Wettbewerbsverstoß durch vergleichende Werbung

31. März 2009
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Eigener Leitsatz:

Vergleichende Werbung ist grundsätzlich dann wettbewerbswidrig, wenn diese sich nicht auf nachprüfbare Eigenschaften bezieht. Dabei müssen die Produkte der Mitbewerber nicht einzeln benannt sein, es genügt, dass es für den Verkehr nachvollziehbar ist, welche Produkte gemeint sind, der Verbraucher diese also identifizieren kann.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 18.02.2009

Az.: 6 W 5/09

Urteil

Tenor:  

1.) Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 730/08 – vom 19.12.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die jeweils an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zur Bewerbung des Produktes "P. Regenerist Daily 3 Zone Treatment-Creme" einen Fernsehspot nach Maßgabe des nachfolgend eingeblendeten Storyboards zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:

pp.

2.) Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe
 
I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Kosmetikartikel. Die Antragsgegnerin bewirbt ihr Produkt "P. Regenerist Daily 3 Zone Treatment-Creme" mit dem im Tenor als Storyboard wiedergegebenen Fernsehspot, der folgenden gesprochenen Text enthält: "Ein unabhängiges Labor hat die Feuchtigkeitswirkung einiger der teuersten Prestige-Cremes getestet und eine P.-Creme hat alle übertroffen. Die neue P. Regenerist Daily 3 Zone Treatment Cream spendet intensiv und nachweislich länger Feuchtigkeit als alle Produkte im Test – sogar als 150 Euro Cremes. P.." Während der Text "einiger der teuersten Prestige-Cremes getestet" gesprochen wird, ist auf dem Bildschirm eingeblendet: "24h Feuchtigkeitstest gegen die teuersten 100 Euro-Cremes der führenden Prestige-Marken exklusive Internet-Verkäufe".

Die Antragstellerin hält diese Werbung unter mehreren Gesichtspunkten für unlauter.

Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die beanstandete Werbung in ihrer konkreten Form im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, zurückgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie macht geltend, die Vergleichsprodukte seien nach objektiven Kriterien, nämlich Umsatzstärke und Preis, ausgesucht worden, und der Test, der nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt worden sei, habe zu dem in der Werbung dargestellten Ergebnis geführt.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg.

1. Die angegriffene Werbung ist vergleichend im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG und Art. 2 lit c der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (im Folgenden: RL 2006/114/EG).

Nach diesen Vorschriften ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von diesem angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Dabei ist der Begriff "vergleichende Werbung" breit auszulegen (Erwägungsgrund 8 der RL 2006/114/EG). Ein mittelbarer, den Mitbewerber oder seine Produkte erkennbar machender Bezug liegt vor, wenn der Durchschnittsverbraucher die vom Vergleich betroffenen Mitbewerber oder deren Produkte konkret als die erkennen kann, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt (EuGH GRUR 2007, 511 Tz. 23 f. – De Landtsheer/CIVC). Nicht erforderlich ist es, dass ein einziger Mitbewerber erkennbar gemacht wird (EuGH, aaO., Tz. 21). Eine Bezugnahme auf Produkte von Mitbewerbern kann insbesondere durch die Verwendung des Komparativs hergestellt werden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 26. Aufl., § 6 Rdn. 42).

Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Werbemaßnahme vergleichend. Die Antragsgegnerin behauptet in der Werbung, dass ihr Produkt besser sei als konkrete, nämlich die getesteten, Produkte von Mitbewerbern. Zwar sind diese nicht einzeln benannt. Wenn der Test, was er in Anspruch nimmt, seriös sein will, muss – wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht – die Auswahl der getesteten Produkte jedoch nachvollziehbar sein und zumindest diejenigen Produkte umfassen, die als Marktführer in dem Preissegment bekannt sind. Wer also bisher eine besonders erfolgreiche Prestigecreme gekauft hat, wird die Werbung der Antragsgegnerin dahin verstehen, dass diese eine Creme anbietet, die eine bessere Feuchtigkeitswirkung aufweist als das bisher verwendete Produkt. Aber auch die Mehrheit der Verbraucher, die keine Prestige-Cremes erwirbt, wird sich jedenfalls Vorstellungen machen, welche Cremes zu diesem Kreis gehören. Gerade hierauf zielt die Werbung der Antragsgegnerin ab, denn diese hat nur dann einen Sinn und Aussagekraft, wenn der Verkehr eine Vorstellung davon hat, welche Produkte sich hinter dem Begriff "einige der teuersten Prestige-Cremes" verbirgt. Dass der Verkehr möglicherweise diesem Begriff einzelne Produkte fälschlich zuordnet, ist unschädlich. Es genügt, dass sich der Vergleich auf konkrete Produkte von Mitbewerbern bezieht und der Verkehr jedenfalls einen Teil dieser Produkte identifizieren kann.

2. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG und Art. 4 lit c der RL 2006/114/EG muss sich eine vergleichende Werbung insbesondere auf nachprüfbare Eigenschaften beziehen; daran fehlt es bei der angegriffenen Werbung.

Vergleichende Werbung soll es dem Verbraucher und Gewerbetreibenden ermöglichen, aus dem vielfältigen Angebot des Binnenmarkts den größtmöglichen Vorteil ziehen zu können (vgl. Erwägungsgrund 6 der RL 2006/114/EG). Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn es dem interessierten Verbraucher nicht ermöglicht wird, die in der vergleichenden Werbung getroffenen Aussagen zu überprüfen. Dem entspricht es, dass der Europäische Gerichtshof zu Art. 3a Abs. 1 lit c der Richtlinie 84/450/EWG in der durch die Richtlinie 97/55/EG geänderten Fassung (im Folgenden: Vorgängerrichtlinie), der gleichlautend mit den vorgenannten Vorschriften ist, ausgeführt hat,

"dass eine Eigenschaft, die in einer vergleichenden Werbung erwähnt wird, ohne dass darin die Bestandteile des Vergleichs, auf denen die Erwähnung der betreffenden Eigenschaft beruht, genannt werden, der in dieser Bestimmung aufgestellten Bedingung der Nachprüfbarkeit nur dann genügt, wenn der Werbende insbesondere für die Adressaten der Werbeaussage angibt, wo und wie sie die genannten Bestandteile leicht in Erfahrung bringen können, um deren Richtigkeit und die der betreffenden Eigenschaft nachzuprüfen oder, falls sie nicht über die dafür erforderliche Sachkenntnis verfügen, nachprüfen zu lassen" (GRUR 2007, 69 Tz. 74 – Lidl Belgium/Colruyt).

Daher wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, dem Verbraucher eine Stelle zu nennen, bei der er die Grunddaten des Vergleichs hätte in Erfahrung bringen können. Das hätte zum Beispiel durch einen Hinweis auf eine diese Informationen enthaltende Internetseite geschehen können. Dies hat die Antragsgegnerin nicht getan; vielmehr sind die Einzelheiten des Tests und seine Ergebnisse der Öffentlichkeit überhaupt nicht zugänglich.

Ein solches Informationsverlangen ist auch nicht unangemessen. Allerdings besteht die Informationspflicht gemäß Art. 6 lit a der Vorgängerrichtlinie (entsprechend Art. 7 li a der RL 2006/114/EG) nur dann, wenn ein entsprechendes Informationsverlangen unter Berücksichtigung der berechtigen Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint. Da im Regelfall vom Bestehen der Informationspflicht auszugehen ist, ist der Werbende darlegungs- und beweisbelastet für die Umstände, aus denen sich die Unangemessenheit des Informationsverlangens ergibt. Solche Umstände hat die Antragsgegnerin indes nicht vorgetragen und sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Verweis auf den Internetauftritt der Antragsgegnerin zum Beispiel dürfte ihr ohne weiteres zumutbar sein.

3. Da die Antragstellerin das Verbot des Fernsehspots allein in der konkreten Verletzungsform begehrt, sie diesen Antrag also alternativ auf die von ihr angeführten Wettbewerbsverstöße stützt, genügt es für den Erlass der begehrten Anordnung, dass sich die Antragsgegnerin in einem Punkt wettbewerbswidrig verhalten hat. Für eine Erörterung der weiteren geltend gemachten Wettbewerbsverstöße besteht daher kein Anlass.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

5. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

6. Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 200.000 €.

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