Eintragbarkeit beschreibender Markennamen

13. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Markennamen fehlt die nach § 8 Abs. 2, Nr. 1 MarkenG notwendige Unterscheidungskraft insbesondere, wenn diese lediglich einen beschreibenden Charakter haben und daher für einen aufmerksamen Abnehmer nicht ersichtlich ist, dass die Ware von einem bestimmten Unternehmen stammt.
Dies gilt auch für bislang nicht beschreibend verwendete Worte und Neukreationen, sofern deren Wortbausteien selbst schutzunfähig sind.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 21.07.2009

Az.: 27 W (pat) 155/09

In der Beschwerdesache (…)

betreffend die angemeldete Marke 30 2008 008 981.4

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
21. Juli 2009 durch die Richter …

b e s c h l o s s e n:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschlüssen vom 14. Mai 2008 und 16. Februar 2009, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die für Waren und Dienstleistungen

Klasse 9:
Computer und Datenverarbeitungsgeräte; Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets und auf mobilen Endgeräten; mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art sowie Ton und Bildaufzeichnungsträger (ausgenommen unbelichtete Filme), insbesondere Disketten, CD-ROMs, DVDs, Chip-Karten, Megnet-Karten, Video-Kassetten, Compact-Disks und Video-Disks; auf Datenträgern aufgezeichnete Daten- und Informationssammlungen (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar); Software (herunterladbar).

Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Poster, Aufkleber, Kalender (Papeteriewaren); Schilder und Architekturmodelle aus Papier und Pappe; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial, aus Papier, Pappe, Karton und aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke.

Klasse 35:
Werbung, insbesondere Fernsehwerbung, Onlinewerbung in einem Computernetzwerk, Rundfunkwerbung, Versandtwerbung, Plakatanschlagwerbung, Print- und Internetwerbung; Werbung über Mobilfunknetze; Werbung durch Handy-TV; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Marketing, auch für Dritte in digitalen Netzen (Webvertising); Marktforschung und -analyse; Werbung im Internet für Dritte; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen, Marketing; Telemarketing; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Verteilen von Waren zu Werbezwecken; Verkaufsförderung (Sales Promotion), Öffentlichkeitsarbeit; Dienstleistungen einer PR-Agentur (Öffentlichkeitsarbeit); Durchführung von Werbeveranstaltungen; Dienstleistungen einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Organisatiion von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken, Geschäftsführung für andere; Beratung in Bezug auf Werbung und Marketing, insbesondere Entwicklung von Geschäftskonzepten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere Entwicklung von Geschäftskonzepten; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Unternehmensberatung; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Dienstleistungen einer Merchandising-Agentur, soweit in Klasse 35 enthalten; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen auch im Internet; Vermietung von Werbeflächen (Bannerexchange); Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen für Dritte, soweit in Klasse 35 enthalten; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Einzelhandelsdienstleistungen für den Versandhandel und Dienstleistungen des Einzel-/Großhandels über das Internet sowie übesr das mobile Internet mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Fotografien, Fotobänden, Magazinen, Schreibwaren, Büroartikeln, Kleidung jeglicher Art, Schuhen, Lederwaren, Lederimitaten, Schals, Tassen, Wanderutensilien, Sportartikeln jedglicher Art, Wein, Schmuck, Gürteln, Taschen, Regenschirmen, Brillen, Sonnenbrillen, Haushaltswaren, Küchenutensilien, Bettwäsche, Handtüchern, Kosmetikartikeln, Reinigungsmitteln, Porzellan, Lampen, Computern, Druckern, Lautsprechern, Scannern, Möbeln, Spiegeln, Rahmen, Telefonen, Handys, Handhelds, PDA’s, Fernsehern, Radios, Weckern, Stereoanlagen, Küchengeräten, Software (herunterladbar oder auf Datenträgern), CDs, DVDs, Datenträgern aller Art, Medizin, Kosmetik und Lebensmitteln; Präsentation von Waren für Dritte (für den Einzel-, Versand und Großhandel), nämlich Präsentation von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Fotografien, Fotobänden, Magazinen, Schreibwaren, Büroartikeln, Kleidung jeglicher Art, Schuhen, Lederwaren, Lederimitaten, Schals, Tassen, Wanderutensilien, Sportartikeln jeglicher Art, Wein, Schmuck, Gürteln, Taschen, Regenschirmen, Brillen, Sonnenbrillen, Haushaltswaren, Küchenutensilien, Bettwäsche, Handtüchern, Kosmetikartikeln, Reinigungsmitteln, Porzellan, Lampen, Computern, Druckern, Lautsprechern, Scannern, Möbeln, Spiegeln, Rahmen, Telefonen, Handys, Handhelds, PDA’s, Fernsehern, Radios, Weckern, Stereoanlagen, Küchengeräten, Software (herunterladbar oder auf Datenträgern), CDs, DVDs, Datenträger aller Art, Medizin, Kosmetik und Lebensmitteln; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken.

Klasse 38:
Telekommunikation, insbesondere Mobiltelefondienste, Telefondienste, Telefaxdienste, Funkdienste, Pagingdienste, Telexdienste, Telegrammdienste, eMail-Datendienste; Telekommunikationsdienste über ein Telekommunikationsnetz, insbesondere ein Mobilfunknetz oder ein satellitengestütztes Telekommunikationsnetz; Mobiltelefondienste; mobile Kommunikationsdienste, soweit in Klasse 38 enthalten; Mobilfunkdienste; Fernseh- und Rundfunkübertragung; Ausstrahlung von Handy-Fernsehsendungen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet sowie im mobilen Internet, insbesondere zu herunterladbaren Dateien, nämlich zu Ton-, Bild-, Musik- und Videoaufzeichnungen, elektronischen Spielen, alle vorgenannten Dateien insbesondere zum Herunterladen für Mobiltelefone; Telekommunikationsdienste über das Internet, Intranet, Extranet; Bereitstellung von Zugangsmöglichkeiten zu Datenbanken und zum Internet mittels Telekommunikation; Dienstleistungen eines Online-Anbieters,
nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf Daten in Computernetzwerken, nämlich auf Informationen, Texte, Zeichnungen und Bildern über Waren und Dienstleistungen; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten im Internet sowie im mobilen Internet, nämlich auf Informationen und Nachrichten in Ton und Bild; Bereitstellung des Zugriffs auf Software in Datennetzen für Internetzugänge; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Bereitstellung von Plattformen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Bereitstellung von Chatlines, Chatrooms und Foren im Internat, auch im mobilen Internet; E-Mail-Dienste; Übertragung und Verbreitung von Informatiionen und Daten über Comuternetze und das Internet; Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Spielen im Internet, soweit in Klasse 38 enthalten.

Klasse 41:
Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, sowie von gedrucktem Lehr- und Informationsmaterial, jeweils einschließlich in Form von gespeicherten Ton- und Bildinformationen, auch in elektronischer Form und auch im Internet; Online-Publikation, insbesondere von elektronischen Büchern und Zeitschriften (nicht herunterladbar); Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, nämlich Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträgern; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Produktion von Fernseh-, Handy-TV- und Rundfunksendungen; Zusammenstellen von Fernseh-, Handy-TV- und Rundfunkprogrammen; Unterhaltung, insbesondere Rundfunkund Fernsehunterhaltung; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen und sportlichen Live-Events, Schulungsveranstaltungen, kulturelle und Unterhaltungsveranstaltungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Gütezeichen; Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Konzerten und Symposien; Veranstalatungen von Ausstellungen für kulturelle Zwecke; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Unterhaltung durch IP-TV; Unterhaltung durch Handy-TV; Durchführung von Spielen im Internet und über Handys; redaktionelle Betreuung von (mobilen) Internetauftritten; Veranstaltung und Vermittlung von Lotterien und Wettspielen.

Klasse 42:
Computerberatungsdienste; Softwareberatung; Dienstleistungen eines EDV-Programmierers; Dienstleistungen eines Grafikdesigners; Design und Erstellung von Homepages und Internetseiten; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im Internet; Installation von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; Wartung von Computersoftware; Aktualisieren von (mobilen) Internetseiten; Design von Computer-Software; Design von Computersystemen; Installation und Wartung von Software für Internetzugänge; Vermietung von Computerdatenbanken (Software); Bereitstellen von Suchmaschinen für das Internet, einschließlich besonderer Suchfunktionen; Aktualisieren von Computer-Software; Computersoftwareberatung; Erstellung von Computeranimationen; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken.

erfolgte Anmeldung der Wortmarke

SCHULKOMPASS

nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verbraucher würden den angemeldeten Begriff „SCHULKOMPASS“ nur als Hinweis auf einen Leitfaden oder Wegweiser Schulen betreffend verstehen, wie er im Übrigen auch bereits jetzt Verwendung fände. Da die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine solche Funktion erfüllen und einen solchen Inhalt haben könnten, werde die angemeldete Bezeichnung von den angesprochenen Verbrauchern nur als Sachangabe und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden, so dass sie mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht eintragbar sei. Soweit sich die Anmelderin auf angeblich vergleichbare Eintragungen von Marken mit dem Bestandteil „Kompass“ berufe, ergebe sich hieraus kein Eintragungsanspruch, zumal das Bundespatentgereicht bereits 2002 auf den zunehmenden beschreibenden Begriffsinhalt dieses Wortes hingewiesen habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin,

mit der sie beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 vom 14. Mai 2008 und 16. Februar 2009 aufzuheben, hilfsweise

a) den Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts anheimzustellen, dem Beschwerdeverfahren beizutreten,

b) das Verfahren an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen,

c) die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Sie beanstandet im wesentlichen, dass die angefochtenen Beschlüsse tragenden Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zuwiderliefen, auf einer uneinheitlichen Eintragungspraxis beruhten, die Bezeichnung „Schulkompass“ keine gebräuchliche Angabe sei und weder lexikalisch nachweisbar noch allgemein verständlich sei und zudem einen unmittelbareren Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht nachwiesen.

II.
A. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen, nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unterscheidungskraft“ in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend (Art. 101 GG). Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] – BioID).

Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] – SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] – Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] – Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] – POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] – BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] – POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] – BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] – BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] – CELLTECH).

c) Nach diesen Vorgaben ist die hier zu beurteilende Anmeldemarke nicht schutzfähig. Sie besteht nämlich aus den beiden allgemein bekannten deutschen Begriffen „Schule“ und Kompass“. In ihrer Verbindung wird sie daher jeder, der des Deutschen auch nur geringfügig mächtig ist, in dem von der Markenstelle genannten Sinn verstehen. Ob die Verbindung beider Begriffe gebräuchlich ist oder gar lexikalisch belegt ist, spielt dabei nach der oben genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Rolle. Es entspricht bekanntlich menschlichen Grundfähigkeiten, auch neuen Wortverbindungen, die aus gebräuchlichen Wörtern gebildet sind, einen Sinngehalt zuzuordnen, der sich an der Bedeutung der Einzelwörter orientiert (vgl. hierzu bereits BGH WRP 2002, 982, 984 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Es ist daher naheliegend, dass die inländische Bevölkerung die Anmeldemarke nur als Leitfaden im Hinblick auf Schulen versteht. Da dieses Begriffsverständnis offenkundig bei nahezu allen Inländern vorhanden ist, bedarf die von der Anmelderin aufgeworfene Frage, an welche Teile der Bevölkerung sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Einzelnen wenden, keiner Vertiefung, denn das bei der Gesamtbevölkerung vorhandene Wissen ist nach den Grundsätzen der Logik auch bei Bevölkerungsteilen – soweit sich der Abnehmerkreis der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur auf solche beziehen sollte – selbstverständlich vorhanden.

d) Da sämtliche Waren und Dienstleistungen als Leitfaden für oder über Schulen in Betracht kommen oder hiermit in Zusammenhang stehen können, wird der überaus größte Teil der angesprochenen Abnehmer der beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Anmeldemarke nur als schlichten Hinweis auf diese sachliche Eignung der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen verstehen. Der Gedanke, dass stattdessen hiermit auf die Herkunft dieser Waren und Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Unternehmen hingewiesen werden soll, wird ihnen demgegenüber erst gar nicht kommen. Damit ist die Anmeldemarke aber nicht geeignet, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt und sie aus diesem Grund nach § 37 Abs. 1 MarkenG nicht eintragbar ist.

e) Soweit die Anmelderin sich auf die Eintragung von ihrer Ansicht nach vergleichbaren Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS; MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] – Terranus); GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 – Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. – Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. – Papaya). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH a. a. O. – Bild.T-Online.de u. ZVS).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung insbesondere des Europäischen Gerichtshofs, von der die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten und damit auch der Senat wegen der Bindungswirkung des Art. 234 EGV nicht ohne vorherige erneute Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abweichen dürfen, sieht der Senat keinen Anlass, die Voreintragungen zu berücksichtigen, zumal sich die Markenstelle mit den Voreintragungen auseinander gesetzt und darauf hingewiesen hat, dass sie jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Entscheidung, die für Beurteilung der Schutzfähigkeit der hier in Rede stehenden Marke allein maßgeblich ist, dem Bestandteil „KOMPASS“ keine schutzbegründende Bedeutung (mehr) beimisst;. Aus diesem Grund erübrigt es sich, die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts zum Beitritt aufzufordern oder die Sache an die Markenstelle zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Vielmehr war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen. Da die Auslegung des Begriffs der „Unterscheidungskraft“ allein dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG vorbehalten ist und diese Auslegung nicht nur den erkennenden Senat, sondern auch den Bundesgerichtshof bindet, käme – alternativ zu dem an sich vorrangigen Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof – die Zulassung der Rechtsbeschwerde selbst bei einer (von der Anmelderin im Hinblick auf die Entscheidungen der Markenstelle zwar behaupteten, tatsächlich hier aber nicht gegebenen) Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in Betracht, sofern der Senat damit gleichzeitig auch von den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, an die auch der Bundesgerichtshof in allen von ihm zu entscheidenden Fällen gebunden ist, abweichen würde. Dies ist aber nicht der Fall, weil die vorliegende Entscheidung gerade auf diesen Vorgaben beruht und sie auf die hier zu beurteilende konkrete Markenanmeldung zur Anwendung bringt.

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