Zur Nennung des Autors einer Imbissbudenbewertung in Zeitung

10. August 2009
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Amtlicher Leitsatz:

Der Inhaber einer Imbissbude hat gegen den Verleger einer Zeitung, die eine Imbissbewertung veröffentlicht, keinen Anspruch auf Nennung von Name und Anschrift des Verfassers des Artikels.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 28.07.2009

Az.: 16 U 257/08

In dem Rechtsstreit (…)

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richterin … als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2009

für R e c h t erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 28. November 2008, Az. 4 O 1018/08, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers eines Artikels, den die Beklagte am … 2008 auf S. … des von ihr verlegten X unter dem Titel „…“ veröffentlich hat. Bei dem Artikel handelt es sich um eine Bewertung des von dem Kläger betriebenen Imbisses durch eine Testperson.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 40 – 41 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunftserteilung, da ihm bereits keine Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Verfasser des Artikels zustünden. Bei der Imbissbewertung handele es sich um ein Werturteil, das die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreite.

Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 42 – 43 d. A.) wird verwiesen.

Gegen dieses ihm am 4. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 30. Dezember 2008 eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. März 2009 mit einem am 2. März 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Nach Auffassung des Klägers verkenne das Landgericht, dass er durch den Testbericht in seinem Persönlichkeitsrecht und in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt werde und diesem Recht im Rahmen der Güter- und Interessenabwägung Vorrang vor der Meinungs- und Pressefreiheit der Beklagten einzuräumen sei. Der Bericht sei geschäftsschädigend und habe erhebliche Auswirkungen auf seinen Geschäftsbetrieb. Der Anspruch auf Erteilung der Auskunft folge aus § 242 BGB.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 28. November 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Hanau, Az. 4 O 1018/08, die Beklagte zu verurteilen, ihm durch Mitteilung des vollständigen Namens und der Anschrift der Person oder Gesellschaft, welche für den Inhalt des am … 2008 auf S. … im X abgedruckten Artikels „…“ verantwortlich ist, Auskunft zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Nennung von Name und Anschrift des Verfassers des Artikels aus § 242 BGB hat.

Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Rechtspflicht zur Auskunftserteilung gibt es nach ständiger Rechtsprechung nicht. Ohne solche besonderen Rechtsgründe kommt ein Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben nur in Betracht, wenn zwischen den Parteien eine Sonderbeziehung besteht, die es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. nur Palandt / Heinrichs, 68. A., §§ 260, 261 BGB Rn. 8 mit Rechtsprechungshinweisen). Vorliegend besteht dabei die Besonderheit, dass der Kläger Auskunft von der Beklagten begehrt, um Ansprüche gegen einen Dritten – hier den Verfasser des Artikels – geltend zu machen. Zwar ist Schuldner des Auskunftsanspruchs in der Regel der Schuldner des Hauptanspruchs, d.h. derjenige, gegen den der Leistungsanspruch erhoben werden soll; ausnahmsweise kann sich aus Treu und Glauben aber auch eine Auskunftspflicht von Dritten ergeben, die – wie hier die Beklagte – nicht Schuldner des verfolgten Hauptanspruchs sind (Palandt / Heinrichs, a.a.O. Rn. 14).

Eine solche Auskunftspflicht der Beklagten hat das Landgericht aber zumindest im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Dabei kann offen bleiben, ob zwischen den Parteien die auch in dem Fall des Auskunftsverlangens gegenüber einem Dritten erforderliche Sonderbeziehung (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1984, 670) besteht und ob – wie das Landgericht argumentiert – ein Auskunftsanspruch bereits deshalb ausscheidet, weil der Kläger keine einem Auskunftsanspruch vorgelagerten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Verfasser des Artikels hat. Einem Auskunftsanspruch des Klägers steht nämlich das als Teil der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geltende Prinzip der Berechtigung der Medien entgegen, ihre Quellen nicht offenbaren zu müssen (vgl. dazu BVerfG, NJW 1966, 1603). Die in Art. 5 Abs. 1 GG gesicherte Eigenständigkeit der Presse reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Deshalb gehört zur Pressefreiheit auch ein gewisser Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Presse und privaten Informanten. Er ist unentbehrlich, da die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich darauf verlassen kann, dass das "Redaktionsgeheimnis" gewahrt bleibt (BVerfG, a.a.O.). Dieses Prinzip findet auch seinen Niederschlag in den Vorschriften der ZPO und der StPO zur Zeugnisverweigerung von Pressemitarbeitern. So bestimmen §§ 383 Abs 1 Ziff. 5 BGB, 53 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5, S. 2 StPO, dass für Mitarbeiter an periodischen Druckwerken keine Aussagepflicht insbesondere über die Person des Verfassers eines Beitrags besteht. Dementsprechend gibt es keinen Anspruch des von einer Berichterstattung Betroffenen gegenüber den Medien auf Aufklärung darüber, aus welchen Quellen sie bestimmte Informationen erhalten haben bzw. wer einen Artikel verfasst hat (vgl. auch Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 7.39, 8.6).

Der Betroffene, der sich durch einen Beitrag in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt fühlt, wird dadurch nicht rechtlos gestellt. Zum einen hat er nach § 7 Abs. 1 Hessisches Pressegesetz einen Anspruch auf Nennung von Namen und Anschrift des verantwortlichen Redakteurs; zum anderen haftet der Verleger selbst für die zivilrechtlichen Folgen seiner Medienberichterstattung in vollem Umfang. Dem Kläger hätte es demnach freigestanden, sich mit seinen Ansprüchen gegen die Beklagte selbst zu wenden. Ein Auskunftsanspruch auf Nennung von Namen und Anschrift des Verfassers besteht demgegenüber nicht.

III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Die Festsetzung des Streitwerts für die Berufung beruht auf §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.

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