Wortmarke „Turm-Haus“ ist nicht eintragungsfähig

14. November 2013
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Eigener Leitsatz:

Die Wortmarke "Turm-Haus" kann nicht als Marke im Bereich des Bauwesens eingetragen werden, da der Bezeichnung "Turm-Haus" sowohl beschreibender Charakter zukommt, als auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Außerdem besteht ein Freihaltebedürfnis des Begriffs zugunsten der Mitbewerber, da "Turm-Haus" als Fachbegriff auf einen bestimmten Haustyp hinweist.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 29.10.2013

Az.: 33 W (pat) 1/12

 

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 052 005.1

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 29. Oktober 2013 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Am 28. November 2008 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke

Turm-Haus

für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35:

Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung
von Bauvorhaben, Erstellen von wirtschaftlichen Gutachten
im Bereich des Bauwesens, insbesondere Boden- und
Statikgutachten; Ausstellung von Musterhäusern, Baustoffen und
Zubehör für Fertighäuser, Massivhäuser, Bausatzhäuser und Ausbauhäuser
bzw. Häuser im (Teil-) Eigenbau für Dritte zu Präsentations-
und Werbezwecken;

Klasse 36:

Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung
von Bauvorhaben; Immobilienwesen; Finanzierungsberatung,
Erstellen von finanziellen Gutachten im Bereich des Bauwesens,
insbesondere Boden- und Statikgutachten;

Klasse 37:

Bauwesen; Dienstleistung eines Bauträgers, insbesondere
Durchführung von Bauvorhaben, Bauüberwachung und -beaufsichtigung,
auch bei teilweisem Eigenbau; Bau-, Installations- und
Montagearbeiten zur Aufstellung von Musterhäusern;

Klasse 41:

Seminare im Bereich des Bauwesens;

Klasse 42:

Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung
von Bauvorhaben, Bau- und Grundstücksberatung, auch im
Bereich Klima- und Wärmeschutz, Statik und Alternativenergien;
Bauplanung; Erstellen von Computerprogrammen und Datenbanken
im Bereich des Bauwesens, insbesondere Planungsprogramme;
Erstellen von technischen Gutachten im Bereich des
Bauwesens, insbesondere Boden- und Statikgutachten.

Mit Beschlüssen vom 8. Oktober 2009 und vom 9. September 2011, letzterer im
Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 37 die Anmeldung nach
§ 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.
Nach Auffassung der Markenstelle werde die angemeldete Marke „Turm-Haus“
vom Verkehr im Sinne einer Sach- und Artangabe eines bestimmten Hauses mit
einem charakteristischen Turm bzw. eines in Form eines Turms ausgeführten
Hauses aufgefasst. Dieser Aussagegehalt ergebe für die von der Markenanmeldung erfassten Dienstleistungen einen beschreibenden Sinn, denn die Kunden stellten einen Leistungsbezug zu einer ganz bestimmen Art von Gebäuden her.

Daher ermangele es der Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Da „Turm-Haus“ als Fachbezeichnung auf einen bestimmten Haustyp hinweise bzw. einen Bezug der Dienstleistungen zu einem solchen Haustyp beschreibe, bestehe außerdem ein Freihaltebedürfnis zugunsten der Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der
sie sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 8. Oktober 2009 und vom
9. September 2011 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass der angemeldeten Marke „Turm-Haus“ kein
beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher erkenne in „Turm-Haus“ ein Kunstwort, da dieses weder lexikalisch noch umgangssprachlich gebräuchlich sei. Zudem sei in den angefochtenen Beschlüssen ein beschreibender Bezug nicht für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen festgestellt worden, sondern dieser sei nur pauschal behauptet worden. Vielmehr könne der angemeldeten Marke für Dienstleistungen wie z. B. „Dienstleistung eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben, Immobilienwesen, Finanzierungsberatung“ usw. allenfalls unter Zuhilfenahme mehrerer Gedankenschritte eine Bedeutung zukommen. Dies sei für die Feststellung eines glatt beschreibenden und freihaltungsbedürftigen Charakters jedoch nicht ausreichend.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten
Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die angemeldete Marke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung
ausgeschlossen.

a) Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die
ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art,
der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der
Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Marke verfolgt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (s. u. a. EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 30 – 32 – Doublemint) das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdn. 25, 26 – Chiemsee zur entsprechenden Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2008/95/EG).

Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) – Henkel).

Im Hinblick auf die hier begehrten Dienstleistungen zählen zum angesprochenen Verkehr sowohl Fachkreise auf dem Gebiet des Bau- und Immobilienwesens sowie auf dem Gebiet der Immobilienfinanzierung als auch Endverbraucher. Auszugehen ist dabei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) – Chiemsee).

b) Ausgehend von diesen Vorgaben ist das begehrte Zeichen für die
angemeldeten Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs
beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Die angemeldete Marke „Turm-Haus“ stellt eine Wortzusammenziehung der beiden Wörter „Turm“ und „Haus“ mittels Bindestrich dar. Sie entspricht damit dem Wort „Turmhaus“, wobei die Abweichung in der Schreibweise für die Sinnermittlung der Wortkombination unerheblich ist, zumal sowohl bei der Einwort-Schreibweise als auch bei der Verbindung von zwei Wörtern mit Bindestrich gleichermaßen eine sprachliche Zusammenziehung der Einzelwörter „Turm“ und „Haus“ zu einem Gesamtbegriff ausgedrückt wird.

Bei dem Wort „Turmhaus“ handelt es sich um einen Begriff der deutschen Sprache, der lexikalisch mit „1. Wohnturm; 2. Turmartiges Hochhaus“ erläutert wird (vgl. www.duden.de; http://universal_lexikon.deacademic.com). Bei einer Internetrecherche des Senats konnte der Begriff im o. g. Sinne nicht nur lexikalisch, sondern auch im allgemeinen Sprachgebrauch umfangreich belegt werden. So wird er z. B. in Abhandlungen über (auch historische) Architektur zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Gebäuden verwendet (z. B. www.turmhaus.ch: „Das 1930 erbaute Turmhaus ist das erste Betonhochhaus von Basel…“).

Darüber hinaus wird der Begriff „Turmhaus“ auch von Bauträgern verwendet, um bei der Präsentation ihres Angebots auf turmartige Häuser bzw. Häuser mit einem turmartigen Gebäudeteil hinzuweisen (vgl. z. B. www.roth-massivhaus.de: „Turmhaus 152, Turmhaus 199“; www.baubiber.com: „… Unser Turmhaus Programm … Turmhaus 137; Turmhaus 151“). Teilweise wird dabei sogar eine variierte Schreibweise mit Binnengroßschreibung gewählt, die der angemeldeten Schreibweise „Turm-Haus“ nahe kommt (vgl. www.nordwest-massivhaus.de: „NWM TurmHaus 135; NWM TurmHaus 142; NWM TurmHaus 161).

Die angemeldete Wortkombination „Turm-Haus“ wird daher vom Verkehr als rein
beschreibende Bezeichnung für eine bestimmte Art von Gebäuden verstanden,
die turmartig sind bzw. über ein turmartiges Aussehen verfügen. Damit werden die beanspruchten Dienstleistungen, wie Bauträgerdienstleistungen und begleitende Präsentations-, gutachterliche, Beratungs-, Finanzierungs-, Seminar- sowie Programmierdienstleistungen als solche beschrieben, die sich speziell auf die Planung, Errichtung und den Vertrieb von solchen turmartigen Gebäuden beziehen.

Dass der Verkehr, wie die Anmelderin ohne nähere Begründung einwendet, für ein solches beschreibendes Verständnis mehrere Gedankenschritte benötigt, ist angesichts der belegbaren Geläufigkeit des Worts „Turmhaus“ und der immobilienbezogenen Dienstleistungen nicht anzunehmen.

Eine derartige beschreibende Bezeichnung muss jedoch für die Mitbewerber der
Anmelderin freigehalten werden, damit diese unbeeinträchtigt von Monopolrechten Dritter ihre Produkte beschreibend bezeichnen können. Ein solches Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber hat das Rechercheergebnis mit dem Beleg zahlreicher Verwendungen des Worts „Turmhaus“ (in teilweise variierter Schreibweise) durch verschiedenen Bauträger auch anschaulich belegt. Die angemeldete Marke ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

2. Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung weist im Übrigen auch nicht
die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Einer Wortmarke, die im Sinne von Art. 3 Abs. 1 c) MarkenRL (dem § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entspricht) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) – Biomild). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es nämlich keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) – VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19)
– FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).

Nach alledem hat die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen, so
dass die Beschwerde erfolglos bleiben musste.

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