Werbung für Arzneimittel mit einem Gewinnspiel
Eigener Leitsatz:
Die Durchführung eines Gewinnspiels für ein Arzneimittel, in einer Apotheken-Zeitschrift, die sich an Apothekenpersonal richtet, ist mit dem Heilmittelwerbegesetz vereinbar, wenn der Teilnehmende im Interesse des Werbenden eine adäquate, wirtschaftliche Gegenleistung erbringt. Es fehlt an einer Gegenleistung, wenn die Preisfragen ohne weiteres von dem angesprochenen Fachkreis beantwortet werden können. Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung ist darin zu sehen, dass das beworbene Medikament durch den Beworbenen einem Kranken empfohlen wird, obwohl im Zweifelsfall die Konsultation eines Arztes zur Vermeidung gesundheitlicher Nachteile angezeigt gewesen wäre.
Oberlandesegricht Nürnberg
Urteil vom 20.12.2011
Az.: 3 U 1429/11
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom
30. Juni 2011 abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr für Arzneimittel mit der Ankündigung eines Gewinnspiels und dem Versprechen zu werben:
„Gewinnen Sie mit C… Bitte kreuzen Sie die richtige Lösung an. Als kleine Belohnung verlosen wir unter allen richtigen Einsendungen 25 x Cityshopper Reisenthel „fleur schwarz“ und 100 x 5,00 Euro Douglasgutscheine“, wenn dies geschieht wie folgt:
III. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu Euro 250.000 oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, angedroht. Die Ordnungshaft ist an einem Vorstandsmitglied der Beklagten zu vollziehen.
IV. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit 18. Januar 2011 zu zahlen.
V. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsausspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung der Kostenentscheidung kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte stellt Arzneimittel her. Sie ist Inhaberin der Registrierung für das Fertigarzneimittel „C…“, das sie auch vertreibt. Dem Heft Nr. 19 der Oktoberausgabe 2010 der Zeitschrift „PTA heute“, die sich an das Personal von Apotheken wendet, legte die Beklagte einen Faltprospekt bei, der sich mit „C…“ befasste und in dem folgendes Gewinnspiel enthalten war:
Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, dass es sich um eine gegen § 7 Abs. 1 HWG verstoßende unzulässige Werbung handele. Der an dem Preisrätsel Teilnehmende erbringe nämlich keine wirtschaftliche Gegenleistung. Auch seien die ausgelobten Taschen keine Gegenstände von geringem Wert oder geringwertige Kleinigkeiten im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG. Er hat deshalb beantragt, die Beklagte dazu zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Arzneimittel mit der Ankündigung eines Gewinnspiels, wie es der Klage zugrunde gelegt wurde, zu werben. Ferner hat er die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat die Meinung geäußert, ihr beanstandetes Verhalten habe Informationszwecken und nicht der Werbung gedient. Auch seien Preisausschreiben in Fachkreisen, zu denen die PTA gehörten, grundsätzlich zulässig. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG auch deshalb nicht vor, weil die angesprochenen PTA ihrerseits eine Leistung zu erbringen gehabt hätten. Durch die zu beantwortenden Fragen werde der Kenntnisstand der angesprochenen PTA ermittelt, was eine Marktinformation von wirtschaftlichem Wert darstelle.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und hierzu ausgeführt:
Das angegriffene Verhalten der Beklagten sei zwar als Werbung zu erachten, diese Werbung sei jedoch gem. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Alternative HWG zulässig. Die ausgelobte Tasche im Wert von 9,90 Euro stelle jedenfalls im Falle der Werbung gegenüber Fachkreisen eine geringwertige Kleinigkeit dar. Zwar stelle bei Zugrundelegung des tariflichen Einkommens von PTA eine Einkaufstasche von 9,90 Euro keinen völlig unbedeutenden Wert dar, sie scheine aber nicht geeignet, die PTA in ihrem Verhalten gegenüber den Patienten unsachlich zu beeinflussen. Daher stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Seine Abmahnung sei unberechtigt gewesen. Auch ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten stehe ihm daher nicht zu.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die Klageanträge weiter. Es sei zumindest eine gleichwertige Beeinflussbarkeit der PTA wie die eines angesprochenen Verbrauchers gegeben, weshalb die vom BGH für letztere gezogenen Wertgrenzen zu Grunde zu legen seien. Darüber hinaus sei die für eine Fachwerbung vorgesehene zusätzliche Beschränkung der erlaubten Abgaben nach § 7 Abs. 1 S. 2 HWG zu berücksichtigen.
Der Kläger hat beantragt
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 1 HK O 10111/10 – den Beklagten zu verurteilen
I. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Arzneimittel mit Ankündigung eines Gewinnspiels und dem Versprechen zu werben: „Gewinnen Sie mit C… Bitte kreuzen Sie die richtige Lösung an. Als kleine Belohnung verlosen wir unter allen richtigen Einsendungen 25 x Cityshopper Reisenthel „fleur schwarz“ und 100 x 5,00 Euro Douglasgutscheine“, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K 1 ersichtlich.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagte hat die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Sie ist der Auffassung, dass es sich bei den beanstandeten Verhalten unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt um eine unzulässige Werbung im Sinne des HWG handele. Die streitbefangene Broschüre falle bereits nicht unter den Begriff der in Artikel 86 Abs. 1 Richtlinie 2001/83/EG definierten Werbung, deren Vorliegen nach der Rechtsprechung des EUGH nach objektiven Maßstäben positiv festzustellen sei, was vorliegend nicht erfolgt sei. Darüber hinaus fehle es auch an dem vom BGH geforderten genügenden Zusammenhang zwischen der Zuwendung und der Werbung für das Arzneimittel. Darüber hinaus handele es sich nicht um unentgeltliche Zuwendungen, da die von den PTA verlangte Beantwortung von Fragen eine Gegenleistung darstelle. Zudem sei der Anwendungsbereich des § 7 HWG nicht eröffnet, weil mit dem beanstandeten Verhalten keine Gesundheitsgefährdung einhergehe. Schließlich sei § 7 Abs. 1 S. 2 HWG nicht anwendbar, weil Werbegaben im Sinne dieser Bestimmung nur Waren oder Leistungen seien. Hier liege die Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG bereits in der Teilnahmechance am Preisausschreiben und nicht erst im ausgelobten Gewinn. Eine derartige Chance sei doch keine Ware oder Leistung im vorgenannten Sinne.
B.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 Abs. 1 HWG, 8 Abs. 1 UWG zu. Darüber hinaus kann er auch die Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten verlangen, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
I.
Zutreffend hat das Erstgericht dargelegt, dass der Kläger ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und damit klagebefugt ist.
II.
Er kann die begehrte Unterlassung des angegriffenen Verhaltens der Beklagten nach §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG verlangen, da es eine unzulässige Werbung im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG darstellt.
1.
Die vom Kläger beanstandete Broschüre der Beklagten für das Fertigarzneimittel „C…“ enthält Werbung im Sinne des HWG. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass das Vorliegen von Werbung im vorgenannten Sinne anhand des in § 86 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel definierten Begriffes zu beurteilen ist. Diese Richtlinie bezweckt nämlich eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung (vgl. EuGH GRUR 2008, 267 Ziffer 20, 39 – Cintec).
2.
Danach gelten als Werbung für Arzneimittel alle Maßnahmen zur Information, zur Marktunterrichtung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern. Bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift folgt, dass von einem sehr weiten Begriff der Werbung für Arzneimittel auszugehen ist. Das grundlegende Definitionsmerkmal der Werbung und zugleich das entscheidende Kriterium für ihre Unterscheidung von der bloßen Information ist das Ziel der vermittelten Botschaft. Sofern diese das Ziel hat, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern, handelt es sich um Werbung. Hingegen stellt eine rein informatorische Angabe ohne Werbeabsicht keine Werbung für Arzneimittel dar und unterfällt dann weder der EU-Richtlinie noch dem HWG. Ob die Verbreitung einer Information ein Werbeziel beinhaltet, ist dabei anhand einer konkreten Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (vgl. EuGH vom 05.05.2011, Rs C-316/09, Teilziffer 30 bis 34). Auch der BGH geht in ständiger Rechtsprechung von einer weiten Auslegung des Begriffs der Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG aus (vgl. BGH vom 17.08.2011, I ZR 13/10 – Arzneimitteldatenbank, Teilziffer 15 mit weiteren Nachweisen). Wendet man diese Grundsätze auf die streitgegenständliche Broschüre der Beklagten an, so ist, wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat (Seite 14 des Ersturteils), davon auszugehen, dass es der Beklagten in erster Linie nicht um Wissensvermittlung, sondern um Absatzerfolg für ihr Produkt „C…“ geht.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz sind lediglich folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:
Die erforderliche konkrete Prüfung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles hat das Erstgericht zutreffend vorgenommen. Ihr schließt sich der Senat an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf Seite 14 des Ersturteils (dort 1.) Bezug genommen.
Auch ist eine Trennung zwischen der Broschüre als solcher und der Auslobung der Preise im Wege der Teilnahme an den Preisausschreiben nicht geboten. Zwar beantragt der Kläger nur die Untersagung der Werbung mit einem Gewinnspiel; durch ausdrückliche Bezugnahme wird aber die gesamte Broschüre zur Grundlage der Entscheidung gemacht.
Selbst wenn man jedoch nur auf die Schaffung eines Anreizes durch das Preisausschreiben abstellen wollte, würde dies einer Verkaufsförderungsabsicht durch die PTA nicht entgegenstehen.
Schließlich stehen auch die Bestimmung der ApoBetrO der vom Landgericht zutreffend bejahten Eignung der PTA zur Absatzförderung des beworbenen Produkts nicht entgegen. Denn die Tatsache, dass die Bestellung der Arzneimittel beim Hersteller oder Großhändler Sache des Apothekers ist und diesem auch die Beaufsichtigung der PTA obliegt, steht einer eigenständigen Kundenberatung und der daraus resultierenden Möglichkeit einer Absatzförderung eines bestimmten Arzneimittels durch die PTA nicht entgegen. Dass dies auch tatsächlich geschieht, ist den Mitgliedern des Senats, die den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, aus eigener Wahrnehmung bekannt. Dies ist auch zulässig, da PTA nicht zu den in § 3 Abs. 3 Nr. 9 ApoBetrO erwähnten Personen gehören, denen gem. § 3 Abs. 4 ApoBetrO die Abgabe von Arzneimitteln untersagt ist.
3. Es besteht auch der erforderliche Zusammenhang zwischen den ausgelobten Zuwendungen und der Werbung für das Arzneimittel „C…“. Soweit die Beklagte einen derartigen Zusammenhang im Hinblick auf die vom BGH in der Entscheidung vom 17. August 2011, I ZR 13/10 – Arzneimitteldatenbank, aufgestellten Grundsätze für nicht gegeben erachtet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. So besteht zunächst bereits vom zugrunde liegenden Sachverhalt her keine Vergleichbarkeit. Während vorliegend die Zuwendungen im Zusammenhang mit lediglich einem bestimmten Produkt der Beklagten ausgelobt werden und nur zum persönlichen Gebrauch der umworbenen PTA bestimmt sind, lag dem vom BGH entschiedenen Fall eine kostenlos zur Verfügung gestellte Arzneimitteldatenbank zugrunde, die während der Recherche produkt- und herstellerbezogene Werbung unterschiedlicher Anbieter einblendet und im Übrigen zur Verwendung in der ärztlichen Praxis bestimmt ist.
Zudem führt die Heranziehung der in der genannten Entscheidung des BGH aufgestellten Auslegungsgrundsätze im vorliegenden Fall zur Bejahung des erforderlichen Zusammenhangs zwischen Zuwendung und Arzneimittelwerbung. Die Entscheidung führt nämlich die bereits bestehende Rechtsprechung fort und bejaht deren Vereinbarkeit mit den zwischenzeitlich erlassenen EU-Bestimmungen, hier insbesondere (neben Artikel 86 Richtlinie 2001/83/EG) mit Artikel 94 Abs. 1 der genannten Richtlinie. Danach ist die Vorteilsgewährung und -anbietung an Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel grundsätzlich verboten. Zweck dieses Verbotes ist es, Verkaufspraktiken zu verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe von Arzneimitteln zu wecken (BGH a.a.O., Teilziffer 17, 18).
Diesen Erfordernissen wird vorliegend genügt. So stellt die Auslobung von Taschen und Gutscheinen im Rahmen eines Preisausschreibens, das Bestandteil der an PTA gerichteten Faltprospektes für die Bewerbung von "C…“ ist, das Anbieten oder Versprechen eines materiellen Vorteils dar. Ein derartiger Vorteil ist auch geeignet, ein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe dieses Arzneimittels zu wecken. Da die bloße Eignung zur Weckung eines Interesses ausreichend ist, spielt es keine Rolle, dass die Teilnahme an dem Preisausschreiben und damit die Möglichkeit der Vorteilserlangung nicht mit einem Abverkauf des streitgegenständlichen Arzneimittels gekoppelt ist. Damit handelt es sich bei den ausgelobten Zuwendungen um Werbegaben im Sinne des HWG. Die Frage, ob die Zuwendungen von ihrem Wert her geeignet sind, die PTA als Werbeadressaten unsachlich zu beeinflussen, ist hier nicht von Bedeutung. Sie spielt dann eine Rolle, wenn es auf die Zulässigkeit einer Zuwendung als geringwertige Kleinigkeit ankommt (vgl. hierzu unten 7.).
4.
Eine Zulässigkeit der Werbung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG ergibt sich nicht daraus, dass für die ausgelobten Preise von den Teilnehmern eine adäquate Gegenleistung erbracht wird.
Die Durchführung von Preisausschreiben gegenüber Fachkreisen ist mit § 7 Abs. 1 HWG vereinbar, wenn der Teilnehmende im Interesse des Werbenden eine adäquate, wirtschaftliche Gegenleistung erbringt. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.
Die Teilnehmer an dem Preisausschreiben haben unstreitig, um eine Gewinnchance zu erhalten, nichts weiter zu tun, als drei von der Beklagten in einem Multiple-Choice-Verfahren gestellte Fragen zu beantworten. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich dabei nicht um schwierig zu beantwortende Fragen, selbst wenn in Frage 2 Begriffe auftauchen, die ein Laie hinsichtlich ihres Bedeutungsgehaltes nicht ohne weiteres einordnen kann. Denn zum einen handelt es sich bei PTA aufgrund ihres in der Ausbildung erworbenen Kenntnisstandes nicht um Laien. Zum anderen erschließen sich die Antworten ohne große Mühe, wenn man den Prospekt gelesen hat. Die Behauptung der Beklagten, die Antworten hätten für sie einen wirtschaftlichen Wert, weil sie den Wissensstand der Teilnehmer zum Beschwerdebild von Blasenentzündungen, wie auch zu den Eigenschaften des Fertigarzneimittels „C…“ aufzeigten und es ihr so erlaubten, ihre Beratung und Schulung der Fachkreise zu verbessern, erschließt sich dem Senat nicht. Denn das Preisausschreiben ist, was auch der Beklagten nicht verborgen geblieben sein kann, letztlich nicht geeignet, das Wissen der Teilnehmer zu testen. Wie bereits dargelegt sind nämlich die Antworten auf sämtliche Fragen der streitgegenständlichen Broschüre leicht zu entnehmen. Da dies zum einen den Teilnehmern geläufig ist, zum anderen von der Beklagten auch so mitgeteilt wird, wenn sie das Preisausschreiben mit der Formulierung „auf den vorangegangenen Seiten konnten Sie Beratungswissen zum Thema Blasenentzündungen und zur Behandlung mit C… sammeln. Nun können Sie Ihr Wissen überprüfen“ vorsieht, werden die Teilnehmer die Fragen nicht selbstständig beantworten, sondern die Antworten aus der Broschüre ablesen. Welche wertvolle Marktinformation jedoch die bloße Erkenntnis, dass ihre Broschüre von den Teilnehmern gelesen wurde, für die Beklagte haben soll, ist nicht ersichtlich.
Die Zulässigkeit des Verhaltens der Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass derartige Preisausschreiben in den einschlägigen Kodizes anerkannt sind und dort nur als unlauter angesehen werden, wenn der Gewinn allein vom Zufall abhängt. Für die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als unlauter zu beurteilen ist, haben Regeln, die sich ein Verband oder ein sonstiger Zusammenschluss von Verkehrsbeteiligten gegeben hat, nur eine begrenzte Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 09.09.2010, I ZR 157/08 Teilziffer 12 im Gegensatz zu den von der Beklagten zitierten Urteilen des Oberlandesgerichts München vom 07.08.2008, 29 U 2026/08 und vom 26.11.2009, 6 U 2279/08). Gleiches gilt auch für die umgekehrte Frage, ob ein Verhalten wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Denn derartigen Regeln kann allenfalls entnommen werden, ob innerhalb der Verkehrskreise eine bestimmte Übung herrscht. Aus dem Bestehen einer derartigen Übung folgt jedoch noch nicht, dass das übrige Verhalten als lauter oder unlauter anzusehen ist. Die Beurteilung dieser Frage hat vielmehr anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen. Danach ist jedoch das Verhalten der Beklagten wettbewerbswidrig.
5.
Die Anwendbarkeit von § 7 HWG scheitert auch nicht am Fehlen einer Gesundheitsgefährdung durch die beanstandete Werbemaßnahme.
Es ist bereits fraglich, ob es erforderlich ist, dass die angegriffene Maßnahme zur Bewirkung einer zumindest mittelbaren Gesundheitsgefährdung geeignet ist. Zwar hat dies der BGH für die Heranziehung von § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG im Hinblick auf die durch Artikel 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit bejaht (BGH GRUR 2007, 809, 810 Teilziffer 19 – Krankenhauswerbung), aber in der späteren Entscheidung vom 26.03.2009, I ZR 99/07 – DeguSmiles&more Teilziffer 20, hat der BGH das Vorliegen der konkreten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung für die Anwendbarkeit von § 7 HWG auch im Hinblick auf die genannte Berufsausübungsfreiheit für ausreichend erachtet.
Letztlich kann die aufgeworfene Frage aber offen bleiben. Denn es besteht die Gefahr, dass durch das Preisausschreiben beeinflusste PTA das beworbene Mittel einem Kranken empfehlen, obwohl im Zweifelsfall die Konsultation eines Arztes zur Vermeidung gesundheitlicher Nachteile angezeigt gewesen wäre. Ein Kunde wird nämlich der fachkundigen und vermeintlich nicht unsachlich beeinflussten Beratung durch PTA in vielen Fällen folgen. Damit kann die dargestellte Beeinflussung von PTA durchaus zu einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung führen (so auch OLG Köln vom 10.12.2010, I-6 U 85/10, 6 U 85/10 Teilziffer 12). Allein der Umstand, dass die Beklagte auf Seite 7 ihres Prospektes den angesprochenen PTA empfiehlt, den Patienten beim Vorliegen bestimmter Anzeichen zum Arzt zu schicken, vermag die soeben aufgezeigte Gefährdung nicht zu beseitigen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass diese Empfehlung nicht zur Kenntnis genommen wird oder in Vergessenheit gerät.
6.
Vorliegend ist der nach § 7 Abs. 1 S. 2 HWG für die Zulässigkeit von Werbegaben an Angehörige der Heilberufe erforderliche Bezug zur beruflichen Tätigkeit nicht gegeben.
PTA gehören zu der von dieser Bestimmung angesprochenen Personengruppe, diese umfasst nämlich nicht nur Ärzte, Zahnärzte, Apotheker usw., sondern auch die Angehörigen der assistierenden Berufe, mithin auch PTA (vgl. auch Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, 3. Auflage, § 7 Randnummer 32).
Es wird vorliegend auch eine Zuwendung im Sinne von § 7 HWG ausgelobt. Es kann dabei dahinstehen, ob man nur die Gewinnaussicht oder auch die Taschen und Gutscheine, die den Gewinnern ausgehändigt werden, als Werbegabe ansehen will. Denn auch eine bloße Gewinnchance unterfällt dem Anwendungsbereich des § 7 HWG. Den Zweck der Vorschrift des § 7 HWG entsprechend ist nämlich eine weite Auslegung des Begriffs der Werbegabe geboten (vgl. auch BGH GRUR 1990, 1041, 1042 – Fortbildungskassetten). Dem steht auch nicht die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 24.08.1989, 6 U 62/89 entgegen, da diese einen möglichen Verstoß gegen die Zugabeverordnung betrifft, der Anwendungsbereich von § 7 HWG aber über Zugaben im Rechtssinne hinausgeht (vgl. auch Gröning, Heilmittelwerberecht, § 7 HWG, Randnummer 7).
Den ausgelobten Werbegaben fehlt auch der nach § 7 Abs. 1 S. 2 HWG erforderliche Bezug zur beruflichen Tätigkeit der PTA. Soweit die Beklagte hier damit argumentiert, dass die ausgelobten Taschen zur Sammlung von Arzneimitteln o. Ä. geeignet seien, stellt dies lediglich eine unspezifizierten Vorteil dar, der für die Zulässigkeit von Werbegaben gegenüber den Angehörigen von Heilberufen nicht ausreicht. Die Werbegabe muss vielmehr typischer Weise geeignet sein, die berufliche Tätigkeit des Adressaten zu fördern (vgl. auch Bülow/Ring a.a.O., § 7 HWG Randnummer 35). Dies ist bereits bei den ausgelobten Taschen nicht der Fall, die von ihrer Bestimmung her für das „shoppen“ vorgesehen sind. Dass dies auch für die ausgelobten Gutscheine gilt, erschließt sich von selbst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (Magazindienst 2007, 1.044 ff), da in jener Entscheidung ein Verstoß gegen § 7 HWG nicht wegen der Zweckbestimmung der Werbegabe, sondern wegen der fehlenden Unentgeltlichkeit der Zuwendung verneint wurde und es somit von vorn herein an einer vergleichbaren Sachlage fehlt.
7.
Die vom Landgericht bejahte Frage, ob es sich bei den ausgelobten Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten handelt, bedarf keiner Beantwortung. Denn die in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG enthaltene diesbezügliche Einschränkung der Unzulässigkeit des Anbietens oder Gewährens von Zuwendungen findet bei Werbegaben an Angehörige der Heilberufe keine Anwendung. Ihnen gegenüber gilt ein strengerer Maßstab, sodass jegliche Zuwendung verboten ist, die nicht den oben unter 6. erörterten Praxisbezug aufweist.
8.
Die Bestimmung des § 7 HWG stellt eine Marktverhaltensregel dar, die den Schutz der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung bezweckt. Ein Verstoß gegen sie ist daher geeignet die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGH vom 26.03.2009, I ZR 99/07 – DeguSmiles&more Teilziffer 22) und ist damit ein unlauteres Marktverhalten im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.
III.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 166,60 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 18.01.2011 zu erstatten.
Der Anspruch steht dem Kläger dem Grunde nach gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu; mit dieser Bestimmung wurde für die hier geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Abmahnkosten eine spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage geschaffen.
Der Kläger kann die Kosten auch in der geltend gemachten Höhe verlangen. Es handelt sich bei ihm um einen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dem es zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen. Er hat deshalb Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale (vgl. auch Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 12 UWG, Randnummer 1, 98). Diese Kosten hat er vorliegend substantiiert dargelegt. Zwar hat die Beklagte den Anfall dieser Kosten bestritten, aber eine Beweiserhebung über den tatsächlichen Anfall der Kosten war nach § 291 ZPO nicht erforderlich. Dem Senat ist nämlich der Anfall entsprechender anteiliger Kosten pro Abmahnung seitens des Klägers aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt.
Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich insoweit aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
IV.
Die Kosten der Entscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
V.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
VI.
Eine Zulassung zur Revision war nicht veranlasst, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgericht erfordert.