Nichtgewährung zugesagter Rabatte zum Zwecke der Kundenrückgewinnung

28. November 2017
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Hand hält Smartphone, das von Prozent-Zeichen umgeben ist Urteil des OLG München vom 16.03.2017, Az.: 29 U 3285/16

Sagt ein Telekommunikationsanbieter einem ehemaligen Kunden zum Zwecke der Kundenrückgewinnung einen Rabatt von 15,00 Euro auf die monatliche Grundgebühr zu, so begeht das Unternehmen eine Wettbewerbsrechtsverletzung, wenn es diesen Rabatt auf der monatlichen Rechnung tatsächlich nicht berücksichtigt.

Oberlandesgericht München

Urteil vom 16.03.2017

Az.: 29 U 3285/16

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.06.2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die Nichtberücksichtigung vertraglich vereinbarter Rabatte in den Rechnungen zu unterlassen.

Bei dem Kläger handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG eingetragene Einrichtung zum Schutz der Verbraucherinteressen. Die Beklagte bietet Telefondienstleistungen an.

Im Dezember 2014 rief die Beklagte beim Zeugen K. zum Zweck der Kundenrückgewinnung an. Bei diesem Gespräch bot die Beklagte an, dass für den Tarif „… Blue All-in M Flex“ auf die übliche Grundgebühr von 34,98 € ein Rabatt von 15,00 € beginnend mit der Aktivierung zum 30.12.2014 gewährt würde (vgl. Bestätigung, Anlage K 1).

Wie sich beispielhaft aus der auszugsweise nachfolgend eingeblendeten Rechnung vom 29.01.2015 (Anlage K 2) ergibt, wurde der Rabatt nicht in voller Höhe gewährt.

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Als sich der Zeuge daraufhin beschwerte, wurde ihm mit E-Mail vom 04.03.2015 (Anlage K 3) sogar ein Rabatt von 20,00 € auf die monatliche Grundgebühr bestätigt.

Auch dieser vertraglich gewährte Rabatt wurde aber in der auszugsweise nachfolgend eingeblendeten Rechnung vom 31.03.2015 (Anlage K 4) wiederum nicht berücksichtigt.

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Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 24.04.2015 (Anlage K 5) ab. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab.

Der Kläger ist der Auffassung, es handele sich bei dem angezeigten Verbraucherbeschwerdefall nicht um einen „absoluten Ausnahmefall“. Ausweislich der als Anlagenkonvolute K 7 und K 9 vorgelegten Internetausdrucke hätten sich zahlreiche Kunden der Beklagten in ähnlicher Weise wie der Zeuge K. beschwert.

Die Geschäftspraxis der Beklagten verstoße gegen §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 7 UWG, weil die Kunden der Beklagten durch Übersendung von Rechnungen, die einen anderen Rechnungsbetrag aufweisen als nach der Rabattankündigung zu gewähren war, irregeführt würden. Die Versendung der Rechnung enthalte die konkludente Behauptung, die Beklagte sei zum Nachteil des Verbrauchers zur Einforderung dieses höheren Rechnungsbetrags befugt.

Die Beklagte trägt vor, in der aufgrund eines bedauerlichen individuellen Fehlers nicht erfolgten Ausweisung der gewährten Rabatte in den Herrn K. übermittelten Rechnungen liege keine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG.

Eine Überprüfung der in der Anlage K 7 wiedergegebenen Fälle habe ergeben, dass lediglich die Fälle der Kunden t. und d. mit dem Fall von Herrn K. vergleichbar seien. In allen anderen Fällen habe kein Bearbeitungsfehler der Beklagten vorgelegen, so dass etwaige Gutschriften lediglich im Kulanzwege eingeräumt worden seien. Die in der Anlage K 9 dargelegten Fälle seien entweder gar nicht vom Streitgegenstand umfasst oder aber ordnungsgemäß abgewickelt worden.

Ein planmäßiges Handeln der Beklagten liege nicht vor, vielmehr handele es sich jeweils um Versehen, die in einem großen Unternehmen wie der Beklagten völlig normal seien und auch nur eine extrem geringe Fehlerquote darstellten. Die Inanspruchnahme der Beklagten aufgrund dieser zahlenmäßig völlig geringfügigen Fehler sei unverhältnismäßig.

Das Landgericht hat nach dem erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag des Klägers durch Urteil vom 20.06.2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

I. Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann – untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Telekommunikationsverträge abzuschließen, dabei mit dem Verbraucher die Gewährung eines Rabatts auf die monatliche Pauschalvergütung zu vereinbaren und diesen Rabatt für den vereinbarten Zeitraum dann in den Rechnungen an den Verbraucher nicht zu berücksichtigen, wie geschehen im Vertragsverhältnis mit dem Verbraucher M. K., S. (Kundennummer: …; Anlagen K 2 und K

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.

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