Bildaufnahmen von einer Oper

26. August 2009
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Eigener Leitsatz:

Die Veröffentlichung von Bildaufnahmen von Massenvergewaltigungs- und Nacktszenen im Rahmen einer Opernaufführung berühren das Recht am eigenen Bild der Mitwirkenden. Der Anfertigung von Fotos zur späteren Veröffentlichung steht das berechtigte Interesse der Abgebildeten entgegen, da die Veröffentlichung eines Nacktbildes stets dem Abgelichteten selbst vorbehalten ist. Die Sänger sind auch nicht daher weniger schutzwürdig, wenn sie sich der Öffentlichkeit in der Oper zur Schau stellen. Dies ist eine völlig andere Öffentlichkeit als die, die mit der Veröffentlichung in einer Zeitung erreicht wird.

Verwaltungsgericht Köln

Beschluss vom 07.05.2009

Az.:  6 L 697/09

Tenor:  
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

3. Dieser Beschluss soll den Beteiligten vorab per Telefax bekannt gegeben werden.

Gründe
Der Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, einem von der Antragstellerin zu 1. benannten Fotojournalisten und dem Antragsteller zu 2. Zutritt zu der in der Oper Köln am 09.05.2009 um 19.30 Uhr stattfindenden Premieren-Aufführung der Oper „Samson et Dalila" sowie die Anfertigung von Fotoaufnahmen von der Aufführung zu gestatten,

hilfsweise, einem von der Antragstellerin zu 1. benannten Fotojournalisten und dem Antragsteller zu 2. im Rahmen einer Fotoprobe vor der Premieren-Aufführung der Oper „Samson et Dalila" die Möglichkeit zu geben, Fotoaufnahmen von sämtlichen Szenen der Inszenierung anzufertigen,

hat keinen Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Ist der Antrag – wie vorliegend – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist und dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.

Hiervon ausgehend haben die Antragsteller weder für den Haupt- noch für den Hilfsantrag einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

1. Die Kammer lässt offen, ob sich der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch, selbst bestimmte Fotoaufnahmen während der Premiere der Oper „Samson et Dalila" zu fertigen, überhaupt auf § 4 Abs. 1 Landespressegesetz Nordrhein-Westfalen (LPG NRW) stützen lässt, oder ob dem Informationsanspruch der Antragstellerin zu 1.) nicht ohnehin schon dadurch Rechnung getragen ist, dass die Antragsgegnerin von ihr erstelltes Fotomaterial für die Berichterstattung zur Verfügung stellt (stellen wird).

Ebenso kann dahinstehen, ob dem geltend gemachten Anspruch auf Gestattung von Fotoaufnahmen entgegensteht, dass im Falle einer Zulassung des Antragstellers zu 2.) die Antragsgegnerin im Wege der Gleichbehandlung auch weitere Fotojournalisten zulassen müsste und zumindest bei einer Vielzahl von Zulassungen eine ungestörte Aufführung der Oper gefährdet sein könnte.

Jedenfalls stehen dem geltend gemachten Anspruch nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung schutzwürdige Belange der Sänger und Statisten, die an der Opernaufführung mitwirken, im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPG NRW entgegen. Durch die Veröffentlichung von Bildaufnahmen der in der Opernaufführung stattfindenden Massenvergewaltigungs- und Nacktszenen (vgl. insbesondere Anlagen 11 und 12 der Antragsschrift) wird das Recht der beteiligten Sänger und Statisten am eigenen Bild im Sinne des § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) berührt. Zwar dürften Bildnisse der an einer Opernaufführung Mitwirkenden als Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG anzusehen und deshalb grundsätzlich zulässig sein. Jedoch steht hier der Anfertigung der Fotos zum Zwecke ihrer späteren Veröffentlichung das berechtigte Interesse der Abgebildeten gemäß § 23 Abs. 2 KUG entgegen. Die gebotene Abwägung führt vorliegend dazu, dass dem Alleinbestimmungsrecht der Sänger und Statisten zur Veröffentlichung ihrer Fotos der Vorrang vor dem Publikationsinteresse des Antragstellers zu 1.) gebührt. Durch die Veröffentlichung von Fotos der Massenvergewaltigungs- und Nacktszenen in einer besonders auflagenstarken Zeitung wie der C. -A. würde in besonders intensiver Weise in die Intimsphäre der Sänger und Statisten eingegriffen. Der nackte Körper gehört zum intimsten Persönlichkeitsbereich jedes Menschen. Die Entscheidung über die Veröffentlichung eines Nacktbildes muss daher stets dem Abgebildeten selbst vorbehalten bleiben. Dieses Recht ist nicht etwa deshalb weniger schutzwürdig, weil sich die Sänger durch ihr Mitwirken an der Oper im gewissen Umfang selbst der Öffentlichkeit zur Schau stellen werden. Denn die Öffentlichkeit im Rahmen der Aufführung der Oper „Samson et Dalila" ist eine andere Öffentlichkeit als diejenige, die durch eine Veröffentlichung der Fotos in der C. – A. hergestellt wird.

Vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 19.5.2000 – 13 AS 112/99 -, NJW- RR 2000, S. 1571.

Die schutzwürdigen Belange der Sänger und Statisten können auch nicht durch die von den Antragstellern angebotene Anonymisierung durch Verpixeln der Gesichter der Statisten gewahrt werden. Denn jedenfalls die namentlich bekannten Sänger bleiben auch bei einer – von den Antragstellern im Übrigen nicht angebotenen – Anonymisierung ihrer Gesichter identifizierbar.

Ebenso wenig ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein Anspruch auf Gestattung der begehrten Fotoaufnahmen, da Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG keine unmittelbaren Leistungsrechte vermittelt.

2. Aus diesen Gründen hat auch der auf Stellen einer Fotoprobe gerichtete Hilfsantrag keinen Erfolg. Er scheitert zudem daran, dass nach den Angaben der Antragsgegnerin es schon tatsächlich unmöglich ist, noch vor der Premiere am 9.5.2006 eine Fotoprobe zu organisieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer hat den gesetzlichen Auffangstreitwert – wegen der Vorwegnahme der Hauptsache ohne Reduzierung – zu Grunde gelegt.

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