Gehören Freilose zur Bemessungsgrundlage für die Lotteriesteuer?

08. Januar 2010
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Amtlicher Leitsatz:

Mit gekauften Losen gewonnene Freilose, die ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an der Lotterie berechtigen, aber kein Recht auf Rückzahlung des Lospreises gewähren, beeinflussen die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nicht.

Bundesfinanzhof

Urteil vom 19.08.2009

Az.: II R 16/07

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) veranstaltete im Jahr 2004 eine staatlich genehmigte Losbrieflotterie mit Rubbellosen, deren Preis jeweils einen Euro betrug. Als Gewinnausschüttung waren 40 v.H. des Spielkapitals vorgesehen. In den Verkauf sollte eine Serie von 1 Million Losen in Verpackungseinheiten zu je 250 Losen gelangen. Jedem Lospaket waren jeweils 50 sog. Promotionslose beigefügt, die dazu berechtigten, ohne nochmalige Entrichtung eines Entgelts ein weiteres Los zu ziehen. Die insgesamt 200 000 Freilose waren nicht auf die Gewinnausschüttung anzurechnen.
 
Bei der Anmeldung der Lotteriesteuer blieben die Freilose unberücksichtigt. Durch den nach einer Außenprüfung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geänderten Lotteriesteuerbescheid vom 1. August 2005 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) bei der Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer auch den Wert der Freilose und setzte die Lotteriesteuer auf 200.000 EUR (16 2/3 von 1.200.000 EUR) herauf. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
 
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1273 veröffentlichten Urteil statt. Der Wert der Freilose erhöhe die Bemessungsgrundlage für die Lotteriesteuer nicht, weil der planmäßige Preis aller Lose insgesamt nur 1.000.000 EUR betragen habe, nur dieser Geldeinsatz von den Spielteilnehmern tatsächlich geleistet worden sei und die Freilose nicht auf die genehmigte Gewinnausschüttung anzurechnen gewesen seien. Die mit einem Freilos verbundene weitere Gewinnchance sei bereits durch Bezahlung des ersten Loses abgegolten.
 
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 17 Satz 3 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG). Der zusätzlich zu besteuernde Spieleinsatz resultiere aus der objektiv eingeräumten Gewinnchance durch das gewonnene Freilos. Der Spielteilnehmer erlange mit dem Gewinn eines Freiloses einen geldwerten Vorteil in Höhe des planmäßigen Lospreises. Dieser Vorteil fließe als erneuter Einsatz wieder ab.
 
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
 
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe
  
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei der Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer der Wert gewonnener Freilose nicht zu berücksichtigen ist.
 
1. Die von der Klägerin veranstaltete Lotterie erfüllt die Merkmale einer nach § 17 Satz 1 RennwLottG steuerbaren Lotterie. Eine solche ist eine Veranstaltung, bei der einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen einen bestimmten Geldeinsatz ein vom Eintritt eines zufälligen Ereignisses abhängiges Recht auf einen bestimmten Geldgewinn zu erwerben (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. April 1929 II A 608/28, Steuer und Wirtschaft 1929 Band II, Nr. 748, Mrozek-Kartei RennwLottG, § 17, Rechtsspruch Nr. 38; Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 2. Februar 1977 II R 11/74, BFHE 121, 534, BStBl II 1977, 495, m.w.N.).
 
2. Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer ist gemäß § 17 Satz 3 RennwLottG der planmäßige Preis (Nennwert) sämtlicher Lose; dieser umfasst alle vom Spielteilnehmer für den Erwerb des Loses zu bewirkenden Leistungen und insbesondere den von ihm zu leistenden Einsatz. Als (offener oder versteckter) Einsatz kommt jede Leistung –bzw. aus der Sicht des Veranstalters jeder Vermögensvorteil– in Betracht, die bzw. den der Spieler (Teilnehmer) dem Veranstalter einer Lotterie als Entgelt für die Einräumung einer Gewinnhoffnung gewähren muss (BFH-Urteile vom 7. Februar 1962 II 182/59 U, BFHE 74, 444, BStBl III 1962, 166; vom 6. November 1968 II 6/64, BFHE 94, 87, BStBl II 1969, 46). Das Vorliegen und die Höhe eines Einsatzes bestimmen sich nach objektiven Merkmalen. Die in der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 94, 87, BStBl II 1969, 46, m.w.N.) für die Frage, ob und inwieweit in einer Leistung ein Einsatz zu erblicken ist, als entscheidend bezeichnete subjektive Auffassung der Teilnehmer an der Veranstaltung ist nur bedeutsam, sofern ein versteckter Einsatz zu erbringen ist. Bei einem –wie hier– offenen Einsatz in Gestalt des zu entrichtenden Lospreises ist die subjektive Auffassung der Spielteilnehmer ohne Bedeutung.

3. Nach diesen Grundsätzen gehört zur Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nur der planmäßige Preis der Lose, der vom Teilnehmer als Einsatz zur Teilnahme an der Lotterie gezahlt wird. Hingegen fehlt es für Freilose, die –wie im Streitfall– als Gewinn des gekauften Loses ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an der Lotterie berechtigen und keinen Anspruch auf Rückzahlung des Entgelts begründen, sowohl an einem planmäßigen Preis als auch an einem von dem Spieler insoweit erbrachten (weiteren) Einsatz. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit den als Spielgewinn ausgegebenen Freilosen auch keinen weiteren Vermögensvorteil erlangt.
 
a) Dem FA ist zwar darin zu folgen, dass dem Spielteilnehmer durch die Möglichkeit, aufgrund des erworbenen Loses ein Freilos zu gewinnen, eine (weitere) Gewinnchance vermittelt wird. Insoweit hat das Freilos einen Geldwert, der dem ansonsten zu zahlenden Lospreis entspricht. Der Geldwert dieser Gewinnchance erfüllt aber nicht die Merkmale eines vom Spielteilnehmer für die Spielteilnahme erbrachten Einsatzes. Das Freilos ist vielmehr ein Spielgewinn, auch wenn dessen Geldwert dem eines gekauften Loses entspricht. Nach der eindeutigen Regelung in § 17 Satz 3 RennwLottG sind jedoch Art und Höhe des Lotteriegewinns für die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer ohne Bedeutung.
 
b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Spielteilnehmer mit der durch das Freilos vermittelten erneuten Gewinnchance die Aufwendungen für den Kauf eines Loses erspart. Der Annahme, der Spielteilnehmer habe mit dem Gewinn eines Freiloses im Ergebnis seinen Einsatz zurückerhalten und würde diesen zur weiteren Spielteilnahme verwenden (so z.B. Erlass des Saarländischen Ministeriums der Finanzen vom 29. August 2005 B/3-2-171/2005-S 4830, Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht 2006, 42), kann nicht gefolgt werden. Der aufgrund des gewonnenen Freiloses ersparte Aufwand für den Erwerb eines weiteren Loses erhöht lotteriesteuerrechtlich jedenfalls dann nicht die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer, wenn –wie im Streitfall– die Auszahlung des durch das Freilos ersparten Einsatzes ausgeschlossen ist. In diesem Fall entfällt die durch das Freilos vermittelte Gewinnchance ausschließlich auf den für das gekaufte Los gezahlten Einsatz. Ob ein Spielteilnehmer nach seiner subjektiven Auffassung mit der Einlösung des Freiloses einen (weiteren) Einsatz erbringt, ist wegen der für die Bemessungsgrundlage nach § 17 Satz 3 RennwLottG maßgeblichen objektiven Merkmale (vgl. vorstehend unter II.2.) unerheblich. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn der Spielteilnehmer das gewonnene Freilos an Dritte weitergibt oder veräußert.
 
c) Ohne Erfolg wendet sich das FA gegen die Ansicht des FG, es müsse bei der Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer auch der in der ministeriellen Genehmigung vorgesehene planmäßige Preis der käuflich zu erwerbenden Lose von insgesamt 1.000.000 EUR berücksichtigt werden. Bei der Ermittlung des planmäßigen Preises i.S. des § 17 Satz 3 RennwLottG ist von dem genehmigten Lotterieplan auszugehen (Mirre-Baumann, Das Rennwett- und Lotteriegesetz, 2. Aufl. 1934, § 17 Rz 3). Ein davon abweichender Preis kann allenfalls dann angesetzt werden, wenn –wofür im Streitfall nichts ersichtlich oder vorgetragen ist– die tatsächliche Durchführung der Lotterie vom genehmigten Spielplan abweicht. Demgemäß war auch unter Zugrundelegung der der Klägerin erteilten Genehmigung der Geldwert der insgesamt 200 000 Freilose nicht zu berücksichtigen.

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