Abgabe einer Unterlassungserklärung vor Einleitung des Verfügungsverfahrens

11. Februar 2009
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Eigener Leitsatz:

In einem eigenen Fall stellten die Frankfurter Richter aktuell klar, dass im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren dem Antragssteller die Kosten auch dann aufzuerlegen sind, wenn der wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommene Schuldner schon vor Einleitung des Verfahrens einem Dritten gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und somit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Anfang an unbegründet war.

Landgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 28.01.2009

Az.: 2-03 O 171/08

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

electronicland24
– Antragssteller –

g e g e n


– Antragsgegnerin –

Verfahrensbevollmächtigte: Anwaltskanzlei Hild und Kollegen, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg

hat das Landgericht Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer – durch die Richter … am 28.01.2009

b e s c h l o s s e n :

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Entscheidungsgründe:

I.
Der Antragsteller vertreibt bundesweit unter anderem über die Internetseite electronicland24.de Elektrogeräte, insbesondere auch Haushaltsgeräte. Die Antragsgegnerin vertreibt gleichartige Artikel in ihrem Shop … über die Internetplattform eBay im Wege des Onlineversands.

Weil die Antragsgegnerin in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Internet-Shops ihren Kunden ein Widerrufs- und Rückgaberecht von weniger als 1 Monat (nämlich 14 Tage) einräumte, ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20.03.2008 abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auffordern.

Hierauf erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31.03.2008, dass sie grundsätzlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bereit sei. Sie schlug jedoch vor, dass der Antragsteller wegen zahlreicher eigener Wettbewerbsverstöße – insbesondere aufgrund verschiedener unwirksamer AGB-Klauseln – auf die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs verzichten sollte. Andernfalls würde sie, die Antragsgegnerin, am 02.04.2008 eine Unterlassungserklärung abgeben. Mit Schreiben vom 02.04.2008 verlängerte die Antragsgegnerin die dem Antragsteller gewährte Frist zur Stellungnahme bis zum 03.04.2008 und erklärte gleichzeitig, am 03.04.2008 eine Unterlassungserklärung abzugeben, wenn der Antragsteller nicht vorher auf die Geltendmachung seiner Unterlassungsansprüche verzichte.

Tatsächlich verpflichtete sich die Antragsgegnerin am 03.04.2008 gegenüber der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Zweigstelle Frankfurt am Main, es bei Meldung einer Vertragsstrafe zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen im Rahmen von Verkäufen von Elektro- und Haushaltsgeräten über eBay unter dem Mitgliedsnamen … im Rahmen der Widerrufsbelehrung darauf hinzuweisen, dass die Frist für den Widerruf zwei Wochen beträgt und/oder frühestens mit Erhalt dieser Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit beginnt.

Am 11.04.2008 hat der Antragsteller beim Landgericht Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin beantragt. Die Kammer hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 16.04.2008 bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über die Internetplattform eBay unter der Domain „ebay.de" im Zusammenhang mit dem Angebot von Elektro- und Haushaltsgeräten und deren Zubehör an Letztverbraucher zum Kauf wörtlich oder inhaltsgleich ein Widerrufs- und Rückgaberecht von weniger als einem Monat einzuräumen. Der Streitwert ist auf 10.000 € festgesetzt worden. Der Antragsteller erhielt die Beschlussausfertigung am 21.04.2008.

Mit Schreiben vom 21.04.2008 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie am 03.04.2008 die Unterlassungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale abgegeben habe. Am 24.04.2008 stellte der Antragsteller den Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 16.04.2008 dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu. Eine Zustellung des Beschlusses direkt an die Antragsgegnerin ist bislang nicht erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 24.04.2008 hat der Antragsteller die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich im Schriftsatz vom 15.05.2008 der Erledigungserklärung angeschlossen.

Der Antragsteller meint, der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin habe die Zustellung des Beschlusses vom 16.04.2008 für seine Mandantin ohne Weiteres akzeptiert und erstmals im Schriftsatz vom 09.06.2008 die nicht ordnungsgemäße Zustellung gerügt.

Er beantragt,

der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie meint, der Beschluss vom 16.04.2008 – einstweilige Verfügung – sei nicht fristgemäß nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO durch Zustellung an die Antragsgegnerin vollzogen worden. Ihre Verfahrensbevollmächtigten hätten sich erstmals mit Schriftsatz vom 15.05.2008 gegenüber dem Gericht gemeldet. Die Vertretung im Rahmen der Abmahnung beinhalte nicht gleichzeitig eine Vollmacht für das nachfolgende Verfügungsverfahren. Der Streitwert sei mit 10.000 € viel zu hoch bemessen.

II.
Nachdem beide Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO zu entscheiden.

Wird ein Rechtsstreit von beiden Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, so ist § 91a ZPO auch dann anzuwenden, wenn eine Erledigung tatsächlich nicht vorliegt, weil das erledigende Ereignis schon vor Anhängigkeit des Rechtsstreits eingetreten war (OLG Hamm WRP 1988, 404).

Nach § 91a ZPO ist bei der Entscheidung über die Kosten der bisherige Sach- und Streitstand und der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen. Bei übereinstimmender Erledigungserklärung im einstweiligen Verfügungsverfahren sind dem Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits dann aufzuerlegen, wenn ohne die beiderseitige Erledigungserklärung die einstweilige Verfügung zu bestätigen gewesen wäre (OLGR Frankfurt 2003, 390).

So liegt der Fall hier nicht. Vielmehr wäre der Beschluss vom 16.04.2008 – einstweilige Verfügung – wegen Ablaufs der Vollziehungsfrist gemäß §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO aufzuheben gewesen.

Der Antragsgegnerin direkt ist der Beschluss vom 16.04.2008 nicht zugestellt worden. Die am 24.04.2008 erfolgte Zustellung an den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten und Vertreterin der Antragsgegnerin im Rahmen der Abmahnung wahrt die Vollziehungsfrist nicht.

Zwar sind nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO in einem anhängigen Verfahren Zustellungen an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu bewirken. Das dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgeschaltete Abmahnverfahren gehört aber gerade nicht zu dem Eilverfahren, es sei denn, der bei der Abmahnung für den in Anspruch Genommenen tätig werdende Anwalt teilt mit, er habe Vollmacht auch für das nachfolgende gerichtliche Verfahren (OLG Köln GRUR-RR 2005, 143, juris-Rdn. 5).

Anhaltspunkte für eine mögliche Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO liegen nicht vor. Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass der Beschluss vom 16.04.20.08 – einstweilige Verfügung – der Antragsgegnerin mittlerweile tatsächlich zugegangen ist.

Auch bestand – anders als der Antragsteller meint – keine Verpflichtung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die fehlende Vollmacht für die Zustellung des Beschlusses vom 16.04.2008 unmittelbar zu rügen.

Überdies sind die Kosten des Verfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung gemäß § 91a ZPO dem Antragsteller auch dann aufzuerlegen, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wie hier von Anfang an unbegründet war, weil der wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommene Schuldner schon vor Einleitung des Verfahrens einem Dritten gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Antragsteller von der Unterlassungserklärung wie im vorliegenden Fall jedenfalls bei Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine Kenntnis hatte. Unerheblich in diesem Zusammenhang ist, ob die Antragsgegnerin durch Verschweigen der Drittunterwerfung gegebenenfalls pflichtwidrig gehandelt hat und dem Antragsteller materiellrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet wäre. Eine solche Schadensersatzpflicht kann nicht im Rahmen von § 91a ZPO berücksichtigt werden, sondern müsste gegebenenfalls in einem gesonderten Klageverfahren geltend gemacht werden. Für diese Klage sind die Gründe einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO, die sich mit der materiellen Schadensersatzpflicht befassen, nicht bindend (OLG Hamm WRP 1988, 404).

Anlass, den Streitwert herabzusetzen, bestand nicht. Auch unter Berücksichtigung der insoweit von der Antragsgegnerin vorgebrachten Erwägungen hält die Kammer den im Beschluss vom 16.04.2008 festgesetzten Streitwert von 10.000 E für angemessen. Dieser Betrag entspricht demjenigen, den der Antragsteller in der Antragsschrift als sein wirtschaftliches Interesse an der Anspruchsverwirklichung angegeben hat. Er hat somit indizielle Wirkung.

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