dafür, dass bereits im Jahr 2008 eine Verkehrssitte bzw. Branchenüblichkeit im Sinne der Klägerin vorlag, hat sie nicht vorgetragen.

Eine Verkehrssitte, nach der eine Rückzahlung aufgrund einer nur vorläufigen Zahlung üblich wäre, ergibt sich auch nicht aus der Branchenüblichkeit in Bezug auf die Rückzahlung von Urheberrechtsvergütungen für den Fall des Exports. Denn diese Branchenüblichkeit beruht ersichtlich darauf, dass das Gesetz in § 54 Abs. 2 UrhG ausdrücklich vorschreibt, dass der Vergütungsanspruch nach § 54 Abs. 1 UrhG entfällt, soweit nach den Umständen erwartet werden kann, dass die Geräte oder Speichermedien im Geltungsbereich des UrhG nicht zu Vervielfältigungen benutzt werden. Unter diese Norm fallen die Exporte, weil eine Vergütungspflicht bei ausgeschlossener inländischer Vervielfältigungshandlung nicht anfällt (Dreier, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2013, § 54 Rn. 21). Eine vergleichbare Regelung zu dem vorliegenden Fall, dass Urheberrechtsvergütungen nachträglich abweichend festgelegt werden, existiert aber in einer dem § 54 Abs. 2 UrhG vergleichbaren Form nicht. Im Gegenteil ist in § 27 Abs. 1 UrhWG sogar geregelt, dass die bisherigen Vergütungssätze als Tarife weitergelten, längstens bis zum 01.10.2010. Insofern spricht die existierende Gesetzeslage jedenfalls nicht für eine Rückzahlungsverpflichtung, wodurch ein vergleichbarer Handelsbrauch bzw. eine Branchenüblichkeit hätte entstehen können. Eine Branchenüblichkeit entsprechend derjenigen bei Exporten ist nicht feststellbar.

Auch aus den Rechnungen der Beklagten vom 19.11. und 17.12.2008, in denen auf die Entrichtung einer „Urheberrechtsabgabe nach § 54 UrhG“ und deren Höhe von 7,37 € hingewiesen wurde, ergibt sich nicht, dass diese „Urheberrechtsabgabe“ als unselbständiger Teil des Kaufpreises nachträglichen Schwankungen unterliegen könne. Zum einen könnte eine Formulierung in Rechnungen nur ein Indiz für eine Regelung in dem vorangegangenen Vertragsschluss darstellen. Zum anderen lässt die Formulierung aber auch für sich betrachtet keinen Rückschluss auf eine vereinbarte Vorläufigkeit der Zahlung zu. Denn der Hinweis auf die auf das veräußerte Gerät entfallene Urhebervergütung stellt keine selbständige Rechnungsposition dar, sondern beruht auf der gesetzlich normierten Hinweispflicht bzw. -obliegenheit des§ 54d UrhG. Diese Norm bezweckt, gewerblichen Erwerbern von Geräten bzw. Speichermedien die Feststellung zu ermöglichen, ob die Urhebervergütung bereits gezahlt wurde und die eigene Einstandspflicht als Händler demnach erloschen ist (Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 54d Rn. 2). Ferner soll die Abwälzung der Gerätevergütung auf den Endverbraucher erleichtert werden (Dreier, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2013, § 54d Rn. 1). Danach ist die Erwähnung der „Urheberrechtsabgabe nach § 54 UrhG“ in Höhe von 7,37 € in den Rechnungen der Beklagten nicht als Ausweisung eines selbständigen Kaufpreisanteils bzw. gar als Preisanpassungsklausel, sondern nur als ein der gesetzlichen Regelung geschuldeter Hinweis aufzufassen, der völlig unabhängig von etwaigen vertraglichen Abreden oder Interessen der Parteien in jeder Rechnung über urheberrechtlich vergütungspflichtige Produkte enthalten sein muss.

Auch der Vergleich der Urheberrechtsvergütung – welche keine Steuer ist – mit üblichen Steuern und Abgaben, die auf andere Produkte zu entrichten sind, rechtfertigt gerade nicht die Qualifizierung der Vergütung als selbständiger, nachträglich abänderbarer Bestandteil des Kaufpreises. Denn auch übliche Steuern und Abgaben stellen nur eine interne Kalkulationsgröße dar, aufgrund derer ein Verkäufer seinen Kaufpreis bestimmt, ohne diese in der Regel gesondert auszuweisen und ohne dass Steuererhöhungen oder -senkungen Rückzahlungs- oder Verteuerungsansprüche begründen würden. Soweit die Mehrwert- und Umsatzsteuer in Rechnungen auszuweisen ist, liegt dies nur daran, dass ein umsatzsteuerpflichtiger Käufer die von ihm gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann.
Aus späterem Verhalten der Parteien ist kein hinreichend sicheres Indiz für die Auslegung des Vertragsverhältnisses im Sinne der Klägerin abzuleiten. Zwar hat die Beklagte der Klägerin unter dem 31.05.2010 auf deren Anforderung eine Gutschrift in Höhe von 5.495,00 € für insgesamt 4.000 DVD-Brenner, welche die Beklagte am 05.05. und 17.05.2010 unter Berücksichtigung einer Urheberrechtsvergütung von noch 7,37 € in Rechnung gestellt hatte, erteilt. Dieses zeitlich weit nach Vertragsschluss über den Kauf der streitgegenständlichen DVD-Brenner liegende Verhalten der Beklagten lässt aber keine Rückschlüsse darauf zu, welche Regelung die Parteien bei Vertragsschluss treffen wollten. Denn sowohl die Abrechnung der 4.000 DVD-Brenner als auch die Gutschrift steht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Neuregelung der Tarife am 29.04.2010 und der entsprechenden Veröffentlichung der neuen, ermäßigten Tarife am 06.05.2010. Die Rechnungslegung erfolgte damit nach Festlegung des abgeänderten Tarifs, so dass die ausgewiesene „Urheberrechtsabgabe nach § 54 UrhG“ mit 7,37 € am 05.05.2010 falsch war. Die Beklagte hat daher lediglich die falsche Rechnung in Form einer Gutschrift für jenes Rechtsgeschäft über die 4.000 nicht streitgegenständlichen DVD-Brenner berichtigen wollen.

Auch aus der Interessenlage der Parteien ist nicht abzuleiten, dass aufgrund ermäßigter Tarife Rückzahlungen für verringerte Urheberrechtsvergütungen zu erfolgen hätten. Denn es ist weder die Klägerin verpflichtet, Rückzahlungen an den Händler zu leisten, an den sie die streitgegenständlichen Brenner weiterveräußert hat, noch hätte die Beklagte im Falle der nachträglichen Erhöhung der Tarife einen Nachzahlungsanspruch gegenüber der Klägerin über höhere Urheberrechtsvergütungen gehabt. Dabei ist als Besonderheit zu beachten, dass die Urheberrechtsvergütungen nach den Motiven des Gesetzgebers letztlich von den Verbrauchern zu zahlen sind, weil die Vergütung in der Praxis von dem Hersteller bzw. Importeur an die Verbraucher über die Handelskette durchgereicht und damit letztlich auf sie abgewälzt werden (Dreier, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2013, § 54 Rn. 1 mwN). Dem letzten Händler, der das Produkt an den Verbraucher veräußert, kann aber nicht das Risiko aufgebürdet werden, für nachträgliche Erhöhungen von Urheberrechtsvergütungen ohne eigene Rückgriffsmöglichkeiten zahlen zu müssen. Dieser Händler hat nämlich keine Möglichkeit, rückwirkend erhöhte Urheberrechtsvergütungen von den Verbrauchern nachzufordern. Umgekehrt muss er seinerseits eine Inanspruchnahme bei nachträglicher Ermäßigung der Urheberrechtsvergütung – wie sie im streitgegenständlichen Fall eingetreten ist – nicht befürchten. Denn einerseits bietet der Kaufvertrag zwischen Händler und Endverbraucher keine Grundlage für eine Nach- bzw. Rückforderung einer der beiden Parteien, weil Urheberrechtsvergütungen, die in dem Kaufpreis aufgrund der Kalkulation des Händlers enthalten sind, keinerlei Erwähnung finden. Dies ist dem Senat aus eigenen Erfahrungen bei dem als Endverbraucher erfolgten Erwerb von technischen Geräten, für die nach § 54 UrhG von dem Hersteller bzw. Importeur eine Vergütung zu zahlen ist, bekannt. Es besteht daher im Verhältnis von Händler zu Endkunde kein Anspruch auf nachträgliche Zahlung. Auch faktisch ist eine Nach- bzw. Rückforderung in der Praxis nicht möglich, weil der Händler den Endkunden in aller Regel nachträglich nicht identifizieren kann, um Nachforderungen zu stellen, und der Endkunde gar nicht weiß, dass bzw. inwiefern Rückforderungen wegen nachträglicher Verringerungen von Urheberrechtsabgaben aufgrund geänderter Tarife überhaupt theoretisch denkbar wären. Dass eine nachträgliche Erhöhung des hier fraglichen Vergütungssatzes aus Rechtsgründen ausgeschlossen wäre, wie die Klägerin in der Berufungsinstanz vorträgt, ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich weder aus gesetzlichen Regelungen noch ist erkennbar, dass eine solche Auffassung vor der nachträglich erfolgten Festlegung der Tarife am 29.04.2010 aus anderen Erwägungen herrschend gewesen wäre (vgl. Müller, ZUM 2007, 777 [787]).

Es erscheint daher nicht sachgerecht, dem letzten Händler das Risiko nachträglicher Erhöhungen aufzubürden. Diesem Risiko steht zwar die Chance gegenüber, durch nachträgliche Verringerungen der Tarife Gewinn zu machen. Dies wiegt nach Auffassung des Senats aber nicht die völlige Unsicherheit bei der eigenen Preiskalkulation vor dem Hintergrund der existenzgefährdenden Gefahr von zu befürchtenden Nachforderungen auf. Sachgerechter erscheint demgegenüber, Risiko und Chancen von nachträglichen Erhöhungen dem Hersteller bzw. Importeuer aufzubürden, der Hauptschuldner der Urheberrechtsvergütungen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Ausgleich in dem Verhältnis Händler/Endverbraucher bei nachträglich geänderten Urheberrechtsvergütungen nach Treu und Glauben nicht angezeigt. Daher ist es interessengerecht, dass es wie in der gesamten Händlerkette auch in dem Verhältnis der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits bei dem einmal vereinbarten Kaufpreis bleibt, weil beide Parteien weder zu Zahlungen an ihren jeweiligen Vertragspartner verpflichtet sind noch Rückforderungsansprüche gegen diesen haben.

b) Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht aus § 313 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die geltend gemachte Zahlung verlangen. Es ist schon nicht ersichtlich, dass durch die nachträgliche Ermäßigung der Tarife über die Urheberrechtsvergütung eine schwerwiegende Veränderung der Grundlage des Vertrages eingetreten ist. Die Klägerin hat den von ihr entrichteten Kaufpreis als Kalkulationsgrundlage für den mit ihrem Käufer ausgehandelten Kaufpreis verwendet. Den so von ihr realisierten Kaufpreis muss die Klägerin entsprechend obiger Erwägungen auch nicht teilweise an ihre Käufer zurückzahlen. Ein die Geschäftsgrundlage zum Wegfall bringender Schaden ist nicht ersichtlich.

c) Auch stehen der Klägerin gegen die Beklagte keine bereicherungsrechtlichen Zahlungsansprüche zu. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB scheitert daran, dass die Beklagte die in dem Kaufpreis enthaltenen Urheberrechtsvergütungen nicht ohne Rechtsgrund erhalten hat. Der Rechtsgrund ist die vertragliche Vereinbarung über den Kaufpreis, welcher entsprechend der obigen Erwägungen als nur unselbständiger Teil indirekt auch den Anteil für die Urheberrechtsvergütung enthält.

d) Schließlich kann die Klägerin von der Beklagten keine Zahlung aus§ 426 Abs. 1 BGB verlangen, weil die Parteien im Verhältnis zueinander nicht beide zur Zahlung der Urheberrechtsvergütung verpflichtet sind. Denn aus der Regelung des § 54b Abs. 3 UrhG ist abzuleiten, dass letztlich nur der Hersteller bzw. Importeuer haften und die Haftung des Händlers entfallen soll. Die Haftung des Händlers entfällt nach § 54b Abs. 3 Nr. 2 schon dann, wenn er Art und Stückzahl der bezogenen Geräte und Speichermedien und seine Bezugsquelle der nach § 54h Abs. 3 bezeichneten Empfangsstelle jeweils zum 10.01. und 10.07 für das vorangegangene Kalenderhalbjahr schriftlich mitteilt. Der Gesetzgeber hat den Händler auch nur deshalb in die gesamtschuldnerische Haftung für die Vergütung nach § 54 UrhG mit einbezogen, um die Vergütungsgläubiger abzusichern; um den Handel jedoch nicht über Gebühr zu belasten, kann der Händler etwa durch bloße Mitteilung nach § 54b Abs. 3 Nr. 2 UrhG seine Haftung ausschließen, da das Inkasso der geschuldeten Vergütung auf andere Weise ermöglicht ist und es einer Mithaftung des Händlers nicht mehr bedarf (Dreier, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2013, § 54b Rn. 4).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert,§ 543 Abs. 2 ZPO.

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