Netzbetreiber muss die Inanspruchnahme einer Leistung beweisen

09. Januar 2004
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Amtsgericht Duisburg

Urteil vom 09.01.2004

Az.: 71 C 5094/03

In dem Rechtsstreit (…)

hat das Amtsgericht Duisburg (…)

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Abfassung eines Tatbestandes wurde gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann nicht vom Beklagten aus abgetretenem Recht Zahlung in Höhe von 373,64 EUR verlangen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin forderungsberechtigt ist. Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch gegen den Beklagten schon nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Voraussetzung für das Entstehen eines Vergütungsanspruchs gegen den Beklagten war, das Zustandekommen eines Vertrages über die Nutzung von Mehrwertdiensten. Ein Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung, durch ein Angebot und dessen Annahme zustande.

Für das Vorliegen der erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast.

Dieser Grundsatz gilt für alle vertraglichen Ansprüche, mithin auch für den von der Klägerin geltend gemachten. Im Falle einer verdeckten und/oder unbewussten Einwahl durch ein sogenanntes Dialer-Programm kommt kein Verbindungs- und/oder Mehrwertdienstvertrag zustande.

Zwar ist dem Erklärenden und nicht dem Erklärungsempfänger grundsätzlich das Erklärungsrisiko anzulasten. Ein Verhalten, das sich für den Erklärungsempfänger als Ausdruck eines bestimmten Rechtsfolgewillens darstellt, ist dem Erklärenden daher auch dann als Willenserklärung zuzurechnen, wenn er kein Erklärungsbewusstsein hat.

Voraussetzung für eine Zurechnung ist aber, dass der Erklärungsempfänger schutzbedürftig ist; dar Handelnde muss bei ihm fahrlässig das Vertrauen auf einen bestimmten Erklärungsinhalt hervorgerufen haben. Mangels eines schutzbedürftigern Vertrauenstatbestandes kommt eine Zurechnung als Willenserklärung nicht in Betracht, wenn der Erklärungsempfänger das Fehlen des Erklärungsbewusstseins kannte oder mit ihm rechnete. Hiervon ist in Fällen der vorliegenden Art auszugehen. Es besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen des Mehrwertdienstanbieters dahingehend, dass der Internetnutzer bei jeder Einwahl ein weiter überhöhtes Entgelt bezahlen will.

Vielmehr ist Gegenteiliges der Fall. Vorliegend hat die Klägerin das Zustandekommen eines Vertrages mit einem Mehrwertdienstanbieter nicht schlüssig dargelegt.

Mindestvoraussetzung wäre die Darlegung eines Sachverhalts, dessen Richtigkeit unterstellt, nachdem die verdeckte und/oder unbewusste Einwahl durch ein sogenanntes Dialer- Programm ausgeschlossen werden kann. Dies ist seitens der Klägerin nicht geschehen.

Es fehlen Angaben der Klägerin dazu, wie die abgerechneten Verbindungen hergestellt worden sind. Insbesondere fehlt [ein] nachvollziehbarer Vortrag, aufgrund welcher technischen Gegebenheiten eine verdeckte und/oder unbewusste Einwahl ausscheidet. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, wie im Einzelnen die Tarifbedingungen vor Verbindungsherstellung dem Nutzer des Telefonanschlusses des Beklagten zur Kenntnis gebracht wurden.

Dem Beweisantritt der Klägerin ist nicht zu entnehmen, Vernehmung des Zeugen (…), war nicht nachzugehen. Der Beweisantritt erfolgte lediglich für die Behauptung der Klägerin, dass eine Preisangabe stattgefunden habe. Nicht erläutert wird, wie die Preisangabe stattgefunden hat und wie sichergestellt wird, dass der Nutzer vor Verbindungsherstellung davon auch Kenntnis erlangt. Ein Beweisantritt ersetzt nicht den zunächst erforderlichen ausreichend substantiierten Sachvortrag.

Es spricht auch keine tatsächliche Vermutung für die bewusste Nutzung eines Mehrwertdienstes. Die sich aus der Einzelverbindungsübersicht ergebenden Verbindungszeiten sind gerade nicht typisch für die Inanspruchnahme von 0190-0-Nummern. Vielmehr spricht der Umstand, dass mehrere der abgerechneten Verbindungen eine Dauer im Bereich von 30 Sekunden hatten, dafür, dass die betreffende 0190-0-Nummer als Standardverbindung eingetragen war mit der Folge, dass die Einwahl ins Internet anstatt über T-Online verdeckt über die 0190-0-Nummer erfolgte.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit ihrer Abrechnung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob ihr Abrechnungssystem zertifiziert ist. Selbst wenn die abgerechneten Verbindungen tatsächlich vom Anschluss des Beklagten angewählt worden sein sollten, kann daraus nicht darauf geschlossen werden, dass keine verdeckte und/oder unbewusste Einwahl durch ein sogenannte Dialer-Programm erfolgt ist.

Gemäß § 16 Abs.3 Satz 1 TKV obliegt, dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen der Nachweis für die Ordnungsgemäßheit der technischen Einrichtungen und Verfahren, die in seinem Einfluss und Verantwortungsbereich liegen. Wie gezeigt fehlt aber gerade [ein] schlüssiger Sachvortrag, wie im vorliegenden Fall sichergestellt worden ist, dass vor Herstellung der abgerechneten Verbindungen Preisinformationen erfolgt sind.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.11, 713 ZPO.

Streitwert: bis 600,00 EUR.

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