Einschaltung eines Patentanwalts in Wettbewerbssachen kann notwendig sein

23. November 2010
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
3475 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Werden in Wettbewerbssachen Tätigkeiten erforderlich, die in das typische Arbeitsfeld eines Patentanwalts gehören, kann die Einschaltung eines Patentanwalts als notwendig erscheinen. Dies gilt insbesondere bei der Geltendmachung des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. Auch Recherchen zum Formenschatz fallen grundsätzlich hierunter.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 12.10.2010

Az.: 6 W 132/10

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 280,00 EUR

Entscheidungsgründe:

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger hat die vom Beklagten geltend gemachten Patentanwaltskosten zu Recht aus einem Gegenstandswert von 30.000,– EUR und damit unter Einbeziehung der mit Schriftsatz vom 21.12.2009 vorgenommenen Klageerweiterung festgesetzt. Mit der Klageerweiterung wurde zwar ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch geltend gemacht, so dass insoweit keine der Streitsachen vorlag, für die der Gesetzgeber die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten ohne Überprüfung ihrer Erforderlichkeit angeordnet hat. Gleichwohl sind die durch die Mitwirkung des Patentanwalts auf Beklagtenseite entstanden Kosten zu erstatten, da unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Voraussetzungen des § 91 I 1 ZPO erfüllt sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. JurBüro 1997, 599; Beschl. v. 20.09.2006 – 6 W 185/06 – und v. 04.11.2008 – 6 W 68/08) kann in Wettbewerbssachen – insbesondere bei der Geltendmachung ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes – die Einschaltung eines Patentanwalts ausnahmsweise notwendig erscheinen, wenn Tätigkeiten erforderlich werden, die in das typische Arbeitsfeld eines Patentanwalts gehören. Hierzu zählt grundsätzlich auch die Durchführung von Recherchen zum Formenschatz.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass sein Patentanwalt auf der Grundlage der Anlage K 1 eine Recherche nach vorbekanntem Formenschatz durchgeführt hat. Zwar waren ihm die im klageerweiternden Antrag in Bezug genommenen Abbildungen der vom Kläger beanstandeten Engel-Schmuckstücke zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Diese teilweise Unkenntnis relativiert den Wert einer solchen Recherche nicht unerheblich, weil diese dann nur eine Einschätzung der wettbewerblichen Eigenart der Engel-Schmuckstücke des Klägers ermöglicht, nicht aber eine Beurteilung der weiteren Faktoren wie insbesondere der Intensität der Nachahmung, die mit dem Grad der wettbewerblichen Eigenart in Wechselwirkung stehen und ohne deren Kenntnis der Vorwurf eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 9 UWG im Regelfall nicht sachgerecht beurteilt werden kann.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Beklagte ein schützenswertes Interesse daran hatte, den bevorstehenden Verhandlungstermin vor dem Landgericht so vorzubereiten, dass er auf der Grundlage der ihm bis dahin zur Verfügung gestellten, noch unvollständigen, Unterlagen im Termin zu einer bestmöglichen Wahrnehmung seiner Rechte in der Lage war. Der Beklagte konnte zwar darauf vertrauen, dass das Landgericht nicht zu seinem Nachteil entscheiden werde, ohne ihm Gelegenheit gegeben zu haben, zu den mit der Klageerweiterung in Bezug genommenen Abbildungen Stellung zu nehmen. Schon wegen der Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits im Termin entsprach es gleichwohl zweckentsprechender Rechtsverteidigung, sich auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits eine möglichst fundierte, wenn auch notwendigerweise noch vorläufige, Einschätzung der Sach- und Rechtslage zu verschaffen und zu diesem Zweck auch eine an den Waren des Klägers anknüpfende Recherche nach dem vorbekanntem Formenschatz vornehmen zu lassen.

Die Beschwerde des Klägers war somit zurückzuweisen. Da die Begründung der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts keine neuen und für die Beurteilung der Sache erheblichen Gesichtspunkte enthielt, musste dem Kläger keine Gelegenheit gegeben werden, vorab zu der Nichtabhilfeentscheidung Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a