VERDEO oder VERDEJO

14. Januar 2013
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Eigener Leitsatz:

Grundsätzlich kann einer Wortmarke keine für die Anmeldung notwendige Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn es sich um einen Begriff der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solcher und nicht als Mittel zur Unterscheidung verstanden wird.

Die Wortmarke "VERDEO" für alkoholische Getränke (außer Bier) unterscheidet sich sowohl schriftbildlich, also auch klanglich von der Rebsortenbezeichnung "Verdejo" und weist daher die nötige Unterscheidungskraft auf. Zudem fehlt dem Begriff in seiner Bedeutung als "Ernte der grünen unreifen Oliven" auch nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Aus diesen Gründen genießt die international registrierte Marke nun auch Schutz in Deutschland.

Bundespatengericht

Beschluss vom 19.09.2012

Az.: 26 W (pat) 66/12

In der Beschwerdesache

betreffend die IR-Marke 928 837

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 19. September 2012

beschlossen:

Auf die Beschwerde werde die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2009 und 8. Mai 2012 aufgehoben.

Entscheidungsgründe:

I.

Mit den angefochtenen Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren
ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und
Markenamts der international registrierten Marke IR 928 837

VERDEO

für die Waren der

Klasse 33 „Alcoholic Beverages (except beers)“

den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert. Zur Begründung hat
sie ausgeführt, das Zeichen sei freihaltebedürftig und ihm fehle das notwendige
Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Die international registrierte Marke
VERDEO sei ein Synonym für die Rebsorte Godello (Ergebnis einer Internetrecherche). Unerheblich sei insoweit, dass die Bezeichnung der Rebsorte mit dem Namen Godello gebräuchlicher sei, da Wettbewerbern die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Angaben erhalten bleiben müsse. Aufgrund des im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts komme dem Zeichen auch keine Unterscheidungskraft zu, da sich VERDEO aus Sicht der hier maßgeblichen inländischen Durchschnittsverbraucher schriftbildlich sowie klanglich in hohem Maße an die Rebsortenbezeichnung „Verdejo“ im Sinne von „Ernte der grünen unreifen Oliven“ anlehne.

Der Verkehr werde hierin einen beschreibenden Hinweis auf einen Wein der Rebsorte Verde(j)o sehen. Dieser werde in zahlreichen online – Weinshops beworben und angeboten. Da der inländische Durchschnittsverbraucher VERDEO und Verdejo identisch aussprechen werde und auch nicht unterstellt werden könne, dass ihm die korrekte Schreibweise der Rebsorte Verdejo bekannt ist, werde er die abgewandelteSchreibweise (ohne „j“) kaum bemerken und in der Bezeichnung VERDEO lediglich einen beschreibenden Hinweis auf die Rebsorte Verdejo und damit die Art der angebotenen Waren sehen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Markeninhaberim mit ihrer Beschwerde. Sie hält die IR-Marke mit dem Argument für unterscheidungskräftig, das Zeichen die beanspruchten Waren weder unmittelbar beschreibe, noch in einem engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen stehe. Denn es handele sich entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht um ein Synonym der Rebsorte Godello, die ihrerseits auch wenig bekannt sei. Die (Internet-) Quellen zum Nachweis dieser Ansicht seien unzutreffend. Ein Freihaltebedürfnis bestehe für die Phantasiebezeichnung nicht.

Die Anmelderin beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen
Patent- und Markenamts 16. April 2009 und 8. Mai 2012 aufzuheben.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache
Erfolg. Entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsauffassung kann
dem Zeichen mangels eines im Vordergrund stehenden, beschreibenden Sinngehaltes das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Es ist auch nicht freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Gemäß §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies B PVÜ ist ihm daher der beantragte Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu verweigern.

1. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Nr. 33 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2003 1050 – Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn die Marke einen für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hat oder wenn es sich um einen Begriff der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH, a. a. O. – Cityservice).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der streitgegenständlichen Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Die angemeldete Marke VERDEO stellt nach den überzeugenden Ausführungen
der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung vom 28. August 2012, auf die
wegen ihres Inhaltes im einzelnen verwiesen wird, kein Synonym für die Rebsorte Godello dar. Die Belege aus der Internetrecherche der Markenstelle weist die Beschwerde zu Recht als unzutreffend zurück. Auch eine Recherche des Senats hat Nachweise dafür ergeben, dass das Zeichen eine andere Bezeichnung der Rebsorte Godello ist. Zwar lässt sich bei „Google“ vereinzelt ein Hinweis auf eine weitere Bezeichnung „Ojo de Gallo y Verdeo“ finden, die aber wenig geläufig scheint und kein Schutzhindernis für die IR-Marke darstellt, weil sie sich in ihrer Gesamtheit deutlich von der Marke unterscheidet. In einschlägigen Weinlexika und Rebsortenverzeichnissen ist „VEDEO“ ebenfalls nicht als Rebsorte aufgeführt, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist.

Die Ansicht der Markenstelle, das Zeichen sei so nah an der Rebsortenbezeichnung Verdejo, dass es nur als diese Rebsorte verstanden werde, überzeugt nicht. Schon schriftbildlich ergeben sich zwischen Verdeo und Verdejo ausreichend markante Unterschiede, so dass schon nicht von einer Abwandlung i. S. der „Postkantoor“-Entscheidung die Rede sein kann (EuGH GRUR 2004, 674). Auch klanglich wird das „j“ in verdejo gesprochen und zu verdecho bzw. verdeiho, im Gegensatz zu verdeo in der IR-Marke.

Einen lediglich anpreisenden oder ausschließlich produktbeschreibenden Charakter hat die Bezeichnung nicht, da nicht feststellbar ist, welche Bedeutung dem Zeichen VERDEO zukommt.

Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann der angemeldeten Bezeichnung „VERDEO“ in ihrer Bedeutung „Ernte der grünen Oliven“ für alkoholische Getränke nicht.

2. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Schutzbewilligung der IR-Marke in der Bundesrepublik Deutschland für die beanspruchten Waren ebenfalls nicht entgegen. Das Zeichen besteht weder aus einer diese Waren beschreibenden Angabe noch aus einer von einer beschreibenden Angabe nur minimal abweichenden Abwandlung einer solchen Angabe, wie bereits zuvor im Einzelnen dargelegt worden ist

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