Küchenwerbung muss genaue Gerätebezeichnung enthalten

14. April 2016
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Einbauküche mit schwarzer Arbeitsplatte und Küchengeräten Urteil des LG Würzburg vom 17.12.2015, Az.: 1 HKO 1781/15

Bei einer Prospektwerbung für eine Einbauküche handelt es sich nicht nur um eine bloße Aufmerksamkeitswerbung, wenn der Verbraucher durch die mitgeteilten Angaben der Anzeige in die Lage versetzt wird, eine geschäftliche Entscheidung hinsichtlich des Erwerbs der Ware treffen zu können. Die Anzeige muss folglich alle relevanten Tatsachen für die Kaufentscheidung des Verbrauchers enthalten. Darunter fallen neben Preis und Warenmerkmalen auch die genauen Produktbezeichnungen der enthaltenen Elektrogeräte, da es dem Verbraucher gerade bei Küchenkäufen auf eine qualitative Einordnung der verwendeten Geräte, sowie eine Vergleichsmöglichkeit mit Konkurrenzangeboten ankommt.

Landgericht Würzburg

Urteil vom 17.12.2015

Az.: 1 HKO 1781/15

In dem Rechtsstreit

wegen unlauteren Wettbewerbs

erlässt das Landgericht Würzburg – 1. Kammer für Handelssachen – durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …

am 17.12.2015

ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes Endurteil

1. Der Beklagten wird untersagt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs gegenüber dem Letztverbraucher für Küchen zu werben und hierbei die Hersteller- und Typenbezeichnung der beworbenen Haushaltsgeräte dem Verbraucher vorzuenthalten, wenn dies geschieht wie in dem Prospekt … gültig bis 30.8.2015 (Anlage K4).

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2015 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Hersteller- und Typenbezeichnungen bei Elektrogeräten in Prospektwerbungen für Komplettküchen benannt werden müssen.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört.

Die Beklagte betreibt die … und warb mit ihrem Prospekt „… gültig bis 30. August 2015“ (K4) mit von ihr angebotenen Komplettküchen, ohne hierbei die Hersteller und die Typenbezeichnung der mit den Küchen angebotenen Elektrogeräte (Einbaubackofen, Einbaukühlschrank und Dunsthaube) zu benennen.

Der Kläger hielt die Werbung für wettbewerbswidrig, da sie dem Verbraucher notwendige Informationen vorenthalte, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 23.09.2015 (K5) ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Die Beklagte lehnte dies mit anwaltlichen Schreiben vom 30.09.2015 (K6) ab, da es sich um eine branchenübliche Aufmerksamkeitswerbung handele, die noch kein Angebot im Sinne des § 5 a Abs. 3 UWG enthalte.

Die Typenbezeichnung der Elektrogeräte sei keine wesentliche Eigenschaft der Küchen.
Neben der Unterlassung begehrt der Kläger Ersatz einer Kostenpauschale für die Abmahnung von netto 150,- Euro, die er aus seinen Aufwendungen für Abmahnung im Jahre 2014 errechnet.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher für Küchen zu werben und hierbei die Hersteller- und Typenbezeichnung der beworbenen Haushaltsgeräte dem Verbraucher vorzuenthalten, wenn dies geschieht wie in dem Prospekt „… gültig bis 30. August 2015“.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Streitgegenstandes Werbung falle nicht in den Regelungsbereich des § 5 a Abs. 3 UWG.

In dem Prospekt würden Waren nicht so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen könnte.

Der verständige Verbraucher sei durch die Werbung im Katalog gar nicht dazu in der Lage, eine Kaufentscheidung zu treffen. Er müsse vielmehr zunächst noch weitere Informationen zur Planung der Küche einholen, da viele Angaben und Maße zu den einzelnen Bestandteilen der Küche im Katalog fehlen würden.

Zudem sei die oben genannte Art und Weise der Werbung branchentypisch und der Kunde einer Einbauküche rechne nicht damit, durch den Katalog alle wichtigen Informationen zu erfahren.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Unterlassung der irreführenden Werbung durch Vorenthalten wichtiger Informationen gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1, 5 a Abs. 2, 3 UWG verlangen.

Der Kläger ist gerichtsbekannt ein rechtsfähiger Verein im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und als solcher aktivlegitimiert.

Die beanstandeten Werbeanzeigen sind gem. § 5 a Abs. 2, 3 Nr. 1 UWG unlauter, da für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevante Tatsachen im Hinblick auf die Kompletteinbauküchen, nämlich Herstellereigenschaft und Typenbezeichnung der jeweiligen Elektrogeräte, verschwiegen werden.

Die einschlägige Schutznorm des § 5 a UWG bezweckt den Verbraucherschutz durch die Forderung von umfangreichen Informationspflichten vor Vertragsschluss, die alle wesentlichen Merkmale der Ware in dem dieser und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang betreffen.

Auf Verbraucherseite steht das Informationsinteresse des Verbrauchers, der in die Lage versetzt werden soll, eine informationsgeleitete Entscheidung zu treffen (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 33. Aufl. 2015, § 5 a Rn. 29 c).

Zunächst wurden die Einbauküchen durch das Werbeprospekt „… gültig bis 30. August 2015“ so angeboten, dass ein durchschnittlich informierter und situationsangepasst aufmerksamer Verbraucher das Geschäft abschließen kann (§ 5 a Abs. 3 Nr. 1 UWG).

Eine „Aufforderung zum Kauf“ ist nach Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29 (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen (Bornkamm a. a. O. Rn. 30 a).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der „Aufforderung zum Kauf“ nicht restriktiv auszulegen, um Ziel des hohen Verbraucherschutzniveaus zu erreichen (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 – C 122/10, Rn. 29, gefolgt vom BGH, Urt. v. 19.02.2014 -/ZR 17/13, jeweils zitiert nach juris).
Es wird nicht vorausgesetzt, dass eine tatsächliche Möglichkeit zum Kauf besteht, sondern es genügt, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht.

Dieser europarechtlichen Entscheidung ist der Bundesgerichtshof gefolgt.

Bei richtlinienkonformer Auslegung kommt es hiernach für die Frage, ob ein solches Waren- oder Dienstleistungsangebot vorliegt, im Wesentlichen darauf an, ob der Verbraucher aufgrund der mitgeteilten Angaben (Preis, Waren- oder Dienstleistungsmerkmale) die Möglichkeit hat, eine auf den Erwerb der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung gerichtete Willenserklärung abzugeben. Deshalb ist der Tatbestand des § 5 a Abs. 3 UWG nicht nur bei einer invitatio ad offerendum nach deutschem Recht oder gar einem rechtlich bindenden Vertragsangebot im Sinne des § 145 BGB erfüllt, sondern auch bei jeder Erklärung des Unternehmers, aufgrund deren sich der Verbraucher zum Erwerb einer bestimmten Ware oder zur Inanspruchnahme einer bestimmten Dienstleistung entschließen kann.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung des Oberlandesgerichts Celle in dem den Parteien bekannten Urteil vom 16.7.2015 Az. 13 U 71/15 (juris) verwiesen, das ebenfalls Elektrogeräte in Einbauküchen betrifft.

Durch die Abbildung und die Beschreibung der angebotenen Küchenzeilen (nach Material, Farbe, Größe) wird dem Leser des Prospekts (K4) eine genaue Vorstellung der angebotenen Einbauküchen vermittelt.

Mitgeteilt werden neben einer sehr anschaulichen detaillierten Abbildung der Küchen, das jeweils wählbare Material und die Farbe des Korpus, die ca.-Maße und

– optisch deutlich herausgestellt als … komplett mit

„Geschirrspüler A+, Edelstahlspüle, Glaskeramikkochfeld, Dunstabzug C, Backofen A, Kühlschrank A+“.

Die angebotenen Küchen kosten zwischen 1.999,- und 4.999,- Euro, so dass für den Verbraucher bei der Kaufentscheidung die Wertigkeit der in allen Küchen gleichen Geräte von erheblicher Bedeutung ist.

Da für die Elektrogeräte keine Einzelpreise angegeben werden, kann er sich sonst keine Vorstellungen von dem Wert der verwendeten Geräte machen. Deshalb sind diese Informationen noch wichtiger als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall des Einzelkaufs von Elektrogeräten.

Bei der Elektrogeräteausstattung ist er durch den Festpreis an die von der Beklagten getroffene Auswahl gebunden.

Natürlich kann die endgültige Auswahl der einzubauenden Korpuselemente erst nach dem genauen Aufmaß der Küche erfolgen, das regelmäßig durch den Küchenlieferanten erst nach Erteilen des Auftrags erfolgen kann, sofern nicht ausnahmsweise maßgenaue Zeichnungen vorhanden sind.

Auf die tatsächliche Möglichkeit zum Abschluss des Vertrages nur durch Vorlage der Werbeanzeige kommt es nicht an.

Entscheidend ist, dass der angesprochene Kundenkreis, zu dem sich auch das Gericht zählt, durch die Abbildungen und die zusätzlichen Informationen bereits eine sehr ausgeprägte Vorstellung von der Optik der Küche hat, die Abmessungen der gesamten Einbauküche bereits genannt sind und auch die eingebauten Elektrohaushaltsgeräte aufgezählt sind.

Es handelt sich daher nicht mehr um eine bloße Aufmerksamkeitswerbung, da die Ware Einbauküche inhaltlich beschrieben wird.

Eine sogenannte Aufmerksamkeitswerbung hätte dagegen keinen Bezug zum konkreten Warenangebot des Werbenden (BGH NJW 1995, 2488).

Die Vorstellung des Kunden von der beworbenen Küche ist schon so konkret, dass dieser sich in vielen Fällen dafür oder gegen sie entscheiden kann.

Zwar wird bezüglich vieler Detailfragen noch eine genauere Nachfrage vor Ort nötig sein, wo die Musterküche dann im Original aufgebaut ist.

Dies kann daran aber nichts ändern, da der Kunde auch bei Einzelgegenständen, die durch eine Werbung hinreichend beschrieben wurden, noch vor Ort einige zusätzliche Informationen einholen wird, bis er sich endgültig für oder gegen die Ware entscheiden wird.

Die Beklagte nennt in dem streitgegenständlichen Werbeprospekt somit nicht alle wesentlichen Merkmale der Ware gem. § 5 a Abs. 3 Nr. 1 UWG, die anhand der Umstände des Angebots, der Beschaffenheit und der Merk male des Produkts sowie des farbigen Bilderprospekts zu erwarten sind, da die Beklagte sowohl Typen- als auch Herstellerbezeichnung verschwiegen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt bei der (singulären) Werbung für einzelne Elektro-Haushaltsgeräte die Typenbezeichnung des angebotenen Elektrogeräts ein wesentliches Merkmal dar.

Die Typenbezeichnung ist erforderlich, um die Geräte zweifelsfrei zu identifizieren und den Verbraucher in die Lage zu versetzen, sie mit anderen Geräten zu vergleichen und auch noch andere Eigenschaften als die in der Werbung angegebenen etwa durch eine Internetrecherche in Erfahrung zu bringen.

Durch die Typenbezeichnung wird das Produkt individualisierbar bezeichnet, was es dem Verbraucher erlaubt, Eigenschaften und Preis mit den Eigenschaften und dem Preis konkurrierender Produkte und konkurrierender Angebote zu vergleichen.

Nach der zutreffenden Ansicht des Oberlandesgerichts Celle sind die Elektrogeräte, mit denen eine Küche ausgestattet ist, ein wesentliches Merkmal des angebotenen Produkts, denn Funktionalität und Qualität einer Küche werden nicht nur durch die Holzteile, sondern auch durch die in ihr enthaltenen Elektrogeräte bestimmt.

Der Verbraucher kann den Wert der angebotenen Küche erst dann richtig beurteilen, wenn er die Qualität der eingebauten Elektrogeräte einschätzen kann.
Eine Küche mit Geräten eines Premiumherstellers ist ganz anders zu beurteilen als eine mit No-Name-Produkten bestückte.

Anhand von Hersteller und Typenbezeichnung kann jeder Kunde mit einer simplen Google-Recherche die Qualität des Angebots mühelos überprüfen.

Es handelt sich bei Einbauküchen nicht um geringwertige Gegenstände des täglichen Bedarfs sondern um langfristig genutzte Wirtschaftsgüter, die der Kunde mit Sorgfalt auswählen wird.
Auf diesem Markt herrscht ein erheblicher Wettbewerb, wie man den zahlreichen aggressiven Werbemaßnahmen unschwer entnehmen kann.

Aus der Sicht des Verbraucherschutzes kommt es daher besonders auf die Vergleichbarkeit der Angebote an.

Die Art und Weise der in dem Prospekt abgebildeten großformatigen Anzeigen hätte es der Beklagten auch ohne weiteres ermöglicht, neben der abstrakten Bezeichnung der Haushaltsgeräte und ihrer Energieeffizienzklasse auch Marke und Typbezeichnung zu benennen.

Deren Mitteilung hätte zu keinen nennenswerte Ausweitung der Anzeige geführt (Bornkamm a. a. O. Rn. 30 a).

Mit der Bejahung der Wesentlichkeit sind unwiderleglich auch die Erfordernisse des § 3 Abs. 2 UWG erfüllt, weil sich die Wesentlichkeit nach § 5 a Abs. 2 UWG gerade dadurch definiert, dass der Verbraucher „im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG beeinflusst“ wird (Bornkamm a. a. O. Rn. 57).
Da die Abmahnung der unlauteren geschäftlichen Handlung berechtigt war, kann der Kläger von der Beklagten Ersatz der Aufwendungen hierfür in Höhe von 178,50 Euro verlangen (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG).

Die Höhe der Pauschale sieht das Gericht angesichts der unstreitigen Angaben des Klägers als angemessen an (§ 287 ZPO).

Zinsen schuldet die Beklagte nach den §§ 291, 288 Abs. 1 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.

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