1,3 Geschäftsgebühr bei AGB-Abmahnungen im Sinne des UWG üblich

03. November 2009
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
7454 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Bei einer Abmahnung wegen unlauterer Geschäftsbedingungen und Vertragsbestandteile ist das Erheben einer 1,3 Geschäftsgebühr üblich.
Im vorliegenden Fall war die Abmahnung gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten beim Verkauf von Reitsportartikeln auf der Internetplattform eBay gerichtet. Der Beklagte nutzte ein abgelaufenes amtliches Muster und schränkte die Rechte der Verbraucher im Bereich unvollständiger Lieferungen, Rückgaberechte und Irrtümer von der Beklagtenseite unzulässig einseitig ein.
Die Abmahnung war vollumfänglich begründet, und dem Beklagten kam die Pflicht zu die Kosten der Abmahnung zu tragen.

Landgericht München I

Urteil vom 16.7.2009

Az.: 4 HK O 4239/09

 

In dem Rechtsstreit

Prozeßbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Hild & Kollegen, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg Gz.:

gegen

Prozessbevollmächtigte:

wegen Forderung

erläßt das Landgericht München I, 4. Kammer für Handelssachen, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Brackmann, Handelsrichter Gärtner und Handelsrichter Geißler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2009 folgendes

Endurteil:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 651,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2008 zu bezahlen.
1. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Kostenerstattung aus einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.

a) Die Klägerin vertreibt im Internet in gewerblicher Eigenschaft Reitsportartikel.
b) Die Klägerin trägt vor, dass auch die Beklagte gewerblich über die Internetplattform eBay Reitsportartikel anbietet.
Die Klägerin verweist dazu auf die Anlage K 1 zur Klagebegründung vom 30.03.2009, dort Blatt 3, wo die Beklagte unter der Bezeichnung "Rechtliche Informationen des Verkäufers" mit Namen und Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse genannt ist.
Weil mit diesem Internetauftritt (K 1) nach Ansicht der Klägerin in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften zur Einhaltung des lauteren Wettbewerbs verstoßen wurde, ließ sie die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 03.12.2008 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern (K 3). Unter dem 17.12.2008, 02.01. und 05.01.2009 gab dann die Beklagte die verlangte Unterlassungserklärung vollumfänglich ab, verweigerte aber die Zahlung der verlangten außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von verlangten € 651,80 aus einem Gegenstandswert von € 10.000,00 und dazu einer Gebühr von 1,3 zuzüglich Auslagenpauschale. Bezüglich der im Einzelnen abgemahnten Wettbewerbsverstöße wird auf das Abmahnschreiben K 3 und die Klagebegründung vom 30.03.2009 Bezug genommen.

Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihrer Kostenforderung in Verbindung mit den von ihr beanstandeten Verstößen gegen Wettbewerbsrecht auf die §§ 12 Abs.1 Satz 2 UWG, §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.
Die Klägerin beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 651,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe: von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.12.2008 bezahlen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.

a) Die Beklagte bestreitet zunächst die Passivlegitimation der Beklagten und gibt dazu an, dass nicht die beklagte die Inhaberin des Pferdesportladens „…“ sei, sondern … wohl der Ehemann der Beklagten. Dies hätte die Klägerin anhand der Informationen auf der Mich-Seite zu dem streitgegenständlichen eBay-Angebot auch ohne Weiteres erkennen können. Dort sei nämlich Herr „…“ als „…“ angegeben.
b) Die mit dem Abmahnschreiben und der Klagebegründung beanstandeten Verstöße hält die Beklagte für nicht berechtigt. Sie führt dazu in ihrer Klageerwiderung vom 19.05.2005 aus.

Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze und die mit übergebenen Urkunden und Anlagen und das Protokoll vom 16.07.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe:
 
1.
Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der in Rechnung gestellten Abmahnkosten aus denn aus § 12 Abs.l Satz 2 UWG und aus den §§ 683, 677, 670 BGB.

a). Die Beklagte ist als verantwortliche Störerin für die streitgegenständlichen Beanstandungen passiv legitimiert. Dies gilt unabhängig davon, ob sie gewerberechtlich angemeldete Inhaberin des … Ladens ist oder nicht. Sie ist jedenfalls auf der eBay-Angebotsseite des … Ladens in Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen aus dem TDG als rechtlich verantwortliche Person, für das Internet-Verkaufs-Angebot gemäß der Anlage K 3, ob als Verkäuferin selbst oder "nur" als rechtlich verantwortlich für den Verkäufer angegeben. Somit trägt die Beklagte selbst auch die Verantwortung für die auf dieser Seite in Verbindung mit den dort befindlichen Verkaufsangeboten enthaltenen Inhalte.

b) Die beanstandeten Inhalte verletzen über § 4 Nr.11 UWG Wettbewerbsrecht.
– Die Widerrufsbelehrung verstößt gegen § 312 c Abs.l BGB. Sie ist nicht auf der Angebotsseite selbst bereitgehalten und nur unauffällig im Fließtext der AGB.
– Die Verwendungsmöglichkeit des alten amtlichen Musters war abgelaufen.
– Mit der Verwendung der Klausel betreffend unvollständige Lieferungen und Beschädigungen werden die Rechte des Verbrauchers unzulässig einseitig verkürzt.
– Mit dem Hinweis: "Dieses Rückgaberecht haben aber Sie nur, wenn der  Artikel" unbenutzt und …Benutzte Ware werden wir nicht zurücknehmen." wird unter unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB das gesetzliche Widerrufrecht verkürzt.
– Soweit für den Fall von Versteigerungen Gewährleistungsrechte ausgeschlossen werden, verstößt dies gegen die §§ 474 ff BGB.
– Die Klausel "Irrtümer und Druckfehler" verstößt gegen § 308 Nr.3. BGB.

c) Die für die Abmahnung zu obigen Beanstandungen verlangten Kosten in Höhe einer 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 sind auch der Höhe nach berechtigt. Der zugrunde gelegte Betrag von € 10.000,– ergibt sich aus der Mehrzahl der Einzelbeanstandungen, für die bei einzelner Geltendmachung, mindestens je € 3.000,00 bis € 5.000,00 angesetzt werden könnten. Er ist damit sicher nicht zu hoch.
Der Ansatz einer 1,3 Gebühr ist hier üblich.

d) Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs.2 BGB.

Der Klage war daher in vollem Umfang statt zu geben.

2.
a) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs.1 ZPO.
b) Die Entscheidung über, die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Sicherheitsleistung ergibt sich aus § 709 ZPO.
 
   
Brackmann Vorsitzender Richter am Landgericht     
Gartner Handelsrichter
Geißler Handelsrichter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a