Private Hochzeit?

14. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Der Frau eines bekannten  Fernsehmoderators wurde eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000 € zugesprochen, weil eine Zeitschriftenverlegerin unberechtigter Weise Fotos von der Trauungszeremonie der Klägerin machte und diese in ihrer Zeitschrift veröffentlichte. Die Richter des Landgerichts Köln begründeten die Geldentschädigung damit, dass die Klägerin durch die Veröffentlichung der Fotos auf erhebliche Weise in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, v.a. weil sie Maßnahmen getroffen hat um die Hochzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollziehen zu können.

Landgericht Köln

Urteil vom 30.07.2008

Az.: 28 O 148/08

Tenor:

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt,

1.
an die Klägerin eine Geldentschädigung von 15.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2008 zu zahlen,

2.
an die Klägerin 1.365,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 24 %, die Beklagte zu 76 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrages. Ihr wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Ehefrau des Fernsehmoderators G… J…, die Beklagte verlegt die Zeitschrift „F… R…“. Die Klägerin macht Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Hochzeitsfotos durch die Beklagte geltend.

Die Klägerin heiratete im Sommer 2006 ihren langjährigen Lebensgefährten, Herrn G… J…. Die standesamtliche Trauung fand in einem abgegrenzten Bereich im Schloss Belvedere auf dem Pfingstberg, die kirchliche Trauung in der Friedenskirche, beides in Potsdam, statt. Das Paar wünschte, dass die Hochzeit in einem ausschließlich privaten Rahmen stattfindet und keine Medienberichterstattung über die konkreten Abläufe und Ausstattungen erfolgt; dies auch, um am Tag der Hochzeit von PaparazziJagden verschont zu bleiben und ihre Kinder vor Berichterstattung zu schützen. Im Vorfeld der Hochzeit gaben die Klägerin und ihr Ehemann der Presse – auch der Beklagten – durch presserechtliches Infoschreiben (Anlage K 1, Bl. 18 d.A.) bekannt, dass sie keinerlei Berichterstattung in Wort und Bild über ihre Hochzeitsfeier wünschten. Die Einladung wurde nur an die konkret eingeladenen Gäste verschickt und nicht offiziell bekannt gegeben oder an die Medien verschickt. Die Örtlichkeiten wurden so ausgesucht, dass die Feierlichkeiten bzw. die Zeremonie selbst nicht oder nur von außen schwer einsehbar waren. Das Gelände des Schlosses Belvedere war über seine Außenmauer hinaus weiträumig abgesperrt, genauso wie der Bereich der Gästezufahrt. Zu den Feierlichkeiten waren keine Pressefotografen oder andere professionelle Fotografen zugelassen. Als sich noch vor Beginn der Feierlichkeiten im Schloss Belvedere herausstellte, dass mehrere Fotografen dennoch das Gelände betreten und sich in unmittelbarer Nähe zum Gebäude aufhalten würden, erklärten der Chef der eigens engagierten Sicherheitsmanagementfirma und auch die Verwaltung des Pfingstberges den Pressevertretern gegenüber ausdrücklich, dass der gesamte Geländebereich der Anlage während der Dauer der Feierlichkeiten Privatgelände sei. Danach wurde das Gelände an den gefährdeten Stellen mittels Flatterband abgesperrt.

Nachdem bereits vor der Hochzeit in der BILD-Zeitung am 27.03.2006 ein Bericht unter der Überschrift „Märchen-Hochzeit im Schloss“ erschienen war, in dem nicht nur über die Örtlichkeiten der Hochzeitsfeier, sondern auch über Details (katholischer Pfarrer, Bläserchor, Einladungen, Polterabend im Restaurant, Feinkosthändler, Veranstaltungsagentur) berichtet worden war, erwirkten die Klägerin und ihr Mann bei dem Landgericht Berlin hiergegen eine einstweilige Verfügung, die vom Kammergericht weitestgehend bestätigt wurde mit der Ausnahme, dass wegen der überragenden Prominenz des Ehemannes der Klägerin als Fernsehmoderator und Werbeträger der Ort der standesamtlichen und kirchlichen Trauung und der Ort der Hochzeitsfeier veröffentlicht werden durften. Dieser Rechtsstreit war Gegenstand der Berichterstattung in nahezu allen Medien, auch in dem hier streitgegenständlichen Bericht der Beklagten in der F -R Nr. 30/2006 (Anlage K 5, Bl. 32 d.A.) mit der Überschrift:
   
„Nach 18 Jahren heiratete er seine T…
G… J…
Warum wollte er sein Glück nicht mit seinen Fans teilen?“

Im Vorspann zu dem Artikel war ausgeführt: „Bei seiner Trauung und den anschließenden Feierlichkeiten schloss der TV-Moderator alle Journalisten aus und verbat sich jede Berichterstattung. Ergebnis: ein seltsames Spektakel …“. Im Beitrag selbst wurde über die weiträumige Absperrung berichtet und ausgeführt „…Nicht etwa um den US-Präsidenten vor einem Attentat zu schützen, sondern um dem Wunsch des Medienmannes nach privatem Ambiente selbst an den öffentlichsten Plätzen Respekt und Geltung zu verschaffen. J hatte sogar die Gerichte bemüht, um dieses durchzusetzen. …“ Der Beitrag ist mit diversen Fotos in unterschiedlichsten Größen bebildert. Von den beiden größten Fotos zeigt eines den Ehemann der Klägerin und Thomas Gottschalk; das andere, hier streitgegenständliche Lichtbild zeigt die Klägerin beim Warten auf die Trauung im Inneren von Schloss Belvedere, und zwar hinter dem Gemäuer rechts von einer geöffneten Eisengittertür stehend. Eingeblendet ist der Schriftzug: „Die Braut. T… im weißen Hochzeitskostüm – und ein wenig angespannt. Wegen des unnötigen Trubels?“ Die Ausgabe der F -R hatte eine Auflage von über einer Million Exemplaren.

Auf die Aufforderung der Klägerin vom 31.07.2006 gab die Beklagte hinsichtlich des Bildnisses eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die Begleichung der Anwaltsgebühren genauso wie die Zahlung einer Geldentschädigung.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Zahlung von beidem geltend, wobei sie die Geldentschädigung mit mindestens 20.000,00 € bemisst. Sie behauptet, das Bild habe nur mit Hilfe eines starken Teleobjektivs und unter Ausnutzung eines extrem schrägen Winkels hergestellt werden können. Zudem habe ein starkes Zoom eingesetzt werden müssen. Sie ist der Ansicht, in der Veröffentlichung liege eine besonders schwere und hartnäckige Verletzung ihrer Privatsphäre zur Verfolgung kommerzieller Zwecke der Beklagten. Der Bildnisveröffentlichung habe kein überwiegendes öffentliches Interesse gegenübergestanden. Zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin sich in dem intimen Moment vor der Trauung habe unbeobachtet fühlen dürfen. Die Beklagte habe sich bewusst über die Bitte der Klägerin und Gerichtsentscheidungen hinweggesetzt. Besonders schwer wiege hierbei, dass die Klägerin zuvor alles getan habe, um sich vor Paparazzi zu schützen. Den bewussten Rechtsbruch habe die Beklagte – anders als die überwiegende Zahl der Medien, die sich an den Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medien gehalten hätten – begangen, um sich von der Konkurrenz abzuheben und durch die Exklusivität ihre Auflage zu steigern. Besonders schwerwiegend sei der Verstoß auch deshalb, weil der ganze Artikel nur von den Bemühungen des Paares gehandelt habe, ungestört heiraten zu dürfen. Es bestehe auch kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Textes und des hier angegriffenen Bildes. Die Klägerin sei keine Person der Zeitgeschichte, habe in der Vergangenheit bewusst zurückgezogen gelebt und sei gegen jede Berichterstattung vorgegangen, die sich mit ihrem Ehe- und Beziehungsleben auseinandergesetzt habe, was auch der Yellow Press bekannt sei. Der Verstoß sei auch nicht auf andere Weise auszugleichen.

Der Höhe nach sei ein Ausgleichsanspruch von mindestens 20.000,00 € gerechtfertigt, da die Beklagte ihr Recht auf Privatsphäre auf besonders zynische Weise und ihren ausdrücklich geäußerten Willen ignoriert habe, um die Neugier der Leser zu befriedigen und hierdurch ihre eigenen kommerziellen Interessen zu verfolgen, was sich auch aus der Veröffentlichung des Beitrags an besonders prominenter Stelle zeige.

Die Erstattung der Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruches mit 20.000,00 € bei Ansatz einer 1,3-Gebühr in Höhe von 997,37 € sei ebenso gerechtfertigt wie die Erstattung der 0,65-Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruches in Höhe von 20.000,00 € in Höhe von 419,19 €.

Die Klägerin beantragt,
   
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.417,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

Die Beklagte beantragt,
   
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Bild sei nicht so entstanden wie die Klägerin dies vortrage, was an der Präsentation des Gästeaufmarsches in dem Artikel zu ersehen sei. Daher sei insbesondere kein starkes Zoom eingesetzt und kein starker Winkel gewählt worden. Insbesondere ergebe eine Gesamtbeurteilung der Umstände, dass ein Anspruch nicht bestehe. Insbesondere liege schon keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Weiterhin sei die Hochzeit von G… J… als des bekanntesten deutschen Fernsehmoderators ein zeitgeschichtliches Ereignis ersten Ranges gewesen, weshalb sie auf breiteste mediale Resonanz gestoßen sei. Auch an der Klägerin als seiner nunmehrigen Ehefrau habe ein berechtigtes Informationsinteresse bestanden.

Es fehle auch an einem Verschulden der Beklagten. Entschädigungswürdig sei die Veröffentlichung nur, wenn der betreffenden Redaktion eine besonders grobe Missachtung der sie treffenden Sorgfalt vorzuwerfen ist. Das Anstellen komplexer rechtlicher Erwägungen könne von einem Laien – wie der Beklagten – nicht erwartet werden.

Schließlich sei im Rahmen der Gesamtbetrachtung ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht gegeben. Da vorwiegend Präventionserwägungen anzustellen seien, fehle dieses bei Überzeichnungen, die für sich genommen zwar schwer wiegen, wegen der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles aber keine Beeinträchtigung des Lebensbildes oder der Persönlichkeit des Betroffenen darstellen. Es komme hinzu, dass es sich lediglich um einen ultima-ratio-Rechtsbehelf handele. Ein Anspruch, bestehe er dennoch, sei jedenfalls nicht in der beantragten Höhe gegeben. Auch der Gegenstandswert bei der Geltendmachung der Anwaltskosten sei übersetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.

Gründe:

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

Der Klägerin steht wegen der streitgegenständlichen Bildberichterstattung aus § 823 Abs. 1 BGB, 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 KUG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 15.000,00 € nebst Zinsen zu; weiterhin besteht ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs in voller Höhe sowie anteilig der Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung des Gelderstattungsanspruchs. Es ist nach den gesamten Umständen davon auszugehen, dass die Beklagte durch die Bildnisveröffentlichung das Persönlichkeitsrecht der Klägerin schwerwiegend verletzt hat und dass dies schuldhaft geschah. Die Verletzung ist nicht anderweitig auszugleichen. Schließlich ergibt sich bei Abwägung aller Umstände auch ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung eines Geldentschädigungsanspruches. Im Einzelnen gilt
Folgendes:

I.
Durch die streitgegenständliche, ohne die erforderliche Einwilligung erfolgte Veröffentlichung ist die Klägerin in ihrem Recht am eigenen Bild, § 22 KUG, rechtswidrig verletzt worden; die Veröffentlichung ist auch nicht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt, weil dieser bei Abwägung der maßgeblichen Kriterien ein berechtigtes Interesse der Klägerin entgegensteht, § 23 Abs. 2 KUG. Ungeachtet des Umstandes nämlich, dass es sich um ein Bildnis „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ handelt, ist es unter Missachtung der Privatsphäre der Klägerin entstanden, deren Schutz in concreto vorrangig ist.

1.
Unzweifelhaft stellt die Hochzeit des Fernsehmoderators G… J… ein Ereignis der Zeitgeschichte dar. Zur Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zählen alle Erscheinungen im Leben der Gegenwart, die von der Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter Kreise sind. Der Begriff ist nicht auf historisch bedeutsame Ereignisse beschränkt, sondern umfasst nach gängiger Definition jede Abbildung, oder Darstellung einer Person, die ständig oder nur vorübergehend im Blickfeld wenigstens eines Teils der Öffentlichkeit steht und an der die Allgemeinheit ein legitimes Informationsinteresse hat (BVerfG GRUR 2000, 446, 452 – Caroline von Monaco). Insbesondere im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (BGH, Urteil vom 06.03.2007, Az. VI ZR 14/06). Es bedarf keiner vertieften Darlegung, dass die Hochzeit von G… J…, der zu den bekanntesten und beliebtesten Fernsehmoderatoren gehört, dem „Zeitgeschehen“ im Sinne der aufgeführten Rechtsprechung zuzuordnen ist. Seiner Präsenz in den Medien entspricht umgekehrt ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an seiner Person. Es kommt hinzu, dass die Hochzeitsfeier an solchen Orten stattfand, die als bekannte Sehenswürdigkeiten gelten und dass auch eine Vielzahl der Eingeladenen zum Kreis derjenigen gehören, die aus Sport, Medien, Wirtschaft und Politik bekannte Persönlichkeiten sind. Auch an der Klägerin als der Braut von G… J… bestand zu diesem Anlass unzweifelhaft ein Berichterstattungsinteresse. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, zu erfahren, inwieweit Personen, die als Vorbild gelten, funktionales und persönliches Verhalten überzeugend in Übereinstimmung bringen (BVerfG, a.a.O.). An diesem Interesse nahm die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Hochzeit teil. An ihrer Person bestand jedenfalls ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit. Die „Begleiter-Situation“ ist insoweit ein zeitgeschichtlicher Vorgang wegen des Interesses an der absoluten Person der Zeitgeschichte, das auf die Person ausstrahlt, von dem jene in der Öffentlichkeit begleitet wird (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1923 – Fotoberichterstattung über Personen der Zeitgeschichte).

2.
Angesichts der besonderen Umstände standen der Veröffentlichung des Bildes jedoch überwiegende berechtigte Interessen der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegen, weil es sie in einem der Privatsphäre zuzuordnenden Rückzugsbereich zeigt.

Vom Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit ist neben dem Recht am Bild auch der Schutz der Privatsphäre umfasst. Dieser Schutz hat verschiedene Dimensionen. In thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, in Ruhe gelassen zu werden. Die Grenzen der geschützten Privatsphäre lassen sich nicht generell und abstrakt festlegen (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793, 1794). Vielmehr lässt sich die Frage, ob bei einem Aufenthalt außerhalb des eigenen häuslichen Bereichs die Voraussetzungen einer solchen Abgeschiedenheit erfüllt sind, nur situativ aufgrund der jeweiligen Beschaffenheit des Ortes beantworten, den der Betroffene zum fraglichen Zeitpunkt aufgesucht hat. Ausschlaggebend ist, ob der Einzelne eine Situation vorfindet oder schafft, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein (BVerfG NJW 2000, 1021, 1023 – Caroline von Monaco). Ist dies der Fall, setzt eine Verletzung der Privatsphäre weder voraus, dass der Betroffene im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit sich in einer Weise verhalten hat, die er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde, noch, dass die Aufnahmen heimlich oder in überrumpelnder Weise gemacht wurden (vgl. von Strobl-Albeg in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 8.68). Dabei setzt die Annahme der Abgeschiedenheit kein Alleinsein oder eine fremden Blicken völlig entzogene Örtlichkeit voraus. Auch wer sich den Augen einer begrenzten Öffentlichkeit aussetzt, kann geschützt sein, denn es macht einen entscheidenden Unterschied, ob jemand lediglich von den zufällig anwesenden Personen seiner Umgebung gesehen und beobachtet werden kann oder ob in einer solchen Situation Fotografien von ihm hergestellt werden zu dem Zweck, diese in der Öffentlichkeit zu verbreiten (BGH NJW 1996, 1128, 1130).

In einem derart abgeschiedenen Bereich befand sich die Klägerin zur Zeit der Erstellung des Lichtbildes, wenngleich sie – was am Rande des Fotos erkennbar ist – nicht allein war. Entscheidend ist, dass das Schloss Belvedere zum Zeitpunkt, als das Bild entstand, unstreitig weiträumig abgesperrt war und die Klägerin sich in seinem Inneren befand. Es war Privatgelände, zu dem nur die geladenen Gäste und diejenigen Personen Zutritt hatten, die für die (ungestörte) Durchführung der Hochzeitsfeierlichkeiten sorgen sollten, wie z.B. das Sicherheitspersonal. Diese Sicherungen entsprachen dem gegenüber den Medien geäußerten Wunsch des Hochzeitspaares, bei den Feierlichkeiten ungestört sein zu wollen, ohne dass sie von Außenstehenden beobachtet oder fotografiert werden. Der Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, das Merkmal der Abgeschiedenheit in Frage zu stellen. Alleine ihr Bestreiten, das Bild sei gegenüber dem Vortrag der Klägerin nicht mit starkem Zoom oder aus einem scharfen Winkel aufgenommen worden, ist demgegenüber unerheblich. Auch sind die Hochzeitsgäste, wie sich aus dem jeweiligen Bildhintergrund erkennen lässt, an anderen Stellen fotografiert worden als die Klägerin. Da der Ort der Aufnahme des Bildes ein Vorgang ist, der notwendigerweise der Kenntnis der Klägerin entzogen ist, dieser vielmehr aus dem Bereich der Beklagten stammt, trifft die Beklagte insoweit bereits nach allgemeinen Grundsätzen eine erweiterte Darlegungslast (Zöller-Greger, ZPO, vor § 284, Rn. 34). Dies ist für die Frage der Umstände, unter denen ein Lichtbild entstanden ist ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden (BVerfG NJW 2008, 1793, 1797). Im übrigen ist, wie dargelegt, die Entstehungsweise des Bildes unerheblich, wenn sich der Betroffene in örtlicher Abgeschiedenheit befand.

3.
Bei der Abwägung des Schutzes der Persönlichkeit der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG einerseits und der Pressefreiheit andererseits im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildes hat die Kammer auch bedacht, dass der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen ist, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet. Gerade bei unterhaltenden Inhalten kommt bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, etwa der Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen. Von Bedeutung sind, soweit die Bildberichterstattung betroffen ist, auch ihr Anlass sowie die Umstände, unter denen die Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793, 1796). Hierzu kann ferner der Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung gehören, wenn nicht das Bild als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält (BVerfG a.a.O.). Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes wird neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, auch bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt (BVerfG a.a.O., 1797). Hier war unter Berücksichtigung der Darlegungslast zu den Umständen der Aufnahme zu berücksichtigen, dass – wie dargelegt – zwar die Erwähnung der Hochzeit als solche und auch die Bekanntgabe der Örtlichkeiten, an denen sie gefeiert wurde, im vorrangig schützenswerten Interesse der Öffentlichkeit stand. Die streitgegenständliche Abbildung der Klägerin als Person indes hat keinen zugunsten der Beklagten schützenswerten Informationswert. Als Person war sie dadurch bekannt, dass sie zuvor an der Seite von G… J… bei Anlässen als seine Lebensgefährtin gezeigt worden ist, wie z.B. die Anlage B 5 belegt, wo das Paar beim Besuch des Endspiels abgebildet ist. Der Text der Bildunterschrift mit der Erwähnung des schlichten weißen Kleides, insbesondere aber des vermeintlichen Angespanntseins der Klägerin sind keine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsamen Aussagen, jedenfalls hat die Beklagte hierzu nicht vorgetragen, welcher Aussagewert von öffentlichem Interesse damit verbunden war. Auch das Thema des Berichts, die aus der Sicht der Beklagten übertriebene Abschottung der Feierlichkeiten durch das Brautpaar, wird durch das gerade entgegen ihren ausdrücklichen Anordnungen doch entstandene Lichtbild aus dem Inneren des Schlosses nicht illustriert, sondern – deutlich nach außen getragen – konterkariert. Umgekehrt lässt gerade die Situation der Klägerin kurz vor ihrer standesamtlichen Trauung sie vielmehr besonders schützenswert erscheinen; die Veröffentlichung des in dieser Situation entstandenen Fotos konnte nur die Neugier der Leser der Beklagten befriedigen. Das Bild unterscheidet sich zudem thematisch deutlich von üblicherweise veröffentlichten Hochzeitsbildern, bei denen das Paar auf dem Weg zur Trauung oder danach gemeinsam abgebildet wird; das streitgegenständliche Foto zeigt gleichsam den Moment vor Beginn der Zeremonie, der den Betroffenen bei Hochzeiten auch üblicherweise ganz persönlich
„gehört“.

II.
Die Kammer geht ferner davon aus, dass die streitgegenständliche Persönlichkeitsrechtsverletzung schwer wiegt. Ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in einem Maße schwer wiegt, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung gerechtfertigt ist, lässt sich immer nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalles ermitteln. Die Entscheidung hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Verletzers sowie dem Grad des Verschuldens ab (BGH NJW 1996, 1131, 1134 – Lohnkiller). Während bei Wortberichterstattung die Verletzungsschwere insbesondere auch aus der Verletzung der persönlichen Eigensphäre folgen kann, ist bei der Verletzung des Rechts am eigenen Bild darüber hinaus zu berücksichtigen, dass dem Verletzten keine anderen Abwehrmöglichkeiten wie etwa ein Widerruf zur Verfügung stehen. Deswegen kann insoweit die Zubilligung einer Geldentschädigung auch bei weniger schwerwiegenden Eingriffen in Betracht kommen, dabei ist insbesondere der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (BGH NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke).
Typischerweise kommt die Zubilligung einer Geldentschädigung in Betracht, wenn die persönliche Eigensphäre verletzt worden ist, insbesondere in Gestalt der Geheim- und der Intimsphäre. Aber auch Berichte über die Privatsphäre können über die erforderliche Eingriffsintensität verfügen, jedenfalls bei wiederholter, hartnäckiger und nachhaltiger Verletzung des Persönlichkeitsbereichs (BGH NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke; Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 14.102
f.).

Vorliegend geht die Kammer aus dem Gesamtzusammenhang davon aus, dass eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzunehmen ist. Die Klägerin und ihr Ehemann haben im Vorfeld der Hochzeit alles getan, um sich gegen Paparazzi zu schützen und hatten dementsprechend die Medien zuvor informiert. Sie hatten, um ihrer Bitte Nachdruck zu verleihen, den Förderverein, dem die Nutzung des Pfingstberges übertragen ist, veranlasst, das Gelände am Tag ihrer Hochzeit zu Privatgelände zu erklären und hatten zusätzlich eine Sicherheitsmanagementfirma engagiert, seitens derer die Erklärung nochmals abgegeben worden ist und die auch für eine weiträumige Absperrung mittels Flatterband gesorgt hat. Sie sind gegen eine im Vorfeld der Hochzeitsfeierlichkeiten geschehene Veröffentlichung im Wege der einstweiligen Verfügung vorgegangen, durch die Einzelheiten des geplanten Ablaufs vorab mitgeteilt worden war. Dies hat nochmals das Interesse der Öffentlichkeit auf den Umstand gelenkt, wo die Grenzen zulässiger Berichterstattung zu ziehen waren. Jedenfalls die Entscheidung des Kammergerichts zur Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin vom 23.06.2006 – 9 U 133/06 – (Anlage K 4) hat die Grenzen zwischen den berechtigten Informationsinteressen der Öffentlichkeit einerseits und dem Recht der Klägerin und ihres Ehemannes auf Privatsphäre aus Anlass ihrer Hochzeit ganz klar gezogen. Die Gerichtsentscheidungen, die in den Medien bekannt geworden sind und die die Beklagte auch zum Anlass ihrer Berichterstattung herangezogen hat, zeigten deutlich, dass eine Bildberichterstattung durch Abbildung der Klägerin aus dem Inneren des Schlosses Belvedere unzweifelhaft rechtswidrig sein würde. Über den ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen der Klägerin hat sich die Beklagte, was sich auch aus der Veröffentlichung selbst ergibt, hinweggesetzt. Diese bewusste und offenkundige Missachtung des ihr bekannten Wunsches der Klägerin ist ein bei der Abwägung zu berücksichtigender Umstand (BGH NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke). Es kommt hinzu, dass der Artikel, der den besonderen Wunsch des Ehepaares J thematisierte, in offenkundiger Weise zeigte, dass die Beklagte deren Anliegen nicht nur kritisierte, sondern zugleich deutlich machte, welche Möglichkeiten – jedenfalls mittels Rechtsbruchs – ihr zur Verfügung stehen, um sich darüber hinwegzusetzen.

Es kommt ferner die Art und Weise der Entstehung der Fotos hinzu, die nur unter Überwindung erheblicher Schutzmechanismen und unter Ausnutzung der technischen Möglichkeiten gemacht worden sein können. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der Berücksichtigung finden muss. In seiner Entscheidung vom 26.02.2008 hat das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793 ff.) u.a. ausgeführt:
   
“Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen von ihr zu lösen und das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren (vgl. BVerfGE 101, 361 [381] = NJW 2000, 1021). Je leichter dies ist, umso größer kann das Schutzbedürfnis sein.
So sind mit dem Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der Gefährdung von Persönlichkeitsrechten verbunden (vgl. BVerfGE 101, 361 [381] = NJW 2000, 1021). Die zunehmende Verfügbarkeit kleiner und handlicher Aufnahmegeräte, wie etwa in ein Mobiltelefon integrierter Digitalkameras, setzt insbesondere prominente Personen gesteigerten Risiken aus, in praktisch jeder Situation unvorhergesehen und unbemerkt mit der Folge fotografiert zu werden, dass das Bildnis in Medien veröffentlicht wird. Ein besonderer Schutzbedarf kann sich ferner aus einem heimlichen oder überrumpelnden Vorgehen ergeben (vgl. BVerfGE 101, 361 [394f.] = NJW 2000, 1021). Für den Schutzbedarf ist ebenfalls von Bedeutung, in welcher Situation der Betroffene abgebildet wird, etwa in seinem gewöhnlichen Alltagsleben oder in einer Situation der Entspannung von Beruf und Alltag, in der er erwarten darf, keinen Bildnachstellungen ausgesetzt zu sein.“

Die Situation, in der die Klägerin fotografiert worden ist, zeigt sie dementsprechend in einem sehr privaten Moment, in dem sie zudem mit der Fertigung von Fotografien nicht zu rechnen brauchte. Sie wartete im Inneren des Gebäudes auf die Trauzeremonie. Es kommt hinzu, dass die Klägerin nicht der Teil des Brautpaares ist, dem das vorrangige Interesse der Öffentlichkeit gilt. Es ist bekannt, dass sie ihr Privatleben nicht in der Öffentlichkeit ausbreitet und gegen jede Berichterstattung vorgegangen ist, die sich mit ihrem Ehe- und Beziehungsleben auseinandersetzte. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Beklagte ausschließlich eigene kommerzielle Interessen verfolgte, als sie die Bildveröffentlichung an hervorgehobener Stelle in der Ausgabe der F… R… vornahm. Anders als die überwiegende Zahl der Medien, die sich an die Bitte der Klägerin und ihres Ehemannes hielten, nutzte sie die vermeintliche Exklusivität der Aufnahmen aus, um hieraus zu profitieren. Dabei verkennt die Kammer durchaus nicht, dass die Hochzeit von G… J… als solche durchaus in den Augen der Presse ein zeitgeschichtliches Ereignis ersten Ranges gewesen sein mag; allerdings waren die Grenzen der Berichterstattung klar abgesteckt.

III.
Die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung einer Geldentschädigung, nämlich, dass der Verletzer schuldhaft handelt, ist nach den Darlegungen unter II. anzunehmen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass ein schweres Verschulden im Sinne von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit dem Grunde nach nicht einmal erforderlich ist (Burkhardt in Wenzel, a.a.O., Rn. 14.115 m.w.N.), dass sich andererseits aus einem schweren Verschulden jedoch gerade die Schwere des Eingriffs ergeben kann (BGH NJW 1996, 1131, 1135 – Lohnkiller) oder umgekehrt sein Fehlen bei der Gesamtabwägung mitentscheidend sein kann, dass ein Anspruch auf Geldentschädigung zu verneinen ist.

Vorliegend ist allerdings davon auszugehen, dass die Beklagte ein schweres Verschulden trifft. Dass sie angesichts der bekannt gewordenen und in den Medien diskutierten Einschränkungen der Berichterstattung durch das Brautpaar, die zudem bekanntermaßen auch Gegenstand von Gerichtsentscheidungen geworden sind, dennoch die streitgegenständliche Bildveröffentlichung vornahm, obwohl das Bild erkennbar im Inneren von Schloss Belvedere entstanden war, ist als vorsätzliches Handeln zu bewerten. Die besonders grobe Missachtung der Sorgfaltspflicht der Beklagten ergibt sich gerade aus der Gegenüberstellung von Text – hier die „untersagte“ Berichterstattung – und dem streitgegenständlichen Foto, das zeigt, dass sich die Beklagte über das Verbot bedenkenlos hinweggesetzt hat. Dies zu erkennen bedurfte es keiner juristischen, sondern nur journalistischer Vorkenntnisse, die bei der Beklagten vorausgesetzt werden können.

IV.
Eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Entschädigung in Geld ist gegen die geschehene Bildveröffentlichung nicht erkennbar. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht darin, dass dem Verletzten – anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann – gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf Geldentschädigung zu Gebote stehen. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (BGH NJW 1996, 985, 986 – Kumulationsgedanke). Aus diesem Grund sind bei Bildnisfällen keine überzogenen Anforderungen an die Subsidiarität des Anspruchs zu stellen (Wankel, Foto- und Bildrecht, rn. 269). Der gegen die Beklagte durchgesetzte Unterlassungsanspruch kann keine Kompensation mit sich bringen, andere Rechtsbehelfe, die demselben Ziel dienen könnten, sind nicht erkennbar.

V.
Schließlich geht die Kammer davon aus, dass die Gesamtbeurteilung aller maßgeblichen Umstände ergibt, dass für die Zuerkennung einer Geldentschädigung ein unabwendbares Bedürfnis besteht. Ein solches liegt in der Regel vor, wenn sich der Angriff gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richtet oder wenn die Persönlichkeitsverletzung das Schamgefühl berührt, zu Peinlichkeiten führt, wenn sie ein Gefühl des Ausgeliefertseins verursacht. Ob eine solche Folge eintritt, kann das Gericht in der Regel aufgrund der Lebenserfahrung oder gerichtsbekannter Umstände beurteilen (Burkhardt, a.a.O., Rn. 14.128). Bei der Abwägung ist auch die Zweckbestimmung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Es handelt sich bei ihr um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 I GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre Grundlage in § 823 I BGB findet, beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen (BGH NJW 1996, 985, 987 – Kumulationsgedanke).

Der Beklagten ist zuzugeben, dass das Foto, das die Klägerin zeigt, nicht geldentschädigungswürdig wäre, wäre es in einer nicht der örtlichen Abgeschiedenheit zuzurechnenden Situation entstanden: es zeigt weder ihren Intimbereich noch stellt es sie ungünstig oder verzerrt dar. Indes sind die in dieser Entscheidung bereits dargestellten Umstände, unter denen es entstand – insbesondere unter „Eindringen“ in den privaten Schutzbereich mittels einer Kamera und die private Situation kurz vor der Eheschließung, in der sie gezeigt wird, in Verbindung mit dem besonders hartnäckigen Verstoß der Beklagten insgesamt geeignet, zum Ergebnis der Unabwendbarkeit zu führen, zumal die Beklagte einzig ihres eigenen wirtschaftlichen Vorteils wegen handelte. Insoweit war insbesondere der vom Bundesgerichtshof in der aufgeführten Entscheidung ins Feld geführte Kumulationsgedanke zu berücksichtigen, der der Verletzung des Persönlichkeitsrecht seine besondere Schwere verlieh. Dies gilt auch für den Grad des Verschuldens der Beklagten. Auf die vorangegangenen Darlegungen wird insoweit Bezug genommen.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass selbst dann, wenn einzelne Bildveröffentlichungen nicht zu einer Geldentschädigung Anlass geben würden, die aus deren Kumulation erkennbare Hartnäckigkeit sowie ein bewusstes Hinwegsetzen über die Wünsche des Betroffenen ein Geldentschädigungsanspruch zu gewähren ist. Der Bundesgerichtshof hat hierzu Folgendes ausgeführt (BGH NJW 1996, 985 ff. – Kumulationsgedanke):
   
„Die Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt hat, erschöpft sich jedoch nicht in der bloßen Veröffentlichung der Fotos. Sie erhält vielmehr ihr besonderes Gewicht dadurch, daß die Beklagte durch die wiederholte einwilligungslose Veröffentlichung der Fotos des Klägers dessen Recht am eigenen Bild mit besonderer Hartnäckigkeit verletzt und sich zumindest bei der letzten Veröffentlichung über den ihr ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen des Klägers hinweggesetzt hat. Zu dem wiederholten Rechtsbruch der Beklagten, der in der einwilligungslosen Veröffentlichung der Fotos bestand, trat damit die bewußte und offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Klägers hinzu. Dabei handelte die Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen. Dies bedeutet, daß die Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt hat, nach ihrer Intensität, dem Beweggrund der Beklagten und dem Grad ihres Verschuldens als so gewichtig zu werten ist, daß sie die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung gebietet.“

Die besondere Hartnäckigkeit des Vorgehens der Beklagten ist vorliegend zu bejahen, auch wenn es nicht zu einer wiederholten Veröffentlichung gekommen ist. Indes kann – wie im Streitfall geschehen – die erforderliche Hartnäckigkeit sich auch bereits in einer einzigen Veröffentlichung zeigen. Diese Hartnäckigkeit der Beklagten hat sich darin gezeigt, dass sie es trotz aller Schutzmaßnahmen geschafft hat, an ein Foto aus dem Inneren des Schlosses Belvedere zu kommen, das die Klägerin noch dazu in dem besonderen Moment kurz vor ihrer Trauung zeigt. Durch die Veröffentlichung hat sie sich zugleich über den erklärten Willen des Brautpaares hinweggesetzt – dies erklärtermaßen bewusst und demonstrativ. Es kommt hinzu, dass die Klägerin nicht die Person ist, der vorrangig das Interesse der Medien gilt, sondern dass dies „nur“ als die Lebenspartnerin ihres Ehemannes der Fall ist; trotzdem war sie diejenige, von der ein Bild veröffentlicht wurde, auf dem sie ohne ihn zu sehen ist. Der Umstand, dass es trotz der umfangreichen Sicherungsmaßnahmen gelingen konnte, ein Foto aus dem Inneren des Schlosses zu veröffentlichen, ist objektiv geeignet, bei der Klägerin ein Gefühl des Ausgeliefertseins ihrer Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit zu erzeugen. Es zeigte deutlich, dass es trotz der enormen Sicherheitsvorkehrungen und der Beschränkungen für die Presse möglich war, an Fotografien aus ihrer Privatsphäre zu gelangen.

Die Kammer hat bei der Abwägung auch bedacht, dass das unabwendbare Bedürfnis für eine Geldentschädigung fehlen kann, wenn der Betroffene hat erkennen lassen, dass er sich nicht beeinträchtigt fühlt, so dass in diesem Fall ein Genugtuungsbedürfnis zu verneinen wäre. Dies kann sich unter anderem auch daran zeigen, dass bis zur Geltendmachung des Anspruchs eine lange Zeitspanne vergangen ist (Burkhardt, a.a.O., Rn. 14.130). Zwar ist die Klageschrift in dieser Sache erst etwa 1 ¾ Jahr nach der streitgegenständlichen Berichterstattung und der Ablehnung einer Geldentschädigung durch die Beklagte eingegangen, jedoch belegt dieser Umstand nicht, dass die Klägerin hierdurch gezeigt hat, sich nicht beeinträchtigt zu fühlen. Die Klägerin hat zunächst aus prozessökonomischen Gründen wegen der Berichterstattung in der B… (Anlage B 5) gegen die Konzernschwestergesellschaft der Beklagten einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg geführt, von der ein sehr ähnliches Bild, freilich in der Situation nach der Trauung und mit anderer Bildunterschrift, erfasst war.

VI.
Insgesamt geht die Kammer davon aus, dass der Klägerin ein Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 15.000,00 € zusteht. Die nochmalige Abwägung aller bereits aufgeführten maßgeblichen Umstände der Entstehung und Veröffentlichung des Bildes, dessen Beschaffenheit selbst führten unter Berücksichtigung der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion sowie des in Fällen vorsätzlicher, rücksichtsloser Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit bei der Bemessung der Geldentschädigung erhöhend zu berücksichtigende Präventionsaspekts (BVerfG NJW 2000, 2187) sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Parteien zur Bemessung des zuerkannten Betrages. Auch der Verbreitungsgrad der Ausgabe, in der das Lichtbild abgedruckt war, mit über 1 Million Exemplaren, hat eine Rolle gespielt. Die Kammer hat dabei insbesondere auch bedacht, dass auf Seiten der Klägerin weniger die Ausgleichs- sondern vielmehr die Genugtuungsfunktion im Vordergrund zu stehen hatte. Daneben spielte, insbesondere unter Berücksichtigung des schweren Verschuldens der Beklagten, auch der Präventionsgedanke eine wichtige Rolle. Hiernach erscheint der Betrag von 15.000,00 € erforderlich, aber auch ausreichend, die Funktion der Geldentschädigung im Streitfalle zu erfüllen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

VI.
Die Klägerin kann ferner gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG von der Beklagten die Erstattung ihrer außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren in Höhe von 997,37 € nebst gesetzlicher Zinsen für die Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs verlangen. Durch die Bildberichterstattung, zu deren Unterlassung sich die Beklagte verpflichtet hat, hat die Beklagte schuldhaft das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt. Die Abmahnung der Klägerin zählt zu den Maßnahmen einer zweckmäßigen Rechtsverfolgung. Die Klägerin kann in der geltend gemachten Höhe nach den §§ 2, 13 RVG Nr. 2400 VV für die Durchsetzung des Anspruchs auf Unterlassung eine 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Kostenpauschale und Mehrwertsteuer beanspruchen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass angesichts des für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblichen Interesses der Klägerin an der Unterlassung angesichts der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung und des Verbreitungsgrades der Ansatz von 20.000,00 € nicht zu beanstanden ist.

Für die außergerichtliche Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruchs in berechtigter Höhe von 15.000,00 € steht der Klägerin entsprechend der Geltendmachung in der Klageschrift ein Anspruch in Höhe von 367,90 € zu. Durch die außergerichtliche Geltendmachung des Schmerzengeldanspruchs ist eine 1,3 Verfahrensgebühr angefallen, die die Klägerin in einer nicht anrechenbaren Höhe von 0,65 geltend machen kann.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

VII.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709 ZPO.

Streitwert:
Antrag zu 1: 20.000,00 €
Antrag zu 2: 997,37 € (im Übrigen Nebenforderung gem. § 4 ZPO)
insgesamt: 20.997,37 €

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