Kein Recht auf Videoaufzeichnung von öffentlichen Sitzungen

23. November 2010
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Eigener Leitsatz:

Das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährte Grundrecht der Rundfunkfreiheit gibt einer privaten Rundfunkveranstalterin nicht das Recht öffentliche Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderats generell mittels Videoaufzeichnung zum ausschließlichen Zweck der Berichterstattung aufzeichnen zu dürfen. Ihr steht lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ihres Antrages zu. Besteht eine gesetzliche Anordnung, dass eine Sitzung oder Verhandlung von Staats- oder Verfassungsorganen öffentlich ist, kann dies nicht mit einer Anordnung von Medienöffentlichkeit gleichgesetzt werden, sondern es genügt die Herstellung einer Saalöffentlichkeit.

Oberverwaltungsgericht Saarlouis

Beschluss vom 30.08.2010

Az.: 3 B 203/10

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2010 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8. Juni 2010 – 11 L 502/10 – aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, bis spätestens zum 15. Oktober 2010 erneut, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Antragstellerin zu öffentlichen Sitzungen des Stadtrates der S. in der Weise zuzulassen, dass sie Videoaufzeichnungen mit dem ausschließlichen Zweck der Berichterstattung herstellen darf.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen die Antragstellerin zu ¾ und die Antragsgegnerin zu ¼.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Der im Beschwerdeverfahren einvernehmlich – erneut – erfolgte Beteiligtenwechsel auf Seiten der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin ist in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Beteiligten haben ihre Einwilligung zu dieser Antragsänderung erklärt (§ 91 Abs. 1 Alternative 1 VwGO). Zudem hält der Senat die Antragsänderung insoweit auch für sachdienlich (§ 91 Abs. 1 Alternative 2 VwGO), weil – wie noch darzulegen sein wird – eine Passivlegitimation für den geltend gemachten Anordnungsanspruch nur auf Seiten der – bereits ursprünglich und nach dem nunmehr erklärten Beteiligtenwechsel erneut – von der Antragstellerin in Anspruch genommenen Oberbürgermeisterin der S. in Betracht kommt.

Die gemäß § 146 Abs. 4 VwG0 statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8.6.2010 – 11 L 502/10 – durch den die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet wurde,

„der Antragstellerin zu gestatten, öffentliche Sitzungen ihres Stadtrates – erstmals am 29.6.2010 – mittels Videoaufzeichnung zum ausschließlichen Zweck der Berichterstattung aufzuzeichnen,“

hat nach Maßgabe des Tenors auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Das Vorbringen der Antragsgegnerin, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung im Beschwerdeverfahren begrenzt, führt zur Aufhebung der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung, allerdings mit der Maßgabe, dass die Antragsgegnerin über den Antrag der Antragstellerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden hat.

Nach der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen, wenn auch im Hinblick auf die geltend gemachte Grundrechtsposition der Antragstellerin im gebotenen Maße vertieften Prüfung der Sach- und Rechtslage steht der Antragstellerin der geltend gemachte Anordnungsanspruch auf generelle Ge-stattung von Videoaufzeichnungen aller Voraussicht nach nicht zu (1.).

Allerdings ist der Antragstellerin – auch bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – mit Blick auf den Rang des geltend gemachten Grundrechts ein Anordnungsanspruch darauf zuzuerkennen, dass über ihren entsprechenden Antrag ermessensfehlerfrei entschieden wird (2.).

1. Durch den angefochtenen Beschluss vom 8.6.2010 hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren zu Gunsten der Antragstellerin eine Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO unter faktischer Vorwegnahme der Hauptsache – jedenfalls für den Zeitraum der einstweiligen Regelung – getroffen. Dem ist die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren insbesondere mit dem Einwand entgegengetreten, der Antragstellerin stehe ein dementsprechender Anordnungsanspruch nicht zu, er ergebe sich insbesondere nicht aus der von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrechtsposition der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). Ihm stünden das öffentliche Interesse an der sachgerechten Aufgabenerfüllung der Gemeindeverwaltung, Persönlichkeits- und Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Ratsmitglieder sowie Gründe des Datenschutzes entgegen.

Ob der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch, öffentliche Sitzungen des Stadtrates der S. nicht nur im Einzelfall, sondern generell mittels Videoaufzeichnung zum ausschließlichen Zwecke der Berichterstattung aufzeichnen zu dürfen, zusteht, kann im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend beurteilt werden. Jedoch wird das Bestehen eines solchen Anspruchs entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – auch bei der mit Blick auf die geltend gemachte Grundrechtsposition gebotenen vertieften Prüfung – überwiegend wahrscheinlich zu verneinen sein.

Das als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch in den Blick zu nehmende, der Antragstellerin als privater Rundfunkveranstalterin zustehende Grundrecht der Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, räumt ihr eine solche Rechtsposition aller Voraussicht nach nicht ein. Das Recht der Antragstellerin auf Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG steht demgegenüber hier nicht in Frage, da Streitgegenstand vorliegend nicht der Zugang von Mitarbeitern der Antragstellerin zu den öffentlichen Sitzungen des Stadtrates der S. ist, sondern allein die dabei beabsichtigte Nutzung rundfunkspezifischer Aufnahme- und Übertragungsgeräte zum Zweck der Aufzeichnung und Verbreitung der Informationen mit Hilfe des Rundfunks. Diese Art des Zugangs und der Berichterstattung wird – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – von der spezielleren Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) geschützt.

Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass das Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht nur ein Abwehrrecht, sondern grundsätzlich auch einen gegen den Staat gerichteten Anspruch auf Zulassung zur rundfunkspezifischen Berichterstattung umfassen kann, allerdings in den Schranken der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird vorab gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts findet das Grundrecht der Antragstellerin auf Gewährleistung der Rundfunkfreiheit hier jedoch seine Grenze in der rechtmäßigen Ausübung der Befugnisse der Antragsgegnerin aus § 43 Abs. 1 KSVG. Nach der genannten Vorschrift hat die oder der Vorsitzende des Gemeinderates die Aufgabe, die Sitzungen des Gemeinderates zu eröffnen und zu schließen, die Verhandlung zu leiten, die Ordnung zu handhaben und das Hausrecht auszuüben. Dazu gehört auch die Befugnis, über die Zulassung der Medienöffentlichkeit zur Rundfunkberichterstattung in der von der Antragstellerin erstrebten Weise zu entscheiden.

Die Antragstellerin hat daher zutreffend ihren Antrag ursprünglich – und im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens erneut – gegen die Oberbürgermeisterin der S. in ihrer Funktion als Ratsvorsitzende gemäß § 42 Abs. 1 KSVG gerichtet. Diese kommt allein als für den geltend gemachten Anspruch passiv legitimiert in Betracht.

Die Entscheidung über den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch ist danach in Ausübung der Sitzungsgewalt der Oberbürgermeisterin der S. als Ratsvorsitzende (§§ 43 Abs. 1, 42 Abs. 1 KSVG) zu treffen. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Entscheidung im Sinne einer Stattgabe ergibt sich indes aller Voraussicht nach nicht.

Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen.

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Zur Rundfunkfreiheit gehört der Schutz der Berichterstattung von der Beschaffung der Information und der Erstellung der Programminhalte bis hin zur Verbreitung der Nachricht. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Medien in den Stand, die ihnen in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wahrzunehmen. Zu den von dem Grundrecht mit erfassten medienspezifischen Möglichkeiten der Berichterstattung durch Rundfunk zählt auch die Möglichkeit, ein Ereignis den Zuhörern und Zuschauern unter Einsatz von Aufnahme- und Übertragungsgeräten akustisch und optisch in voller Länge oder in Ausschnitten, zeitgleich oder zeitversetzt zu übertragen.

Zum Schutzbereich der Rundfunkfreiheit gehört aber ebenso wenig wie zu dem der Informationsfreiheit ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle. Insoweit reicht die Rundfunkfreiheit nicht weiter als die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, die als Abwehrrecht den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen sichert. Erst nach Herstellung der allgemeinen Zugänglichkeit und nur in ihrem Umfang kann der grundrechtliche Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen sein.

Über die Zugänglichkeit und die Art der Zugangseröffnung entscheidet, wer nach der Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt. Die Ausübung dieses Rechts ist für Dritte keine Beschränkung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. Das Bestimmungsrecht richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, für den Staat vornehmlich nach denen des öffentlichen Rechts. Der Bestimmungsberechtigte kann sein Bestimmungsrecht auch in differenzierender Weise ausüben und Modalitäten des Zugangs festlegen. Soweit der Staat bestimmungsberechtigt ist, kann er im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse Art und Umfang des Zugangs bestimmen.

Legt der Gesetzgeber die Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Informationsquellen fest, so wird in diesem Umfang zugleich der Schutzbereich der Informationsfreiheit eröffnet. Dieser ist jedoch nicht identisch mit dem Schutzbereich der Rundfunkfreiheit, sondern stellt nur die äußerste Grenze für den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit dar, da diese – bezogen auf die Zugänglichkeit von Informationsquellen – nicht weiter reicht, als die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

Für die Informationsquelle „Sitzungen eines Gemeinderates“ bestimmt § 40 Abs.1 KSVG, dass diese öffentlich sind, soweit nicht Rücksichten auf das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen. Soweit letzteres der Fall ist, werden die betreffenden Gegenstände in nicht öffentlicher Sitzung des Gemeinderates verhandelt. Wann dies zutrifft, bedarf hier keiner Erörterung, da der Antrag der Antragstellerin ohnehin ausschließlich auf öffentliche, nicht dagegen auf nicht öffentliche Sitzungen des Stadtrates der Landeshauptstadt Saarbrücken zielt.

Bei öffentlichen Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates handelt es sich mithin gemäß § 40 Abs.1 KSVG um allgemein zugängliche Informationsquellen. Sie unterfallen dem Schutzbereich der Informationsfreiheit. Begünstigt sind auch Vertreter der Medien. Sie dürfen zusehen und zuhören und sind berechtigt, die auf diese Weise aufgenommenen Informationen mit Hilfe der Presse, des Rundfunks oder anderer elektronischer Medien zu verbreiten.

Mit der Anordnung der Öffentlichkeit einer staatlichen Informationsquelle ist aber nicht zugleich der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit bezogen auf diese Informationsquelle bestimmt. Für die Bestimmung des konkreten Schutzbereichs der Rundfunkfreiheit kommt es neben der allgemeinen Zugänglichkeit der Informationsquelle (Öffentlichkeit) zusätzlich noch auf die Art der Zugangseröffnung an.

Denn der Grundsatz der Öffentlichkeit besagt per se noch nichts über die Modalitäten, unter denen die Öffentlichkeit zugelassen wird.

Die gesetzliche Anordnung der Öffentlichkeit von Sitzungen oder Verhandlungen von Staats- oder Verfassungsorganen kann insbesondere nicht mit der Anordnung von Medienöffentlichkeit in dem Sinne gleichgesetzt werden, dass neben der Anwesenheit der Vertreter der Medien und deren Befugnis zuzusehen, zuzuhören und die so aufgenommenen Informationen mit Hilfe der Presse, des Rundfunks oder anderer elektronischer Medien zu verbreiten, auch der medienspezifische Einsatz von Aufnahme- und Übertragungsgeräten mit dem Ziel der entsprechenden Verbreitung der Aufnahmen gehören würde.

Allerdings korrespondiert der in § 40 Abs.1 KSVG enthaltene Grundsatz der Öffentlichkeit von Stadt- und Gemeinderatssitzungen – ebenso wie der im Gerichtsverfassungsgesetz enthaltene Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen vor Gericht (§ 169 Abs. 1 GVG) und der in Art. 72 Abs.1 der Verfassung des Saarlandes (SVerf) enthaltenen Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen des Landtages des Saarlandes – dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie. Der Zweck der Anordnung der Öffentlichkeit, nämlich die handelnde Staatsgewalt einer Kontrolle in Gestalt des Einblicks der Öffentlichkeit zu unterziehen, wird indes auch durch die Gewährleistung einer Saalöffentlichkeit erreicht.

Eine Öffentlichkeit, die auf die im Raum der Sitzung oder Verhandlung Anwesenden begrenzt ist, genügt darüber hinaus auch dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz der Zugänglichkeit von Informationen, die für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sind. Dadurch, dass den Medien der Zugang zum Sitzungssaal eröffnet ist und dass Rundfunkjournalisten an öffentlichen Sitzungen und Verhandlungen von Staatsorganen teilnehmen und über sie berichten können, ist zudem auch dem Umstand genügend Rechnung getragen, dass Informationen heutzutage in erster Linie über Medien an die Öffentlichkeit vermittelt werden.

Dementsprechend bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken, die Art des Zugangs zu öffentlichen Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates auf eine Saalöffentlichkeit zu beschränken. Allerdings enthält das KSVG bezogen auf den Grundsatz der Öffentlichkeit von Sitzungen der Stadt- und Gemeinderäte keine ausdrückliche Regelung zum Ausschluss der Medienöffentlichkeit, wie dies in § 169 Abs.2 GVG bezogen auf den im Gerichtsverfassungsgesetz enthaltenen Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen vor Gericht (§ 169 Abs. 1 GVG) und in § 77 Abs.1 LTG bezogen auf den in Art. 72 Abs.1 SVerf enthaltenen Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen des Landtages des Saarlandes der Fall ist.

Jedoch dürfte § 43 Abs. 1 KSVG – auch im Lichte der besonderen Bedeutung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit und unter Wahrung des besonderen Wertgehalts der Rundfunkfreiheit – in der Weise auszulegen sein, dass von dieser Vorschrift das Recht des Ratsvorsitzenden umfasst ist, einen Ausschluss der Medienöffentlichkeit im oben dargelegten Sinne anzuordnen. Wie bereits dargelegt, hat nach der genannten Vorschrift die oder der Vorsitzende des Gemeinderates die Aufgabe, die Sitzungen des Gemeinderates zu eröffnen und zu schließen, die Verhandlung zu leiten, die Ordnung zu handhaben und das Hausrecht auszuüben. Das die Sitzungsgewalt umschließende Hausrecht des Ratsvorsitzenden erweist sich als eine zulässige, auf einem allgemeinen Gesetz beruhende Schranke der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Allerdings müssen das Grundrecht der Rundfunkfreiheit und das der Rundfunkfreiheit Schranken ziehende allgemeine Gesetz in einem Verhältnis der Wechselwirkung gesehen und insbesondere das allgemeine Gesetz, hier § 43 KSVG, unter Beachtung der besonderen Bedeutung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit ausgelegt werden. Dabei ist einerseits von Bedeutung, dass – wie bereits ausgeführt – aus verfassungsrechtlicher Sicht mit Blick auf das Demokratieprinzip und die Gewährleistung der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, die Art des Zugangs zu öffentlichen Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates auf eine Saalöffentlichkeit zu beschränken. Andererseits kann im Rahmen der verfassungsrechtlichen Abwägung aber nur ein konkurrierendes Rechtsgut von erheblichem Gewicht den Ausschluss einer über die Saalöffentlichkeit hinausgehenden Medienöffentlichkeit rechtfertigen.

Mit einem solchen Gewicht kann dem von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrecht der Rundfunkfreiheit voraussichtlich nur das öffentliche Interesse an der – von Wirkungen der Medienöffentlichkeit unbeeinflussten – Funktionsfähigkeit des Gemeinderates entgegen gehalten werden. Gleiches gilt nicht auch für Persönlichkeits- oder Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Ratsmitglieder.

Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragstellerin ist zunächst davon auszugehen, dass die Herstellung von Medienöffentlichkeit in dem von der Antragstellerin erstrebten Sinne, nämlich im Sinne einer Eröffnung der Möglichkeit, die öffentlichen Sitzungen des Stadtrates der S. lückenlos in Ton und Bild zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung aufzuzeichnen, erheblichen Einfluss sowohl auf das Verhalten der Mandatsträger als auch auf die Funktionsfähigkeit des Stadt- oder Gemeinderates haben kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat solche erheblichen Wirkungen bereits mit Blick auf bloße Tonaufzeichnungen angenommen und zur Begründung ausgeführt, dass dadurch jede Nuance der Rede, einschließlich der rhetorischen Fehlleistungen, der sprachlichen Unzulänglichkeiten und der Gemütsbewegungen des Redners, dauerhaft und ständig reproduzierbar konserviert werde.

Umso mehr muss dies aber für die hier beabsichtigte Aufzeichnung in Ton und Bild gelten, bei der nicht nur jede Nuance der Rede und Sprachproduktion, sondern jede Nuance des gesamten verbalen und nonverbalen Verhaltens der Ratsmitglieder dauerhaft und ständig reproduzierbar konserviert wird.

Die zu erwartende Beeinflussung durch Herstellung einer solchen Medienöffentlichkeit betrifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragstellerin auch nicht nur die „weniger redegewandten Ratsmitglieder in kleineren und ländlichen Gemeinden“, von denen in der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts „insbesondere“ die Rede ist. Vielmehr kann grundsätzlich auch bei professioneller agierenden Amtsträgern davon ausgegangen werden, dass die dauerhaft öffentliche Reproduzierbarkeit ihres Verhaltens dasselbe beeinflussen wird.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu im Zusammenhang mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des generellen Ausschlusses von Ton- und Bildaufnahmen in öffentlichen Gerichtsverhandlungen (§ 169 Abs. 2 GVG) u.a. ausgeführt, Medienöffentlichkeit sei ein Aliud gegenüber Saalöffentlichkeit. Viele Menschen veränderten ihr Verhalten in Anwesenheit von Medien. Manche fühlten sich durch die Medienaufnahmen beflügelt, andere gehemmt. Der Prozess der Wahrheitsfindung könne leiden, wenn die am Verfahren beteiligten Personen versucht seien, ihr Verhalten an der erwarteten Medienwirkung auszurichten. Dies gelte vor allem, aber nicht nur in Strafverfahren. Gefährdungen gebe es in allen Verfahrensarten und für alle Verfahrensabschnitte. Schon bei der Eröffnung des Verfahrens könnten vom Verhalten des Publikums oder einzelner Verfahrensbeteiligter Störungen ausgehen, auf die bei Medienpräsenz anders reagiert werde als vor der Saalöffentlichkeit. Zudem könne in allen Verfahrensabschnitten die Verhandlungsleitung erschwert werden, soweit sie auch die verfahrensfremden Interessen der Medien berücksichtigen müsse. Es sei schwer, die konkreten Wirkungen von Medienpräsenz vorherzusehen und durch geeignete, auf das jeweilige Verfahren abgestimmte Vorkehrungen vorzusorgen, dass die Herstellung von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen die Persönlichkeitsrechte (der Prozessbeteiligten) nicht beeinträchtigten und die Verfahrensdurchführung nicht beeinflussten.

Ein Ausschluss der Medienöffentlichkeit gemäß § 169 Abs. 2 GVG habe daher im Interesse eines fairen Verfahrens und der Sicherung einer ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung erfolgen dürfen.

Ausgehend von diesen Erkenntnissen liegt es nicht fern, erhebliche negative Auswirkungen permanenter Medienpräsenz – im Vergleich zu bloßer Saalöffentlichkeit – auch bei Stadt- und Gemeinderatssitzungen anzunehmen, und zwar auch dann, wenn nicht nur „weniger redegewandte Ratsmitglieder in kleineren und ländlichen Gemeinden“ betroffen sind. Jedenfalls nach den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens geht der Senat daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage des Ausschlusses von Medienöffentlichkeit in Gemeinderatssitzungen davon aus, dass die oder der Ratsvorsitzende im Rahmen der von ihr oder ihm wahrgenommenen Sitzungsgewalt (§ 43 KSVG) auch mit Blick auf die entgegenstehende Rundfunkfreiheit befugt ist, zur Gewährleistung eines geordneten Sitzungsbetriebs und des gemeindlichen Interesses an einer unbeeinträchtigten Funktion des Stadt- oder Gemeinderates eine lückenlose Aufzeichnung deren öffentlicher Sitzungen in Ton und Bild zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung zu untersagen.

Denn eine von psychologischen Hemmnissen und Beeinflussungen möglichst unbeeinträchtigte Atmosphäre gehört zu den notwendigen Voraussetzungen eines geordneten Sitzungsbetriebs, den der Ratsvorsitzende zu gewährleisten hat. Dies beruht auf dem letztlich in der Gewährleistung der Selbstverwaltung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten öffentlichen Interesse daran, dass die Willensbildung des Rates als demokratisch legitimierter Gemeindevertretung ungezwungen, freimütig und in aller Offenheit verläuft.

Demgegenüber kann der Schutz von Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder dem von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht generell mit Erfolg entgegengehalten werden kann. Zwar entfällt das Persönlichkeitsrecht eines Ratsmitglieds, auch soweit es unmittelbar im Rahmen öffentlicher Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderates tangiert ist, nicht völlig. Es wird jedoch dadurch modifiziert und in seiner Bedeutung weitgehend reduziert, dass das Ratsmitglied in diesem Rahmen nicht als Privatperson agiert und betroffen ist, sondern als Amtsträger, dessen Verhalten und Äußerungen in öffentlicher Sitzung vor allem dem wahrgenommenen öffentlichen Amt zuzuordnen sind, nicht aber der Person, die hinter dem Amt zurücktritt.

Auch die mitgliedschaftlichen Rechte der einzelnen Ratsmitglieder auf Ausübung ihres Mandats dürften aller Voraussicht nach nicht einen generellen Ausschluss der durch Ton- und Bildaufnahmen manifestierten Medienöffentlichkeit rechtfertigen. Denn unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann die oder der Ratsvorsitzende den Bedenken einzelner Ratsmitglieder gegen eine Herstellung der Medienöffentlichkeit auch dadurch Rechnung tragen, dass der Rundfunkveranstalter nur mit der Maßgabe zugelassen wird, die betreffenden einzelnen Ratsmitglieder nicht in Bild oder Ton aufzunehmen.

Nach alledem ist daher § 43 KSVG aller Voraussicht nach so auszulegen, dass die oder der Ratsvorsitzende auch in Ansehung des Grundrechtes der Rundfunkfreiheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Ausübung ihrer Sitzungsgewalt untersagen kann, dass eine Medienöffentlichkeit in dem von der Antragstellerin erstrebten Sinne hergestellt wird, und zwar (insbesondere) dann, wenn davon auszugehen ist, dass die unbeeinträchtigte Funktion des Stadt- oder Gemeinderates anders nicht gewährleistet ist.

Ist die Ausübung der in § 43 KSVG verankerten Sitzungsgewalt in diesem Sinne aber möglich, so steht der von der Antragstellerin geltend gemachte Anordnungsanspruch ihr aller Voraussicht nach nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – als gebundener Anspruch zu.

Die in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts getroffene Regelungsanordnung war daher aufzuheben, und zwar ohne dass es insoweit noch einer weiteren Prüfung der Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes bedurfte.

2. Jedoch steht der Antragstellerin ein Anspruch darauf zu, dass die Antragsgegnerin auf den streitgegenständlichen Antrag der Antragstellerin im Rahmen ihrer Sitzungsgewalt eine ordnungsgemäße Entscheidung trifft, die ermessensfehlerfrei, unter Abwägung der unterschiedlichen kollidierenden Interessen und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgt. Nach den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Verfahrens ist dies bislang noch nicht geschehen.

Der streitgegenständlichen Antrag der Antragstellerin ist darauf gerichtet, die öffentlichen Sitzungen des Stadtrates der S. ausnahms- und lückenlos in Ton und Bild zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung aufzeichnen zu dürfen. Weder verfolgt die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren einen Anspruch darauf, einzelne Ratssitzungen oder Tagesordnungspunkte mit besonders öffentlichkeitswirksamen Themen aufzeichnen zu dürfen, noch verfolgt sie einen Anspruch darauf, einzelne Aufnahmen oder Schnittbilder aus dem Sitzungssaal vor, nach oder während der Stadtratssitzungen erstellen zu dürfen. Ziel ihres Antrages ist vielmehr die generelle Zulassung zur lückenlosen Ton- und Bildaufzeichnung aller Sitzungen des Stadtrates der S. zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung. Nach ihrem eigenen Vortrag beabsichtigt sie, mit diesen Aufzeichnungen ein eigenes Sendeformat zu bedienen.

Die von der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin ausgesprochene Verweigerung der Rundfunkberichterstattung ist vorliegend anlässlich der Sitzung des Stadtrates am 11.5.2010 in der Weise zustande gekommen, dass die Antragsgegnerin, die gemäß § 42 KSVG den Vorsitz führte, den Rat vor Eintritt in die Tagesordnung über die Absicht der Antragstellerin informierte, die Sitzung des Stadtrates in voller Länge mit Videotechnik aufzuzeichnen, um sie in ihrem Programm zu senden. Hiergegen wurden datenschutzrechtliche Bedenken geltend gemacht und eine Abstimmung des Stadtrates herbeigeführt, bei der ein Ratsmitglied der beabsichtigten Aufzeichnung widersprach. Daraufhin wurde die Aufzeichnung nicht zugelassen.

Im Verlaufe des vorliegenden Verfahrens ist die Antragsgegnerin dem Begehren der Antragstellerin einerseits unter Hinweis auf den oben dargelegten Gesichtspunkt entgegengetreten, dass durch die von der Antragstellerin begehrte Eröffnung der Medienöffentlichkeit eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Stadtrates eintrete. Daneben hat sie aber weiterhin die Auffassung vertreten, an einer positiven Entscheidung über die Zulassung der Medienöffentlichkeit bereits durch den Widerspruch eines einzelnen Ratsmitglieds gehindert zu sein, weil ein ständiger Videomitschnitt in subjektive (Mitgliedschafts-)Rechte der Ratsmitglieder eingreife, über die nur das einzelne Ratsmitglied selbst disponieren könne. Zudem erforderten auch Gründe des Datenschutzes einen einstimmigen Ratsbeschluss als Voraussetzung für die Zulassung der Medienöffentlichkeit.

Die Auffassung der Antragsgegnerin, an der Zulassung der Medienöffentlichkeit aufgrund subjektiver (Mitgliedschafts-)Rechte der Ratsmitglieder bereits durch den Widerspruch eines einzelnen Ratsmitglieds gehindert zu sein, sowie für eine solche Zulassung auch aus Gründen des Datenschutzes eines einstimmigen Ratsbeschlusses zu bedürfen, steht nicht im Einklang mit der im Hinblick auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung des § 43 Abs.1 KSVG und der daran zu orientierenden Ausübung der Sitzungsgewalt.

Wie bereits oben dargelegt, kann der Schutz von Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder dem von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht generell mit Erfolg entgegengehalten werden. Die Ratsmitglieder, die als solche ein öffentliches Amt angenommen haben, um das sie sich zuvor beworben haben, agieren im Rahmen öffentlicher Ratssitzungen grundsätzlich nicht als Privatpersonen, sondern als Amts- bzw. Mandatsträger. Der Schutz der ausschließlich ihrer eigenen Bestimmung unterliegenden Persönlichkeitsrechte wird dadurch relativiert und muss in aller Regel hinter den für eine lebendige Demokratie bedeutsamen Grundrechten der Informations- und Rundfunkfreiheit zurücktreten.

Dies gilt sowohl für eine kollektive als auch für eine individuelle Geltendmachung von Abwehrrechten aus den Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder.

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang versucht, eine Parallele zur Geltendmachung des Rechts eines einzelnen Ratsmitglieds zu ziehen, ein allgemeines Rauchverbot in Sitzungen des Stadtrates durchzusetzen, ist dies der vorliegenden Interessen- und Rechtsgüterkollision nicht vergleichbar. Denn zum einen ist bei der Frage des Rauchverbots das widersprechende Ratsmitglied im Hinblick auf den Schutz seiner Gesundheit tatsächlich (nur) als Privatperson betroffen und zum anderen geht es bei dem kollidierenden Interesse der Raucher lediglich um die Befugnis, eine für sich und andere gesundheitsschädliche Betätigung ausüben zu dürfen.

Auch der Schutz der mitgliedschaftlichen Rechte der Ratsmitglieder auf – ungestörte – Ausübung ihres Mandats führt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht dazu, dass die oder der Ratsvorsitzende bereits bei Verweigerung der Zustimmung einzelner Ratsmitglieder daran gehindert wäre, die Medienöffentlichkeit zu eröffnen und Videoaufnahmen zum Zwecke der Rundfunkberichterstattung zu erlauben. Zwar wird beim Auftreten von Widersprüchen von Ratsmitgliedern unter Geltendmachung des Rechts auf – ungestörte – Ausübung des Mandats von der oder dem Inhaber der Sitzungsgewalt nach § 43 KSVG sorgfältig zu prüfen sein, ob und wann derartige Widersprüche als Anzeichen für die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Stadt- oder Gemeinderates zu gelten haben. Unterhalb dieser Schwelle wird die oder der Ratsvorsitzende unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit allerdings zu erwägen haben, ob den Bedenken einzelner Ratsmitglieder gegen eine Herstellung der Medienöffentlichkeit auch dadurch Rechnung getragen werden kann, dass der Rundfunkveranstalter nur mit der Maßgabe zugelassen wird, die betreffenden einzelnen Ratsmitglieder nicht in Bild oder Ton aufzunehmen.

Die Antragsgegnerin war auch nicht mit Rücksicht auf Vorschriften des Datenschutzes gehindert, eine positive Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin zu treffen.

Was die Vorschriften des Saarländischen Datenschutzgesetzes (SDSG) anbelangt, ergibt sich dies bereits aus dem Schutz- und Anwendungsbereich des Gesetzes. Gemäß § 1 SDSG ist es Aufgabe dieses Gesetzes, die Einzelne oder den Einzelnen davor zu schützen, dass sie oder er durch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen in ihrem oder seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt zu werden. § 2 SDSG (Anwendungsbereich) formuliert es in Abs.1 Satz 1 noch deutlicher: Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (öffentliche Stellen). Insoweit hat die Antragstellerin auch zu Recht darauf hingewiesen, dass das von der Antragsgegnerin – auszugsweise – vorgelegte Merkblatt des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen im gegebenen Zusammenhang nicht herangezogen werden bzw. keine Aussagekraft entfalten kann, weil es eine Handlungsanweisung für die Veröffentlichung von personenbezogenen und personenbeziehbaren Daten im Internet durch Kommunalverwaltungen, d.h. durch öffentliche Stellen darstellt. Vorliegend geht es indes ausschließlich um die Veröffentlichung von personenbezogenen und personenbeziehbaren Ton- und Bildaufnahmen durch einen privaten Rundfunkveranstalter.

Das Bundesdatenschutzgesetz, welches demgegenüber auch für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch nicht-öffentliche Stellen gilt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr.3 BDSG), erfasst demgegenüber nicht unmittelbar den Bereich des der landesrechtlichen Regelungskompetenz unterfallenden Rundfunkrechts.

Den Vorgaben des § 41 BDSG für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch die (Presse-)Medien folgend regelt § 11 Abs. 2 des Saarländischen Mediengesetzes (SMG), dass, soweit personenbezogene Daten von Rundfunkveranstalterinnen oder Rundfunkveranstaltern und ihren Hilfsunternehmen zu journalistisch-redaktionellen oder literarischen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, nur die datenschutzrechtlichen Vorschriften über die technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Datensicherung gelten. § 11 Abs. 3 SMG verweist für den Datenschutz beim privaten Rundfunk auf § 47 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV). Nach Abs. 2 dieser Vorschrift gilt, soweit ein Veranstalter personenbezogene Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet und der Betroffene dadurch in seinen schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt wird, dass dieser Auskunft über die zugrunde liegenden, zu seiner Person gespeicherten Daten verlangen kann. Ein ausdrücklicher Einwilligungsvorbehalt, wie in § 4 Abs. 1 SDSG geregelt, ergibt sich aus den genannten Normen nicht.

Um Missverständnissen vorzubeugen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die – oben bereits erörterte – Frage eines Einwilligungsvorbehalts aus Gründen des Persönlichkeitsrechts von der Frage eines speziell datenschutzrechtlichen Einwilligungsvorbehalts strikt zu trennen ist. Gründe des Datenschutzes standen einer positiven Entscheidung der Antragsgegnerin über den Antrag der Antragstellerin mithin nicht entgegen.

Da die Antragsgegnerin im Verlaufe des Verfahrens einerseits bereits erklärt hat, der Antragstellerin Rechte zu Ton- und Bildaufnahmen im gleichen Umfang wie anderen Rundfunkveranstaltern, insbesondere dem SR, einzuräumen, andererseits der Antrag der Antragstellerin aber – wie dargelegt – nicht auf Schnittbildaufnahmen oder einzelne ausgewählte Aufnahmen ausgerichtet war, sei an dieser Stelle noch – ausschließlich ergänzend – darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auch die Gleichbehandlung mit anderen Rundfunkveranstaltern tragendes Element einer ordnungsgemäßen Entscheidung der Antragstellerin über die Eröffnung der Medienöffentlichkeit zu sein hat.

Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen war die Antragsgegnerin daher nach Maßgabe des Tenors zu verpflichten, erneut, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden.

Insoweit ist auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Angesichts des Gewichtes der geltend gemachten Grundrechtsposition, an deren Ausübung die Antragstellerin derzeit gehindert ist, und angesichts des Umstandes, dass dies bislang aufgrund einer aller Voraussicht nach rechtswidrigen weil ermessensfehlerhaften Entscheidung der Antragsgegnerin im Rahmen der Ausübung ihrer Sitzungsgewalt der Fall ist, ist die getroffene einstweilige Regelung geboten.

Im Übrigen war der Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen, da ihr, wie ausgeführt, ein gebundener Anspruch auf die erstrebte generelle Zulassung zu Bild- und Tonaufnahmen von den öffentlichen Sitzungen des Stadtrates der S. aller Voraussicht nach nicht zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 1 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und Abs. 2 GKG , wobei mit Blick auf den „Vorwegnahmecharakter" des Anordnungsbegehrens eine Halbierung des Auffangstreitwerts nicht angemessen erscheint.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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