Providerwechsel ohne Auftrag des Domaininhabers unzulässig

09. April 2013
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Amtlicher Leitsatz:

a) Die Domainbedingungen der Domain-Registrierungsstelle DENIC eG von 2004 erfordern für einen Providerwechsel einen diesbezüglichen vom Domaininhaber autorisierten Auftrag. Nach den Erläuterungen der DENIC zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) kommt dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf Anfragen der Beklagten, zu einem Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, nicht der Erklärungswert zu, dass das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied im Namen des Domaininhabers dem Providerwechsel zustimmt und damit den neuen Provider im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht bevollmächtigt.

b) Schließt die Domain-Registrierungsstelle DENIC eG sukzessive mehrere Domainverträge bezüglich derselben Domain ab, so ist die Frage, welchen Vertrag sie erfüllen muss, grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip zu Gunsten desjenigen zu beantworten, der als erster den Domainvertrag abgeschlossen hat.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 25.10.2012

Az.: VII ZR 146/11

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter

für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit der Registrierung und Konnektierung der Domain "gewinn.de".

Im Sommer 1996 beauftragte der Kläger unter der Bezeichnung "N." einen Provider mit der Reservierung der Domain "gewinn.de"; sie wurde von der Vorgängerin der Beklagten am 6. August 1996 für den Inhaber "N." registriert. Mit ihrer Gründung im Dezember 1996 übernahm die Beklagte, eine eingetragene Genossenschaft, die Aufgabe ihrer Vorgängerin und fungiert seitdem als zentrale Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain ".de". Registrierte Domains können nach den Regelungen der Beklagten von ihren Mitgliedern oder von der Beklagten selbst verwaltet werden.

Am 4. Mai 2004 erfolgte ein Wechsel des die Domain "gewinn.de" verwaltenden Providers. An die Stelle des bisherigen Providers trat die K. GmbH, die Mitglied der Beklagten ist. Zudem beauftragte der Kläger die P. GmbH, die nicht Mitglied der Beklagten ist.

Im Jahr 2005 trat als neuer Provider des Klägers die S. AG auf, ein Mitglied der Beklagten. Diese leitete der Beklagten per E-Mail vom 22. Mai 2005 einen Providerwechselauftrag betreffend die Domain "gewinn.de" zu. Die Beklagte forderte die K. GmbH per E-Mail zweimal zur Stellungnahme hierzu auf, wobei sie jeweils darauf hinwies, dass Schweigen als Zustimmung gewertet werde. Der Kläger bestreitet insoweit, dass die K. GmbH die E-Mails erhalten habe. Nachdem die K. GmbH auch auf die zweite Aufforderung binnen der gesetzten Frist nicht reagiert hatte, teilte die Beklagte ihr mit, dass die fehlende Reaktion als Zustimmung zu dem vorgelegten Providerwechselauftrag gewertet werde. Am 2. Juni 2005 löschte die S. AG die Domain "gewinn.de" und registrierte sie für einen Dritten, dessen Existenz streitig ist. Derzeit weist eine WHOIS-Abfrage den Streithelfer zu 1 der Beklagten als Domaininhaber aus. Zwischenzeitlich war die Streithelferin zu 2 als Domaininhaberin eingetragen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die S. AG sei wirksam zum neuen Provider des Klägers berufen worden und habe in dessen Namen ebenso wirksam die Kündigung erklärt. Sie beruft sich auf Domainbedingungen aus dem Jahr 2004. § 1 Abs. 4 der Domainbedingungen 2004 lautet auszugsweise:

"Der Domaininhaber kann die Verwaltung der Domain … von einem auf ein anderes DENIC-Mitglied überleiten. Die Überleitung erfolgt, wenn der Domaininhaber über das DENIC-Mitglied, das künftig die Domain verwalten soll, … einen entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied … davon unterrichtet."

Zur Zeit des vermeintlichen Providerwechsels auf die S. AG waren auf der Homepage der Beklagten Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) veröffentlicht, in denen zudem ein standardisiertes Providerwechselverfahren beschrieben wird.

Der Kläger behauptet, weder den Providerwechsel von der K. GmbH zur S. AG noch eine Kündigung des Domainvertrags veranlasst zu haben. Beides sei ohne sein Wissen erfolgt. Ein in seinem Namen verfasstes Schreiben vom 7. Mai 2005, das einen Antrag auf Provider- und Domaininhaberwechsel enthält, sei eine Fälschung.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn in die WHOIS-Datenbank der Beklagten und als Inhaber und administrativen Ansprechpartner der Domain "gewinn.de" einzutragen. Hilfsweise hat er beantragt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten zu seinen Gunsten in die Nameserver der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer des Domainvertrags zu belassen. Äußerst hilfsweise hat er beantragt, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte zur Domain "gewinn.de" einen neuen Registrierungsvertrag geschlossen und den Kläger hierdurch von der Nutzung dieser Domain ausgeschlossen hat.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte gemäß dem ersten Hilfsantrag verurteilt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten zu seinen Gunsten in die Nameserver der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer des Domainvertrags zu belassen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagte sowie deren Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag des Klägers abgewiesen, weil es keine WHOIS-Datenbank gebe. WHOIS stelle lediglich ein Auskunftssystem dar, das aus der Registrierungsdatenbank gespeist werde.

Begründet sei der erste Hilfsantrag. Der hinsichtlich der Domain "gewinn.de" geschlossene Domainvertrag sei nicht durch Kündigung beendet worden. Der Kläger sei als Vertragspartei des Domainvertrags aktivlegitimiert. Mit der Löschung des Klägers als Domaininhaber habe die S. AG zwar konkludent gegenüber der Beklagten die Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Domainvertrags erklärt. Dies sei im Namen des Klägers geschehen. Die S. AG habe jedoch als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt.

Es könne offenbleiben, ob die von der S. AG abgegebene Kündigungserklärung dem Kläger dann zuzurechnen wäre, wenn es sich bei der S. AG um den rechtmäßigen Provider des Klägers gehandelt hätte. Ein wirksamer Providerwechsel zur S. AG habe nicht stattgefunden. Der Kläger selbst habe die S. AG nicht mit der Kündigung beauftragt. Bei dem angeblichen Auftrag des Klägers vom 7. Mai 2005 zum Providerwechsel handele es sich um eine Fälschung. Die Voraussetzungen eines Providerwechsels nach den von der Beklagten herangezogenen Domainbedingungen von 2004 lägen nicht vor, weil der Kläger als Domaininhaber weder über die S. AG einen wirksamen Auftrag erteilt habe noch der bisherige Provider die Beklagte von dem Providerwechsel unterrichtet habe. Unklar sei auch, ob und welche Domainbedingungen überhaupt Bestandteil des Domainvertrags geworden seien. Ohne Erfolg verweise die Beklagte auf die auf ihrer Homepage abrufbaren Erläuterungen zum Providerwechsel, denen zufolge das Schweigen des alten Providers zur Anfrage hinsichtlich eines Providerwechsels als Zustimmung gewertet werde. Auch diese Erläuterungen gingen davon aus, dass tatsächlich ein entsprechender Auftrag des Domaininhabers vorliege. Es sei zudem nicht zu erkennen, dass es sich bei diesen Erläuterungen um allgemeine Bestimmungen für die Inanspruchnahme von Genossenschaftsleistungen und für die Benutzung von Gemeinschaftseinrichtungen handele, an die die Mitglieder der Beklagten gemäß dem Statut der Beklagten gebunden seien. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob diese Bestimmungen Wirkung gegenüber den Domaininhabern entfalteten. Mangels wirksamen Providerwechsels habe die S. AG den Domainvertrag nicht wirksam kündigen können.

Der Erfüllungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund subjektiver Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Der Beklagten sei es faktisch nicht unmöglich, die Domain "gewinn.de" für den Kläger zu registrieren.

Die Beklagte sei auch aus rechtlichen Gründen nicht gehindert, diese Domain für den Kläger einzutragen. Dabei könne offenbleiben, ob die Beklagte mit dem Streithelfer zu 1 einen wirksamen Domainvertrag abgeschlossen habe. Die Beklagte stelle durch Eintragung des Klägers einen rechtmäßigen Zustand her, indem sie den zuerst abgeschlossenen Vertrag erfülle. Der Kläger sei der erste gewesen, der mit der Beklagten einen Registrierungsvertrag hinsichtlich der streitgegenständlichen Domain abgeschlossen habe, und diese Position könne er auch gegenüber der Beklagten durchsetzen.

II.

Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Dem Kläger geht es mit dem ersten Hilfsantrag, wie er mit der Antragsbegründung im Schriftsatz vom 31. Juli 2009, Seite 1 f. klargestellt hat, darum, als Inhaber der Domain "gewinn.de“ in die Registrierungsdatenbank eingetragen zu werden und die Konnektierung der Domain für sich zu erreichen. In diesem Sinne sind der erste Hilfsantrag und der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts auszulegen. Der von der Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemachte Einwand, der erste Hilfsantrag sei in technischer Hinsicht nicht hinreichend, weil neben der Aufnahme technischer Daten in die Nameserver die Eintragung des Domaininhabers in die Registrierungsdatenbank erforderlich sei, greift deshalb nicht durch.

2. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers mit der Begründung bejaht, dass er den Domainvertrag bezüglich der im Jahr 1996 registrierten Domain "gewinn.de" abgeschlossen hat. Dies lässt keine Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.

Mit dem Abschluss eines Domainvertrags entsteht ein Dauerschuldverhältnis zwischen dem Anmelder und der Beklagten. Aufgrund dessen schuldet die Beklagte nach erfolgter Konnektierung der Domain insbesondere die Aufrechterhaltung der Eintragung im Nameserver (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 – VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353, 3354 m.w.N.). Dieser zunächst gegen die Vorgängerin der Beklagten bestehende Anspruch richtete sich nach der Gründung der Beklagten gegen diese. Dieser Ausgangspunkt wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.

3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die S. AG mit der Löschung der Domain "gewinn.de" am 2. Juni 2005 in der Datenbank der Beklagten konkludent zugleich den Domainvertrag bezüglich dieser Domain im Namen des Klägers gekündigt hat. Keinen Erfolg hat der Kläger mit der gegen die Feststellung einer Kündigung erhobenen Gegenrüge. Die Umstände tragen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die S. AG mit der Löschung der bis dahin dem Kläger zugeordneten Domain die Kündigung des Domainvertrags im Namen des Klägers erklärt hat.

4. Der rechtlichen Nachprüfung hält es stand, dass das Berufungsgericht die Kündigung des Domainvertrags für unwirksam erachtet hat. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass es an dem für einen Providerwechsel erforderlichen Auftrag des Klägers als Domaininhaber und damit auch an einer Bevollmächtigung der S. AG zur Kündigung fehlt.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Domainbedingungen 2004, auf die sich die Beklagte beruft, dahingehend ausgelegt, dass danach für einen Providerwechsel von einem DENIC-Mitglied zu einem anderen ein vom Domaininhaber erteilter Auftrag erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 der genannten Domainbedingungen erfolgt die Überleitung der Domainverwaltung von einem DENIC-Mitglied auf ein anderes DENIC-Mitglied, wenn der Domaininhaber über das DENIC-Mitglied, das künftig die Domain verwalten soll, einen entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied unterrichtet. Nach Sinn und Zweck der Regelung muss dieser Auftrag durch den Domaininhaber autorisiert sein, wie sich daraus ergibt, dass der Domaininhaber einen solchen Auftrag "über“ das DENIC-Mitglied erteilt, das künftig die Domain verwalten soll. Ein solcher Auftrag des Domaininhabers wird auch in den Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003), auf die sich die Beklagte ebenfalls beruft, vorausgesetzt.

b) Mit dem unter dem Namen des Klägers verfassten Schreiben vom 7. Mai 2005 hat dieser keinen Auftrag zu einem Providerwechsel erteilt und auch keinen Domaininhaberwechsel autorisiert. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei diesem angeblichen Schreiben des Klägers um eine Fälschung handelt. Dagegen erinnert die Revision nichts.

c) Ohne Erfolg macht die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend, durch das als stillschweigende Zustimmung zu wertende Schweigen der K. GmbH auf die E-Mail-Aufforderungen der Beklagten, zum Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, sei ein wirksamer Providerwechsel zustande gekommen, weshalb die S. AG als neuer Provider zur Kündigung befugt gewesen sei.

aa) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass die K. GmbH die beiden E-Mail-Aufforderungen der Beklagten, zum von der S. AG übermittelten Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, erhalten hat.

bb) Die Auslegung, welchen Erklärungswert das Schweigen der K. GmbH hat, kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Dieser Erklärungswert ist vor dem Hintergrund der Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) zu bestimmen, die dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf Anfragen der Beklagten, zu einem Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, eine bestimmte Bedeutung beimessen und denen nach dem Vorbringen der Beklagten seinerzeit eine allgemeine Übung entsprach. Unter Berücksichtigung dieser Erläuterungen kommt dem Schweigen der K. GmbH indes nicht der Erklärungswert zu, dass die K. GmbH im Namen des Klägers dem Providerwechsel zur S. AG zugestimmt und damit die S. AG im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht bevollmächtigt hätte. Aus Treu und Glauben und nach allgemeinen Grundsätzen ergibt sich nichts anderes.

Soweit die genannten Erläuterungen eine Beteiligung des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds bei einem Providerwechsel vorsehen, geschieht dies im Interesse dieses DENIC-Mitglieds, das die Verwaltung der Domain abgeben und aus der Geschäftsbeziehung ausscheiden soll. Das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied soll den genannten Erläuterungen zufolge auf Anfrage der Beklagten zu einem Providerwechselauftrag prüfen, ob der Domaininhaber tatsächlich wechseln möchte, und in Zweifelsfällen versuchen, mit dem Domaininhaber Kontakt aufzunehmen. Erfolgt auf eine zweite Anfrage der Beklagten keine Reaktion des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds, so wird dies von der Beklagten nach den genannten Erläuterungen als Bestätigung gewertet, dass die "initiale Prüfung des zukünftigen Providers vom abgebenden Mitglied als korrekt anerkannt“ wird. Diese Bestätigung bezieht sich auf das Ergebnis der eigenen Prüfung, die das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied vornehmen soll. Danach kann dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf derartige Anfragen der Beklagten zwar der Erklärungswert beigemessen werden, dass dieses DENIC-Mitglied mit der Abgabe der Domainverwaltung und dem Ausscheiden aus der Geschäftsbeziehung einverstanden ist. Dagegen kann diesem Schweigen nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied dem Providerwechsel im Namen des Domaininhabers zustimmt und damit im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht das zukünftig die Domain verwaltende DENIC-Mitglied bevollmächtigt. Insbesondere kann einem derartigen Schweigen nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass es einen fehlenden Providerwechselauftrag des Domaininhabers, der sowohl in den Erläuterungen als auch in den Domainbedingungen 2004 vorausgesetzt wird, ersetzt.

d) Unabhängig von diesen Erwägungen kann entgegen der Auffassung der Streithelfer in dem Schweigen der K. GmbH auf die Aufforderungen der Beklagten, zum Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, schon deshalb nicht eine Genehmigung (§ 180 Satz 2, § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) der Kündigung des Domainvertrags gesehen werden, weil diesem Schweigen als Reaktion auf die Aufforderungen der Beklagten kein Erklärungswert im Sinne einer Genehmigung der Kündigung zukommt. Die genannten Aufforderungen bezogen sich lediglich auf eine Bestätigung oder Ablehnung des Providerwechsels und nicht auf eine Kündigung des Domainvertrags, die zum Zeitpunkt der Aufforderungen auch noch nicht erfolgt war. Es ist nicht festgestellt, dass der K. GmbH die bevorstehende Kündigung mitgeteilt worden wäre. Deshalb bleibt auch die Rüge der Streithelfer ohne Erfolg, die K. GmbH sei nach Treu und Glauben gehalten gewesen, auf die Kündigungserklärung einen abweichenden Willen zu äußern.

5. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der vom Kläger mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch sei nach § 275 Abs. 1 BGB wegen subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen.

a) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass der Streithelfer zu 1 mit der Beklagten einen wirksamen Domainvertrag hinsichtlich der Domain "gewinn.de“ abgeschlossen und damit ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht an diesem Domainnamen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 – I ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 23 gewinn.de) erworben hat. Ferner ist in der Revision entsprechend dem Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass sich der Streithelfer zu 1 endgültig weigert, die Domain "gewinn.de“ zu Gunsten des Klägers aufzugeben.

b) Subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn der Schuldner selbst zur Leistung außerstande ist, sie aber von einem anderen oder unter Mitwirkung eines anderen erbracht werden könnte (vgl. NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 275 Rn. 34; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 275 Rn. 23).

aa) Unmöglichkeit aus tatsächlichen Gründen liegt im Streitfall nicht vor. Denn der Beklagten ist es auch bei bereits erfolgter Konnektierung der Domain "gewinn.de" für einen Dritten faktisch möglich, die Domain in Zukunft zu Gunsten des Klägers mit ihren technischen Daten in ihre Nameserver aufzunehmen und dort für die Dauer des mit dem Kläger geschlossenen Domainvertrags zu belassen sowie den Kläger als Domaininhaber in der Registrierungsdatenbank einzutragen.

bb) Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen liegt im Streitfall ebenfalls nicht vor. Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – Xa ZR 175/07, NZG 2010, 310 Rn. 23 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Allerdings ist zu unterstellen, dass die Beklagte einen wirksamen Domainvertrag bezüglich der Domain "gewinn.de" nicht nur mit dem Kläger, sondern auch mit dem Streithelfer zu 1 abgeschlossen hat. Da ein Domainname aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 – I ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 23 – gewinn.de; Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 3. Aufl., Kap. 2.1 Rn. 6), kann die Beklagte nicht beide Verträge gleichzeitig erfüllen. Indes führt der Umstand, dass sich der Schuldner zwei Gläubigern gegenüber zu einer Leistung verpflichtet, die er nur einmal erbringen kann, nicht ohne Weiteres zu einem Ausschluss der Leistungspflichten (vgl. Staudinger/ Löwisch/Caspers, BGB [2009], § 275 Rn. 65). Zwar kann Unmöglichkeit mangels Verfügungsmacht des Schuldners gegeben sein, wenn eine vom Schuldner doppelt eingegangene Verpflichtung auf die Verschaffung eines Gegenstands gerichtet ist und der Schuldner einen der beiden Verträge erfüllt. In derartigen Fällen ist die Leistung gemäß dem anderen Vertrag unmöglich, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht über diesen Gegenstand nicht mehr erlangen kann, etwa weil die erforderliche Zustimmung von demjenigen, der den Gegenstand erworben hat, endgültig verweigert wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1999 – V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 182 m.w.N.; Staudinger/Löwisch/Caspers aaO § 275 Rn. 69 f.; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 275 Rn. 52). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Leistung bezieht sich nicht auf einen Gegenstand, über den die Beklagte Verfügungsmacht nicht mehr erlangen kann, sondern auf eine Aufnahme von Daten in ihrem Verfügungsbereich.

6. Ohne Erfolg beruft sich die Revision des Weiteren auf ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten mit der Begründung, es sei ihr nicht zumutbar, abwechselnd vom Kläger und vom Streithelfer zu 1 auf Erfüllung des jeweiligen Domainvertrags in Anspruch genommen zu werden. Diese Gefahr besteht nicht.

a) Schließt die Beklagte, wovon hier in der Revision bezüglich der Domain "gewinn.de" auszugehen ist, sukzessive mehrere Domainverträge bezüglich derselben Domain, so befindet sie sich allerdings in dem Konflikt, nur den einen oder den anderen Vertrag erfüllen zu können. Die Beklagte, die als zentrale Registrierungsstelle Domains unter der Top-Level-Domain ".de" vergibt, hat aus Gründen der Rechtssicherheit ein berechtigtes Interesse, beim Abschluss mehrerer Domainverträge bezüglich derselben Domain nicht abwechselnd den einen und den anderen Vertrag erfüllen zu müssen. Es kann dahinstehen, ob diese Konstellation von § 275 Abs. 3 BGB unmittelbar erfasst wird, wie die Beklagte und die Streithelfer meinen. Jedenfalls ist dem Regelungskonzept des § 275 BGB, wie sich aus den Absätzen 2 und 3 dieser Vorschrift ergibt, eine Begrenzung der Leistungspflicht aufgrund von Abwägungen insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit für den Schuldner nicht fremd. Es ist deshalb nicht systemwidrig, den genannten Konflikt unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu lösen. Wird die Beklagte aus einem der geschlossenen Domainverträge auf Erfüllung in Anspruch genommen, so ist jedenfalls auf ihre Einrede hin eine solche Abwägung vorzunehmen. Diese kann zu dem Ergebnis führen, dass der Erfüllungsanspruch aus einem der geschlossenen Domainverträge nicht durchgesetzt werden kann.

b) Auf den Streitfall bezogen geht diese Abwägung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu Gunsten des Klägers aus, während sie im Verhältnis der Beklagten zum Streithelfer zu 1 zu dessen Lasten ausginge.

aa) Das Interesse des Klägers an der Erfüllung des Domainvertrags ist erheblich, weil er als erster einen Domainvertrag bezüglich der kommerziell verwertbaren Domain "gewinn.de" geschlossen hat. Denn bei der Vergabe von Domains durch die Beklagte, der zentralen Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain ".de", hat das Prioritätsprinzip, dem Gerechtigkeitsgehalt zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2001 – I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 200 – shell.de), Gewicht. Es kann dahinstehen, ob das Leistungsinteresse des Klägers schwächer zu bewerten wäre, wenn der Kläger Kenntnis von der bevorstehenden Kündigung des Domainvertrags durch die S. AG gehabt hätte oder sich eine solche Kenntnis zurechnen lassen müsste. Das Berufungsgericht hat Entsprechendes nicht festgestellt. Auch aus dem in der Revision zugrunde zu legenden Vorbringen der Beklagten, diese habe den von der S. AG eingereichten Providerwechselauftrag an die K. GmbH geschickt, die ihn an die vom Kläger beauftragte P. GmbH weitergeleitet habe, ergibt sich nicht, dass die P. GmbH, die möglicherweise Wissensvertreter des Klägers ist, Kenntnis von der bevorstehenden Kündigung des Domainvertrags erlangt hätte. Denn die Anfrage der Beklagten bezog sich nur auf den von der S. AG eingereichten Providerwechselauftrag, nicht auf eine beabsichtigte Kündigung des Domainvertrags. Es bleibt daher dabei, dass das Interesse des Klägers an der Erfüllung des Domainvertrags erheblich ist.

Demgegenüber ist das Interesse der Beklagten, einer etwaigen vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Streithelfer zu 1 nachzukommen und etwaige Schadensersatzpflichten diesem gegenüber zu vermeiden, von geringerem Gewicht. Dem Prioritätsprinzip entspricht es, beim sukzessiven Abschluss mehrerer Domainverträge bezüglich derselben Domain das Leistungsinteresse desjenigen, der als erster den Domainvertrag abgeschlossen hat, grundsätzlich höher zu bewerten als das Interesse der Beklagten, der Verpflichtung aus einem später abgeschlossenen Domainvertrag nachzukommen und etwaige Schadensersatzpflichten gegenüber demjenigen, der den Domainvertrag als zweiter abgeschlossen hat, zu vermeiden. Dies gilt auch deshalb, weil die Beklagte den weiteren Domainvertrag zusätzlich zu dem zuerst abgeschlossenen und nicht beendeten Domainvertrag eingegangen ist.

bb) Im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Streithelfer zu 1 ist dementsprechend das Interesse der Beklagten, den zuerst mit dem Kläger abgeschlossenen Domainvertrag zu erfüllen, höher zu bewerten als das Leistungsinteresse des Streithelfers zu 1, der als zweiter den Domainvertrag geschlossen hat. Dies entspricht dem Prioritätsprinzip, das bei der Vergabe von Domains für die Beteiligten gleichermaßen Gewicht hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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