Unbegrenzter Zugewinn an Punkten als Gewinn unzulässig

15. November 2010
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Eigener Leitsatz:

Das Betreiben eines Spielgeräts ohne Einsatzrückgewähr, welches dem Spieler lediglich ermöglicht seine erzielten Gewinne bis zur Erschöpfung des Punktekontos einzusetzen, ist unzulässig. Der Gewinn stellt sich so als eine an sich unbegrenzte und damit  verbotene Berechtigung zum Weiterspielen dar.
Erfolgt weiter bei einem mit einer Auswurfmöglichkeit für Geld oder Token versehenem Gerät eine spielerbezogene Speicherung von Punktegewinnen auf einem Hinterlegungsspeicher, so ist das Gerät nicht als reines Unterhaltungsspielgerät zu klassifizieren.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg

Beschluss vom 21.10.2010

Az.: OVG 1 N 51.10

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Februar 2010 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 15.000 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der Kläger wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihm nach Inkrafttreten der Spielverordnung – SpielV – vom 27. Januar 2006 (BGBl. I S. 280) unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgegeben wurde, bestimmte nach §§ 6a, 9 Abs. 2 SpielV unzulässige Spielgeräte und Jackpot-Systeme aus seiner Spielhalle zu beseitigen. Die Beteiligten streiten nach Entfernung der übrigen Geräte bzw. Systeme nur noch über die Zulässigkeit eines Spielgerätes „Magic Games II“ und zweier Apparate „Merkur Trendy“, die anlässlich einer behördlichen Nachkontrolle am 10. August 2006 noch vorhanden und in Betrieb waren, nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Zeitpunkt seiner Entscheidung aber ebenfalls entfernt und nicht mehr vorhanden waren. Nach den behördlichen Feststellungen wurde mit dem Gerät „Magic Games II“ etwa Poker gespielt, wobei für einen Euro 100 Punkte als Einsatz erworben werden konnten, mit denen sodann weitere Punkte gewonnen werden konnten, die wiederum sogleich eingesetzt werden konnten. Bei den Spielgeräten „Merkur Trendy“ würden die Punktgewinne unter einem persönlichen Nutzernamen gespeichert; bei den Auswurfschlitzen für Spielmarken (Token) sei eine dauerhafte Versiegelung nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung im Kern ausgeführt, dass beide Spielgerätetypen auch nach Aufspielung neuer – gerichtsbekannter – Software als unzulässige „Fun Games“ anzusehen seien, weil sie Punktgewinne ermöglichten, die auf einem Hinterlegungsspeicher bzw. sog. Highscore-Listen aufgebucht würden, was eine Gewinnauszahlung in Geld im Sinne von § 6 a Satz 1 Buchstabe b SpielV ermögliche, jedenfalls der Sache nach eine Gewinnberechtigung im Sinne von § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielV vermittele.

Mit dem Zulassungsantrag beanstandet der Kläger die Anwendung des § 6a SpielV, mit der letztlich jede Gewinnmöglichkeit als verboten betrachtet wird und nur noch reine Unterhaltungsspiele wie Flipper-Automaten erlaubt seien. Entscheidend sei aber, dass der Spieler den ursprünglichen Geldeinsatz nicht zurückerhalte, dieser sei in jedem Fall verloren. Das bloße Ablegen eines Punktestandes in einem Speicher sei kein Gewinn für den Spieler, sondern ein bloßer Vorgang im Gerät. Es überschreite den Wortlaut des § 6a SpielV, daraus die Unzulässigkeit von Aufstellung und Betrieb herzuleiten. Weder die Behörde noch das Gericht habe im Übrigen den mit den Geräten möglichen Spielablauf geklärt, sondern beide hätten angenommen, dass die Softwareausstattung der bei dem Kläger aufgestellten Geräte mit derjenigen identisch sei, die andere Behörden und Gerichte bereits beanstandet hätten. Der Kläger habe hingegen aufgrund der Angaben der Gerätehersteller darauf vertrauen dürfen, dass die aufgespielte Software die Konformität der Geräte mit der neuen Spielverordnung gewährleiste. Dies zu widerlegen sei Sache der Behörde. Wegen der offenen tatsächlichen Frage, wie die Spielabläufe in den konkreten Geräten ausgesehen hätten, sei das Urteil nicht nur in der Richtigkeit seines Ergebnisses ernstlich zweifelhaft, sondern auch mit besonderen Schwierigkeiten behaftet.

Diese Begründung füllt die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und des Vorliegens besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 VwGO nicht aus. Es fehlt insoweit an einer schlüssigen rechtlichen und tatsächlichen Gegenargumentation und das Vorbringen führt auch nicht auf offene tatsächliche Fragen, die in einem Berufungsverfahren zu klären wären.

Soweit der Kläger sich auf Bescheinigungen der Gerätehersteller zur Konformität der beiden von ihm verwendeten Geräte mit der neuen Spielverordnung beruft und insoweit beanstandet, dass das Verwaltungsgericht sich mit seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung zufrieden gegeben habe, dass die Geräte mit der werksseitigen Anpassungssoftware für den Weiterbetrieb ausgestattet worden seien, hat das Verwaltungsgericht bereits richtig darauf hingewiesen, dass die Angaben der Hersteller nur deren Auffassung zur Vereinbarkeit des weiteren Betriebs entsprechend modifizierter Geräte mit den geänderten rechtlichen Anforderungen wiedergeben, die an der objektiven Rechtslage zu messen sei. Darüber hinaus muss sich die Schlüssigkeit der Argumentation des Klägers an den von ihm nicht weiter angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts und dessen rechtlichem Ansatz messen lassen. Denn für die Frage, ob dem Urteil ausreichende tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, ist grundsätzlich von dem rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts auszugehen. Hiernach ist zu beurteilen, ob die Feststellungen ausreichten oder sich für das Gericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Der Kläger hat insoweit nicht in Abrede gestellt, dass die fraglichen Spielgeräte nicht mehr vorhanden sind und er hat auch die bei der Nachkontrolle seitens der Behörde getroffenen Feststellungen zur Funktion der Spielgeräte nicht substantiiert bestritten.

Danach ist zunächst unstreitig, dass bei beiden Gerätetypen Punkte gewonnen werden, die die Geräte intern in einem Speicher festhalten und dass beide Gerätetypen weiterhin mit nicht dauerhaft versiegelten Gewinnausgabevorrichtungen versehen waren.

Hinsichtlich des Gerätes „Magic Games II“ ist nach dem Urteil ferner davon auszugehen, dass es im Zeitpunkt der Nachkontrolle Spielvarianten zuließ, bei denen hinzugewonnene Punkte erneut eingesetzt und damit das Spiel mit dem vermehrten Punktekapital, also über den ursprünglichen Einsatz hinaus, ausgedehnt werden kann, und zwar längstens, bis das Punktekonto erschöpft ist. Ein Spielgerät, dass solche Spielmöglichkeit eröffnet, verstößt bereits gegen § 6 a Satz 1 Buchstabe a und Satz 2 SpielV, weil damit als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen angeboten und getätigte Einsätze, wenn auch vermittelt durch ein Punktekonto, zurückgewährt werden; Aufstellung und Betrieb sind daher verboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. März 2007 – 6 B 13.07 – GewArch 2007, 425; HessVGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 8 TG 1753/06 – GewArch 2007, 290; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Februar 2007 – 4 B 1552/06 – NVwZ-RR 2007, 390; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 6 S 773/07 – NVwZ-RR 2008, 461; SächsOVG, Beschluss vom 8. November 2007 – 3 BS 291/06 – ZfWG 2008, 46; NdsOVG, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 7 ME 179/06 – GewArch 2008, 214).

Hinsichtlich der Geräte „Merkur Trendy“ liegt dem Urteil ebenfalls zugrunde, dass sie eine spielerbezogene Speicherung von Gewinnen in Form von Punkten vornehmen; außerdem waren die Geräte weiterhin mit einer Auswurfmöglichkeit für Geld oder Weiterspielmarken ausgestattet. Das Verwaltungsgericht vertritt insoweit die Ansicht, dass die geräteinterne personenbezogene Speicherung der gewonnenen Punkte die Möglichkeit für eine an das Spielergebnis anknüpfende Geld- oder Gewinnauszahlung schaffe, was dem Gerät den Charakter eines reinen Unterhaltungsspielgerätes nehme. Es trennt insoweit zwischen der nach § 6 a Satz 2 SpielV allgemein verbotenen – und vom Kläger auch in Abrede gestellten – (körperlichen) Rückgewähr von Einsätzen und der Beschreibung der Spielgeräte in Satz 1 der Vorschrift und lässt deren aufgrund konkret vorhandener innerer und äußerer Funktionsmerkmale gegebene Eignung als Gewinnspielgeräte genügen. Diese Subsumtion weist für sich genommen in tatsächlicher Hinsicht kein Defizit auf, so dass es aus der Sicht des Verwaltungsgerichts weiterer Feststellungen für die Sachentscheidung nicht bedurft hat.

Überdies hat das Verwaltungsgericht, das im vorbereitenden Verfahren eine Reihe von Fragen zur Funktionsweise der in Rede stehenden Spielgeräte an den Kläger gerichtet hatte, die dieser unter Hinweis auf die Herstellererklärungen und mangelnde eigene Sachkenntnis nicht beantwortet hat, unwidersprochen festgestellt, dass die Geräte abgebaut und nicht mehr vorhanden seien, so dass eine weitere Aufklärung auch nicht mehr möglich sei. Auch das Zulassungsvorbringen erläutert nicht, dass die Geräte noch vorhanden und die von der aufgespielten Software eröffneten Spielabläufe und „Gewinnmöglichkeiten“ noch klärbar wären; insofern ermöglicht das angestrebte Berufungsverfahren in tatsächlicher Hinsicht keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Letztlich ergäbe sich eine Situation, die die Frage aufwerfen würde, ob der Kläger seinerseits die notwendigen Feststellungen zu in seiner Sphäre wurzelnden Umständen hinreichend ermöglicht hat. Darauf kommt es jedoch für die Entscheidung im Zulassungsverfahren nicht an. Denn eines zusätzlichen Erkenntnisgewinns über die Funktionsweise der konkreten Geräte bedürfte es nur, wenn der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts durch das Zulassungsvorbringen schlüssig in Frage gestellt würde. Das ist jedoch nicht der Fall.

Anders als der Kläger meint, hat das Verwaltungsgericht nicht darauf abgestellt, dass mit der Abspeicherung der erlangten bzw. umgewandelten Punkte auf Hinterlegungsspeichern Gewinne im Sinne von § 6a SpielV (tatsächlich) erlangt werden können, sondern darauf, ob nach Bauart und konkreter Funktionsweise des Spielgeräts Punktgewinne für den jeweiligen Spieler gespeichert werden, die entweder eine weitere Spielberechtigung im Sinne von § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielV vermitteln oder Grundlage für eine Gewinnausschüttung im Sinne von § 6a Satz 1 Buchstabe b SpielV sein können. Soweit der Kläger daran beanstandet, dass es sich bei dem Addieren von Punkten insoweit um einen geräteinternen Vorgang handelt, der noch keinen Gewinn im Sinne des Gesetzes darstellen könne, und eine Überschreitung des Gesetzeswortlauts rügt, übersieht dies, dass die Spielverordnung in § 6a Satz 1 Buchstabe b nicht darauf abstellt, wo sich das Speichermedium befindet, auf das die Punktgewinne mit Relevanz für spätere Auszahlungen „aufgebucht“ werden. Vom Wortlaut der Bestimmung sind daher auch Hinterlegungsspeicher im Gerät erfasst, die das Spielergebnis in einer Weise festhalten, die abrufbar bleibt und ohne Weiteres eine Umrechnung in Geld und dessen Auszahlung ermöglicht. Das Abstellen auf einen klassischen Mechanismus, bei dem ein Spielautomat mit Gewinnmöglichkeit Geld oder einen irgendwie verkörperten geldwerten Vorteil auswirft, ein Gewinn aber nicht vorliegt, solange Resultate lediglich im Gerät verbucht werden, wird weder den heutigen Spielgeräten gerecht, die letztlich Computerrechner sind und bei entsprechender Ausstattung sogar eine drahtlose Fernübertragung der „scores“ ermöglichen würden, noch entspricht es der Systematik und dem Sinn und Zweck des § 6a SpielV. Denn zum einen muss die Auslegung konsequent bleiben, wenn sie im Rahmen des § 6a Satz 1 Buchstabe a SpielVO – möglicherweise sogar bei ein- und demselben Gerät (etwa Magic Games II in der Highscore-Variante, die Gegenstand der o.g. Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2007 war, der offenbar recht genaue Feststellungen über den Spielablauf zugrundeliegen) – geräteintern festgehaltene Punktgewinne, die ein Weiterspielen ermöglichen, genügen lässt. Zum anderen zielt die Bestimmung gerade darauf, dass sog. Fun Games, die zuletzt die klassischen Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit weitgehend verdrängt hatten, nur noch als reine Unterhaltungsspiele betrieben werden sollen, weil ihre Spielanlage und –abläufe als besonders gefährdend im Hinblick auf die Entstehung von Spielsucht angesehen werden (vgl. BR-Drs. 655/05, S. 17 ff.). Deshalb sollte Fehlentwicklungen, wie sie zweifellos vor dem Hintergrund des dargestellten Standes der Technik zu befürchten sind, durch die Erweiterungen im Tatbestand des § 6a SpielV entgegengewirkt werden.

Hiernach weisen die Ausführungen des Zulassungsvorbringens letztlich einen abweichenden Bewertungsansatz auf, sind aber nicht in der Lage, schlüssig einen Fehler der Auslegung des § 6 a SpielV (grundlegend insoweit HessVGH, Beschluss vom 16. Januar 2007, a.a.O., und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Oktober 2007, a.a.O.), der das Verwaltungsgericht folgt und deren Bewertungsansatz auch dem beschließenden Senat eher einleuchtet, zu kennzeichnen und damit das Entscheidungsergebnis in Frage zu stellen.

Andere Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 VwGO hat der Kläger – ausgehend von seinem übrigen Zulassungsvorbringen offenbar bewusst – nicht nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemacht. Sie liegen ungeachtet dessen auch nicht der Sache nach vor. Insbesondere ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht, dass eine Abweichung von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 3. April 2007 – 4 B 2757/06 – GewArch 2007, 386) gegeben wäre, die der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verleihen könnte. So bleibt unklar, ob jene Entscheidung das gleiche Spielgerät mit derselben Software wie im Fall des Klägers betrifft, denn ihre Ausführungen beziehen sich auf das Gerät Magic Game (Ultra Hot), während sich die angefochtene Ordnungsverfügung auf die Geräte Merkur Trendy und Magic Games II bezog. Das Zulassungsvorbringen lässt auch nicht hinreichend erkennen, worin trotz der einer internen Punktespeicherung im Rahmen des § 6a SpielV Bedeutung für die Zulässigkeit von Aufstellung und Betrieb des Spielgeräts beimessenden, von der angesprochenen Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen noch nicht berücksichtigten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 30. März 2007 – 6 B 13.07 -) noch grundsätzlicher Klärungsbedarf bestehen soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs.1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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