Unzulässige Beschränkung des Warenvertriebs über das Internet

16. Februar 2015
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
1773 mal gelesen
0 Shares
Frau mit roten Fingernägeln an einen Einkaufswagen mit Handschellen gefesselt. Urteil des KG Berlin vom 19.09.2013, Az.: 2 U 8/09 Kart

Ein als Lieferbedingung vertraglich vereinbarter Ausschluss, der dem Abnehmer verbietet, die Artikel über Internetportale wie eBay zu vertreiben, ist grundsätzlich wettbewerbsbeschränkend. Ein solches selektives Vertriebssystem kann jedoch ausnahmsweise zulässig sein, wenn an objektive Kriterien, wie die fachliche Eignung der Wiederverkäufer oder ein bestimmtes Produktimage angeknüpft wird und diese einheitlich und diskriminierungsfrei angewendet werden.

Kammergericht Berlin

Urteil vom 19.09.2013

Az.: 2 U 8/09

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 21. April 2009 unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern ihrer Komplementärin,

zu unterlassen,

die Belieferung entsprechend den Bestellungen des Klägers mit von der Beklagten hergestellten Produkten, insbesondere solchen der Marken „…“ und „…“, davon abhängig zu machen, dass der Kläger die Ware nicht über „eBay“ oder andere Internetportale Dritter (wie Amazon), die in gleicher Weise wie „eBay“ die Ausgestaltung von Angeboten ermöglichen, anbietet und verkauft.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.140,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Februar 2008 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das angefochtene Urteil – zu Ziffer 1. nach Maßgabe der Klarstellung im Berufungsurteils – und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers aus Ziffer 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 560.000,00 EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, sofern der Kläger nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I. Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte, die Schulranzen der Marke „…“ und Schulrucksäcke der Marke „…“ herstellt und den Kläger als Einzelhändler damit beliefert, berechtigt ist, die Belieferung des Klägers davon abhängig zu machen, dass er diese nicht „über „eBay“ oder gleichartige Auktionsplattformen“ anbietet und verkauft. Eine entsprechende Vorgabe hatte die Beklagte ihren Vertriebspartnern in Nr. 10 ihrer „Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner“ aus dem Mai 2007 sinngemäß gemacht.

Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung dieser Bedingung für eine Weiterbelieferung und gemäß der ihr am 8. Februar 2008 zugestellten Klageerweiterung auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 4.140,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit in Anspruch genommen.

Durch Urteil vom 21. April 2009 hat das Landgericht Berlin der Klage hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 2.965,48 EUR nebst anteiligen Zinsen und wegen des Unterlassungsanspruchs stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Berlin wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 23. April 2009 zugestellte Urteil am 20. Mai 2009 Berufung eingelegt, die er am 21. Juli 2009 begründet hat, nachdem ihm die Berufungsbegründungsfrist auf seinen am 15. Juni 2009 eingegangenen Antrag entsprechend verlängert worden war. Die Beklagte hat gegen das ihr am 24. Mai 2009 zugestellte Urteil am 4. Mai 2009 Berufung eingelegt. Sie hat sie am 24. August 2009 begründet, nachdem ihr die Berufungsbegründungsfrist auf ihre am 16. Juni und 17. Juli 2009 eingegangene Anträge entsprechend verlängert worden war.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten weiter, soweit das Landgericht seine Klage abgewiesen hat. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass sein Prozessbevollmächtigter für das vorgerichtliche Abmahnschreiben lediglich eine Geschäftsgebühr von 1,5 in Rechnung stellen konnte. Insoweit sei eine Geschäftsgebühr von 2,0 angemessen. Im Übrigen komme es nach der Rechtsprechung des Kammergerichts allein darauf an, dass sein Prozessbevollmächtigter ihm diese Kosten in Rechnung gestellt habe.

Er beantragt,

das landgerichtliche Urteil hinsichtlich des Zahlungsausspruchs zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 4.140,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

sowie zu ihrer eigenen Berufung,

das landgerichtliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für insgesamt unbegründet, weil es nicht zu beanstanden sei, dass sie die Belieferung des Klägers davon abhängig mache, dass dieser insbesondere ihre Schulranzen „…“ und Schulrucksäcke „…“ nicht mehr über „eBay“ oder entsprechende Auktionsplattformen vertreibe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie klargestellt, dass sie mit den Vertriebsbedingungen bezwecke, ihren Abnehmern ganz grundsätzlich den Absatz ihrer Artikel über Internetplattformen zu untersagen, die von Dritten betrieben würden. Dies setze sie auch durch.
Im Übrigen verweist sie darauf, dem Kläger gehe es lediglich um sein wirtschaftliches Interesse, die Ware über „eBay“ bequemer absetzen zu können. Dies könne sie ihm untersagen, weil das mit dem Schutz seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit, der kartellrechtlich allein relevant sei, nichts zu tun habe.
Soweit sie ihren Abnehmern hinsichtlich des Weitervertriebs Vorgaben mache, sei dies unter dem Gesichtspunkt eines selektiven Vertriebssystems zum Schutz ihrer Marken gerechtfertigt. Schutzwürdige Interessen des Beklagten stünden dem nicht entgegen.
Zu Unrecht habe das Landgericht nicht zwischen Absatzmethode und Absatzweg differenziert. Mit ihren Vorgaben habe sie den Kläger in der Wahl seiner Absatzwege nicht behindert, denn es stehe ihm frei, die Ware sowohl über den stationären Handel als auch über das Internet zu vertreiben. Im Absatz über „eBay“ liege eine spezifische Absatzmethode im Bereich des Internet-Verkaufs, durch dessen Beschränkung die Betätigungsmöglichkeit des Klägers nicht tangiert sei, weil ihm anderweitige Absatzmöglichkeiten über das Internet – etwa über eine eigene Webseite – verblieben.
Demgegenüber könne es ihr nicht verwehrt werden, den Markenwert ihrer Erzeugnisse auch dadurch zu schützen, dass sie einem „Verramschen“ der Artikel auf – wie sie behauptet – schlecht beleumundeten Internetplattformen wie „eBay“ untersage. Die Einhaltung der von ihr im Übrigen vorgegebenen Vertriebskriterien für den Internethandel sei bei einem Vertrieb über solche Plattformen nicht einzuhalten.

Sie behauptet, dass sie ihr selektives Vertriebssystem auch diskriminierungsfrei handhabe. Soweit der Kläger auf einen Absatz ihrer Produkte über die Discounterkette „…“ verweise, handele es sich ausschließlich um den Verkauf von Sonder- und Restposten, die außerhalb des regulären Vertriebssystems erfolgten. Ware des gesamten Sortiments würde über diesen Absatzweg nicht auf den Markt gebracht. Von der Marke „…“ seien in den Geschäftsjahren 2008-2013 lediglich zwischen … und … % des Gesamtumsatzes auf die Discounterkette entfallen, die in den Jahren 2009 bis 2011 gar nicht beliefert worden sei. Bei der Marke „…“ betrage der auf diesen Absatzweg entfallende Umsatzanteil zwischen … und … %.

Soweit ihre Artikel auch über die Discounterkette „…“ abgesetzt würden, beliefere sie diese Kette auch nicht mit Restposten. Die Artikel müssten anderweitig bezogen worden sein.

Selbst wenn man in ihren Vorgaben für den Vertrieb aber eine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme nach § 1 GWB sähe, sei diese freigestellt. Dies folge zum einen aus § 2 Abs. 2 GWB in Verbindung mit Art. 2, 3 der so genannten Vertikal-GVO, weil der Marktanteil hinsichtlich der streitgegenständlichen Schulranzen und -rucksäcke sowohl bei der Marke „…“ als auch bei der Marke „…“ – wie sie behauptet – jeweils unter … % liege. Das Landgericht sei insoweit zu Unrecht von ihren, der Beklagten, eigenen werblichen Anpreisungen ausgegangen, die zudem nicht mehr aktuell seien. Jedenfalls greife aber – was das Landgericht zu Unrecht gar nicht geprüft habe – eine Einzelfreistellung nach § 2 Abs. 1 GWB: Nur durch die Untersagung des Vertriebs über Internetplattformen wie „eBay“ ließen sich der hohe Standard der Service- und Beratungsleistungen von Fachhändlern und der visualisierte Markenauftritt, der für den Erhalt des Markenwertes wesentlich sei, aufrecht erhalten.

Schließlich sei ihr auch keine Diskriminierung oder Behinderung des Klägers nach § 20 GWB vorzuwerfen, weil sie weder ein marktbeherrschendes noch ein marktstarkes Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift sei. Der Kläger habe insoweit nicht einmal dargelegt, dass sie zur Spitzengruppe der Anbieter gehöre. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger von ihrem Sortiment abhängig sei. Aber selbst wenn dies bejaht würde, liege in Nr. 10 ihrer Vertriebsbedingungen angesichts ihres bereits dargelegten schutzwürdigen Interesses am Schutz ihrer Marke weder eine Diskriminierung des Klägers noch dessen unbillige Behinderung. Demzufolge fehle es auch am Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen

und stellt nach dem von ihm nicht angegriffenen Vorbringen der Beklagten zum Zweck von Nr. 10 ihrer Vertriebsbedingungen hilfsweise und klarstellend den bisher gestellten Antrag mit der Maßgabe,

die Belieferung entsprechend seinen Bestellungen mit von der Beklagten hergestellten Produkten, insbesondere mit solchen der Marken „…“ und „…“ davon abhängig zu machen, dass er die Ware nicht über „eBay“ oder andere Internetportale (wie Amazon), die in gleicher Weise wie „eBay“ die Ausgestaltung von Angeboten ermöglichen, anbietet und verkauft.

Zurecht habe das Landgericht angenommen, dass die Vertriebsbedingungen mit dem Verbot der Absatzmöglichkeit für Weiterverkäufer, die Marken „…“ und „…“ über Plattformen wie „eBay“ abzusetzen, als wettbewerbsbeschränkende Maßnahme gegen § 1 GWB verstoßen und eine darauf gestützte Nichtbelieferung zu unterlassen ist. Er bleibt dabei, dass jedenfalls der kategorische Ausschluss jeglichen Absatzes über Plattformen wie „eBay“ rechtlich nicht möglich sei, weil sich auch diese Absatzmöglichkeit so gestalten lasse, dass sich die Vorgaben der Beklagten für den Vertrieb über das Internet insbesondere bei einem Vertrieb über einen so genannten „„eBay“-Shop“ einhalten ließen. Deshalb sei das Verbot jeglichen Vertriebs über „eBay“ auch nicht „unerlässlich“ und auch für die Annahme einer Einzelfreistellung nach § 2 Abs. 2 GWB iVm Art. 81 Abs. 3 EG sei kein Raum.

Die von der Beklagten beanspruchte Vertriebsbeschränkung knüpfe nicht an objektive Gesichtspunkte qualitativer Art an. Der Beklagten komme es lediglich darauf an, einen Vertriebskanal, über den sich für den Abnehmer besonders günstige Preise ergäben, zu verschließen. Eine solche Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen sei auch kartellrechtlich relevant.

Hinzu komme, dass die Beklagte die von ihr selbst vorgegebenen Regeln nicht diskriminierungsfrei durchsetze. So würden von ihr auch Versandhäuser ohne stationären Verkauf beliefert. Vor allem aber der als solcher zwischen den Parteien unstreitige Absatz der Schulranzen über die Discount-Kette „…“ bestätige, dass es der Beklagten bei ihrer Intervention nicht um die Wahrung des Markenwertes ginge.

Soweit die Beklagte ihr Vorbringen zum Unterschreiten der Marktanteilsschwelle von 30 % neu vorträgt, tritt er dem entgegen und rügt insoweit verspäteten Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. Die Berufungen beider Parteien sind ohne weiteres zulässig. Während die Berufung der Beklagten ohne Erfolg bleibt, führt die Berufung des Klägers zur Änderung des angefochtenen Urteils und zu einer auch insoweit antragsgemäßen Entscheidung.

Berufung der Beklagten

Die ohne weiteres zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat ihr zu Recht geboten, es zu unterlassen, die Belieferung des Klägers mit ihren Produkten davon abhängig zu machen, dass dieser die Ware nicht über „eBay“ oder im Berufungsrechtszug konkretisierte gleichartige Plattformen vertreibt. Auch soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist, bleibt ihre Berufung ohne Erfolg.

1. Soweit der Kläger die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nimmt, ist seine Klage zulässig und begründet.

a) Die Klage ist insoweit mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig, mit dem der Kläger eine nach § 264 Nr. 2 ZPO jederzeit zulässige Konkretisierung seines Antrags vorgenommen hat.

aa) Mit dem Unterlassungsbegehren in seiner ursprünglichen Form war die Klage mangels bestimmten Klageantrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, weil sich der Streitgegenstand nicht hinreichend ergab. Der Kläger begehrte nicht nur, es der Beklagten zu untersagen, seine weitere Belieferung davon abhängig zu machen, dass er die Ware nicht über die Internetplattform „eBay“ vertreibe, sondern er verlangte ein entsprechendes Verbot auch für die Untersagung eines Vertriebs über „gleichartige Auktionsplattformen“, ohne dass sich ergab, anhand welcher Kriterien diese Gleichartigkeit beurteilt werden sollte.

Zwar können im Klageantrag auch Begriffe Verwendung finden, die im allgemeinen Sprachgebrauch mit unterschiedlichen Inhalten gebraucht werden, ohne dass dies der Bestimmtheit des Klageantrags entgegenstehen muss. Voraussetzung ist aber, dass im Einzelfall über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht (vgl. i.E.: BGH, Urteil vom 11. Oktober 1990 – I ZR 35/89 –, Rn. 18 zitiert nach juris). Davon ließ sich zunächst nicht ausgehen.

Daran änderte auch der Umstand nichts, dass der Kläger mit seinem ursprünglichen Antrag auf eine entsprechend unklare Formulierung in den Vertriebsbedingungen der Beklagten Bezug genommen hat. Diese Bedingung hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahin klargestellt, dass sie damit sämtliche von Dritten betriebenen Internetplattformen meint, weil sich bei einem solchen Vertrieb die von ihr in Nr. 10 der Vertriebsbedingungen im Einzelnen bezeichneten Kriterien nicht einhalten ließen.

Mit der darauf erfolgten Klarstellung seines Antrags, den er lediglich vorsorglich als Hilfsantrag bezeichnet hat, hat der Kläger diesem Mangel abgeholfen. In ihm liegt kein erstmals gestellter Hilfsantrag, der auf einen neuen Sachverhalt gestützt wird, wie die Beklagte in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen und ihr nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. September 2013 gerügt hat. Der Kläger hat lediglich konkretisiert, anhand welcher Kriterien er die Vergleichbarkeit derjenigen Internetplattformen zu „eBay“ beurteilt wissen will, über die er Markenartikel der Beklagten unbedroht von Liefereinstellungen vertreiben können will. Das Angriffsziel seiner Klage als solches bleibt davon ebenso unberührt wie der Sachverhalt, auf den er sich für sein Klagebegehren stützt. Inwieweit die Beklagte durch die Zulassung des Antrags, auf den sie sich im Übrigen in der mündlichen Verhandlung auch eingelassen hat, § 295 ZPO, in ihrer Verteidigungsmöglichkeit gegen die Klage eingeschränkt ist, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Es besteht insofern kein Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

bb) Die Zulässigkeit der Klage scheitert auch nicht am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für einen Unterlassungsantrag, obwohl das eigentliche Begehren des Klägers darauf gerichtet ist, von der Beklagten beliefert zu werden. Denn zwischen den Parteien steht eine Belieferung bei einem Verzicht des Klägers auf Verkäufe über „eBay“ und ähnliche Internetplattformen außer Streit (vgl. auch LG Mannheim, Urteil vom 14. März 2008 – 7 O 263/07 –). Streitig ist allein die Bedingung, von der die Beklagte die Weiterbelieferung des Klägers abhängig macht.

b) Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag nach §§ 33 Abs. 1, 1, 21 Abs. 2 GWB begründet. Danach hat der Senat nicht mehr zu entscheiden, ob der Unterlassungsanspruch auch auf eine Verletzung von § 20 Abs. 1, 2 GWB gestützt werden kann.

aa) Dabei ist der Anspruch des Klägers mit den Parteien nach deutschem Kartellrecht zu beurteilen. Zwar wirkt sich die vorliegend zu beurteilende Handlung der Beklagten – die Untersagung des Vertriebs der streitgegenständlichen Marken über „eBay“ oder von anderen Dritten betriebenen Internetplattformen – auch auf den zwischenstaatlichen Handel aus. Die Anwendung europäischen Kartellrechts käme aber nur in Betracht, wenn diese Handelsbeschränkung geeignet wäre, den Handel zwischen dem Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beeinträchtigen, § 22 Abs. 1 S. 1 GWB, Art. 3 Abs. 1 S. 1 der VO Nr. 1/2003 (Kartellverfahrensordnung – KartVerfO), Art. 101 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist dies zu verneinen, wenn die von einer Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Erzeugnisse lediglich einen unbedeutenden Prozentsatz des Gesamtmarktes dieser Erzeugnisse auf dem Gebiet des Gemeinsamen Marktes ausmachen (vgl. nur: EuGH, Urteil vom 28. April 1998 – C 306/96 – „Javico“; Bechthold u.a., EG-Kartellrecht, 2. Aufl., Art. 81 EGV Rn. 109 m.w.N.). Es fehlt jeder Hinweis darauf, dass das Handelsvolumen des Klägers mit den Artikeln der Beklagten insoweit auch nur in die Nähe der insoweit erörterten Größenordnungen kommt (vgl. Nr. 52 b der „Bekanntmachung der Kommission Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 EGV (jetzt: Art. 101, 102 AEUV) (ABl. 2004 C 101/82 (abgedruckt bei Bechthold u.a., a.a.O., Anhang B 3)): Handelsvolumen von über 40 Mio. EUR jährlich).

bb) Die Beklagte hat mit dem Stopp der Belieferung des Klägers zur Durchsetzung von Nr.10 ihrer „Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner“ die Vorschriften der §§ 1, 21 Abs. 2 GWB verletzt. Die nach § 33 Abs. 1 GWB relevante Verletzung von Vorschriften des GWB liegt darin, dass die Beklagte dem Kläger mit der Liefersperre Nachteile angedroht und dann auch umgesetzt hat, um ihn zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach den Vorschriften des GWB nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf, § 21 Abs. 2 GWB. Das ist zu bejahen, denn ein im Rahmen des selektiven Vertriebssystems der Beklagten vertraglich vereinbarter Ausschluss, Artikel der Beklagten über „eBay“ oder gleichartige Internetportale Dritter zu vertreiben, verstieße gegen § 1 GWB, weil die Beklagte ihr Vertriebssystem nicht diskriminierungsfrei handhabt.

(1) § 1 GWB verbietet Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Ob in einer im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems getroffenen Vereinbarung, die es dem Abnehmer einer Ware verbietet, diese über Internetplattformen wie „eBay“ weiterzuveräußern, eine nach § 1 GWB verbotene Wettbewerbsbeschränkung liegt, wird nach Art der gehandelten Ware unterschiedlich beurteilt und ist im Einzelnen umstritten.

Das LG Mannheim (Urteil vom 14. März 2008 – 7 O 263/07 Kart –) und das ihm insoweit folgende OLG Karlsruhe (Urteil vom 25. November 2009 – 6 U 47/08 Kart –) haben eine nach § 1 GWB relevante Wettbewerbsbeschränkung bezogen auf die auch hier streitgegenständlichen Schulranzen und –rucksäcke verneint. Beide Gerichte haben angenommen, dass eine entsprechende Regelung im Rahmen des von der Beklagten geschaffenen selektiven Vertriebssystems kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei.

Dabei sind selektive Vertriebssysteme grundsätzlich wettbewerbsbeschränkend, weil sie den wettbewerblichen Handlungsspielraum der Wiederverkäufer im Absatz ihrer Produkte einschränken (vgl. zu Vertriebsbeschränkungen etwa auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. September 2011 – VI-U (Kart) 18/11 – Rn. 39 (zitiert nach juris)). Es ist allerdings anerkannt, dass selektive Vertriebssysteme dann keinen wettbewerbsbeschränkenden Charakter haben, wenn die Auswahl der Wiederverkäufer an objektive Kriterien qualitativer Art anknüpft, die sich auf die fachliche Eignung des Wiederverkäufers, seines Personals oder seiner sachlichen Ausstattung beziehen und diese einheitlich und diskriminierungsfrei angewendet werden (LG Mannheim, a.a.O., Rz. 35; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 50 (jeweils zitiert nach juris)). Beide Gerichte konnten sich für diese Kriterien auf eine feststehende Rechtsprechung des EuGH stützen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 25. Oktober 1977 (Metro I) – C 26/76 –). Später sind die genannten Anforderungen an ein solches Vertriebssystem auf europäischer Ebene noch dahin ergänzt worden, dass die Aufstellung qualitativer Kriterien für die Auswahl der Wiederverkäufer mit Rücksicht auf die Eigenschaften der vertriebenen Ware zur Wahrung ihrer Qualität und zur Gewährleistung ihres richtigen Gebrauchs erforderlich sein muss (vgl. EuGH GRUR-Int 1981, 315 ff (316) („L’ Oréal“) und Urteil vom 13. Januar 1994 – C-376/92 – („Cartier“) Textnr. 34 (zitiert nach juris); Kommission, GRUR-Int 1992, 915 ff (917) („Yves Saint Laurent Parfums“)). Auch das Interesse des Herstellers einer Luxusware, das hohe Ansehen ihrer Marke aufrechtzuerhalten und die Ergebnisse seiner Anstrengungen sicherzustellen sowie das „Erfordernis, die „Aura prestigeträchtiger Exklusivität“ in den Augen der Verbraucher aufrechtzuerhalten“, sollen ein selektives Vertriebssystem rechtfertigen können (vgl. EuG, Urteil vom 12. Dezember 1996 – T-88/92 – (Leclerc./.Givenchy) Textnr. 110 (zitiert nach juris); anders jetzt anscheinend allerdings ohne Auseinandersetzung mit der früheren Rechtsprechung: EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 – C-439/09 – (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique) Textnr. 46 (zitiert nach juris)). In jedem Fall dürfen die aufgestellten Kriterien allerdings nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist objektiv unter Berücksichtigung des Verbraucherinteresses zu prüfen (EuG („Leclerc/Givenchy“), a.a.O., Textnr. 106 (zitiert nach juris)).

Die vorgenannten Grundsätze entsprechen – soweit ersichtlich – fast allgemeiner Meinung (vgl. Bunte, a.a.O., § 1 GWB Rn. 216; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rn. 362; Dieselhorst/Luhn, WRP 2008, 1306 ff (1307); a.A. soweit ersichtlich nur Spieker, GRUR-RR 2009, 81 ff (83)). Die Grundsätze der europäischen Rechtsprechung sind dabei grundsätzlich auf das deutsche Recht zu übertragen (vgl. Zimmer, a.a.O.).

(2) Es spricht viel dafür, dass das von der Beklagten in Anspruch genommene selektive Vertriebssystem jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden ist, als es den Vertrieb der von ihr hergestellten Schulranzen und –rucksäcke über „eBay“ verbietet (a). Allerdings ist die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis zu bestätigen, weil die Beklagte ihr Vertriebssystem nicht diskriminierungsfrei anwendet. Unstreitig nutzt sie auch Absatzwege, die nicht nur außerhalb des von ihr geschaffenen Systems liegen, sondern auch noch die Gründe, die sie zur Rechtfertigung dieses Vertriebssystems angegeben hat, konterkarieren (b).

(a) Es gibt gewichtige Gründe anzunehmen, dass es kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn Beklagte die von ihr hergestellten Schulranzen und –rucksäcke der streitgegenständlichen Marken nur an solche Händler vertreibt, die sie nicht unter Nutzung von Internetplattformen wie „eBay“ weiter vertreiben.

Ausschlaggebend für die ausnahmsweise Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme ist der Umstand, dass solche Systeme den Vertrieb von Waren regeln, deren Wettbewerbsfähigkeit in besonderer Weise von besonderen Vertriebsformen abhängt. Das wird bei hochwertigen Markenartikeln anzunehmen sein, insbesondere wenn es sich dabei um langlebige und technisch anspruchsvolle Güter handelt. Bei solchen Artikeln ist anzuerkennen, dass der Kunde seine Kaufentscheidung regelmäßig jedenfalls auch davon abhängig machen wird, dass der Hersteller eine fundierte Beratung und einen sachgerechten Service durch Wiederverkäufer sicherstellen kann (vgl. Zimmer in Immenga Mestmäcker, WettbewerbsR EG Teil 1, 4. Aufl., Art. 81 Abs. 1 Rn. 371). Insofern dienen selektive Vertriebssysteme, mit denen der Anbieter bestimmte qualitative Mindestanforderungen an den Weiterverkauf und den Weiterverkäufer stellt, der externen Wettbewerbsfähigkeit der gehandelten Waren und fördern so verstanden den Wettbewerb gegenüber Konkurrenten sogar.

Das spricht dafür, das von der Beklagten insoweit beanspruchte rechtlich geschützte Interesse anzuerkennen, die streitgegenständlichen Marken vor einer von ihr befürchteten „Verramschung“ bei einer Veräußerung über „eBay“ zu schützen: Baute sie als Herstellerin durch Wahrung gehobener Qualitätsstandards bei der Herstellung und eine darauf bezogene Werbung ein entsprechendes Markenimage auf, von dem sie sich innerhalb des von ihr anvisierten Käuferkreis Wettbewerbsvorteile gegenüber externen Konkurrenten erhoffte, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein selektives Vertriebssystem, das einen Absatz über eine Internetplattform wie „eBay“ ausschließt, dieses Markenimage unterstützen bzw. die Zulassung eines ungeregelten Verkaufs dieses Image beeinträchtigen kann. Für die kartellrechtliche Zulässigkeit eines solchen Systems ist es entscheidend, ob die so zu erzielende Steigerung der externen Wettbewerbsfähigkeit des betreffenden Produktes im „Interbrand-Wettbewerb“ angesichts der damit gleichzeitig verbundenen Verminderung des markeninternen Wettbewerbs („Intrabrand-Wettbewerb“) gerechtfertigt ist (vgl. dazu Franck, WuW 2010, 772 ff (777 f)).

Zur Beurteilung der Frage, inwieweit es „unerlässlich“ ist, ein bestimmtes „Produktimage“ durch einen selektives Vertriebssystem unter Ausschluss eines Vertriebs über „eBay“ zu schützen, erscheint es dem Senat sachgerecht, mit Franck (a.a.O., S. 778) zwischen dem „Image als Produktelement“ (aa) und der „Signalisierung hoher Produktqualität durch Investitionen in das Produktimage“ (bb) zu unterscheiden. Beide Aspekte sind vorliegend relevant.

(aa) Ob bei den streitgegenständlichen Schulranzen und -rucksäcken davon ausgegangen werden kann, die Beklagte habe für die Marken ein Image geschaffen, das zum Produktelement geworden ist, erscheint zweifelhaft. Ein solches zur Funktion einer Ware eigentlich nicht erforderliches Image kann zur Eigenschaft der Ware selbst werden, das vom Erwerber genutzt wird, um über die Ware mit seiner Umwelt zu kommunizieren. So kann das Tragen von Kleidung oder von Uhren einer bestimmten Marke signalisieren, einer bestimmten Gruppe anzugehören. Der Erwerb eines entsprechenden Artikels kann deswegen für den Konsumenten mit einem Mehrwert verbunden sein, der über die bloße Funktionalität hinausgeht (vgl. EuG („Leclerc/Givenchy), a.a.O., Textnr. 109 und EuGH GRUR 2009, 593 ff („Copad/Dior“) (S. 595 Textnr. 24 ff) (jeweils zitiert nach juris). Der Hersteller eines solchen Produkts wird in der Regel erhebliche Investitionen in die Werbung aber auch erhebliche Aufwendungen für dessen Entwicklung und qualitativ hochwertige Verarbeitung machen, um es entsprechend am Markt zu positionieren.

In einem solchen Fall können bestimmte Vorgaben an die Weiterveräußerung im Sinne der oben genannten Voraussetzungen erforderlich sein, um das geschaffene Image der Ware zu erhalten. Voraussetzung ist aber stets, dass sich davon ausgehen lässt, dass das Produktimage für den Verbraucher in diesem Sinne zur Eigenschaft des Produktes geworden ist und er mit dem Kauf gerade auch dieses Image erwerben will (vgl. Franck, a.a.O., S. 780).

Ob sich das für die Schulranzen und –rucksäcke der streitgegenständlichen Marken annehmen lässt, erscheint zweifelhaft. Wenn es auch nicht ausgeschlossen erscheint, dass auch mit diesen Artikeln „Geltungskonsum“ betrieben wird, mit dem ein besonderer sozialer Status dargestellt werden kann (vgl. Franck, a.a.O.), steht das jedenfalls bei der Werbung für die Marke „…“ nicht im Vordergrund. Zwar wird bei diesen Ranzen auf „Super-“ und „Siegertypen“ abgestellt, die solche Ranzen tragen, die „cool“ und „stylish“ seien. Die Marke wird aber – soweit ersichtlich – vor allem mit Qualitäts- und Sicherheitsaspekten und den Ergebnissen der Stiftung Warentest beworben.

Etwas anders liegt das bei der Werbung für die Rucksäcke der Marke „…“. Hier stellt die Werbung stärker auf den Geltungsaspekt ab, wenn sie Trägern solcher Rucksäcke zuschreibt, sie seien Individuen, die auf ihre Art die Besten seien.

(bb) Es ist aber davon auszugehen, dass das von der Beklagten mit Hilfe ihrer Werbemaßnahmen aufgebaute Produktimage ein bestimmtes überdurchschnittliches Qualitätsniveau signalisiert. Viel spricht dafür, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn sie dieses Image durch ein selektives Vertriebssystem sichert, das ihren Abnehmern den Vertrieb ihrer Artikel über „eBay“ oder andere Verkaufsplattformen, die diesem Produktimage in vergleichbarer Weise abträglich sind, untersagt.

Die Signalisierung einer hohen Produktqualität kann ein selektives Vertriebssystem grundsätzlich rechtfertigen. Da Kaufentscheidungen mangels hinreichender Informationen häufig nach dem Kriterium des Preises getroffen werden, haben Hersteller hochwertiger Artikel ein Interesse daran, der Marktgegenseite zu vermitteln, dass ihre Artikel qualitativ höher einzustufen sind als der Durchschnitt. Die Signalisierung einer gehobenen Produktqualität ist wettbewerblich gerade da geboten, wo sich diese Qualität für den durchschnittlich informierten Verbraucher schwer beurteilen lässt, wie beim Erwerb länger und intensiver genutzter Artikel, bei denen sich der Gebrauchswert erst nach einiger Zeit zeigt.

Indem Hersteller für den Markt erkennbar in die Kommunikation einer gehobenen Qualität investieren, signalisieren sie gleichzeitig, dass sie darauf angewiesen sind, ihr so kommuniziertes Qualitätsniveau beständig zu halten. Betätigten sich die Qualitätsverspechen empirisch nicht, würden insoweit getätigte Investitionen – gerade bei bekannten Marken – schnell verpuffen (vgl. zu allem Franck, a.a.O., S. 781 f).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Artikel „…“ und „…“ mit einigem Werbeaufwand als qualitativ hochwertige Schulranzen bzw. –rucksäcke am Markt positioniert hat. Die Werbung stellt insoweit insgesamt auf eine aufwändige Gestaltung und bei der Marke „…“ zusätzlich auf gute Testergebnisse ab.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Produktimage der Artikel bei einem Absatz über die Plattform „eBay“ beeinträchtigt wird. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob er – wie er zuletzt im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Vorlage von „Screen-Shots“ behauptet hat – bei einem Absatz der Ware über einen so genannten „„eBay“-Shop“ in der Lage ist, dem Kunden praktisch die gleichen Informationen zu vermitteln, wie bei einem Internetauftritt auf einer eigenen Internetseite. Entscheidend ist, dass der potenzielle Kunde die Information erhält, dass ein Absatz der Produkte der Beklagten über „„eBay““ überhaupt erfolgt. Denn das Image dieser Internetplattform ist geeignet, das „Qualitäts-Image“ der streitgegenständlichen Artikel zu beeinträchtigen. Dabei ist es unerheblich, ob dieses Image zu Recht oder zu Unrecht besteht.

Tatsächlich wird die Auktionsplattform – wie der Senat auch aus eigener Anschauung weiß – in der Öffentlichkeit immer wieder in die Nähe eines Flohmarktes gerückt und auch im Zusammenhang mit dem Absatz von Fälschungen von Markenartikeln genannt (vgl. auch LG München, Urteil vom 24. Juni 2008 – 33 O 22144/07 – Rz. 56 (zitiert nach juris)). Daraus folgt, dass die Auktionsplattform – zu Recht oder zu Unrecht – mit einem Image behaftet ist, das geeignet ist, das Produktimage der von der Beklagten hergestellten Marken-Artikel hinsichtlich eines besonderen Qualitätsniveaus zu beeinträchtigen.

Daraus folgt aber zugleich, dass diese Gefahr nicht bei jedwedem Absatz über Internetplattformen Dritter besteht. Soweit die Beklagte – wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung klargestellt hat – auf der Grundlage ihrer Vertriebsbedingungen jedweden Absatz über „Internetplattformen Dritter“ unterbinden will, lässt sich nicht davon ausgehen, dass solche Plattformen von der Marktgegenseite ganz generell mit einem Image verbunden sind, das die Beklagte für die Plattform „eBay“ behauptet. Hier sind – ähnlich wie im Versandhandel – Plattformen mindestens vorstellbar, die auf ein qualitätsbewusstes Publikum zielen. Inwieweit ein Absatz über solche Plattformen das Ansehen der von der Beklagten hergestellten Artikel beeinträchtigen soll, erschließt sich nicht.

(b) All dies kann – wie auch der zuletzt von der Beklagten gegebene Hinweis, das Image von „eBay“ sei zusätzlich durch datenschutzrechtliche Probleme im Hinblick auf Kundendaten beeinträchtigt – dahinstehen, weil ein selektives Vertriebssystem immer diskriminierungsfrei angewendet werden muss, um wettbewerbsrechtlich zulässig zu sein (vgl. oben (a)). Hiervon lässt sich bereits nach dem Sachverhalt, soweit er zwischen den Parteien unstreitig ist, nicht ausgehen.

(aa) Eine diskriminierende Handhabung des selektiven Vertriebssystems der Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht nur dann gegeben, wenn die Beklagte es unbeanstandet lässt, dass andere Vertriebspartner ihre Produkte über „eBay“ absetzen. Sie ist bereits dann gegeben, wenn die Gründe, die sie für die Rechtfertigung der Zulässigkeit ihrer selektiven Vertriebspolitik anführt, ersichtlich nicht greifen, weil sie von ihr in anderem Zusammenhang ignoriert werden. Stützte die Beklagte das Vertriebsverbot über „eBay“ auf die Erforderlichkeit, das von ihr geschaffene Qualitätsimage zu wahren und einer „Verramschung“ ihrer Produkte entgegenzuwirken, diskriminiert sie potenzielle „eBay“-Händler, wenn sie ihre Produkte gleichzeitig über eine Discounterkette vertreibt, deren Verkaufsstellen zudem nicht den Anforderungen entsprechen, die die Beklagte hinsichtlich eines stationären Einzelhandelsgeschäftes an ihre Vertriebspartner stellt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es sich beim Verkauf über die Plattform „eBay“ und den Absatz über einen Discounter um unterschiedliche Vertriebswege handelt, die die Beklagte damit auch grundsätzlich unterschiedlich behandeln konnte. Bergen aber beide Vertriebswege das gleiche Risiko hinsichtlich eines Imageverlusts ihrer Marken, kann die Beklagte nicht den Wiederverkäufern, die ihre Produkte über den einen Weg absetzen, dies mit Rücksicht auf dieses Risiko versagen, Wiederverkäufern, die den anderen Vertriebsweg wählen, den Weg aber eröffnen, ohne diskriminierend zu handeln.

(bb) Bereits nach dem Sachverhalt, wie er zwischen den Parteien unstreitig ist, ist der Beklagten eine den Kläger diskriminierende Handhabung ihres Vertriebssystems anzulasten. Die Beklagte setzt ihre Artikel bundesweit seit vielen Jahren über die Discounter-Kette „…“ in genau dem „Ambiente“ ab, das sie gegenüber dem Kläger als dem Ansehen der von ihr geschaffenen Marke abträglich rügt. Sie behauptet selbst nicht, dass deren Verkaufsstellen die Anforderungen an ein Fachgeschäft erfüllen und ihren Ansprüchen an eine imagewahrende Präsentation der Artikel genügen. Hier verzichtet die Beklagte auf den nach ihrem Vorbringen zum Schutz des aufgebauten Markenimages erforderlichen Vertrieb unter Nutzung des Ambientes eines stationären Fachhändlers und lässt die Veräußerung ihrer Markenartikel als Billigwaren zu, die sie bei einem Vertrieb über „eBay“ zum Schutz ihres Markenimages nicht hinnehmen will.

Ob darüber hinaus die Behauptung des Klägers zutrifft, die Beklagte setze die Artikel auch über den Online-Shop des Discounters „…“ ab, ist insoweit unerheblich, weil der Absatz über die Discounterkette „…“ unstreitig ist.

(cc) Soweit die Beklagte im Hinblick auf ihre Lieferungen an die Discounterkette „…“ darauf verweist, es habe sich dabei lediglich um Abverkäufe von Restposten, Auslauf- und Vorjahresmodellen gehandelt, „…“ sei kein Vertriebspartner, weil der Kette nicht ihr ganzes Sortiment zur Verfügung gestellt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Dabei kann er angesichts der Unkenntnis des genauen Sachverhalts, der der Entscheidung des OLG Karlsruhe zu Grunde gelegen hat, nicht beurteilen, ob seine Auffassung insoweit von der des OLG Karlsruhe abweicht, das hinsichtlich des Absatzes über eine Discounterkette von einer nach der Rechtsprechung der europäischen Gerichte unschädlichen Lücke im Vertriebssystem ausgegangen ist (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 60 (zitiert nach juris)). Soweit die Beklagte das in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 9. September 2013 behauptet, gibt das dem Senat keinen Anlass, nach § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, weil es für die Entscheidung nicht darauf ankommt.

(aaa) Nach der Rechtsprechung des EuGH verlangt das Merkmal der Einheitlichkeit und Diskriminierungsfreiheit nicht unbedingt die Lückenlosigkeit des Systems (vgl. etwa EuGH („Cartier“), a.a.O., Textnr. 28; EuGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – C-41/96 – (VAG/Syd Consult), Textnr. 14). Es ist aber zu fordern, dass solchen Lücken eine nachvollziehbare und willkürfreie Vertriebspolitik zu Grunde liegt (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker; GWB, 4. Aufl., § 1 Rn. 362). Ist das nicht der Fall, lässt sich nicht davon ausgehen, dass das „Weniger“ an markeninternem Wettbewerb im Interesse des Konsumenten durch ein „Mehr“ an Wettbewerb zwischen den Marken ausgeglichen wird (vgl. Franck, a.a.O., S. 785). So liegt es hier.

Die Fälle, in denen europäische Gerichte die Lückenhaftigkeit eines selektiven Vertriebssystems nicht beanstandet haben, lagen – soweit ersichtlich – Sachverhalte zu Grunde, die sich mit dem vorliegenden nicht vergleichen lassen.

So war die Vertriebslücke im Fall „Cartier“ dadurch entstanden, dass Wiederverkäufern insbesondere aus der Schweiz noch dortigem Recht keine Vertriebsbindungen auferlegt werden konnten und diese dadurch in der Lage waren, die Ware legal an nicht konzessionierte Wiederverkäufer in der EU zu veräußern (vgl. EuGH, („Cartier“), a.a.O., Textnr. 8). Im Fall VAG Händlerbeirat/ Syd Consult war die Lücke im Vertriebssystem offenbar dadurch entstanden, dass vertragsbrüchige Vertragshändler von VW in Italien, Neuwagen zu niedrigeren italienischen Preisen an Händler in Deutschland exportieren konnten, die nicht Vertragshändler von VW waren (vgl. EuGH, („VAG/Syd Consult“), a.a.O. Anders als im vorliegenden Fall, ging die entstandene Lücke in beiden Fällen nicht auf ein Handeln des jeweiligen Herstellers zurück, so dass diesen kein willkürliches Verhalten angelastet werden konnte.

Vorliegend war es jedoch die Beklagte selbst, die sich entschloss, ihre Artikel unter Verletzung der von ihr geschaffenen Vertriebsregeln auf den Markt zu bringen, indem sie sie über eine Discounterkette absetzte. Es kann dahinstehen, ob ihr ein solcher Absatz etwa von Restposten bei gleichzeitigem Festhalten ihrer Vertriebspartner am „eBay“-Verbot“ in jedem Fall schadet. Der Beklagten ist einzuräumen, dass die Frage kaum anders zu beurteilen sein dürfte als bei einem gebundenen Händler, dem es auch nicht in jedem Fall als Verletzung eines Markenimages angelastet werden kann, wenn er die Ware im Einzelfall auch einmal an einen Discounter absetzt (vgl. dazu: EuGH („Copad/Dior“); a.a.O., S. 595 Textnr. 32). Entscheidend ist es, ob die Nichteinhaltung der selbst geschaffenen Vertriebswege geeignet ist, das Image seines Produktes in mindestens vergleichbarer Weise zu beeinträchtigen wie der von ihm vorliegend beanstandete Vertrieb durch seinen Vertriebspartner. Ist dies zu bejahen, liegt keine diskriminierungsfreie Handhabung des eigenen Vertriebssystems vor, wie sie Voraussetzung für seine Zulässigkeit ist. Das ist vorliegend gegeben.

(bbb) Geht der Senat mit der Beklagten davon aus, dass es hinsichtlich der streitgegenständlichen Markenartikel ein zu schützendes Produktimage gibt, das durch Verkäufe in einem „Billig-Ambiente“ beeinträchtigt werden kann, folgte diese Beeinträchtigung beim Absatz über die Discounterkette „…“ bereits aus der entsprechenden Werbung, die am Markt zur Kenntnis genommen wird.

Deswegen kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, welchen Anteil der über die Discounterkette erzielte auf die Markenartikel entfallende Umsatz am Gesamtumsatz der Beklagten mit diesen Artikeln hat, der nach ihren Angaben je nach Marke jedenfalls zwischen … und … % („…“) und … und … % („…“) gelegen hat. Sie räumt ein, diesen Absatzweg jedenfalls in den Jahren von 2008 bis 2013 kontinuierlich und damit eben nicht nur sporadisch genutzt zu haben, mag sie – nach ihren für die Entscheidung unterstellten Angaben – in den Jahren 2009 und 2010 insoweit keine Ranzen der Marke „…“ und nur wenige Rucksäcke der Marke „…“ verkauft haben.

Soweit die Beklagte weiter darauf verwiesen hat, es habe sich bei den über die Discounterkette vertriebenen Artikeln lediglich um Restposten, Auslauf- und Vorjahresmodelle gehandelt, es werde nicht das gesamte Sortiment über diesen Weg vertrieben, kann offen bleiben, ob das einer nachvollziehbaren und willkürfreien Vertriebspolitik entspricht. Jedenfalls muss ein solcher „Restposten-Absatz“ im Rahmen der Vertriebspolitik nach außen kommuniziert werden, damit sich der Hersteller nicht in Widerspruch zu den Gründen setzt, die das selektive Vertriebssystem rechtfertigen.

Vorliegend ergab sich für die Kunden nicht, dass über die Discounterkette „…“ nur Restposten abgesetzt wurden. Auch wenn insoweit mit der Beklagten gemäß ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 9. September 2013 auf die Sicht eines aufgeklärten, informierten und aufmerksamen Verbrauchers abgestellt wird, konnte dieser der Werbung nur entnehmen, dass die Produkte der Beklagten mit beträchtlichem Werbeaufwand über eine Discounter-Kette mit breitem Sortiment zu Niedrigpreisen abgesetzt wird. Dass das teilweise zeitlich begrenzt und teilweise begrenzt auf „Sonderposten, so lange der Vorrat reicht“ erfolgt ist, schließt es für die Marktgegenseite nicht aus, dass es sich bei den Artikeln um aktuelle Modelle handelte, wie sie auch von den regulären Vertriebspartnern der Klägerin vertrieben werden. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, die Schüler könnten am jeweils angebotenen Modell ohne weiteres erkennen, ob es sich um ein Vorjahresmodell oder eines aus dem aktuellen Sortiment handele, kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil – worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht hingewiesen hat – die Artikel nach der Lebenserfahrung nicht nur von den Schülern selbst oder nach deren Angaben von Erwachsenen gekauft werden.

cc) Die nach alledem festzustellende Wettbewerbsbeschränkung ist auch „spürbar“ (vgl. allgemein zur Spürbarkeit als ungeschriebener Voraussetzung für den Wettbewerbsverstoß nach § 1 GWB: Bunte in Langen/Bunte, Bd.1: Dt. KartellR, 11. Aufl., § 1 GWB Rn. 234 ff).

(1) Auf die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung kommt es an, obwohl vorliegend keine Vereinbarung im Sinn von § 1 GWB zu überprüfen ist und die Wettbewerbsbeschränkung in einem Verhalten des Herstellers liegt, das dessen Abnehmer dazu bestimmen soll, sich entsprechend einer vom Hersteller gewollten Vereinbarung zu verhalten, § 21 Abs. 2 GWB. Die Vorschrift verweist auf die Primärverbote des GWB, deren Voraussetzungen danach vorliegen müssen. Nur wenn das durch eine Willensbeeinträchtigung im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB beabsichtigte oder sogar erzielte Verhalten des Beeinträchtigten kartellrechtswidrig wäre, wenn es zum Gegenstand einer Einigung gemacht worden wäre, liegt ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GWB vor. Dies wäre vorliegend nur der Fall, wenn die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung festgestellt wird (vgl. Roth, Frankfurter Kommentar zum KartellR, § 21 Rn. 215; Markert in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 21 GWB Rn. 74 (allerdings ausdrücklich nur für horizontale Vereinbarungen)).

(2) Die „Spürbarkeit“ des wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens der Beklagten ist vorliegend gegeben, ohne dass es auf quantitative Gesichtpunkte wie etwa die Marktanteile der Beteiligten ankäme. Zwar wird nach der europäischen Rechtsprechung im Wesentlichen auf solche Punkte abgestellt. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Marktanteilen der beteiligten Unternehmen zu (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 1 GWB Rn. 166). Die deutsche Rechtsprechung ist dem im Ergebnis gefolgt (vgl. Nachweise bei Zimmer, a.a.O., § 1 GWB Rn. 167). Dabei orientiert sie sich an den so genannten Bagatellbekanntmachungen der EG- bzw. EU-Kommission und des Bundeskartellamtes (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. September 2011 – U (Kart) 18/11 – Rn. 41, zitiert nach juris).

Bereits aus diesen Bekanntmachungen, die ohnehin nicht mehr als Auslegungshilfen sind (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.), folgt aber, dass insoweit nicht allein quantitative Kriterien entscheidend sind. Weder ist wettbewerbsbeschränkendes Verhalten bei einem Überschreiten der Marktanteilsschwelle in jedem Falle spürbar, noch lässt sich die Spürbarkeit allein damit verneinen, dass die insoweit erforderliche Marktanteilsschwelle nicht erreicht wird (vgl. auch Nr. 2 der „Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Art. 81 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis)“ (Abl EG 2001, C 368/13 ff; folgend: EG-Bagatellbekanntmachung)). Vorliegend kommt es darauf nicht an, so dass der Senat nicht feststellen muss, ob der Marktanteil etwa der Beklagten auf dem relevanten Markt über 10 % liegt (vgl. Nr. 7 a EG-Bagatellbekanntmachung (2001/C 368/07)).

(3) Das Verhalten der Beklagten führt ohne Rücksicht auf seine quantitativen Auswirkungen allein wegen seiner Qualität zu spürbaren Wettbewerbsbeeinträchtigungen. Anders als bei der Frage, inwieweit eine Handelsbeschränkung spürbar ist (s.o.: b) aa)), ist es anerkannt, dass es auf den quantitativen Nachweis der Spürbarkeit einer Wettbewerbsbeschränkung je weniger ankommt, je mehr die Beteiligten – bzw. hier die Beklagte mit ihrem einseitigen Verhalten – eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt haben (vgl. Bechtold, GWB, 7. Aufl., § 1 Rn. 43 f m.w.N.). Auf das Erreichen etwa von Marktanteilsschwellen kommt es dann nicht an, wenn die Wettbewerbsbeschränkung zu einer Beschränkung der Absatzmöglichkeiten des Wiederverkäufers führt, Nr. 11 1. b) EG-Bagatellbekanntmachung und D b) Nr. 15 der Bagatellbekanntmachung des BKartA vom 13. März 2007. Beim Vorliegen solcher „Kernbeschränkungen“ des Wettbewerbs, zu denen etwa die Festlegung von Mindestweiterverkaufspreisen gehört, kommt es grundsätzlich nicht auf eine nähere Marktanalyse, etwa die Abgrenzung des jeweils relevanten Marktes an (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 1 Rn. 158, 162). Ein solcher Eingriff wirkt sich schon wegen seiner Qualität grundsätzlich spürbar auf den Wettbewerb aus.

In der dem Kläger von der Beklagten angesonnenenen Absatzbeschränkung liegt eine „Kernbeschränkung“, die damit grundsätzlich als „spürbar“ anzusehen ist.

Was unter einer Kernbeschränkung des Wettbewerbs anzusehen ist, regelt die Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO Nr. 330/2010), die an die Stelle der alten Vertikal-GVO Nr. 2790/1999 getreten ist. Für den vom Kläger verfolgten in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch kommt es allein auf die Neuregelung an (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2005 – KZR 21/04 –).

In Art. 4 Vertikal-GVO ist beschrieben, was die Kommission als „Kernbe-schränkungen“ ansieht. Nach dem Wortlaut des weitgehend unverändert gebliebenen hier einschlägigen Art. 4 b), ist eine Kernbeschränkung grundsätzlich dann anzunehmen, wenn dem Abnehmer in seiner Möglichkeit, Waren an eine Kundengruppe (früherer Wortlaut: „einen Kundenkreis“) abzusetzen, beschränkt wird.

Im Ausschluss der Möglichkeit, die von der Beklagten bezogenen Markenartikel über die Internetplattform „„eBay““ abzusetzen, liegt eine solche Absatzbeschränkung. Der gegenteiligen Auffassung etwa des OLG München (GRUR 2009, 394 ff: „Adidas“) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Das OLG München hatte in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die Einordnung des Absatzverbotes über „eBay“ als Kernbeschränkung daran scheitern lassen, dass sich innerhalb der Interneteinkäufer eine Gruppe von Kunden, die ihre Ware über Internet-Auktionsplattformen erwerben, nicht sachgerecht abgrenzen lasse (vgl. OLG München, a.a.O., S. 395; zustimmend Frank Immenga, K & R, 2010, 24 ff (27); Zweifel bei Kuntze-Kaufhold, EWiR 2010, 361 f (362)). In eine ähnlich Richtung argumentiert die Beklagte, wenn sie darauf verweist, sie schränke mit dem Verbot des „eBay“-Absatzes nur eine Absatzmethode ein; der Absatzweg „Internet“ bleibe dem Kläger offen.

Das vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Annahme einer „Kernbeschränkung“ nicht voraussetzt, dass der Absatz an abgrenzbare Kundengruppen verboten wird. Art. 4 b) Vertikal-GVO bezieht sich insoweit allein auf die Beschränkung einer Kundengruppe. Dass es der Beklagten gerade darauf ankommt, dem Kläger den Absatz an diejenigen Internetkunden zu untersagen, die sich über das Warenangebot insbesondere im Hinblick auf das Preis-Leistungsverhältnis zunächst bei „eBay“ informieren und danach ihre Kaufentscheidung treffen, steht außer Frage (im Ergebnis ebenso: Dieselhorst/Luhn, WRP 2008, 1306 ff (1310)). Insoweit wird der Kreis der vom Kläger zu erreichenden Internetkunden durch das Verbot der Beklagten eingeschränkt.

Mit seiner Auffassung, dass es sich bei dem Verbot des Absatzes über „eBay“ um eine Kernbeschränkung handelt, sieht sich der Senat im Übrigen auch in Übereinstimmung mit der Europäischen Kommission. Diese hat in den zur Vertikal-GVO erlassenen „Leitlinien für vertikale Beschränkungen“ (abgedruckt in Schultze u.a., Vertikal-GVO, 3. Aufl. Anhang 8 (S. 517 ff)) klargestellt, dass Beschränkungen des Absatzes über das Internet nach ihrer Auffassung Beschränkungen des Weiterverkaufs und damit Kernbeschränkungen des Wettbewerbs darstellen (Tz. 52 Sätze 1 und 2). Dabei verkennt der Senat nicht, dass das nicht schrankenlos gilt und etwa Beschränkungen, wie sie sich auch im stationären Handel aus zulässigen selektiven Vertriebssystemen ergeben, auch im Internethandel zulässig sind und keine Kernbeschränkungen darstellen. Wie auch sonst bei selektiven Vertriebssystemen sollen auch dem Internethandel insoweit Vorgaben gemacht werden können (Leitlinien der Kommission Tz. 54 Satz 1). Ausdrücklich klar stellt die Kommission in Tz. 54 S. 6, dass ein Anbieter in diesem Rahmen auch verlangen kann, dass eine Händler-Website, die sich auf der Plattform eines Dritten befindet, nicht über eine Website aufgerufen wird, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen. Das zielt auf die streitgegenständliche Absatzmöglichkeit über Plattformen wie „eBay“ (vgl. dazu Schultze u.a., a.a.O., Rn. 773 ff und 776 ff). Bestrebungen, solche Beschränkungen umgekehrt ausdrücklich als Kernbeschränkungen in den Text der neuen Vertikal-GVO aufzunehmen sind erfolglos geblieben (vgl. Simon, Europ. Wirtschafts- u. SteuerR 2010, 497 ff (502)).

Das ändert aber nichts daran, dass die Beschränkung, Waren nicht über von Dritten betriebene Internetportale zu vertreiben, eine Qualitätsanforderung an den Vertrieb ist (vgl. Schultze u.a., a.a.O., Rn. 775), deren Zulässigkeit nach allgemeinen Regeln zu beurteilen ist (s.o.). Sie ist nur dann wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn sie diskriminierungsfrei angewandt wird. Nur ein auch insoweit nicht zu beanstandendes selektives Vertriebssystem führt dazu, dass der Ausschluss von Weiterverkäufen über „eBay“ nicht als Kernbeschränkung im Sinne von Art. 4 b Vertikal GVO zu behandeln ist. Wird ein selektives Vertriebssystem dagegen nicht diskriminierungsfrei gehandhabt und ist es deswegen wettbewerbsbeschränkend, liegt darin zugleich eine Kernbeschränkung im Sinne der Vertikal-GVO.

So liegt es hier: Der Senat hat zu (2) (b) die den Kläger diskriminierende Handhabung ihres Vertriebssystems begründet. Die Beklagte beschränkt den Kläger in seinen Möglichkeiten, am markeninternen Wettbewerb teilzunehmen, während sie ihn stationären Konkurrenten (real,-) unter vergleichbaren Bedingungen ermöglicht.

(4) Aus den Ausführungen zu (2) und (3) folgt bereits, dass der danach festgestellte Verstoß gegen §§ 1, 21 Abs. 2 GWB nicht nach § 2 GWB freigestellt ist. Zum einen ist bereits dargelegt, dass in der nicht diskrimierungsfreien Durchsetzung ihres selektiven Vertriebssystems nach Art. 4 der Vertikal-GVO eine unzulässige Kernbeschränkung des Wettbewerbs liegt und sich damit nicht über § 2 Abs.2 GWB i.V.m. der Vertikal-GVO zu einer Gruppenfreistellung gelangen lässt.

Nachdem die Gruppenfreistellungsverordnungen aber nur feststellen, was ohnehin gilt (vgl. Bechtold, a.a.O., § 2 Rn. 28) oder jedenfalls konkretisieren, was nach § 2 Abs. 1 GWB freigestellt ist (Bunte in Langen/Bunte, Bd.1. a.a.O., § 2 Rn. 61), kann eine nach der Vertikal-GVO nicht freigestellte Kernbeschränkung grundsätzlich nicht nach § 2 Abs. 1 GWB freigestellt sein. Sie trägt allenfalls um den Preis zur Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung und zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts bei, dass den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind. Kernbeschränkungen sind generell nicht geeignet, als unerlässlich angesehen zu werden (vgl. Bechtold, a.a.O., § 2 Rn. 19).

2. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte auch zur Erstattung außergerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 2.965,48 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Das Landgericht hat den Erstattungsanspruch dem Grunde nach zutreffend bejaht und auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt, §§ 677, 683, 670 BGB.

Nach insoweit feststehender Rechtsprechung dient die durch eine Verletzungshandlung veranlasste Abmahnung im Regelfall dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien, da sie das Streitverhältnis auf einfache, kostengünstige Weise vorprozessual beenden und einen Rechtsstreit vermeiden soll (vgl. zu § 12 UWG: BGH Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 216/07 – Rz. 11 und allgemein: BGH Urteil vom 15. Oktober 1969 – I ZR 3/68 – Rz. 13 (zitiert jeweils nach juris)). Da die Beauftragung der Rechtsanwälte vorliegend auf die zu 1. erörterte Verletzungshandlung der Beklagten zurückzuführen ist, ist sie dem Grunde nach verpflichtet, die dem Kläger insoweit entstandenen Kosten zu erstatten.

Was die Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs angeht, ist die vom Landgericht angenommene 1,5-Geschäftsgebühr jedenfalls nicht zu hoch bemessen, von der sich der Kläger im Wege der Anrechnung eine 0,75-Gebühr (Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG) absetzt. Die Sache ist vom Landgericht zu Recht als jedenfalls „schwierig“ beurteilt worden, Nr. 2300 RVG, so dass die Gebühr jedenfalls über dem Satz von 1,3 liegt. Damit ergeben sich die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten – soweit im Rahmen der Berufung der Beklagten über sie zu entscheiden ist – wie folgt:

Wert: 562.000 EUR
0,75 nach Nr. 2300 VV RVG 2.472,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer 19 % Nr. 7008 VV RVG 473,48 EUR
2.965,48 EUR

Die Beklagte hat dagegen gesonderte Einwände nicht erhoben.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Berufung des Klägers

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger verpflichtet, ihm die Anwaltskosten gemäß den §§ 677, 683, 670 BGB in der vollen vom Kläger geltend gemachten Höhe, das heißt unter Zugrundelegung einer 2,0-Gebühr abzüglich der 0,75-Gebühr, die sich der Kläger nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anrechnet, zu erstatten.

Das folgt allerdings nicht aus der „besonderen Bedeutung der Sache“ für den Kläger. Er behauptet zwar unwidersprochen, die Sache habe besondere Bedeutung für ihn gehabt, legt dies aber nicht dar. Tatsächlich will ihn die Beklagte nur so lange vom Bezug ihrer Artikel ausschließen, wie er fortfährt, diese über „eBay“ zu vertreiben. Im Rahmen der „Bedeutung der Sache“ (vgl. § 14 RVG) ist also nicht auf das Interesse des Klägers am Vertrieb der Artikel der Beklagten insgesamt, sondern allein auf sein Interesse abzustellen, diese Artikel gerade über „eBay“ absetzen zu können. Dies kann eine überdurchschnittliche Einstufung der Sache nicht rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Sache für die Fortentwicklung der Rechtsprechung auf dem Gebiet zulässiger Vertriebsbeschränkungen von größerer Bedeutung ist. Entscheidend ist insoweit die subjektive Bedeutung der Sache gerade für den Auftraggeber des Rechtsanwalts (vgl. Gerold/Mayer, RVG, 20. Aufl., § 14 Rn. 17).

Der Senat vermag sich aber der Ansicht des Landgerichts nicht anzuschließen, dass die Sache nur einen durchschnittlichen Umfang gehabt habe. Zwar ist der äußerliche Sachverhalt überschaubar. Die rechtliche Bewertung hängt aber von der Ermittlung und Bewertung vieler Tatsachen außerhalb des eigentlichen „Kernsachverhalts“ ab. Deshalb ist die Sache als sowohl schwierig als auch umfangreich zu bewerten, was die Anwendung einer 2,0-Gebühr rechtfertigt.

Für die Einholung des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer gibt es im Erstattungsprozess keinen Raum, denn mit „Rechtsstreit“ im Sinne des § 14 Abs. 2 RVG ist nur der Gebührenprozess des Rechtsanwalts mit seinem Auftraggeber zu verstehen.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt gemäß § 543 ZPO die Revision zu, weil die Fragen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit eines von Weiterverkäufern verlangten Absatzverbotes über von Dritten betriebene
Internetplattformen im Rahmen von selektiven Vertriebssystemen höchstrichterlich nicht geklärt sind. Insofern hat die Sache grundsätzliche Bedeutung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a