Kommentar

Prozesskostenlast bei formloser Aufforderung zur Freigabe einer Domain ohne vorherige Abmahnung

22. Mai 2013
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
4203 mal gelesen
0 Shares

Mit Hilfe des Instituts der Abmahnung wird eine andere Person außergerichtlich und formal dazu aufgefordert, künftig eine bestimmte Rechtsverletzung zu unterlassen. Bezweckt wird damit in der Regel, einen Rechtsstreit außergerichtlich zu klären und einem kostspieligen Gerichtsverfahren vorzubeugen.

Greift ein verletzter Rechteinhaber nicht zu diesem Mittel und entscheidet sich dazu, direkt Klage zu erheben, läuft er in aller Regel Gefahr, dass der Verletzer den Klageanspruch sofort anerkennt. Folge davon ist, dass der klagende Rechteinhaber trotz Obsiegens mit seiner Klage die Verfahrenskosten zu tragen hat, da er dem Beklagten gar keine Möglichkeit gegeben hat, den Rechtsstreit ohne Gericht zu klären.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich in einem aktuellen Beschluss von Februar 2013 nun mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Rechtsverletzer in einer Domainstreitigkeit trotz sofortigen Anerkenntnisses die volle Kostenlast zu tragen hat, wenn er zuvor lediglich formlos zur Freigabe einer Domain aufgefordert wurde.

Was war passiert?

Im vorliegenden Fall registrierte eine Person im April 2010 eine Domain mit einer Bezeichnung, an welcher einer anderen Person Rechte zustanden. Letztere forderte den Domaininhaber daraufhin mit formlosen Schreiben im August 2010 auf, die Domain binnen 14 Tagen freizugeben. Eine Abmahnung sprach der Rechteinhaber nicht aus.

Nachdem es innerhalb der gesetzten Frist zu keiner Freigabe kam, beschritt der Rechteinhaber den Rechtsweg und beantragte in der Klage unter anderem, dass der beklagte Domaininhaber gegenüber der DENIC auf die Domain verzichtet.

Nach Klageerhebung beantragte der Beklagte zunächst Klageabweisung, erkannte aber kurze Zeit später den Anspruch des Klägers an. Im erstinstanzlichen landgerichtlichen Urteil wurden dem Beklagten dennoch die vollen Kosten auferlegt, obwohl § 93 ZPO im Fall des „sofortigen Anerkenntnisses“ grundsätzlich die Kostenlast beim Kläger sieht. Dagegen wandte sich der Beklagte mit einer Beschwerde an das OLG Düsseldorf, um die für ihn negative Kostenfolge zu beseitigen.

Entscheidung des Gerichts

Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf wies die Beschwerde jedoch zurück und entschied mit Beschluss vom 04.02.2013, Az.: I-20 W 104/11, dass ein Rechtsverletzer auch dann Veranlassung zur Klage gibt, wenn er zuvor auf ein formloses Aufforderungsschreiben nicht reagiert bzw. dem darin befindlichen Begehren nicht entspricht. Folge davon ist, dass er die volle Kostenlast  für das Verfahren trägt, auch wenn er nach Klageerhebung sofort die in der Klage begehrte Forderung anerkennt.

Begründet wurde dies von den Düsseldorfer Richtern damit, dass im Fall einer begehrten Freigabe einer Domain kein formales Abmahnschreiben erforderlich ist. Als ausreichend für einen „Anlass zur Klage“ sahen die Düsseldorfer Richter vielmehr das formlose Aufforderungsschreiben mit Fristsetzung an, so wie es die Klägerin abgeschickt hatte. Den Anspruch hätte die Beklagte bereits nach diesem Schreiben erfüllen müssen, so die Richter. Es kommt gerade nicht darauf an, dass das Schreiben der Klägerin die formalen Anforderungen einer Abmahnung erfüllt.

Das Begehren der Klägerin in diesem außergerichtlichen Schreiben hat der Beklagte im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht erfüllt. Vielmehr hat der Beklagte durch seine fehlende Reaktion auf die formlose Aufforderung zu verstehen gegeben, dass er nicht bereit gewesen ist, auf die Freigabeforderung einzugehen. Durch seine Verweigerung der Freigabe hat er nach Ansicht der Düsseldorfer Richter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die streitige Bezeichnung als Domain für sich weiterhin registriert sehen wollte.

Zudem hat eine Abmahnung grundsätzlich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Ziel. Sein zentrales Leistungsbegehren einer Verzichtserklärung gegenüber der DENIC hätte er mit einer Abmahnung damit gar nicht erreichen können; auch von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet genügte eine formlose Aufforderung, so die Richter.

Fazit

Wie die Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt, ist es vorgerichtlich nicht immer nötig, eine Abmahnung vor einer Klage auszusprechen. Inhabern von Domainnamen, die vorgerichtlich auf eine Rechtsverletzung durch ihre Domain aufmerksam gemacht werden, ist daher stets anzuraten, auch bei nur formlosen Aufforderungen zu reagieren. Sonst kann es nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf dazu führen, dass – trotz sofortigem Anerkenntnis – der Beklagte die volle Kostenlast zu tragen hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a